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SCHWEIZ<br />
Treffen mit Bundespräsident Alain Berset<br />
<strong>DE</strong>R PRÄSI<strong>DE</strong>NT UND DIE REGISSEURIN<br />
Die Schweizer Filmemacherin Ursula Meier war ein<br />
wenig überrascht, als Alain Berset ihr vorschlug, für<br />
einmal die Rolle der Interviewerin zu übernehmen.<br />
Doch sie war auch neugierig und gerne bereit, sich auf<br />
das Frage-und-Antwort-Spiel einzulassen.<br />
Das Treffen fand im Bundesamt für Kultur in Bern statt,<br />
wo rasch eine lebhafte Diskussion über den Zustand<br />
unserer Gesellschaft, die Kultur und den Film in Gang<br />
kam.<br />
SCHWEIZ<br />
Kunst und Politik waren schon immer miteinander verbunden.<br />
Die Politik bedient sich der Kunst, um sich in<br />
Szene zu setzen. Trotzdem kommt es selten vor, dass<br />
sich ein Politiker auf das Spiel einlässt, sich von einer<br />
Künstlerin befragen zu lassen. Warum haben Sie gerade<br />
eine Künstlerin als Gesprächspartnerin gewählt?<br />
In den vergangenen Jahren habe ich überall in der Schweiz<br />
festgestellt, dass die Kultur – im weitesten Sinne des Begriffs<br />
– in unserem Land eine absolut zentrale Rolle spielt.<br />
Unsere sprachliche, regionale und gesellschaftliche Vielfalt<br />
ist komplex, und nicht selten ist es die Kultur, die<br />
uns zusammenführt und den nationalen Zusammenhalt<br />
sichert. Daher mein Wunsch, mich mit einer Künstlerin<br />
über die Schweiz und die Welt auszutauschen.<br />
Der verstorbene deutsche Künstler Joseph Beuys beschrieb<br />
die Kunst einst als Nahrung, die der Mensch<br />
zum Leben braucht. Was tun Sie, damit die Kunst nicht<br />
als blosses kulturelles «Vergnügen» oder gar als Mehrwert<br />
einer privilegierten gesellschaftlichen Klasse<br />
wahrgenommen wird, sondern als Möglichkeit, unsere<br />
Identität und unsere Beziehung zur Welt zu formen?<br />
In meiner Tätigkeit versuche ich, die Kultur in den Rang<br />
einer echten Notwendigkeit zu heben. Ich bemühe mich<br />
darum, die aktive und passive Teilhabe am kulturellen<br />
Leben zu verbessern – durch Anerkennung der Kunstschaffenden<br />
und der kulturellen Akteure sowie durch die Wertschätzung<br />
unseres reichen Vereinslebens.<br />
Ich sehe die Kunst als innovativsten Teil der Kultur, aber<br />
die Kultur ist ein Zugang dazu. Sie ist ein Impuls, der zum<br />
Weitergehen anregt. Wenn eine Debatte um den Gegensatz<br />
von «Kultur gegen Kunst» gestartet wird, dann meist, um<br />
der Kultur die finanziellen Mittel zu entziehen, auf die sie<br />
für ihre Entfaltung angewiesen ist. Ich setze mich<br />
6 Der Bund kurz erklärt <strong>2018</strong> | Schweiz