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GASTBEITRAG<br />
verknüpft, aber das Spielen im Film ist noch einmal etwas ganz<br />
Besonderes und vor allem Spannendes.<br />
Viele Prominente, die aus Bremen oder der Umgebung kommen,<br />
wie Sarah Connor, Sven Regener, Ben und Meret Becker<br />
oder Claus Peymann, sind nach Berlin gezogen. Gibt es in der<br />
Hauptstadt so etwas wie einen Bremer Stammtisch?<br />
Leider nein. Das große Drama der Künstlerclique ist, dass wir<br />
uns immer nur auf Plakaten in den jeweiligen Theatern sehen,<br />
in denen wir gerade auftreten. Wir kennen uns natürlich alle, sehen<br />
uns aber viel zu selten. Vielleicht sollte ich damit anfangen,<br />
so etwas wie einen Stammtisch oder eine jährliche Kohlfahrt ins<br />
Leben zu rufen …<br />
Kommen Sie denn noch zu Kohlfahrten nach Bremen?<br />
Nicht nur. Ich komme auch regelmäßig in meine alte Heimat,<br />
um meine Mutter, meinen Bruder Denis und meine entzückende<br />
Nichte zu besuchen. Außerdem lebt hier meine beste Freundin,<br />
die die Mutter meiner wunderbaren Patenkinder ist.<br />
„EXPERIMENT MODERNE“ IM FOCKE MUSEUM<br />
Babylon Bremen?<br />
Vor hundert Jahren ebnete die Novemberrevolution den<br />
Weg in eine neue Zeit. Mit dem Ende des Kaiserreichs<br />
begann ein kultureller Aufbruch sondergleichen. Viele<br />
Neuerungen, die sich bereits vor dem Krieg angekündigt<br />
hatten, brachen sich Bahn. Der Wandel erfasste vor allem das<br />
Leben in den Städten, wo eine neue Freizeit- und Unterhaltungskultur<br />
eine breite Bevölkerung erreichte. Kinos, Varietés,<br />
Kleinkunstbühnen und Nachtclubs schossen aus dem Boden,<br />
Sportstätten für ein Massenpublikum entstanden. Die Lebenswelt<br />
des modernen Großstadtmenschen entwickelte sich.<br />
Foto: Jim Rakete<br />
Sie haben mit 15 Jahren in Bremen erstmals auf der Bühne gestanden<br />
und Chansons gesungen. Wie kommt man als Teenager<br />
in den 80er Jahren dazu, Chansons zu singen?<br />
Das hängt mit meiner norwegischen Großtante zusammen. Sie<br />
besuchte uns immer zu Weihnachten und sang mir neben diversen<br />
Weihnachts- und Küchenliedern auch das Chanson „Lili<br />
Marleen“ in vier Sprachen vor. Dieses Lied hat mich so berührt<br />
und beeindruckt, dass ich im Alter von neun Jahren beschloss,<br />
Chansonnier zu werden.<br />
Wie verbringen Sie in diesem Jahr Weihnachten?<br />
Am liebsten mit der Familie in Bremen.<br />
Sonntag, 9. <strong>Dezember</strong>, Sendesaal Bremen, 18 und 21 Uhr<br />
Emil Fritz mit Willy Birgel und Carl Raddatz im Astoria. <br />
Zentrum dieser Entwicklung war die Hauptstadt Berlin, deren<br />
kulturelle Strahlkraft noch heute das Bild dieser Epoche prägt.<br />
Doch wie sah das „Experiment Moderne“ in Bremen aus? Welchen<br />
Anteil hatte die Hansestadt am kulturellen Aufbruch der<br />
20er Jahre? Um es vorwegzunehmen: Bremen konnte es – was<br />
Extravaganz und Verruchtheit betrifft – zwar kaum mit der<br />
Reichshauptstadt aufnehmen. Dennoch war auch hier der neue<br />
Puls der Zeit zu spüren. Vor allem die Amüsiermeile, die sich<br />
vom Bahnhof über den Herdentorsteinweg bis zur Katharinenstraße<br />
erstreckte, besaß großstädtisches Flair. Glanzpunkt war<br />
das legendäre Varieté Astoria, das der Inhaber Emil Fritz 1929<br />
umfassend modernisierte und erweiterte. Deutschlandweit<br />
bekannte Stars wie Claire Waldoff, Willy Birgel und Heinrich<br />
George traten hier auf und lockten auch viele auswärtige Besucher<br />
in die Stadt. Freunde des neuen Leitmediums der Zeit –<br />
des Films – kamen in Bremen ebenfalls auf ihre Kosten. Maßstäbe<br />
setzte das Metropol-Theater in der Ansgaritorstraße, ein<br />
Großkino mit 800 Plätzen. Hier waren die neuesten UFA-Produktionen<br />
wie der Film „Metropolis“ von Fritz Lang zu sehen,<br />
der Utopien der Moderne eindrucksvoll ins Bild setzte.<br />
Es war jedoch nicht unbedingt erforderlich, vor Ort in Bremen<br />
zu sein, um am Aufbruch der Stadt in die Moderne teilzuhaben.<br />
Seit 1924 sendete die Hamburger NORAG (Norddeutsche<br />
Rundfunk AG) auch von der Weser. Besonders beliebt<br />
waren eigene Produktionen wie die überregional erfolgreichen<br />
Rathaus- und Hafenkonzerte oder Übertragungen aus dem<br />
neu errichteten Weser-Stadion. 1928 konnte die NORAG von<br />
einem international beachteten Großereignis berichten: dem<br />
Empfang der Besatzung der Junkers W 33 „Bremen“ nach ihrem<br />
sensationellen Transatlantikflug.<br />
VON JAN WERQUET, KURATOR DER AUSSTELLUNG<br />
Foto: FR<br />
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