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physio-Journal I 3/2018

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Wirbelsäule<br />

TITELTHEMA<br />

Rückenmuskel<br />

(M. latissimus dorsi)<br />

Fascia thoracolumbalis<br />

[Pfeile]<br />

Gesäßmuskel<br />

(M. gluteus maximus)<br />

Funktionen<br />

© KVM – Der Medizinverlag<br />

Fascia thorakolumbalis<br />

Einbettung von Wasser<br />

Die Funktionalität der Faszien ist stark von der Wassereinbettung<br />

bis in die feinste Faszienstruktur abhängig. Eine Faszie<br />

besteht zu ca. 68 % aus Wasser. Die Wassereinbindung sorgt<br />

für ein freies Gleiten verschiedener Faszienschichten gegeneinander<br />

und damit für eine schmerz- und störungsfreie Beweglichkeit.<br />

Die Wassereinlagerung ist darüber hinaus die Grundlage<br />

für die Gewebeversorgung, d. h. für die Versorgung mit<br />

Nährstoffen sowie den Abtransport von Abbauprodukten.<br />

Darauf basiert das Funktionieren aller Lebensprozesse. Neueste<br />

Forschungen belegen, dass feine Flimmerhärchen an den<br />

Zellaußenwänden für den Flüssigkeitstransport zuständig sind.<br />

Diese Flimmerhärchen sind offenbar auch für die Sensibilität<br />

und Reizverarbeitung, insbesondere auch den Schmerz, im<br />

betroffenen Gewebe verantwortlich.<br />

Um das Gewebe zu regenerieren und uns von Schmerzen<br />

zu befreien, müssen wir also den Flüssigkeitstransport im Bindegewebe<br />

anregen. Dies gelingt, indem wir unsere Faszien<br />

wie einen Schwamm auspressen, damit sie sich anschließend<br />

wieder vollsaugen können.<br />

Anpassung an Belastung<br />

Die faszialen Strukturen unseres Körpers befinden sich in ständigem<br />

Umbau. Nach einem halben Jahr ist ungefähr die Hälfte<br />

der kollagenen Fasern erneuert. Dies ermöglicht eine stetige<br />

Anpassung an alltägliche Belastung und auch die Chance,<br />

Fehlhaltungen und Verklebungen zu lösen, um letztendlich<br />

Schmerzen zu reduzieren. Denn durch spezifisches Training<br />

lässt sich das fasziale Gewebe umbauen, bzw. remodellieren,<br />

was im Wesentlichen durch Einlagerung von Myofibroblasten<br />

und Anbau von Kollagen geschieht.<br />

Kontraktion und Stressreaktion<br />

Auch bei Faszien sind Kontraktionen möglich. So kann sich<br />

beispielsweise die große Rückenfaszie ähnlich wie ein Muskel<br />

zusammenziehen. Diese Kontraktion geschieht durch Myofibroblasten<br />

und wird durch Neurotransmitter des sympathischen<br />

Nervensystems ausgelöst. Der Zusammenhang von<br />

Neurotransmittern und Zusammenziehen der Rückenfaszie<br />

deutet darauf hin, dass Stress einen direkten Einfluss auf Faszien<br />

haben kann.<br />

Faszien als Sinnesorgan<br />

Aufgrund der schier unendlichen Anzahl an Sinnesrezeptoren<br />

werden Faszien auch als das größte Sinnesorgan des<br />

menschlichen Körpers bezeichnet. Sie sorgen dafür, dass wir<br />

uns unserer Körperposition bewusst sind und adäquat auf unsere<br />

Umwelt reagieren können. Faszien sind zudem bei der<br />

Schmerzwahrnehmung beteiligt.<br />

Kraftübertragung<br />

Die Leistungsfähigkeit unseres Körpers hängt nicht nur von<br />

den Kondition des Herz-Kreislauf-Systems und unseren Muskeln<br />

ab, sondern auch erheblich von der Flexibilität und Integrität<br />

des Fasziennetzwerks. Sie halten die Muskelbäuche in ihrer<br />

Form und Können dadurch auch als Widerlager fungieren.<br />

Die sich zu einer Sehne verjüngende Muskelfaszie wirkt dann<br />

unmittelbar bei der Kraftübertragung auf die Gelenke.<br />

Kontinuität<br />

Die Entdeckung der Kontinuität, d. h. dass alles miteinander in<br />

Verbindung steht, ist ein zentrales Element vieler Therapieansätze,<br />

die mit Faszien arbeiten. Ein Muskel endet nicht in einer<br />

Sehne, die mit Faszien arbeiten. Ein Muskel endet nicht in einer<br />

Sehne, die am Knochen ansetzt, denn fasziale Anteile gehen<br />

in einen anderen Muskel über oder verstärken ein Band, was<br />

wiederum in eine andere Faszie übergeht. Die Idee der Kontinuität<br />

geht so weit, dass behauptet werden kann, dass der<br />

Mensch aus einem einzigen Muskel besteht, der in über 600<br />

»Taschen« (Faszienhüllen) eingebettet ist. Die Verbundenheit<br />

betrifft allerdings nicht nur Muskeln und Knochen, sondern<br />

auch die inneren Organe, Arterien, Nerven und die Haut.<br />

Literatur<br />

Stechmann, K. (2016): Faszien selbst behandeln. KVM – Der Medizinverlag, Berlin<br />

<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5

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