WeltBlick 3/2018
70 Jahre Menschenrechtserklärung
70 Jahre Menschenrechtserklärung
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Meditation<br />
Bibel und<br />
Menschenrechte<br />
»Und Gott schuf den Menschen zu seinem<br />
Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und<br />
schuf sie als Mann und Frau.«<br />
1. Mose 1,27<br />
VON PFARRER OTTO KOHLSTOCK<br />
Eleanor Roosevelt<br />
im Jahr 1948 mit<br />
der Allgemeinen<br />
Erklärung der Menschenrechte.<br />
Es ist nicht bekannt, wie viele der Mitglieder<br />
der Kommission unter Leitung der amerikanischen<br />
Präsidentenwitwe Eleanor Roosevelt,<br />
die 1946 von den Vereinten Nationen damit beauftragt<br />
worden waren, die Allgemeine Erklärung der<br />
Menschenrechte zu erarbeiten, eine Bibel in ihrem<br />
Handgepäck hatten. Es dürfte aber höchst unwahrscheinlich<br />
sein, dass niemand von den 18 Frauen<br />
und Männern in den langen Monaten der Gespräche<br />
auf den bekannten Vers hingewiesen hätte, der<br />
gemeinhin als eine<br />
der biblischen Grundlagen<br />
der<br />
Menschenrechte<br />
gilt.<br />
Wenn in der Schöpfungsgeschichte ganz ausdrücklich<br />
und eindrucksvoll die Gottesebenbildlichkeit<br />
des Menschen betont wird, dann heißt das<br />
auch, dass allen Menschen – unabhängig ihrer Herkunft<br />
und Stellung in der Gesellschaft – gleiche<br />
Grundrechte zuerkannt werden müssen. Als gottgegeben<br />
gilt auch die Gleichstellung der Geschlechter:<br />
Er schuf sie als Mann und Frau! Was später alles aus<br />
der Bibel zitiert wurde, um Frauen als Menschen<br />
zweiter Klasse unterdrücken zu können, findet sich<br />
nicht in diesem unzweideutigen Vers. Ganz in diesem<br />
Sinne lautet denn auch der erste Artikel der Allgemeinen<br />
Erklärung der Menschenrechte, die Vertreter<br />
der 48 Länder der Vereinten Nationen 1948 in<br />
Paris unterzeichneten: »Alle Menschen sind frei und<br />
gleich an Würde und Rechten geboren«.<br />
Dass die Bibel die Grundlage für dieses in<br />
500 Sprachen übersetzte Dokument bildet,<br />
wird deutlich, wenn man sich die weiteren<br />
Artikel anschaut: So erinnert<br />
Artikel 2 deutlich an die Theologie des<br />
Apostels Paulus, der im Brief an die<br />
Galater (3,28) schreibt: »Hier ist nicht<br />
Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave<br />
noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau;<br />
denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus«.<br />
Artikel 2 verbietet Unterschiede aufgrund von<br />
Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,<br />
politischer Überzeugung, nationaler oder sozialer<br />
Herkunft, Vermögen oder sonstigem Stand.<br />
6 <strong>WeltBlick</strong> 3/<strong>2018</strong>