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diabeteszeitung · 3. Jahrgang · Nr. 7/8 · 29. August <strong>2018</strong><br />
Kongress aktuell<br />
15<br />
Emotion schlägt Kognition<br />
Neue Rituale nutzen, um den inneren Schweinehund zu überwinden<br />
KASSEL. Viel Gemüse und Obst, Vollkorn statt Weißmehl,<br />
wenig Zucker, lieber Fisch als Wurstwaren und bitte einen großen<br />
Bogen um Fast Food machen... Wir alle kennen die gängigen<br />
Empfehlungen für eine gesunde Ernährung. Warum fällt es<br />
uns trotzdem so schwer, uns danach zu richten?<br />
Für Experten ist Ernährung eine<br />
stoffliche Angelegenheit und<br />
damit rational zu erfassen. Für<br />
den Alltagsmenschen hingegen ist<br />
Essen ein emotional gesteuerter<br />
kultureller Akt, sagen Privatdozent<br />
Dr. Thomas Ellrott, Institut für<br />
Ernährungspsychologie, Universität<br />
Göttingen, und Professor Dr.<br />
Gunther Hirschfelder, Institut<br />
für Information und Medien, Sprache<br />
und Kultur, Universität Regensburg.<br />
Insbesondere für Menschen<br />
mit chronischen Erkrankungen sei<br />
Essen sogar oft noch stärker emotional<br />
besetzt als für Gesunde.<br />
Zwei Systeme können<br />
entscheiden<br />
„In unserem Gehirn sind zwei<br />
Bereiche für Entscheidungen zuständig“,<br />
erklärte Dr. Ellrott. „Das<br />
intuitive System, eine Art Autopilot,<br />
der sich an Gewohnheiten orientiert<br />
und deshalb sehr schnell reagiert –<br />
auch dann, wenn das Gehirn gerade<br />
mit anderen Arbeiten beschäftigt ist.<br />
Und das räsonierende System, das<br />
auf Basis von Sachinformationen<br />
entscheidet.“ Letzteres erfordert für<br />
den Entscheidungsprozess allerdings<br />
sehr viele Ressourcen. Allerdings<br />
seien die Gehirne von Menschen<br />
im heutigen schnelllebigen Alltag<br />
und digitalen Dauerstress bereits<br />
komplett ausgelastet: „Da bleibt<br />
kein Raum mehr für langwierige<br />
Eine gesunde<br />
Ernährung<br />
ist oft auch eine<br />
Zerreißprobe.<br />
Ernährungsentscheidungen, deshalb<br />
tendieren wir beim Essen zum intuitiven<br />
System, das schnelle Entscheidungen<br />
trifft.“<br />
Ernährungsformen mit<br />
kulturellem Zusatznutzen<br />
Die Gewohnheiten, die das intuitive<br />
System für seine Entscheidung<br />
blitzschnell heranzieht, sind wiederum<br />
stark kulturell geprägt. Prof.<br />
Hirschfelder erläuterte, dass für viele<br />
das Essen zu einer Art Ersatzreligion<br />
geworden ist, was auch den Zulauf<br />
zu speziellen Ernährungsformen<br />
wie Veganismus, Steinzeitdiät oder<br />
glutenfreie Kost erkläre. Für ihre<br />
Verfechter hätten diese besonderen<br />
Ernährungsformen einen kulturellen<br />
Zusatznutzen, denn sie<br />
könnten auf der Suche nach<br />
Halt und Orientierung soziale<br />
Zugehörigkeit stiften. Aber<br />
es gibt auch das andere<br />
Extrem: „Einige verhalten<br />
sich rücksichtslos<br />
gegenüber dem eigenen Körper,<br />
frei nach dem Motto ‚Ich gönne<br />
mir das jetzt’“, erklärte der Kulturwissenschaftler.<br />
Lebenssituation spielt<br />
auch eine Rolle<br />
Hinzu kommt die wachsende soziale<br />
Spaltung unserer Gesellschaft, so Prof.<br />
Hirschfelder. „Es gibt einfach immer<br />
mehr Menschen, die ganz andere<br />
Sorgen haben als über richtiges Essen<br />
und Trinken nachzudenken, weil sie<br />
Schulden haben, in zwei Jobs arbeiten<br />
müssen und ihre Lebenssituation als<br />
ungerecht wahrnehmen. Da hat man<br />
keine Lust, sich dem moralischen<br />
Ernährungsimperativ<br />
der Mehrheitsgesellschaft<br />
zu unterwerfen.“<br />
»Eine Art<br />
Ersatzreligion«<br />
Gesunde Nahrung als Standard<br />
Es sei hilfreich, wenn die Rahmenbedingungen<br />
so verändert werden, dass<br />
gesunde Ernährungsentscheidungen<br />
zum Standard werden, erklärte Dr. Ellrott.<br />
Wenn etwa große Fastfood-Ketten Gemüsesticks<br />
statt Pommes in ihre Kinder-<br />
Menüs aufnähmen, werde die gesunde<br />
Variante zur Norm – und die ungesunde<br />
Option etwas, wonach explizit gefragt<br />
werden muss.<br />
Fotos: iStock/aptx4869, iStock/Plisman<br />
Die Experten sind sich einig, dass<br />
die Ernährungsaufklärung bisher<br />
nicht sehr erfolgreich war. Doch sie<br />
sehen sinnvolle Ansatzpunkte, mit<br />
denen man Verhaltensänderungen<br />
erreichen kann: Um das gewohnheitsgesteuerte<br />
intuitive System zu<br />
beeinflussen, rät Dr. Ellrott zum<br />
Einüben neuer Rituale. „Früher hat<br />
man Menschen, die bei jedem Gang<br />
zur Toilette den Kühlschrank plündern,<br />
geraten, vor dem Kühlschrank<br />
immer erst eine Kerze anzuzünden.“<br />
Der damit verbundene Moment des<br />
Innehaltens helfe, sich das eigene<br />
automatisierte Verhalten bewusst<br />
zu machen und zu steuern. „Heute<br />
kann man auch mithilfe von Apps<br />
zur Selbstbeobachtung Zwischenschritte<br />
und Reflektion einbauen,<br />
wenn man sein Verhalten modifizieren<br />
möchte.“ Antje Thiel<br />
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