Stadt-Magazin Eitorf, Windeck, Ruppichteroth - November 2018
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Aktuelle Reportage<br />
20<br />
Neue Reihe „KIWi-reisen!“<br />
Reinhard Wagner berichtet von seiner Tour entlang<br />
der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze<br />
Im Jahr 2015 erwanderte Reinhard Wagner aus<br />
<strong>Windeck</strong>-Helpenstell das „Grüne Band Deutschland“.<br />
In der neuen Reihe „KIWi-reisen!“ der<br />
KulturIniative kabelmetal berichtet der 69-Jährige<br />
im Kulturzentrum kabelmetal in Schladern am<br />
5. <strong>November</strong> über seinen Grenzgang und liest<br />
Passagen aus seinem Buch „Da war Schluss! Auf<br />
dem Grünen Band entlang der ehemaligen innerdeutschen<br />
Grenze“.<br />
Das Grüne Band ist der 1400 Kilometer<br />
lange Geländestreifen entlang<br />
der ehemaligen innerdeutschen<br />
Grenze. Heute ist es der<br />
größte Biotopverbund Deutschlands.<br />
150 Naturschutzgebiete<br />
gehören ihm an und 600 in<br />
Deutschland bedrohte Arten finden<br />
hier Schutz. Vor der Wende<br />
war dieser 50 bis 200 Meter breite<br />
Streifen von Travemünde bis zum<br />
ehemaligen Dreiländereck bei Hof<br />
in Bayern ein weißer Fleck auf der<br />
Landkarte. Es war der berüchtigte<br />
„Todesstreifen“, den niemand betreten<br />
durfte, ohne sein Leben zu<br />
riskieren.<br />
Seit dem Mauerfall 1989 hat sich<br />
diese Zone - einst mit Pestiziden<br />
vergiftet und mit Diesel getränkt -<br />
in ein Naturparadies verwandelt.<br />
Doch die schöne Landschaft war<br />
diesmal für Wagner nicht ausschlaggebend.<br />
„Ich habe die Wendejahre<br />
als eine spannende und<br />
ungeheuer emotionale Zeit in Erinnerung,<br />
obwohl ich selbst keinen<br />
familiären Bezug in den Osten habe.<br />
Ich habe zwar viele Dokumentationen<br />
gesehen und zum Thema<br />
viel gelesen, aber hier war ich doch<br />
weit, weit weg.“<br />
Als der Lehrer im Ruhestand vom<br />
Grünen Band hörte, machte ihn<br />
das neugierig. „Ich wollte mit eigenen<br />
Augen die Spuren sehen, die<br />
die Geschichte hinterlassen hat.“<br />
Also machte sich Wagner auf den<br />
Weg. Er erkundete Orte, in denen<br />
sich das Drama der Teilung abspielte<br />
und sprach mit Menschen,<br />
die es erlebt haben. „Wer diesen<br />
Weg geht, muss auch so viele Jahre<br />
nach der Wende auf die ständige<br />
Auseinandersetzung gefasst sein.“<br />
Wagner erzählt von offensichtlichen<br />
Merkmalen entlang des Weges:<br />
Wachtürme in verschiedensten<br />
Ausführungen, Reste der einstigen<br />
Mauer, Kreuze für Menschen, die auf der<br />
Flucht erschossen wurden, Schilder mit der<br />
Aufschrift „An der Stelle war die Welt zu Ende“,<br />
Freilandmuseen mit Relikten aus der Zeit<br />
und viele Informationstafeln am Wegesrand.<br />
Von seinen Gesprächen berichtet Wagner, er<br />
habe niemanden getroffen, der sich die Ex-<br />
DDR zurückwünschen würde, wohl aber<br />
Stimmen, die heute ihre damalige Euphorie<br />
und den Traum vom Westen als Paradies kritisch<br />
sehen, Menschen, die meinten, wenn sie<br />
gewusst hätten, dass sie nicht mehr gefragt werden,<br />
hätten sie beim Mauerfall nicht so laut gejubelt.<br />
Menschen, für die das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
ein Wert war, den sie vermissen. Auf<br />
westlicher Seite wurde die Wiedervereinigung<br />
anders wahrgenommen. „Dort hörte ich immer<br />
wieder, wie sehr man den Nachbarn den Wiederaufbau<br />
gönne“, so Wagner. Aufgefallen sei<br />
ihm aber auch, dass die jungen Menschen nur<br />
noch wenig über die Zeit und das, was die Menschen<br />
mit sich haben machen lassen, wissen.<br />
„Anscheinend ist die Zeit noch<br />
nicht reif, die eigene Geschichte<br />
aufzuarbeiten. Dabei wäre es gerade<br />
heute notwendig, gut informiert<br />
zu sein“, zieht der Wanderer persönlich<br />
Resümee: „Auch wenn es<br />
bei uns Probleme gibt, so ist unsere<br />
Gesellschaftsordnung doch die beste<br />
aller möglichen.“<br />
KIWi reisen! präsentiert am Montag,<br />
5. <strong>November</strong> um 19 Uhr im<br />
Kulturzentrum kabelmetal in Schladern:<br />
Der Grenzgänger - Reinhard<br />
Wagner über seine Wanderung<br />
entlang des ehemaligen Todesstreifens<br />
quer durch Deutschland<br />
Auch im Jahr <strong>2018</strong> war Reinhard<br />
Wagner auf großer Wandertour.<br />
Auf Küstenpfaden<br />
startete er an der schottischenglischen<br />
Grenze bei Berwickupon-Tweed,<br />
um nach 1600 Kilometern<br />
80 Tage später an der<br />
niederländisch/deutsch Grenze<br />
anzukommen. Aus dieser Wanderschaft<br />
ist das Buch „80 Tage<br />
und Meer!!! - Auf Küstenpfaden<br />
zu Fuß entlang der englischen<br />
und niederländischen<br />
Nordseeküste“ entstanden.<br />
Am 3. Dezember um 19.30 Uhr<br />
liest Reinhard Wagner aus dem<br />
neuen Werk in der Buchhandlung<br />
Schloesser in Rosbach.<br />
Bild 1: In der neuen Reihe „KIWireisen“<br />
berichtet Reinhard Wagner<br />
von seiner 1400 Kilometer<br />
langen Wanderung auf dem ehemaligen<br />
„Todesstreifen“.<br />
Bild 2: Einst weiße Flecken auf<br />
der Landkarte, heute ist das Grüne<br />
Band der größte Biotopverbund<br />
Deutschlands.<br />
Bild 3: Relikte wie dieser Wachturm<br />
erinnern entlang des Weges<br />
an die deutsch-deutsche Geschichte.<br />
Fotos: privat