Neue Szene Augsburg 2018-11
Stadtmagazin für Augsburg
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CINERAMA<br />
49<br />
25 KM/H<br />
Regie: Markus Goller<br />
Mit Lars Eidinger, Bjarne Mädel u.a.<br />
Christian und Georg haben sich seit 30 Jahren nicht<br />
mehr gesehen und treffen sich auf der Beerdigung<br />
ihres Vaters wieder. Zunächst herrscht noch Funkstille,<br />
denn Tischler Georg hat den gemeinsamen Vater bis zu<br />
dessen Tod gepflegt, Manager Christian war hingegen<br />
seit Jahren nicht mehr in der Heimat. Beim Leichenschmaus<br />
wird beachtlich gesoffen und die beiden<br />
Ü40er beschließen, die Mofa-Tour durch Deutschland<br />
nachzuholen, die sie eigentlich schon als Jugendliche<br />
geplant hatten. Vom Schwarzwald bis nach Rügen,<br />
auf ultra lässigen Mofas und niemals schneller als 25<br />
km/h. Dafür haben die entfremdeten Brüder auf diese<br />
Art aber auch umso mehr Gelegenheit für jede Menge<br />
Abenteuer und richtig viel Zeit, sich wieder näher zu<br />
kommen. Auf dem Mofa den Midlifecrisis zu entfliehen<br />
ist schon ein guter Plan, wenn dann auch noch Bjarne<br />
Mädel die Hauptrolle spielt, dann funktioniert der<br />
Superslomo-Roadmovie auf jeden Fall. (Kinostart:<br />
31.10.) (max)<br />
<br />
SUSPIRIA<br />
Regie: Luca Guadagnino<br />
Mit Dakota Johnson, Tilda Swinton, Chloë Grace<br />
Moretz u.a.<br />
Großartig! Erst dachte ich, das Ding ist irgendwie ein<br />
Film übers Tanzen, mit ein bisschen Spannung unter<br />
den Schülerinnen. Doch weit gefehlt, die Tanzschule<br />
ist das reine Horrorkabinett. Die junge US-Tänzerin<br />
Susie Bannion zieht 1977 nach Deutschland, um<br />
dort beim renommierten Markos-Tanzensemble eine<br />
Ausbildung zu absolvieren. Schnell wird eben klar,<br />
die Leiterinnen der Schule sind Hexen und der ganze<br />
Film ist verteufelt komplex. Das Original stammt aus<br />
dem Jahre 1977 und wer es kennt, weiß zumindest ein<br />
wenig, was auf einen zukommt. Vielschichtig, politisch,<br />
mysteriös und gleichzeitig hochaktuell. Alles in diesem<br />
Streifen ist doppeldeutig, Gut und Böse sind kaum zu<br />
unterscheiden und überall verstecken sich Metaphern.<br />
Das Tanzen ist hier Ausdruck von Macht. Wer hat<br />
diese Macht und wer spielt mit ihr am besten? Und:<br />
Wer steht am Ende überhaupt noch auf der Bühne?<br />
(Kinostart 15.08.) (etz)<br />
<br />
CHARLES DICKENS: DER MANN, DER<br />
WEIHNACHTEN ERFAND<br />
Regie: Bharat Nalluri<br />
Mit Dan Stevens, Christopher Plummer, u.a.<br />
Ich mag ja diese Weihnachtsgeschichte mit dem<br />
griesgrämigen Ebenezer Scrooge und den drei Geistern.<br />
Da gibt es wunderbare Verfilmungen. Hier geht<br />
es nun um die Entstehung von „A Christmas Carol“<br />
von Charles Dickens. Der sitzt als 31-jähriger Autor<br />
verzweifelt im Kämmerlein und bringt rein gar nichts<br />
aufs Papier. Dabei muss er das Ding in sechs Wochen<br />
veröffentlichen, um endlich wieder Geld zu verdienen.<br />
Naja, und dann erscheint eben Scrooge im Kämmerlein<br />
und hilft ihm auf die Sprünge. Nette Idee, wundervolle<br />
viktorianische Kulissen und auch sehr gute Darsteller.<br />
Nur fehlt mir ein wenig der kleine Grusel, der die Story<br />
immer so besonders machte. Der Film wirkt eher wie<br />
ein TV-Weihnachtsfilm, um vor allem Kinder zu unterhalten.<br />
Ist dann was für 17.15 Uhr vor der Brotzeit<br />
und weniger für 20.15 Uhr zum spannend Kuscheln.<br />
(Kinostart 22.<strong>11</strong>.) (etz)<br />
<br />
filmtipp des monats<br />
Trautmann<br />
Regie: Markus H. Rosenmüller<br />
Mit David Kroos, Freya Mavor, John Henshaw u.a.<br />
Also, bitte. Da gibt es ja wohl keine Diskussion. Ein Film, dessen <strong>Szene</strong>n<br />
zum Teil im guten, alten Rosenaustadion gedreht wurden, muss als Winner<br />
durchs Ziel gehen. Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Bert Trautmann,<br />
dem legendären Keeper von Manchester City. Mit gerade einmal 17 Jahren<br />
wird er in die Wehrmacht eingezogen und gerät als Soldat gegen Ende des<br />
Zweiten Weltkriegs in England in Kriegsgefangenschaft. Die deutschen<br />
Soldaten veranstalten während ihrer Gefangenschaft Fußballspiele und<br />
bei einem dieser Spiele wird Trautmanns Talent als Torhüter entdeckt.<br />
Schon bald verpflichtet ihn Manchester City als Keeper, was von den Fans<br />
allerdings mit Entsetzen aufgenommen wird, schließlich gehört „Traut the<br />
Kraut“ zu den ehemaligen Nazi-Feinden. Er setzt sich durch und schafft es<br />
bis zum Cup-Finale 1956, also bis zu dem Spiel, welches Bert Trautmann<br />
zum Helden machte. Rosenmüller, bisher eher bekannt für bayerisches<br />
Lokalkolorit, hat hier ein großes Porträt geschaffen. Geschickt verarbeitet er<br />
die Konflikte der unmittelbaren Nachkriegszeit. Alle Feindseligkeiten und<br />
der Argwohn gegenüber den Deutschen spiegeln sich in den Menschen<br />
wider, denen Trautmann in England begegnet. Trotzdem kommt auch der<br />
Humor nicht zu kurz und Rosenmüller schafft es, eine zu Herzen gehende<br />
Wärme zu entwickeln, die sich im Laufes des Films immer mehr steigert.<br />
Vielleicht ist es manchmal zu pathetisch, aber Trautmann wurde eben<br />
später zum Sinnbild einer neuen deutsch-britischen Freundschaft, die auf<br />
Vertrauen und Respekt setzte. Da darf man auch mal etwas dicker auftragen.<br />
David Kroos spielt den Türhüter authentisch und auch fußballerisch<br />
überzeugend. Und die filmische Ausstattung ist top. Nicht nur wegen der<br />
Rosenau und den <strong>Augsburg</strong>er Statisten. Ein Film über Fußball und seine<br />
intensive Wirkung auf die Menschen. Im Stadion an der Maine Road rissen<br />
die Fans nach seinem letzten Spiel die Pfosten heraus, da zwischen diesen<br />
Pfosten niemand anderes mehr stehen sollte als Trautmann. Eine Botschaft<br />
der Versöhnung und Integration. Wichtig heutzutage! (Kinostart verlegt<br />
auf 2019) (etz)