34 ZOOM <strong>Augsburg</strong> hat die Wahl Am 14. Oktober wählt Bayern einen neuen Landtag. Hier sind ein paar Hintergrundinfos zu den aktuell im Landtag vertretenen Parteien und ihren Kandidatinnen und Kandidaten. Von Marcus Ertle
ZOOM 35 CSU – die verunsicherten Platzhirsche Seit Monaten befindet sich die CSU in der Defensive. In den Umfragen rutschten die Christsozialen zuletzt auf 36 Prozent ab. Für die erfolgsverwöhnte Partei ist dieser niedrige Wert ein Schock. Zwar kämpft Markus Söder seit einem halben Jahr als Ministerpräsident gegen die schlechten Umfragewerte, konnte bisher aber nicht für einen Aufschwung sorgen. Würde die CSU bei der Wahl so schwach abschneiden wie bei den Umfragen, bräuchte sie mindestens einen Koalitionspartner. Diese Aussicht und die Frage, was sie denn anders machen sollen, um wieder ansatzweise in den Bereich um die 45 Prozent zu kommen, macht die CSU ratlos, auch wenn man sich nach außen hin kämpferisch gibt und auf einen starken Endspurt hofft. Bei dieser Wahl entscheidet sich folglich nicht nur, ob die CSU einen Koalitionspartner braucht, sondern auch, ob die Epoche der übermächtigen konservativen Volkspartei vorbei ist. Eine entscheidende Rolle spielt dabei, ob es der CSU gelingt, das zahlenmäßig immer bedeutendere (groß-)städtische und eher liberale Milieu anzusprechen und zugleich die rechtspopulistische AfD-Konkurrenz kleinzuhalten. Die <strong>Augsburg</strong>er Direktkandidaten spiegeln diese Doppelaufgabe wieder. Andreas Jäckel, Betriebswirt, Stadtratsmitglied und kulturpolitischer Sprecher der Fraktion, steht für eine gemäßigte, städtische CSU, die auch für Milieus wählbar ist, die noch vor ein paar Jahren klassische SPD- und Grüne-Wähler waren. Aber durch Kurt Gribls weltoffene Politik und sein Umfeld, zu dem <strong>Szene</strong>-Köpfe wie Richard Goerlich gehören, hat sich die lokale CSU auch in der liberalen Mitte der Stadt verankert und liefert der Gesamtpartei damit eine Blaupause für Erfolg in den Städten. Ob diese lokal erfolgreiche Politik sich allerdings auf Landesebene übersetzen lässt, bleibt abzuwarten. Der andere Direktkandidat, Johannes Hintersberger, steht eher für die alte, mittelständisch geprägte CSU, die sich am Stammtisch erkennbar wohler fühlt als in der Golden Glimmer Bar. SPD - die zahmen Don Quijotes Eigentlich müssten die Sozialdemokraten von der Schwäche der CSU profitieren. Eigentlich. Dieses Eigentlich bestimmt die Existenz der bayerischen SPD seit Jahrzehnten. Eigentlich hätte die SPD nach den CSU-Amigo-Affären in den 90er Jahren und mit dem populären Kandidaten Christian Ude 2013 deutlich an Stimmen zulegen müssen. Hat sie aber nicht und auch diesmal befindet sich die Partei im Umfragekeller. Warum nur? Das dürfte sich nicht nur die SPD fragen und eigentlich ist es eine Frage, über die man Doktorarbeiten schreiben könnte, aber am Ende wäre man wahrscheinlich auch nicht klüger. Ist die SPD vielleicht zu brav? Oder zu wenig bayerisch? Aber vielleicht haben eher linke Parteien in Bayern einfach nur ein begrenztes Wählerreservoir. Wenn man sich die letzten Landtagswahlen anschaut, waren das immer um die 30 Prozent. Bei der letzten Wahl erreichte die SPD immerhin 20 Prozent, aktuell liegt sie bei Umfragen bei um die 11 Prozent. Dafür würden die Grünen, wenn die aktuellen Umfragen identisch mit den Wahlergebnissen wären, ihren Stimmanteil von 8 auf 16 Prozent verdoppeln. Ein wenig Hoffnung könnte der SPD die Aussicht machen, als Juniorpartner in eine Koalition mit der CSU zu gehen, bei der die SPD dann Soziales und Bildung zu ihrem Schwerpunkt machen dürfte. Schaut man sich an, wen die <strong>Augsburg</strong>er SPD für die Landtagswahl aufgestellt hat, erklärt sich das Bild der Bravheit, die den Wähler bei einer Oppositionspartei in der Regel nicht begeistert, ein wenig. Margarete Heinrich, Betriebswirtin, Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, managte den verzagten Wahlkampf der Partei bei der letzten OB-Wahl. So ließ sie eine SPD-Sitzbank, die gegen die neuen Rathausplatz-Sitzbänke ohne Rückenlehne protestieren sollten, am Tag nach der Aufstellung eilig entfernen, weil sie fürchtete, es könne dafür ein Bußgeld geben. Die Wahl ging krachend verloren und statt abgestraft zu werden, wurde Heinrich mit dem Fraktionsvorsitz und später mit der Landtagskandidatur belohnt. Harald Güller, der immer wieder als möglicher OB-Kandidat der SPD genannt wurde, verkörpert dagegen den Typus des nimmermüden Sozialdemokraten, der sich in diversen Landtagsausschüssen abarbeitet und, falls die SPD jemals in einer bayerischen Regierung sitzen wird, durchaus Staatssekretär werden könnte. Bündnis 90/Grüne - die neuen Bürgerlichen Von allen Parteien in Bayern befinden sich die Grünen in der komfortabelsten Situation. In den Umfragen sind sie die zweitstärkste Kraft, haben markante Spitzenkandidaten und es scheint so, als könnten die Grünen die SPD als Volkspartei überholen. Das liegt natürlich auch daran, dass sich Union und SPD in der Großen Koalition in Berlin verschleißen und Ökologie als Thema angesichts des Klimawandels attraktiver wird. Aber es liegt auch daran, dass sich Bayern verändert. Immer mehr Menschen leben in den Städten, immer mehr Menschen haben einen hohen Bildungsabschluss und verdienen dank der guten Wirtschaftslage immer besser. In diesem bürgerlichen Biotop gedeihen die Grünen besonders gut, wie man beim Blick nach Baden-Württemberg sieht. Die Natur erhalten, wirtschaftlich erfolgreich sein und sicher leben - das ist das Ideal, das in den kommenden Jahren weiter an Strahlkraft gewinnen dürfte. Wenn man nun kühn denken möchte, wäre das eigentlich ein gutes Argument für eine Schwarz-Grüne Koalition. Die CSU sorgt für Sicherheit und keine zu wilden Experimente, die Grünen für Umweltschutz und die Liberalisierung des Freistaats. Spannend wäre das allemal. Stephanie Schuhknecht war bisher Büroleiterin der bisherigen Landtagsabgeordneten Christine Kamm, die nicht mehr kandidiert. Eine klassische Parteikarriere eigentlich. Studium - Arbeit als Dekanats-Referentin in der Uni - angestellt bei einer Abgeordneten. Da mögen nun manche über die weltfremden Parteikarrieristen unken, aber wer studiert und im politischen Umfeld arbeitet, muss ja nicht automatisch blöd sein, zudem entspricht Schuhknecht in Stil und Biographie ziemlich genau dem Durchschnitt der Grünen Wählerschaft. Anders ist es bei Cemal Bozoglu, der als Selbstständiger eine EDV-Firma betreibt und damit keinen klassischen Akademikerlebenslauf hat. Sollte er in den Landtag gewählt werden, wäre er der erste grüne Abgeordnete mit Migrationshintergrund. Freie Wähler – die Ersatzkonservativen Man tut den Freien Wählern nicht Unrecht, wenn man feststellt, dass sie kein so wirklich ausgeprägtes Profil haben. Gut, man kennt den Vorsitzenden Hubert Aiwanger und seinen tiefstbayerischen Bass und man weiß, dass sie auf lokaler Ebene oft die Alternative für all jene sind, denen die CSU zu selbstherrlich, die AfD zu rechts und die FDP zu wirtschaftsliberal ist. Das ist für sich genommen gar nicht so wenig und wenn sich die Umfragen bis zur Wahl nicht sehr verändern, dürften manche konservativ orientierte Wähler mit einem Politikwechsel light mittels Koalition aus Freien Wählern und CSU liebäugeln. Der ehemalige Kriminalpolizist Johann Wengenmeier und die Gymnasiallehrerin und Stadträtin Regina Stuber-Schneider sind die beiden Direktkandidaten der Freien Wähler.