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BStuF SoSe 2018

Hier können Sie den Beck'schen Studienführer Jura (SoSe 2018) lesen - mit vielen hilfreichen Tipps zum Jurastudium.

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Berufsbild | Jurist in der Politik<br />

Jurist in der Politik | Berufsbild<br />

70 71<br />

Jurist in der Politik<br />

„Die Rechtswissenschaften<br />

waren<br />

für mich<br />

nie unpolitisch.“<br />

Von Konstantin von Notz<br />

Das Bedürfnis, mich politisch zu engagieren, entstand<br />

bereits während meines Jurastudiums in Heidelberg.<br />

Ich hatte das ewige theoretische Diskutieren<br />

über die allgemeinen Verhältnisse und über spezielle poli-<br />

tische Lösungen in meinem Freundeskreis satt. Auf<br />

dem Sofa haben alle Recht – was zählt, liegt<br />

auf dem Platz!<br />

Die Entscheidung, mich um ein<br />

politisches Mandat zu bewerben, erfolgte<br />

jedoch erst deutlich später.<br />

Nach meinem ersten Staatsexamen<br />

promovierte ich zunächst im Evangelischen<br />

Kirchenrecht und arbeitete<br />

nach Referendariat und zweitem<br />

Staatsexamen in Schleswig-Holstein<br />

mehrere Jahre als Rechtsanwalt.<br />

Konstantin von Notz ist<br />

stellv. Fraktionsvorsitzender<br />

und netzpolitischer Sprecher<br />

der Grünen Bundestagsfraktion.<br />

Er studierte Jura<br />

in Heidelberg und ist seit<br />

2009 Abgeordneter für<br />

Bündnis 90/Die Grünen<br />

im Deutschen Bundestag.<br />

Bild: © von-notz.de<br />

Schon zu dieser Zeit gab es aber eine Verbindung<br />

zwischen meiner juristischen Ausbildung und meinem<br />

politischem Interesse. Die Rechtswissenschaften waren<br />

für mich nie unpolitisch. So war ich von 2001 bis 2005<br />

Vorsitzender des grünen Landesschiedsgerichts Schleswig-Holstein<br />

und von 2002 bis 2009 Co-Sprecher der<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht. Als<br />

Rechtsanwalt habe ich mich auch als Mitglied des Anwaltsnotdienstes<br />

bei den Protesten in Heiligendamm und<br />

auf anderen Demonstrationen engagiert.<br />

Seit der Bundestagswahl 2009 bin ich Mitglied des<br />

Deutschen Bundestages. Dort liegen meine politischen<br />

Schwerpunkte in der Innen-, Rechts- und Gesellschaftspolitik.<br />

In einer Rede über den „Beruf des Politikers“ sagte der<br />

Soziologe (und Jurist) Max Weber einmal: „Die Bedeutung<br />

der Advokaten in der okzidentalen Politik seit dem<br />

Aufkommen der Parteien ist nichts Zufälliges. Der politische<br />

Betrieb durch Parteien bedeutet eben: Interessentenbetrieb.<br />

(…) Und eine Sache für Interessenten wirkungsvoll<br />

zu führen, ist das Handwerk des geschulten<br />

Advokaten.“<br />

An diesem Satz ist viel Wahres dran, aber auch vieles<br />

falsch. Denn der politische Betrieb durch Parteien ist nicht<br />

lediglich ein Interessenbetrieb. Er ist – parteiübergreifend<br />

– auch von rechtsstaatlichen Werten, Idealismus und<br />

Überzeugung geprägt. Vor allem aber ist die wirksame<br />

Interessenvertretung nicht der einzige Grund, warum es<br />

Vorteile hat, als Politiker Jura studiert zu haben.<br />

Als Abgeordneter im Deutschen Bundestag<br />

ist man maßgeblich an der Erarbeitung<br />

der Gesetze unseres Landes beteiligt.<br />

Ich empfinde es als großen Vorteil,<br />

die Systematik des Rechts, das<br />

Zusammenspiel unserer staatlichen<br />

Institutionen sowie den Sinn und<br />

Zweck der verfassungsrechtlich garan-<br />

tierten Rechte in meiner juristischen<br />

Ausbildung vermittelt bekommen und er-<br />

lernt zu haben. Um zu begreifen, wie essen-<br />

tiell die Bürgerrechte in einer freiheitlichen Demokratie<br />

sind, hilft nicht nur ein Blick ins Geschichtsbuch,<br />

sondern eben auch eine langjährige Auseinandersetzung<br />

mit dem Staats- und Verfassungsrecht.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt meiner politischen Arbeit<br />

ist die Netzpolitik: Gerade hier sehe ich ein wichtiges<br />

Aufgabenfeld für den Gesetzgeber – in so gut wie allen<br />

Politikfeldern und über den tagespolitischen Horizont<br />

Bild unten: © roadrunner – fotolia.com<br />

Bild: © dstaerk – thinkstockphotos.de<br />

hinaus. Denn ich bin mir sicher, dass unsere Grundwerte<br />

Freiheit, Gerechtigkeit und Bürgerrechte auch und<br />

gerade in der digitalen Welt verteidigt und gestärkt werden<br />

müssen. Eine lediglich punktuelle Betrachtung und<br />

politische Auseinandersetzung wird dem Ausmaß der<br />

Veränderungen durch die digitale Revolution nicht mehr<br />

gerecht. Aus diesem Grund bedarf es umfassender<br />

Konzepte für das digitale Zeitalter.<br />

Der Schutz unserer individuellen Freiheits- und Grundrechte<br />

sowie der Einsatz für eine moderne und weltoffene<br />

Gesellschaft ist heute wichtiger denn je. Der Daten-<br />

schutz – und damit der Schutz der Menschenwürde –<br />

ist im digitalen Zeitalter das zentrale Bürgerrecht. Die<br />

Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung vor<br />

Gefahren für Leib, Leben und Freiheit und der Sicherheit<br />

des Staates als verfasste Friedens- und Ordnungsmacht<br />

ist eine der vornehmsten Aufgaben eines Mandatsträgers<br />

und Mitglied eines Verfassungsorgans. Gerade in Zeiten<br />

der Destruktion durch terroristische Salafisten, Rechtsextreme<br />

und Demokratieverächter muss unsere Antwort<br />

ein unmissverständliches Bekenntnis zu Freiheit und<br />

Rechtsstaatlichkeit sei. Darin sehe ich meine Aufgabe –<br />

als Jurist und als Abgeordneter.<br />

n<br />

Als Abgeordneter im Deutschen Bundestag ist man maßgeblich an der Erarbeitung der Gesetze unseres Landes beteiligt.<br />

www.beck.de<br />

Beck‘scher Studienführer Jura<br />

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