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SCHWERPUNKT: EFFEKTIVER ALTRUISMUS<br />
KIWANISCHE SOLIDARITÄT<br />
GEGEN ALTRUISMUS<br />
Der effektive Altruismus könnte uns Kiwanis verführen.<br />
Was schade wäre.<br />
Effektiver Altruismus ist eine alte englische Spezialität. Seinerzeit spendeten<br />
reiche Londoner Bürger an Wohltätigkeitsorganisation, um Prostituierte<br />
wieder auf dem richtigen religiösen Weg zu bringen. Es war natürlich leichter<br />
zu spenden, als einzusehen, dass die Prostitution eine Auswirkung der Industrialisierung<br />
war, die reiche Bürger immer reicher machte. Prostituierte<br />
waren daher Opfer, die für die Hilfe dankbar sein sollte. Diese Logik der<br />
Spende lässt uns vergessen, dass die kontinentale Tradition nicht die Wohltätigkeit<br />
ist, sondern die Solidarität.<br />
Der effektive Altruismus verfolgt das Modell von Versicherungen, die Risiken<br />
durch statistische Methoden berechnen. Im Gegensatz dazu stützt sich<br />
die Solidarität auf die Zugehörigkeit einer Gemeinschaft, die national, beruflich<br />
oder familiär sein kann. Die Mitglieder der Gemeinschaft nehmen<br />
alle an der Finanzierung der Hilfe teil, wodurch alle die gleichen Rechte<br />
haben. Die Reichen bezahlen mehr und die Ärmeren bezahlen weniger. Alle<br />
Menschen haben die gleiche Wertigkeit und die Armen sind keine Opfer. So<br />
kann der Altruismus nicht zu einem Markt werden.<br />
Die Legitimation von Kiwanis beruht vielmehr auf einer verlängerten Solidarität.<br />
Wir spenden nicht, weil wir ein gutes Gewissen haben wollen, und<br />
auch nicht nur, weil der gute Zweck schön verkauft wird, sondern weil wir<br />
ein Teil der Gemeinschaft sind. Wir wollen gezielte Projekt unterstützen,<br />
wodurch wiederum die Solidarität verstärkt wird.<br />
Autor: Dr. phil. Yves Mayzaud, Bild: Kiwanis Int.<br />
https://de.kiwanis.news/400657<br />
EIN UNMORALISCHES ANGEBOT<br />
Fundraising bedeutet für uns Kiwanis: Gelder sammeln für Kinder- und Jugendprojekte, das ist nichts Neues. Schon immer<br />
mussten wir für die Verwirklichung eines eigenen oder fremden Projekts Gelder generieren.<br />
Das passiert in der Hauptsache auf vier Wegen: 1. Mitgliedsbeiträge der<br />
Mitglieder 2. Teilnahmegebühren an Veranstaltungen 3. Spenden und 4.<br />
Sponsoring.<br />
Was bedeutet Sponsoring überhaupt und wie unterscheidet es sich von<br />
Spenden? Sponsoring bedeutet: Ich schreibe eine Rechnung an Metzgerei<br />
Fleischmann über 100 Euro für Werbung beim Entenrennen. Für diesen<br />
Betrag hängt der KC Entenhausen ein Banner auf und stellt das Logo auf<br />
die Clubhomepage. Die Rechnung kann die Metzgerei dann bei der Steuer<br />
als Werbungskosten geltend machen. Spenden bedeutet, dass der Spritzgusswerkzeugbau<br />
Toolheimsmann eine Spende von 100 Euro überweist<br />
und dafür eine Spendenquittung erhält, die sich ebenfalls steuermindernd<br />
auswirkt. Der Unterschied: Eine Spendenquittung darf nur ausgestellt<br />
werden, wenn der Spender keine Gegenleistung, zum Beispiel Werbung<br />
erhält. Solange man als Verein unter der Umsatzsteuerfreigrenze bleibt,<br />
haben beide Systeme ihre Vorteile.<br />
Wenn man diese beiden Systeme zu Grunde legt, kann man den „Unterstützern“<br />
nun ganz einfach die Wahl lassen, in welcher Form sie ein Projekt<br />
unterstützen möchten. Angenommen, das lokale Chemieunternehmen,<br />
das Kinderarbeit toll findet, die Umwelt verschmutzt, Versuche an knuffigen<br />
Hundewelpen durchführt und keinen Müll trennt, möchte nun ein<br />
Charity Kegel-Event des KC Gondor unterstützen. Selbstverständlich<br />
möchte man dort kein blutverschmiertes Banner aufhängen, kann aber,<br />
wenn die Unterstützung ernst gemeint ist, eine Spende entgegennehmen.<br />
Diese darf dann vom KC nicht werbewirksam verwendet werden, weil es ja<br />
dann eine Gegenleistung wäre. Wenn die Firma auf ein Sponsoring besteht,<br />
muss man natürlich schauen, ob es das Wert ist, sich den Ruf zu ruinieren.<br />
Im Regelfall wohl nicht, denn ein partnerschaftliches Verhältnis zur Stadt,<br />
zur Bevölkerung und zu den Unterstützern muss langfristig aufgebaut und<br />
gepflegt werden. Ein einmaliges Sponsoring über 10.000 Euro hört sich<br />
gut an, aber nicht, wenn man dadurch fünf kleine Sponsoren verliert, die<br />
über viele Jahre jeweils 500 Euro geben.<br />
Dieses System kann also gut genutzt werden, um auszuloten, welchem<br />
Zweck die Unterstützung tatsächlich dient und ebenso, um unliebsame<br />
Namen von den Werbetafeln zu verbannen.<br />
Im Zweifelsfall sollte man aber nicht zu kritisch sein. Ein Banner von dem<br />
hiesigen Auto-Händler sollte trotz Abgasskandal kein Grund zur Absage<br />
sein und die Firma Krauss Maffai stellt neben Panzern ja auch Spritzgussmaschinen<br />
her.<br />
Autor: Stefan Uhrig<br />
https://de.kiwanis.news/400580<br />
6 Kiwanis-Magazin | Winter 2018