WeltBlick 3/2018
70 Jahre Menschenrechtserklärung
70 Jahre Menschenrechtserklärung
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Rechts: »Die junge Frau musste<br />
mit beiden Händen nach den<br />
ausgestreckten Händen der<br />
Helfer greifen, die sie hinüber<br />
auf das andere Boot ziehen<br />
wollten. Und ihr Baby rutschte<br />
unter der Schwimmweste<br />
hervor – hinein ins Meer«<br />
(Symbolfoto)<br />
Unten: 2017/18 als Freiwillige<br />
auf Sizilien: Bela in Catania,<br />
Antonia in Scicli.<br />
die sie in diese Lage gebracht, die ihre Trauer verursacht<br />
haben?<br />
Und dann passiert das Wunder. Die junge Frau<br />
läuft langsam auf das Meer zu, setzt einen Fuß vor<br />
den anderen ins kühle Nass und freut sich. Sie lacht.<br />
Sie scheint dem Mittelmeer vergeben zu haben.<br />
Lebensraum ist gewonnen, eine neue Freiheit<br />
erobert. Ein unvergesslicher Moment.<br />
Niemand weiß, wie viele Kinder<br />
auf diese Weise im Mittelmeer<br />
ertrinken. Und ihre Mütter sind<br />
verstummt.<br />
Das ermutigt andere Frauen, ebenfalls ihr<br />
Schweigen zu brechen und von ihrem eigenen<br />
Schicksal zu erzählen. Etwa die Frau, die auf der<br />
Fahrt über das Mittelmeer ihr Baby unter die<br />
Schwimmweste gesteckt hatte. Denn auf den Booten<br />
der Schlepper gibt es keine Schwimmwesten für<br />
kleine Kinder. Die Mutter glaubte es an ihrer Brust<br />
sicher und geborgen. Aber dann kam die Rettungsaktion.<br />
Und die junge Frau musste mit beiden Händen<br />
nach den ausgestreckten Händen der Helfer<br />
greifen, die sie hinüber auf das andere Boot ziehen<br />
wollten. Und ihr Baby rutschte unter der Schwimmweste<br />
hervor – hinein ins Meer. Niemand weiß, wie<br />
viele Kinder auf diese Weise im Mittelmeer ertrinken.<br />
Ihre Mütter sind verstummt und können kaum<br />
darüber sprechen. Sind die Kinder vergessen?<br />
Die Casa delle Culture liegt in den Bergen in der<br />
Nähe eines Hotspots, in dem Tausende von Flüchtlingen,<br />
die über das Mittelmeer in unsicheren Booten<br />
gekommen sind, untergebracht werden. Kein<br />
schöner Ort ist das. Darum wurden Betreuungsorte<br />
geschaffen wie die Casa delle Culture. Dort arbeiten<br />
SozialarbeiterInnen und Freiwillige zusammen, um<br />
die Flüchtlinge zu betreuen. Finanziert wird diese<br />
Arbeit der Waldenserkirche auch aus Deutschland.<br />
»Mediterranean Hope« heißt das Programm, und es<br />
wird zusammen mit Sant’Egidio betrieben. Gemeinsam<br />
haben diese Organisationen in den vergangenen<br />
zwei Jahren etwa tausend Flüchtlinge in besonderen<br />
humanitären Notlagen aus libyschen und<br />
türkischen Flüchtlingslagern nach Italien geholt.<br />
Flüchtlinge, die in den Lagern keine medizinische<br />
Versorgung erhalten konnten. Viele Kinder mit einer<br />
Krebserkrankung sind darunter, ältere Menschen mit<br />
schwersten Kriegsverletzungen, blinde Menschen.<br />
24 <strong>WeltBlick</strong> 3/<strong>2018</strong>