BStuF SoSe 2018
Hier können Sie den Beck'schen Studienführer Jura (SoSe 2018) lesen - mit vielen hilfreichen Tipps zum Jurastudium.
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Berufsbild | IT-Jurist<br />
IT-Jurist | Berufsbild<br />
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Das IT-Recht als Chance<br />
und Herausforderung<br />
Das Zukunftsthema Nummer 1 für die Anwaltschaft<br />
ist das häufig noch immer als Nischenthema<br />
verschmähte IT-Recht. Dabei ist schon<br />
heute vollkommen klar, dass kein Lebenssachverhalt,<br />
kein Geschäftsmodell und keine Rechtsmaterie mehr<br />
ohne Bezug zur Informationstechnologie und den damit<br />
verbundenen spezialgesetzlichen Normen existieren<br />
wird. Im Zuge der Vernetzung und Automatisierung der<br />
Gesellschaft wird das besondere Wissen auf der Schnittstelle<br />
zwischen Informationstechnik und Recht maßgeblich<br />
für viele Rechtsfragen des digitalisierten Alltags. In<br />
den kommenden Jahren werden alle Regelungsbereiche<br />
grundlegenden Reformen im Lichte dieser Entwicklung<br />
unterzogen. Insbesondere die rasante technologische<br />
Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz wird<br />
selbst jahrhundertealte Normen unserer Rechtsordnungen<br />
ins Wanken bringen. Die mit der Digitalisierung verschärfte<br />
Herausforderung, zunehmend einheitliche trans-<br />
und internationale Standards zu schaffen, wird vor allem<br />
im Bereich der Informationstechnik eine große Rolle<br />
spielen und damit immer neue Reformen bestehender<br />
Regeln in diesem Bereich hervorrufen. Wer sich also<br />
in den kommenden Jahren auf den Rechtsbereich des<br />
IT-Rechts spezialisiert, wird auf eine hohe Nachfrage<br />
nach Rechtsberatung und Fachanwälten stoßen. Ein äußerst<br />
dynamisches Rechtsgebiet sorgt zudem nie für<br />
Langeweile.<br />
Neben der am 25. Mai <strong>2018</strong> zur Anwendung kommenden<br />
Datenschutz-Grundverordnung der EU und den<br />
derzeit verhandelten Regeln zum Telekommunikationsdatenschutz<br />
befinden sich vor allem im Bereich der IT-<br />
Sicherheit, den Haftungsbestimmungen bei IT-Produkten<br />
und -Dienstleistungen sowie im Bereich des Urheberrechts<br />
und des Vertrags- und Verbraucherrechts im<br />
digitalen Markt neue gesetzliche Bestimmungen auf dem<br />
Weg zur Verabschiedung und Umsetzung. Schon bald<br />
wird es auch bei der besonderen Regulierung von Internet-<br />
Plattformen sowie der Robotik und künstlichen Intelligenz<br />
erste besondere Rechtsnormen geben. Angesichts der Verlagerung<br />
eines Großteils der Wertschöpfung von Unternehmen<br />
in den digitalen Markt sowie der Abhängigkeit<br />
von entsprechenden Infrastruktur- und Plattformanbietern<br />
werden die aufgeworfenen Rechtsfragen zahlreich<br />
und vielfältig. Völlig neue Interessenslagen und<br />
Problemstellungen werden entstehen und nach juristischen<br />
Fachkräften mit entsprechenden Kenntnissen der<br />
zu Grunde liegenden Informationstechnik verlangen.<br />
Die Umstellung etwa des Finanzmarkts auf automatisierte<br />
Datenverarbeitungsprozesse, der Einsatz autonomer<br />
Fahrzeuge oder Roboter im Straßenverkehr sowie der Seeund<br />
Luftfahrt oder die individuell veranlasste Industrieproduktion<br />
über den 3D-Drucker im Wohnzimmer sind<br />
nur ein paar Beispiele, die das Ausmaß der anstehenden<br />
informationstechnischen Revolution beschreiben können.<br />
Das noch immer nicht zum Grundkanon der juristischen<br />
Ausbildung gehörige Fach der Rechtsinformation bzw. des<br />
Informationsrechts müsste angesichts dieses Ausblicks<br />
eigentlich längst zur Grundausbildung der Juristinnen und<br />
Juristen gehören.<br />
Der Autor Jan Philipp Albrecht, LL.M. (Hannover & Oslo) ist seit 2009 Abgeordneter im Europäischen Parlament für die Grünen und ist dort Berichterstatter für<br />
die Datenschutz-Grundverordnung der EU.<br />
Bild: © Hannibal Hanschke<br />
Bild: © jani001 – thinkstockphotos.de<br />
Umso größer sind die Chancen, sich in diesem<br />
Rechtsbereich ein Arbeitsfeld zu eröffnen, das auf absehbare<br />
Zeit mehr Möglichkeiten und Bedarf aufweisen<br />
wird, als die meisten anderen Spezialisierungsfelder.<br />
Zumal auch im Bereich von Forschung, Lehre und politischer<br />
Bildung ein umfassender Bedarf an Fachkräften<br />
bestehen wird und die erste große Generation dieses<br />
Fachbereichs, die in den 70er- und 80er Jahren zur<br />
Avantgarde des IT-Rechts gehörte, nun in den Ruhestand<br />
geht bzw. gehen wird. Auch wenn dieser Rechtsbereich<br />
ohne Zweifel – auch wegen der Attraktivität der<br />
großen Internetkonzerne und der Wachstumspotenziale<br />
des digitalen Marktes – in Mode gekommen ist,<br />
braucht es auf absehbare Zeit noch viele Juristinnen<br />
und Juristen, die sich in dieses Fach stürzen und die<br />
immer vielfältiger werdenden Betätigungsfelder des<br />
IT-Rechts für sich entdecken. Angesichts des enormen<br />
Wandels im Zuge der Digitalisierung ist dies nicht nur<br />
für den Berufsstand, sondern auch für die Gesellschaft<br />
von besonderer Bedeutung.<br />
n<br />
Schon bald wird es auch bei der besonderen Regulierung von Internet-<br />
Plattformen sowie der Robotik und künstlichen Intelligenz erste besondere<br />
Rechtsnormen geben.<br />
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Beck‘scher Studienführer Jura<br />
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