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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil I. - Marokko - Hüter des maurischen Erbes

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich Marokko. Nicht nur geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen Zeit Spaniens wird in Marokko weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda und der Turm Torre del Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer Silber- und Goldschmiede ....

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<strong>DIE</strong> <strong>SUCHE</strong> <strong>NACH</strong> <strong>AL</strong>-AND<strong>AL</strong>US<br />

in <strong>Marokko</strong> – Syrien – Usbekistan – Jordanien – Iran<br />

<strong>Teil</strong> I. – <strong>Marokko</strong><br />

<strong>Hüter</strong> <strong>des</strong> <strong>maurischen</strong> <strong>Erbes</strong><br />

© Isabel Blanco del Piñal


<strong>DIE</strong> <strong>SUCHE</strong> <strong>NACH</strong> <strong>AL</strong>-AND<strong>AL</strong>US<br />

in <strong>Marokko</strong> – Syrien – Usbekistan – Jordanien – Persien (Iran)<br />

©Isabel Blanco del Piñal<br />

Inhalt der Reihe:<br />

<strong>Teil</strong> I. <strong>Marokko</strong> und Al-Andalus – <strong>Hüter</strong> <strong>des</strong> <strong>maurischen</strong> <strong>Erbes</strong><br />

(veröffentlicht)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

<strong>Teil</strong> II. Syrien und Al-Andalus – Reichtum und Toleranz<br />

(veröffentlicht)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

<strong>Teil</strong> III. Usbekistan, die Seidenstraße und Al-Andalus – Wissen und Handel<br />

(veröffentlicht)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

<strong>Teil</strong> III. Uzbekistan, the Silk Road and al-Andalus – Knowledge and Trade<br />

English version - (published)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

<strong>Teil</strong> IV. Jordanien und al-Andalus – Herrschen und Genießen<br />

(veröffentlicht)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

<strong>Teil</strong> V. Persien und al-Andalus – Wasserbau und paradiesische Gärten<br />

(veröffentlicht)<br />

https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

Ψ<br />

Titelbild: Der Hassanturm, das Minarett der unvollendeten Almohadenmoschee, Rabat, 12. Jh. Die<br />

Dynastie der Almohaden herrschte auch über al-Andalus von 1147 bis 1269<br />

Anmerkungen:<br />

Jedem Kapitel liegt das gesamte Verzeichnis der Reihe „Die Suche nach al-Andalus“ bei<br />

Links in Fußnoten oder im Text: mit dem cursor auf den link gehen, STRG gedrückt halten und<br />

anklicken Webseite www.rosenoire.de – Email rosenoiregf@gmail.com<br />

Digitale Veröffentlichungen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

2


Einstimmung<br />

Erst gegen Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der ERZÄHLUNGEN VON<br />

DER <strong>AL</strong>HAMBRA <strong>des</strong> Amerikaners Washington Irving, besann sich die Arabische Welt wieder auf die<br />

Maurenzeit in Spanien, und das Abendland entdeckte al-Andalus mit romantischer Begeisterung.<br />

Der Glanz der arabischen Hochkultur im Abendland und ihr dramatischer Untergang fesselten und<br />

berührten auch mich. Das Ergebnis waren vier eigene Bücher 1 – je<strong>des</strong> für sich betrachtet die spanische<br />

Maurenzeit aus einer anderen Warte. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen<br />

Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über<br />

Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze <strong>des</strong> marokkanischen Königreichs. Der<br />

fast zu gleicher Zeit stattfindende Überlebenskampf der spanischen Mauren mehrere tausend Meilen<br />

westwärts und der letztendliche Untergang von al-Andalus am Ende <strong>des</strong> 15. Jh., blieben fast unbemerkt.<br />

Meine Suche nach Zusammenhängen führte mich in die Länder von denen ich wusste oder vermutete,<br />

dass sie schon im frühen Mittelalter einen kulturellen Einfluss, einen bedeutenden Anteil an der<br />

erstaunlichen Entwicklung <strong>des</strong> früheren, recht rustikalen. westgotischen Hispanien zum legendären, im<br />

Orient und Abendland gleichermaßen und bis heute viel gepriesenen "Paradies al-Andalus" gehabt<br />

hatten: <strong>Marokko</strong>, Syrien, Usbekistan, Jordanien und Iran. Könnte ich heute noch in diesen Ländern<br />

anschauliche Spuren, greifbare Zeugen von ihrem Einfluss auf al-Andalus oder ihrer befruchtenden<br />

Verbindung mit dem islamischen Spanien finden die mir erlaubten das nachzuvollziehen? Oder<br />

umgekehrt, in welchem Land hatte al-Andalus seinerseits ein nachhaltiges Erbe hinterlassen? Bei allen<br />

Reisen waren meine Fragen dieselben:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vom 8. bis zur Mitte <strong>des</strong> 13. Jh. erlebte die gesamte arabische Kultur eine Blütezeit die<br />

allgemein als „Goldenes Zeitalter <strong>des</strong> Islam 2 “ bezeichnet wird. Wie konnte das maurische<br />

Spanien den außerordentlichen Wissensstand, das hohe Niveau an Gelehrtheit erreichen die<br />

auch das mittelalterliche Europa bereicherten und befruchteten? Lag das Land nicht am<br />

äußersten westlichen Ende der damals bekannten Welt?<br />

Fast 8 Jahrhunderte lang war die Iberische Halbinsel die Heimat der Mauren gewesen. Al-<br />

Andalus gilt heute als leuchten<strong>des</strong> Beispiel für das tolerante Miteinander der Religionen.<br />

Tatsächlich gab es diese Toleranz nur in wenigen Jahrhunderten. In welchem muslimischen Land<br />

würde ich noch greifbare Hinweise auf diese Toleranz finden?<br />

Wie kam es zu dem legendären Reichtum von al-Andalus?<br />

In welchem Land würde ich Zeugen finden von der Lebensfreude der syrischen und <strong>maurischen</strong><br />

Umayyaden? Im 8. Jh., in der Zeit <strong>des</strong> noch jungen Islam, herrschten sie über ein Großreich: vom<br />

damaligen Syrien über ganz Nordafrika und den größten <strong>Teil</strong> der Iberischen Halbinsel. Unter den<br />

<strong>maurischen</strong> Emiren und Kalifen der Dynastie erreichte das orientalisch-sinnliche Raffinement in<br />

al-Andalus einen Höhepunkt und … gab es schon immer ein Bilderverbot im Islam?<br />

Al-Andalus ist berühmt für Wasserbau, für hydraulische Systeme und paradiesische Gärten.<br />

Woher hatten die spanischen Araber dieses Wissen? Nach der Eroberung von al-Andalus gegen<br />

Ende <strong>des</strong> 15. Jh. übernahmen die Christen das fortschrittliche Wassermanagement der Mauren<br />

wie zum Beispiel das Wassergericht von Valencia. Es tagt noch heute und gilt als die älteste<br />

Institution Europas.<br />

Ψ<br />

1 s. Anhang am Ende<br />

2 Mehr über diesen Begriff unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bl%C3%BCtezeit_<strong>des</strong>_Islam<br />

3


Linkl<br />

links: Die Giralda, das ehemalige Minarett der Hauptmoschee der Almoraviden, Sevilla (12. Jh.)<br />

rechts: der (Gold-)Turm Torre del Oro am Ufer <strong>des</strong> Guadalquivir, Sevilla (13. Jh.)<br />

Kein anderes Land meiner Recherchen ist al-Andalus so nah wie das Königreich <strong>Marokko</strong>. Nicht nur<br />

geographisch. Mehrere Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte und die geographische Nähe haben<br />

das Land geprägt. Das andalusische Erbe ist überall sichtbar. Maurische Auswanderer gründeten<br />

Stadtviertel, wie das andalusische Viertel in Fès oder ganze Städte wie Tetuan und Chefchaouen. Die<br />

Kunst maurischer Baumeister und Handwerker findet sich in der marokkanischen Architektur<br />

wieder, in der Dekoration von Gebäuden mit farbigen Fliesen und Fassaden mit Arabesken und in<br />

der Tradition der patios, der Innenhöfe – so vieles erinnert an al-Andalus. Musik aus der arabischen<br />

Zeit Spaniens wird in <strong>Marokko</strong> weiter liebevoll gepflegt und ist äußerst beliebt, mehr noch als in<br />

Spanien selbst. Und auch marokkanische Berberdynastien haben beeindruckende Zeugen ihrer<br />

Präsenz in Spanien hinterlassen: zu den berühmtesten zählen die Giralda 3 und der Turm Torre del<br />

Oro, beide in Sevilla. Die Kunstfertigkeit sefardischer 4 Silber- und Goldschmiede aus al-Andalus<br />

wurde auch auf der anderen Seite der Meerenge von Gibraltar in die Tradition aufgenommen.<br />

Zahlreiche spanische Juden waren schon vor der christlichen Rückeroberung, der Reconquista,<br />

geflüchtet und nach <strong>Marokko</strong> ausgewandert. Im Jahr 1492, gleich nach dem Ende der Reconquista<br />

wurden die Sefarden aus Spanien ausgewiesen. Im marokkanischen Königreich fanden viele eine<br />

neue Heimat. Der muslimischen Bevölkerung wurde zunächst zugesichert weiter in Spanien leben zu<br />

dürfen; im Jahr 1609 wurde dennoch die letzte Phase einer ethnischen Säuberung eingeleitet. Sie<br />

dauerte fünf Jahre: Zwischen wurden 250.000 und 300.000 Morisken 5 <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> verwiesen. Auch<br />

sie fanden eine neue Heimat im Königreich <strong>Marokko</strong>.<br />

3 Die Giralda ist heute als Glockenturm der Kathedrale von Sevilla<br />

4 Die jüdischen Einwohner von al-Andalus werden Sefarden genannt<br />

5 Nach der christlichen Rückeroberung Spaniens wurden die Muslime Morisken genannt.<br />

4


„Ich habe immer die Farbe Grün gewählt,<br />

um die arabische Zeit in Cordoba zu<br />

beschreiben.<br />

Als die Araber nach Andalusien kamen,<br />

lebten sie nur durch das Grün.<br />

Ihre Lyrik, ihre Prosa, ihre Gedanken<br />

und ihre Seele waren so.<br />

Die Eroberer – alle Eroberer –<br />

haben Schwerter gesät,<br />

wohin sie auch kamen. Die arabische<br />

Eroberung aber<br />

war die erste, die Palmen, Orangenbäume,<br />

Jasmine und Springbrunnen brachte.<br />

Diese kordobesischen Häuser,<br />

schläfrig auf ihrem Lager<br />

aus Veilchen und Myrte ruhend,<br />

mit ihren Mosaiken und Verzierungen aus<br />

Alabaster,<br />

verstecken sich in engen, gewundenen<br />

Gässchen<br />

wie kleine Paradiese – in ihrer Stille ungestört.<br />

Diese Brunnen, die Tag und Nacht<br />

in den patios eurer bezaubernden<br />

Häuschen singen, wovon erzählen sie?<br />

Als Dichter kann ich es euch sagen:<br />

Sie erzählen davon, dass die Araber<br />

nicht als Eroberer nach Cordoba kamen,<br />

sondern als Liebende.<br />

Und so ist es das erste Mal in der Geschichte,<br />

dass aus einer Eroberung Liebe wurde<br />

und aus dem Schwert eine Rose ...<br />

Die Araber gaben Andalusien das Beste ihrer<br />

Kultur,<br />

und Andalusien nahm Einfluss auf ihre Seele.<br />

Die Hände der Araber<br />

wurden zu sensiblen Instrumenten,<br />

ihre Gedanken öffneten sich,<br />

und ihre Sprache wurde sanft.<br />

Das grüne Andalusien verlieh der arabischen<br />

Poesie<br />

Fantasie und Schönheit,<br />

umhüllte sie mit süßen Düften<br />

und seidenen Gewändern;<br />

der trockene Wüstenstaub, die glühende<br />

Sonne,<br />

fanden wohltuenden Schatten.<br />

Auf der andalusischen Erde<br />

wurde aus dem arabischen Traum eine<br />

Serenade,<br />

wie für den Vogel der Nacht bestimmt,<br />

der sich von Note zu Note<br />

in eine Freiheit ohne Grenzen schwingt.“<br />

Nizar Qabbani, Damaskus, 20. Jh. 6<br />

6 aus Ich pflückte die Rose …, © Isabel Blanco del Piñal, Verlag<br />

RoseNoire, S. 122, 124. Gedichtübersetzung: Isabel Blanco<br />

del Piñal<br />

5


Das Paradies al-Andalus<br />

Seit ich Anfang der 90ger Jahre mit der Arbeit an meinem ersten Buch den Geschichten aus al-Andalus<br />

begann, war ich fasziniert von der Entwicklung der Iberischen Halbinsel zur Heimat der <strong>maurischen</strong><br />

Hochkultur, deren Wissensstand auf den Gebieten Philosophie, Astrophysik, Mathematik, Medizin und<br />

Wasserwirtschaft so fortschrittlich war, dass sie auch das damalige Europa befruchtete. Lag al-Andalus<br />

nicht im äußersten Westen, am Ende der damals bekannten Welt, fernab von Zentralasien und dem<br />

Orient die schon früh von Entdeckungen und Innovationen aus China profitierten?<br />

Ebenso fasziniert war ich jedoch auch zu sehen wie sich der quälende Niedergang der einst<br />

glanzvollen Kultur über mehrere Jahrhunderte hinzog, bis zum dramatischen Untergang. Ich fühlte mich<br />

wie ein Zuschauer auf einem bevorzugten Logenplatz der zwar das Verhängnis kommen sieht aber nicht<br />

warnend eingreifen kann. Der Untergang der <strong>maurischen</strong> Zivilisation begann schon im 11. Jahrhundert.<br />

Er beruhte in großem Maß auf internen Machtkämpfen, auf staatsmännischer Unfähigkeit und auf<br />

Epochen ausufernder Dekadenz. In der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts unternahmen die<br />

christlichen, spanischen Könige die ersten Versuche zur Rückeroberung der arabischen Territorien<br />

Hispaniens. Das sollte sich als ein äußerst schwieriges und langwieriges Unterfangen herausstellen, das<br />

erst im Jahr 1492 abgeschlossen wurde.<br />

Ab der Mitte <strong>des</strong> 8. bis zur Mitte <strong>des</strong> 13. Jahrhundert erlebte die gesamte arabische Welt eine<br />

kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Blütezeit die als Goldenes Zeitalter <strong>des</strong> Islam<br />

bezeichnet wird. In al-Andalus dauerte sie, mit Unterbrechungen, vom 10. bis zum 12. Jh. Sie war kürzer<br />

aber umso glanzvoller und überlagerte in der Geschichte die Jahrhunderte langen, bewegten und nicht<br />

selten blutigen Zeiten der Machtfestigung der Emire und ihre Habgier, mit der sie mit überhöhten<br />

Steuern die Bevölkerung ausbeuteten. In Vergessenheit geraten scheinen auch die Zeitabschnitte von<br />

Benachteiligung oder Verfolgungen von Juden und Christen unter muslimischen Machthabern. Für die<br />

Nachwelt wurde die Maurenzeit in Spanien zum Symbol für technische Fortschrittlichkeit, für das<br />

friedliche Zusammenleben der drei Weltreligionen und für eine Blütezeit der Wissenschaften, die auch<br />

das Abendland bereicherte und befruchtete.<br />

„Das Paradies in al-Andalus<br />

hat eine eigene Schönheit,<br />

wie die einer Braut.<br />

Im sanften Streicheln einer Brise<br />

weht ein süßer Duft. Es ist,<br />

als käme das Strahlen seiner sonnigen Morgen<br />

von den herrlichen Zähnen eines Mun<strong>des</strong>,<br />

und die Dunkelheit seiner Nächte<br />

von dunkelroten Lippen.<br />

Je<strong>des</strong> Mal wenn die Brise von Osten geht,<br />

sage ich zu mir:<br />

„Welch unstillbare Leidenschaft<br />

fühle ich doch für al-Andalus!“<br />

Ibn Chafadscha, Alcira (Spanien), 11./12. Jh. 7<br />

Ψ<br />

7 aus Ich pflückte die Rose … © Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 65


Zunächst ein wenig Geschichte …<br />

Dunkelbraun: Das muslimische Spanien von<br />

711 bis 1031 und ein <strong>Teil</strong> Nordafrikas. Im<br />

Norden die christlichen Königreiche Asturien-<br />

Leon, Kastilien, Navarra, Aragon und<br />

Katalonien.<br />

Schon vor der arabischen Herrschaft in<br />

Hispanien gab es dort ein buntes<br />

Völkergemisch: Von 264-206 v. Chr. gab es<br />

eine Kolonie der Karthager, bis ca. Mitte <strong>des</strong><br />

ersten Jahrtausend gehörte es zum<br />

römischen Reich bis die christlichen<br />

Westgoten in einem langsamen Prozess den<br />

Römern eine hispanische Provinz nach der<br />

anderen abrangen. Unter den Römern<br />

waren schon viele Juden nach Hispanien<br />

eingewandert, für sie lag dort, im äußersten<br />

Westen der damaligen Welt, ein Gelobtes<br />

Land namens Sefarad. Unter den<br />

intoleranten Westgoten hatten sie einen schweren Stand gehabt. Dass die Araber den größten <strong>Teil</strong> der<br />

Halbinsel in nur sieben Jahren erobern konnten, verdankten sie nicht zuletzt den Sefarden, die sich neutral<br />

verhielten. Die westgotischen Könige und ihre Gefolgschaft zogen sich in den äußersten Norden Hispaniens<br />

zurück und brüteten Jahrhunderte lang darüber, wie sie das verlorene Land zurückgewinnen könnten.<br />

Eine arabische Streitmacht unterstützt von berberischen Truppen aus <strong>Marokko</strong>, legte im Jahr 711 unter der<br />

Führung <strong>des</strong> Feldherrn Tariq ibn Ziyad an der Südspitze Hispaniens an. Innerhalb weniger Jahre unterwarfen<br />

sie den größten <strong>Teil</strong> der Iberischen Halbinsel. Die Eroberer nannten das neue Land al-Andalus und alle<br />

Einwohner waren fortan Andalusier. Zu jener Zeit gehörte auch Nordafrika zum Kalifat der Umayyaden in<br />

Damaskus und Kalif Abd al-Walid I. herrschte über das weite Reich. Unter seiner Herrschaft wurde die Große<br />

Moschee der Umayyaden in Damaskus gebaut. Im 8. Jh. wurden die Umayyaden von den Abbasiden<br />

abgelöst, sie erkoren Bagdad zur neuen Hauptstadt.<br />

Bei dem gewaltsamen Umsturz in Damaskus gelang es einem Umayyadenprinzen und seiner Gefolgschaft al-<br />

Andalus zu erreichen. Nach mehreren Jahrzehnten andauernder Machtkämpfe auf der Iberischen Halbinsel,<br />

konnten sich er und seine Getreuen gegen rivalisierende Stämme und Familienclans durchsetzen . Er bestieg<br />

als Emir Abd al-Rahman I. den Thron; er war der Stammvater der spanischen Umayyadendynastie. Cordoba<br />

wurde die Hauptstadt <strong>des</strong> muslimischen Spaniens.<br />

Bis zum Anfang <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts sollten alle Emire oder Kalifen in al-Andalus der Dynastie der<br />

Umayyaden entstammen. In den Zeiten <strong>des</strong> noch jungen Islam, waren die Umayyaden schon in Damaskus<br />

tolerant und lebensfroh gewesen, ausgesprochene Schöngeister und Ästheten; sie pflegten gute<br />

Beziehungen zum christlichen Byzanz, und alle Herrscher über al-Andalus setzten diese Tradition fort.<br />

Arabische Überlieferungen berichten, dass der Kaiser von Byzanz in der Mitte <strong>des</strong> 10. Jh. dem Kalifen von<br />

Cordoba Tausende von kostbaren Mosaiksteinchen für die Verzierung <strong>des</strong> Mihrabbogens (Gebetsnische) der<br />

großen Moschee in Cordoba zum Geschenk machte. Die Byzantiner waren damals berühmt für ihre Kunst<br />

Bauwerke mit Mosaiken oder Fresken zu verzieren, daher schickte der Kaiser gleich seine besten<br />

Kunsthandwerker mit nach Cordoba. Dieser Mosaikschmuck ziert noch heute den Mihrabbogen.<br />

Ψ<br />

7


Mihrab der Moschee-Kathedrale von Cordoba<br />

Unter den neuen Herrschern wurde al-Andalus dreisprachig:<br />

Das einfache, christliche Volk bediente sich weiter <strong>des</strong><br />

Romanischen, ein einfaches Volkslatein aus den Zeiten der<br />

römischen Besatzung. Die Sefarden, die jüdische<br />

Bevölkerung, pflegten weiterhin ihre eigene Sprache, im<br />

Lauf der Jahrhunderte entstand daraus ein ganz eigener<br />

Dialekt: das Ladino. Die neue Oberschicht sprach Arabisch,<br />

das war die offizielle Sprache und jeder, der erfolgreich<br />

Handel treiben, sein Handwerk ausüben oder eine der<br />

begehrten Stellen bei Hof oder Verwaltung ergattern<br />

wollte, war bemüht die neue Sprache so schnell wie<br />

möglich zu erlernen. Alle Einwohner von al-Andalus wurden<br />

Andalusier genannt.<br />

Al-Andalus war nicht gleich nach der arabischen Eroberung<br />

zu jenem Stern, der ab dem 10. Jahrhundert mit seinem<br />

Leuchten auch die kulturelle Finsternis <strong>des</strong> damaligen<br />

Europa erhellen sollte. Es war ein langer Weg bis<br />

paradiesische Gärten und Paläste entstanden den<br />

Bauwerken von Damaskus und Bagdad gleich, nach deren<br />

Luxus und baumeisterlicher Ästhetik sich die arabischen<br />

Wüstensöhne in ihrer neuen Heimat sehnten. Noch länger<br />

dauerte es, bis der fruchtbare Boden für technische Fortschrittlichkeit, für Bahn brechende Gelehrtheit und<br />

für das friedliche Miteinander von Muslimen, Juden und Christen geschaffen war.<br />

Nach einem Bürgerkrieg der 30 Jahre lang den ganzen südlichen <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> erschütterte, bestieg eine<br />

herausragende Persönlichkeit den Thron von al-Andalus: Abd al-Rahman III. Als erster Herrscher in al-<br />

Andalus nahm er den Titel Kalif an, was so viel heißt wie „Herrscher über alle Gläubigen“. Diesen Titel trugen<br />

nur die Nachfolger <strong>des</strong> Propheten. Al-Andalus wurde zum „Großen Kalifat von Cordoba“.<br />

Mit seiner Inthronisierung im Jahr 912 begann die Blütezeit der <strong>maurischen</strong> Zivilisation in der westlichen<br />

Welt: Systematisch wurden die Weichen gestellt für wirtschaftliche Expansion, für die gezielte Förderung <strong>des</strong><br />

inländischen Handwerks und für rege Handelsbeziehungen mit allen Mittelmeerländern. Seit das, von China<br />

sorgfältig gehütete Geheimnis der Seidenraupenzucht gelüftet worden war, hatte es auch das entfernte al-<br />

Andalus erreicht. Die andalusische Stoff- und Teppichindustrie wurde marktführend in Europa und in allen<br />

Mittelmeerländern. Die Wasserwirtschaft wurde zum Wohl der Landwirtschaft und der Städtehygiene von<br />

Grund auf strukturiert und den Themen Wissen und Wissenschaften eine vorrangige Bedeutung eingeräumt.<br />

Lan<strong>des</strong>weit wurden Schulen eingerichtet und staatlich gefördert. Für abgelegene Dörfer fanden sich immer<br />

gebildete Privatpersonen für den Unterricht, selbst wenn die Bezahlung nur in Naturalien erfolgte. Im 10.<br />

Jahrhundert wurde das Studium der Sprache wichtiger als das Studium <strong>des</strong> Korans. Cordoba hatte damals<br />

um die 300.000 Einwohner, während Städte wie Paris oder London gerade einmal 20.000 zählten. Die Stadt<br />

hatte die ersten Straßenlaternen in Europa und die ersten unterirdischen Abwasserleitungen.<br />

Auch viele Christen waren nach der arabischen Eroberung in al-Andalus geblieben. Da es im<br />

Mittelalter Usus war, dass die Untertanen die Religion der Herrscher annahmen, gab es viele Christen die<br />

zum Islam übertraten 8 . Mischehen zwischen Muslimen und Christen waren häufig. Bei jungen Christen<br />

wurde es sogar Mode Muslim zu sein. Es ist überliefert, dass sich der Erzbischof von Toledo bitter darüber<br />

beklagte, dass die jungen Christen den Koran besser kennen würden als die Bibel. Bei den jüdischen<br />

Gemeinden galt dagegen das Bewahren ihres Glaubens und ihrer Traditionen als höchstes Gut.<br />

8 Diese Konvertiten wurden Muladíes genannt, vom arab. al-muwallad<br />

8


Im Bild rechts: Die Oud 9 ist eien Kurzhals-Laute, ein, auf der<br />

Rückseite bauchiges, Instrument. Es erinnert von der Seite<br />

gesehen an eine vertikal halbierte Birne.<br />

Schon in der Mitte <strong>des</strong> 9. Jh. war die Kunde von al-Andalus<br />

durch seefahrende Händler bis nach Arabien gelangt. Das<br />

ferne Land im Westen wurde wegen seiner Fruchtbarkeit,<br />

der landschaftlichen Schönheiten, seiner ausgedehnten,<br />

schattigen Wälder und seines wachsenden Wohlstands als<br />

wahres Paradies gepriesen. Es gab eine Einwanderungsflut<br />

von Baumeistern, Kunsthandwerkern, Meistern der schönen<br />

Künste. Auch für Intellektuelle war al-Andalus ein Paradies<br />

für Studien jeglicher Art: In den Bibliotheken <strong>des</strong> Kalifen<br />

fanden sich Abschriften aller Abhandlungen alt-griechischer<br />

Wissenschaftler, von Medizin über Sternenkunde oder<br />

Philosophie waren in Arabien schon früh alle Werke der<br />

griechischen Antike übersetzt worden.<br />

Mit einem Sänger und Musiker aus Bagdad namens Ibn<br />

Ziryab hatte um das Jahr 822 auch das orientalische<br />

Raffinement Einzug am Hof von Cordoba gehalten. Die<br />

maurische Gesellschaft erkor ihn schnell zum Preisrichter in<br />

allen modischen Belangen: Frisuren, Gewänder, Speisen, alles richtete sich nach dem Stil Ziryabs, er<br />

verkörperte die Mode „Bagdad“. Mit ihm verbreitete sich schnell ein exquisiter Lebensstil. Ihm ist auch die<br />

Einführung <strong>des</strong> Deodorants und <strong>des</strong> fünfsaitigen Lautenspiels zu verdanken 10 .<br />

Cordoba wurde neben Konstantinopel und Bagdad zum wichtigsten Kultur- und Handelszentrum der damals<br />

bekannten orientalischen und westlichen Welt. Als Kalif Abd al-Rahman III. im Jahr 961 starb konnte sein<br />

Sohn Hakam II. sein Werk noch mehrere Jahrzehnte zum Wohl aller Untertanen fortsetzen. Mit seinem<br />

Nachfolger, dem Kindkalif Hischam II., begann der Untergang <strong>des</strong> Großen Kalifats von Cordoba.<br />

Das Große Kalifat von Cordoba zerbrach 1013 an einem verheerenden Bürgerkrieg. Al-Andalus zerfiel in viele<br />

kleine Splitterreiche, die Taifa-Königreiche 11 . Die Ära der Taifas wurde zum goldenen Zeitalter maurischer<br />

Dichtkunst. Aus dieser Zeit stammen die schönsten Sammlungen andalus-arabischer Poesie und die<br />

romantischsten Liebesgeschichten der Maurenzeit.<br />

Aber den „kleinen Königen“ – wie Intellektuelle die Könige der Taifareiche auch herablassend nannten –<br />

mangelte es an staatsmännischer Erfahrung und an politischer Weitsicht. Sie trugen erbitterte Machtkämpfe<br />

untereinander aus und realisierten nicht, dass die Christenkönige im Norden nur darauf warteten die<br />

muslimischen Territorien zurück zu erobern. Der Lebensstil an den Taifahöfen war verschwenderisch, sie<br />

verloren sich in einer Traumwelt; die Grenzen von Realität und Phantasie wurden fließend. Die Poesie wurde<br />

zum Lebensinhalt, es wurde gedichtet um <strong>des</strong> Dichtens willen; Wesire mussten dichten können, berühmte<br />

Poeten wurden zu Ministern ernannt.<br />

Übersetzungen von überlieferter, maurischer Literatur, von Gedichten oder Geschichten aus jener Epoche<br />

können am besten den Zeitgeist wiederspiegeln. Daher füge ich hier und da Originaltexte ein, die aus<br />

arabischen und/oder <strong>maurischen</strong> Quellen stammen, wie die Gedichte auf den beiden nächsten Seiten aus<br />

aus der Ära der Taifakönigreiche:<br />

Ψ<br />

9 Kurzhalslaute, auch Ud (arab.)<br />

10 Die arabische[al]-Oud, auch Ud. Über das arabische Spanien wurde sie auch in Europa, als „Laute“ bekannt und zum<br />

Instrument der Troubadoure. Bis zum 9. Jh. hatte sie nur 4 Saiten. Heute wird die Oud doppelchörig bespannt und ist ein<br />

weit verbreitetes Musikinstrument in <strong>Marokko</strong>, in der Türkei und der arabischen Welt.<br />

11 Kleinkönigreiche, arab. von al-tawaif, gleichbedeutend mit Splitterpartei, Abtrünnige<br />

9


„Oft in der Nacht ging der Wein von Hand zu Hand,<br />

und zwischen uns lief ein Zeitvertreib, so sanft,<br />

wie eine Brise über Rosen streicht.<br />

Wieder und wieder tranken wir, umhüllt von der Trinkschale<br />

duftendem Atem. Noch besser waren unsre Spiele<br />

die wir nur unterbrachen,<br />

um sie von neuem zu beginnen.<br />

Ich kostete dazu die Margeriten ihrer Lippen<br />

und die Lilie ihres Halses, die Narzissen ihrer Augen<br />

und die Rose ihrer Wangen.<br />

Bis Weines Schwere und der Schlaf sich in die Glieder schlichen<br />

und sie auf meinem Arm zusammensank.<br />

Ich versuchte die Hitze, die mein Herz verzehrte,<br />

an der Frische ihres Mun<strong>des</strong> zu löschen.<br />

Ich sah, sie hatte ihren Umhang abgelegt,<br />

und ich umarmte dieses Schwert,<br />

das aus der Hülle kam.<br />

Welch weiche Haut, welch schlanker Leib, welch Beben<br />

in den Flanken, welch Schimmern auf der Klinge! 12<br />

Ich verwöhnte sie und spielte mit dem Zweig,<br />

der einem sandigen Feld entsprang,<br />

mir war, ich küsste das Gesicht der Sonne,<br />

wenn sie einen herrlichen Tag begrüßt.“<br />

Ibn Chafadscha, 11./12. Jh. 13<br />

Ψ<br />

12 Eins der herausragenden Merkmale de <strong>maurischen</strong> Lyrik war dass die Poeten in Vergleichen sprechen, sie malen mit<br />

Worten förmlich Bilder in die Luft um die Phantasie der Zuhörer anzuregen.<br />

13 Henri Pérès, El esplandor de al-Andalus, Libros Hiperión, seg. Edición, 1990, S. 405 – aus Al-Dajira, III, 157a<br />

10


Die überlieferte, weibliche Dichtung ist für die damalige muslimische Gesellschaft bemerkenswert. Während<br />

sich die Poeten oft als zärtliche Minnesänger erweisen, sich in verzückten Vergleichen über die Vorzüge der<br />

Geliebten ergehen, ihre Wangen mit Rosen, ihre Brüste mit Äpfeln und ihren Gang mit dem einer Gazelle<br />

vergleichen, ist die weibliche Dichtkunst gewagt und in ihrer Deutlichkeit zuweilen erstaunlich. Vor allem im<br />

11. Jahrhundert schätzten die Dichterinnen keine Scheu, weder im Formulieren ihrer intimsten Wünsche<br />

noch im Verfassen von Reimen. Im bürgerlichen Volk gab es zu jeder Zeit weibliche Poesie, nur wurden die<br />

Namen der Poetinnen nicht überliefert, im Gegensatz zu den Werken jener Dichterinnen, die ihrer Herkunft<br />

wegen im Licht der Öffentlichkeit standen, wie im Fall von Prinzessin Wallada und ihrer Liebesgeschichte mit<br />

dem Wesir Ibn Zaidun. Ganz am Ende dieses Beitrags, im Kapitel „Andalusien, wo alles einst begann ...“<br />

werden wir dem berühmten kordobesischen Liebespaar noch einmal und ausführlicher begegnen. Die<br />

verborgenen lyrischen Schätze wurden im Schoß der Familie gesammelt und weitergegeben bis sie, oft<br />

Jahrhunderte später und auf vielen Umwegen, durch die Andalusforschung das Licht der Öffentlichkeit<br />

erblickten. Alle nachfolgenden Verse sind anonym 14 und nicht ein- und derselben Autorin zuzuordnen.<br />

„Lass doch meine Fußspange<br />

und fass mich um die Hüften,<br />

mein Freund Ahmed;<br />

steige mit mir auf das Bett, mein Leben,<br />

und leg dich nackt zu mir<br />

Komm, mein Freund, entschließe dich,<br />

komm doch her und liebe mich;<br />

so küss mich auf den Mund<br />

und drück fest meine Brüste;<br />

bieg meinen Fußring hoch zum Ohrgehänge,<br />

mein Mann hat keine Zeit.“<br />

Ψ<br />

„Komm, Zauberer;<br />

erwacht der Morgen mit diesem Glanz,<br />

er nach Liebe verlangt.<br />

Morgen meiner Glut!<br />

Morgen meiner Freude!<br />

Wenn der Späher nicht wacht,<br />

will ich Liebe heute Nacht.“<br />

Ψ<br />

„Ich werde nicht schlafen, Mutter;<br />

wenn der Morgen anbricht,<br />

kommt Abu l’Qasim<br />

mit Auroras Gesicht.“<br />

Ψ<br />

„Wenn du bei Nacht mich besuchst,<br />

wann ich dich herbestellt,<br />

werd ich dir das Gelockte und meine Zöpfe schenken.“<br />

14 Auf Grund der Freizügigkeit ist anzunehmen, dass sie aus dem 11. Jh. stammen. Aus Ich pflückte die Rose…, ©Isabel<br />

Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S. 25, 27<br />

11


Andere, deutlich erotische Verse und Gedichte mit Beschreibungen von ausschweifenden Gelagen, auch aus<br />

dem 11. Jh., zeichnen das Bild einer fortschreitenden Dekadenz:<br />

„Alle Blumen, nach dem Regen, trugen ein Halsband<br />

aus Perlen, die in der Hand <strong>des</strong> Goldschmieds schmelzen.<br />

Die einen lächelten, als sie Tautropfen weinten,<br />

und andere weinten, während sie lachten.<br />

Liebliche Mädchen liefen auf sie zu <strong>des</strong> Morgens,<br />

mit leuchtend roten Lippen.<br />

Die Leiber der Gazellen 15 bückten sich in ihrem Lauf<br />

und richteten sich wieder auf.<br />

Ich griff sie an mit einer Horde ungestümer Knaben,<br />

wie der Krieg ein friedlich’ Dorf.<br />

Die Weinkrüge fielen und wurden geköpft<br />

wie waidwunde Gazellen, mit blutströmendem Maul.<br />

Des Frühwinds sanfter Lufthauch wehte<br />

und die Zweige küssten sich.<br />

Unser Rausch war so groß,<br />

das Verbotene war wie ein Zwang.<br />

Wir warfen unsre Mützen zu Boden und ließen<br />

die Enden der Turbane über die Erde schleifen.<br />

Die Sängerinnen trällerten und die Gazellen antworteten<br />

mit lockenden Rufen;<br />

Stehend klatschten wir in die Hände<br />

und ließen unsere Köpfe tanzen.<br />

Dann sang ein Knabe, ein königlicher Page,<br />

Nachkomme jemenitischer Könige.<br />

So zart war er, dass er leise klagte ob seiner Ohrringe<br />

und seines Halsbands schwerem Gewicht.<br />

Er schämte sich nicht, als die Mädchen<br />

seine Lippen mit Küssen bedeckten,<br />

ihm ihre Brüste wie süße Früchte boten<br />

und ihn auf ihre Hüften hoben.<br />

Sie taten, als fühlten sie sein Begehren nicht,<br />

doch sie bemerkten es wohl.<br />

Als er dann ging, folgte ich ihm bis an seine Tür;<br />

du musst das Wild jagen, um es zu erlegen.<br />

Ich legte ihm meine Zügel an, und er ließ sich willig zäumen.<br />

Bedächtig trank ich am Brunnen der Begierde<br />

und vergaß die Schändlichkeit der Sünde.“<br />

Ibn Schuhaid, Cordoba, 11. Jh. 16<br />

15 Junge Mädchen oder Frauen werden auch heute gern Gazellen genannt<br />

16 aus Ich pflückte die Rose…, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S. 41<br />

12


Als die Christen in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts die politische Schwäche der Taifakönige<br />

ausnutzten und tatsächlich zur Rückeroberung ansetzten 17 , wussten sich die kleinen Könige in panischer<br />

Angst keinen anderen Ausweg als ihre Glaubensbrüder in <strong>Marokko</strong>, die Almoraviden 18 , zu Hilfe zu rufen.<br />

Unbemerkt vom Rest der Welt hatten diese berberischen Kriegermönche unter der Führung von<br />

Yussuf Ibn Taschfin innerhalb weniger Jahre ganz <strong>Marokko</strong> unterworfen. Wie ein Wüstensturm waren sie<br />

von einem ribat 19 tief im Süden der Sahara, über das nordafrikanische Land gefegt. Sie waren kampferprobt,<br />

unterwarfen sich einer eisernen Disziplin und waren erfüllt von heiligem Eifer. Die Almoraviden konnten die<br />

Christen zwar in ihre Schranken weisen, wandten sich dann aber gegen die Könige der Taifas die in ihren<br />

Augen dekadent und dem islamischen Glauben abtrünnig geworden waren. Einige starben im Kampf, andere<br />

wurden nach <strong>Marokko</strong> deportiert. Ab dem Ende <strong>des</strong> 11. Jh. wurden in allen Provinzen al-Andalus berberische<br />

Gouverneure eingesetzt, damit war Marrakesch auch die Hauptstadt von al-Andalus.<br />

Danach sollte es immer wieder Blütezeiten der <strong>maurischen</strong> Kultur in Hispanien geben, aber das Ende<br />

<strong>des</strong> 11. Jh. markiert den Wendepunkt, es war der Anfang vom Ende von al-Andalus. In diesem Moment<br />

beginnt die gemeinsame Geschichte von al-Andalus und dem Königreich <strong>Marokko</strong>:<br />

<strong>Marokko</strong> und al-Andalus<br />

Bereits im 4. Jahrhundert n.Chr. verließen die alten Araber ihre Halbinsel, um die angrenzenden Kontinente<br />

zu erkunden. Im äußersten Westen gebot ein Furcht einflößen<strong>des</strong> und Legenden umwobenes Meer ihrem<br />

Entdeckungsdrang Einhalt. „(...) Dort im Okzident beginnt das westliche Meer, das man auch das Meer der<br />

Dunkelheit nennt. Weiter darüber hinaus weiß niemand, was dort existiert (...)“ schrieb der Geograph al-Idrisi<br />

im 12. Jahrhundert. Dort, am Ende <strong>des</strong> afrikanischen Erdteils, lag ein Land, das die Araber al-Maghrib al-aqsa<br />

nannten den äußersten Westen – ein Land am Rande <strong>des</strong> Sonnenuntergangs.<br />

Obwohl der Ursprung von al-Andalus in der Dynastie der Umayyaden von Damaskus lag, gibt es kein<br />

anderes Land <strong>des</strong>sen Geschichte enger mit al-Andalus verbunden wäre, als die <strong>des</strong> Königreichs <strong>Marokko</strong>. Das<br />

war mir klar geworden, kaum dass ich die Geschichten aus al-Andalus abgeschlossen hatte. Es führte dazu<br />

dass ich ein Buch nur über das maghrebinische Königreich schrieb: Land am Sonnenuntergang – <strong>Marokko</strong>.<br />

Damit wurde <strong>Marokko</strong> ab dem Jahr 1999 zum Ziel zahlreicher Reisen. Auch hier konnte ich wieder<br />

auf die reiche Fülle überlieferter Quellen zurückgreifen und damit auch der bewegten Geschichte <strong>des</strong><br />

Königreichs <strong>Marokko</strong> menschliche Züge verleihen: Im Land der Berber erwachten Sultane und Poeten zu<br />

neuem Leben, heilige Männer und Geistwesen waren der Ursprung für faszinierende Legenden. Große<br />

Bedeutung kommt der Epoche vom 11. bis zum 14. Jahrhundert zu in der die Schicksale von al-Maghreb und<br />

al-Andalus besonders eng miteinander verbunden waren.<br />

Ψ<br />

Anmerkung:<br />

Ich musste mich entscheiden ob ich die Erzählung in diesem Kapitel hier chronologisch, nach geschichtlichen<br />

Abläufen, oder unter Berücksichtigung der geographischen Gegebenheiten <strong>des</strong> Königreichs von Nord nach<br />

Süd aufschreibe. Ich habe für Ersteres optiert, auch wenn es geographisch ab und zu von Nord nach Süd und<br />

wieder zurück geht.<br />

Ψ<br />

17 Maßgeblich beteiligt bei der Rückeroberung im 11. Jahrhundert war ein außerordentlich begabter spanischer<br />

Feldherr namens Rodrigo Díaz de Vivar, den die Nachwelt als den Kämpen und Ritter El Cid kennt.<br />

18 arab. al-murabitun „Krieger/Kämpfer von der Grenze“ [zu Mauretanien]<br />

19 ein Kloster. S. auch der Name der Stadt Rabat. An der Stelle der heutigen alten Stadt auf dem Felsen befand sich ein<br />

Kloster der Kriegermönche, der Almoraviden<br />

13


Moulay Idris, 1999. Wie in allen<br />

islamischen Ländern weisen<br />

grüne Dächer auf heilige<br />

Bauwerke hin.<br />

Schon der Anfang <strong>des</strong><br />

maghrebinischen Königreichs<br />

ähnelt dem von al-Andalus. Abd<br />

al-Rahman I. war der letzte<br />

Überlebende der Dynastie der<br />

Umayyaden von Damaskus<br />

gewesen, dem nach einem<br />

Putsch der Abbasiden die Flucht<br />

nach al-Andalus gelang.<br />

Für <strong>Marokko</strong> war es Idris Ibn<br />

Abdallah aus dem Geschlecht<br />

der arabischen Aliden, der in<br />

eine Revolte gegen die<br />

Abbasiden verwickelt war und fast 30 Jahre später aus Bagdad fliehen musste (786). Nach einer<br />

abenteuerlichen Odyssee über Kairo und Nordafrika erreichte er das marokkanische Walili 20 , das ehemalige<br />

römische Volubilis. Er wurde gastlich aufgenommen und blieb. Obwohl arabische Eroberungszüge auch<br />

<strong>Marokko</strong> berührt hatten, gab es in <strong>Marokko</strong> noch keinen arabischen Herrschaftsanspruch. Die Mehrzahl der<br />

Einwohner waren angehörige unabhängiger Berberstämme, die seit Urzeiten den Norden Afrikas<br />

bevölkerten und von Fürsten ähnlichen Anführern geleitet wurden. Die Berber hatten ihre eigenen, zum<br />

großen <strong>Teil</strong> heidnischen, Rituale und verschlossen sich zunächst der Islamisierung.<br />

Idris Ibn Abdallah hatte ein ausgeprägtes Führungstalent, im Jahr 789 wurde der ehemalige<br />

Flüchtling als Emir Idris I. anerkannt. Zunächst lag sein Bestreben vorrangig darin, dass er versuchte<br />

rivalisierende Berberstämme zu einen. Unbeirrt predigte er und führte dazu ein gottgefälliges Leben, seine<br />

weisen Ratschläge wurden auch von den Stammesführern geschätzt. Er war der Stammvater der Dynastie<br />

der Idrisiden. Anfangs war sein Reich noch klein, doch eroberte er Agadir und Tlemcen im Jahr 780 und<br />

konnte ein Bündnis mit einem weiteren, mächtigen Berberfürsten schließen. Damit reichte sein<br />

Einflussgebiet im Norden schon bis zum heutigen Fès wo er ein befestigtes Heerlager errichten ließ. Er wurde<br />

vergiftet und starb im Jahr 791 21 .<br />

Bis ins Jahr 974 entstammten alle marokkanischen Emire der Dynastie der Idrisiden. Einige spielten<br />

auch kurzzeitig eine eher unbedeutende Rolle in der Zeit der Taifakönigreiche in al-Andalus. Idris I. wurde in<br />

Walili bestattet, ihm zu Ehren heißt der kleine Ort heute Mulay Idris und ist eine der bedeutendsten<br />

Wallfahrtsstätten <strong>Marokko</strong>s. Zu Ehren <strong>des</strong> Gründers <strong>des</strong> Königreichs <strong>Marokko</strong> wurde ein beeindruckender<br />

Moscheekomplex gebaut. Nicht nur die Gebetshalle, auch die Ortschaft selber durfte bis 1920 von keinem<br />

Andersgläubigen betreten werden. Für die Moschee galt das weiterhin 1999 als ich mit einer Familie<br />

marokkanischer Pilger aus Meknès dort war. Obwohl ich die traditionelle Dschellaba trug und mich nicht<br />

einmal in die Nähe <strong>des</strong> muslimischen Heiligtums wagte wurde ich in den Gassen hier und da mit feindseligen<br />

Blicken bedacht.<br />

An dieser Stelle möchte ich jedoch ganz besonders hervorheben dass dies das einzige Mal war.<br />

Obwohl ich immer allein und in alle Himmelsrichtungen durch <strong>Marokko</strong> gefahren bin, habe ich nur<br />

Höflichkeit, Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Ritterlichkeit erfahren, unabhängig von Alter und<br />

Bildungsniveau, ob in großen Städten oder in ländlichen Gegenden.<br />

Ψ<br />

20 auch Walila<br />

21 Es heißt, dass Kalif Harun al-Raschid, aus der Dynastie der Fatimiden (Kairo) den Befehl hierzu gegeben hätte weil er<br />

befürchtete, dass Idris I. zu mächtig werden könnte.<br />

14


Die Almoraviden und al-Andalus<br />

Nomadenzeltlager in der<br />

marokkanischen Hamada<br />

(Steinwüste), tief im Süden<br />

<strong>Marokko</strong>s. So ähnlich, nur<br />

um Einiges größer, können<br />

wir uns das Heerlager der<br />

Almoraviden vorstellen.<br />

In der Geschichte von al-<br />

Andalus waren wir auf<br />

Seite zwölf an der Stelle<br />

stehen geblieben, als die<br />

Taifakönige die berberischen<br />

Kriegermönche zu Hilfe riefen weil sie dem christlichen Eroberungsdruck nicht gewachsen waren. Die<br />

Almoraviden wandten sich dann auch gegen die Taifakönige, einige starben im Kampf andere wurden nach<br />

<strong>Marokko</strong> deportiert.<br />

Der Anführer der Almoraviden, ein Feldherr namens Yussuf Ibn Taschfin, war im Jahr 1010 in der<br />

Sahara geboren worden. Er war ein außergewöhnlicher Mann, hielt die Kriegermönche zu strenger Disziplin<br />

an, war ein kluger Stratege und, das Wichtigste, er lebte seinen Kriegern Einfachheit und Genügsamkeit vor.<br />

Er verkörperte den Geist der Kriegermönche. Die überlieferten Quellen beschreiben ihn so:<br />

„Yussuf Ibn Taschfin verbrachte seine Jugend im Stamm der Lamtuna, zwischen Sanddünen, Palmen und<br />

Kamelen. Furchtlos und gerecht, zutiefst gläubig und genügsam, führt er ein rechtschaffenes Dasein. Er ist<br />

mittlerer Statur, hat einen spärlichen Bart und seine krausen Haare reichen bis zu den Ohrläppchen. Seine<br />

Gewänder sind aus Wolle und ohne jeglichen Schmuck. Sein ganzes Leben lang ernährt er sich nur von<br />

Gerstenbrot und der Milch und dem Fleisch seiner Kamele. 22<br />

Von anfänglich nur 300 wuchs die Anzahl der Kriegermönche innerhalb weniger Jahre auf über 1000 Mann<br />

an, Yussuf Ibn Taschfin nahm dann den Titel Emir 23 der Gläubigen an. Es wird immer noch darüber gerätselt<br />

ob Abū Bakr Ibn Umar, ein Vetter <strong>des</strong> Yussuf Ibn Taschfin, Marrakesch gründete (Mai 1070) oder Yussuf Ibn<br />

Taschfin im Jahr 1062. Es könnte sein, dass Ibn Taschfin an derselben Stelle und vor 1070 ein großes<br />

Heerlager anlegen ließ und diese provisorische Einrichtung als Stadtgründung betrachtet werden könnte.<br />

Al-Mutamid Ibn Abbad, der Dichterkönig von Sevilla<br />

Und wieder übernehmen die überlieferte Literatur und Lyrik die Rolle der Erzählerin, sie ist authentischer<br />

und aussagekräftiger. Die Lebensgeschichte <strong>des</strong> al-Mutamid, König der Taifa Sevilla, ist gleichzeitig die<br />

Geschichte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts: Sie erzählt von Glanz und Untergang, von Sorglosigkeit, Lebensfreude und<br />

hat einen dramatischem Ausgang. Sie hört sich fast wie ein orientalisches Märchen an. Der König war eine<br />

schillernde Figur als Herrscher, als Mäzen der Dichtkunst, aber auch als Mensch. Er lebte sorglos und<br />

verschwenderisch, keine Ausschweifung war ihm fremd, sein Ende war tragisch. Ich kann Ihnen hier leider<br />

nicht seine ganze Geschichte erzählen, sie würde den Rahmen sprengen. Wenn Sie mögen, finden Sie sie<br />

mit einer Vielzahl weiterer seiner Gedichte in meinen Geschichten aus al-Andalus.<br />

Wie kein anderer steht König al-Mutamid für die märchenhafte Romantik der Maurenzeit, für die<br />

Dekadenz der Ära der Taifas aber auch gleichzeitig für das dramatische Ende der Königreiche Taifas am Ende<br />

<strong>des</strong> 11. Jh. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen <strong>des</strong> Lebens zugetan, als dem Unterricht<br />

in Staatsführung seiner Lehrer. Er besaß einen Harem von 800 der schönsten Frauen doch gehörte seine<br />

Liebe nur Itimad, einer ehemaligen Sklavin, die er ehelichte und in den Stand einer Königin erhob. Sie war<br />

klug, kapriziös und wusste die Liebe ihres Königs immer wieder aufs Neue zu entfachen.<br />

22 aus Geschichten aus al-Andalus, © Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S.119)<br />

23 Fürst<br />

15


Palast Reales Alcázares de Sevilla. Er erfuhr viele Veränderungen.<br />

Ein kleiner <strong>Teil</strong> <strong>des</strong> Palasts datiert noch aus dem 11. Jh. So<br />

wie wir den „<strong>maurischen</strong>“ <strong>Teil</strong> heute sehen, wurde er<br />

vorwiegend unter dem Christenkönig Pedro I. von Kastilien im<br />

Jahr 1364 im Mudejar-Stil erbaut. Aber wir können uns<br />

angesichts dieser Palastsäle gut vorstellen, dass der Palast<br />

Königs al-Mutamid eine min<strong>des</strong>tens ebenso prunkvolle Bleibe<br />

war.<br />

Mudejaren war die Bezeichnung für Muslime, die ihre Religion<br />

auch unter christlicher Herrschaft beibehielten 24 . Als<br />

Baumeister wurden sie zu jeder Zeit von den Christen hoch<br />

geschätzt.<br />

Die Amtszeit <strong>des</strong> al-Mutamid als König der Taifa Sevilla<br />

begann in der Mitte <strong>des</strong> 11. Jahrhunderts und war von<br />

heftigen Angriffen der hispanischen Christen auf die<br />

Kleinkönigreiche geprägt. Al-Mutamid schrieb zahlreiche<br />

Gedichte in jeder Lebenssituation: überschwängliche<br />

Lobpreisungen auf sich selbst auf der Höhe seiner Macht,<br />

romantische Liebeserklärungen an seine Königin Itimad,<br />

Verse sehnsuchtsvollen Verlangens wenn das Königspaar<br />

durch widrige Umstände getrennt war, nostalgische Erinnerungen an seine Jugend und verzweifelte Klagen<br />

während seiner Gefangenschaft in Aghmat 25 . Aber noch sieht er sich als glanzvoller Herrscher, dem<br />

Mondgestirn ebenbürtig. Er wird sein eigener Panegyrist:<br />

„Ich trank einen Wein,<br />

der mit seinem Leuchten das Dunkel erhellte,<br />

als die Nacht die Dämmerung<br />

wie einen Mantel über die Erde warf;<br />

bis der Mond im Zeichen <strong>des</strong> Zwillings erschien<br />

einem König gleich,<br />

leuchtend im Glanz seiner Herrlichkeit;<br />

als er sich aufmachte um gen Okzident zu wandern,<br />

öffnete sich über ihm ein funkelnder Schirm:<br />

Die Sterne drängten sich, ihn strahlend zu umgeben,<br />

sein Leuchten wurde erst durch sie vollkommen.<br />

Wie tapfere Krieger sammeln sich die Sterne um ihn,<br />

darüber stehen die Plejaden wie wehende Fahnen;<br />

ich bin ihm ebenbürtig auf der Erde,<br />

zwischen Kriegern und jungen Frauen,<br />

beide sind Zeichen für Ehre und Schönheit.“ 26<br />

König al-Mutamid, Sevilla, 11. Jh. (Lobrede auf sich selbst)<br />

24 Die Muslime, die 1492 nach dem Sieg der Katholischen Könige über das letzte Maurenreich in Hispanien zum<br />

Christentum übertraten (bzw. zwangsbekehrt wurden) wurden Morisken genannt. Das Wort Moriske hatte einen<br />

abwertenden Beigeschmack<br />

25 Südöstlich von Marrakesch, in Richtung Hoher Atlas gelegen. Unter Einheimischen auch als Ghemat bekannt. Als ich<br />

im Jahr 2000 dort war, war es noch nicht auf der Straßenkarte Michelin verzeichnet.<br />

26 aus Ich pflückte die Rose …, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S.75<br />

16


„Ich fühlte Eifersucht für diesen Brief,<br />

weil er dein strahlend’ Antlitz sieht.<br />

Wie hab ich mir gewünscht,<br />

mein Leib sei dieses Blatt –<br />

so würde dein betörender Blick<br />

jetzt auf mir ruh‘n!<br />

Im Traum hab ich dich auf meinem Lager gesehen,<br />

mir war, als diente dein weicher Arm mir als Kissen,<br />

als umarmtest du mich und fühltest<br />

die Liebe und das Drängen meiner Qual;<br />

es war, als küsste ich deine Lippen,<br />

deinen Nacken, deine Wangen<br />

und könnte endlich mein Begehren stillen.<br />

Bei deiner Liebe!<br />

Würde dein Bild mich nicht im Traum besuchen,<br />

würde ich nie mehr schlafen gehn!“ 27<br />

Al-Mutamid schreibt Itimad aus einem Feldlager<br />

als er sein Heer in den Kampf gegen die Christen<br />

begleiten muss,11. Jh.<br />

Unfähig zur Geschlossenheit waren die Maurenkönige den christlichen Überfällen ausgeliefert, immer<br />

wieder erkauften sie sich einen trügerischen Frieden mit immer neuen Vasallenverträgen und<br />

Tributzahlungen an die Angreifer die sie allerdings gern vergaßen, wenn es ihnen gerade passte. Als die<br />

Bedrängnis durch den Christenkönig Alfons XI. und seinen Feldherrn „El Cid“ übermächtig wurde, war es al-<br />

Mutamid, der die anderen Taifakönige überzeugte die berberischen Almoraviden um Hilfe zu bitten.<br />

Ψ<br />

27 aus Geschichten aus al-Andalus, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 78.<br />

17


Die Kriegermönche fügten den Christen zwar eine vernichtende und vorerst endgültige Niederlage zu, dann<br />

wandten sie sich jedoch gegen die Taifakönige die in ihren Augen lasterhaft, leichtfertig und vom wahren<br />

Glauben abgefallen waren. Das Leben wurde von Tag zu Tag schwerer, gefährlicher, mit Melancholie<br />

erinnerte sich al-Mutamid an die Zeiten seiner unbeschwerten Jugend:<br />

Palast Reales Alcázares de Sevilla, (s. S. 13)<br />

„Grüße mir meine Orte in Silves, Abu Bakr,<br />

und frage sie, ob ihre Sehnsucht der meinen gleicht!<br />

Grüße den Palast Barandas von einem Jungen,<br />

der ihn schmerzlich vermisst!<br />

Herrensitz der Löwen, Zuhause weißer Jungfrauen,<br />

welch dichtes Grün, welch prächt’ge Säle!<br />

Wie viele Nächte verbrachte ich dort,<br />

in seiner lieblichen Zuflucht,<br />

zwischen großzügigen Hinterbacken<br />

und schlanken Taillen!<br />

Weiße und braune Frauen,<br />

die meine Seele durchdrangen<br />

wie helle Schwerter und dunkle Lanzen.“ 28<br />

König al-Mutamid, Erinnerungen an seine Kindheit<br />

im Palast von Silves, im heutigen Portugal.<br />

28 aus Geschichten aus al-Andalus, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 61<br />

18


Aghmat, <strong>Marokko</strong>. Mausoleum <strong>des</strong> Königs al-<br />

Mutamid, seiner Frau Itimad und eines Sohns.<br />

Al-Mutamid wurde zur Symbolfigur für den<br />

Widerstand gegen Christen und Almoraviden<br />

gleichermaßen. Er unterlag bei dem Sturm der<br />

Kriegermönche auf Sevilla, wurde gefangen<br />

genommen und mit seinen engsten<br />

Angehörigen 1090 in das marokkanische<br />

Aghmat verbannt, ein armseliges Hüttendorf<br />

wie er es empfand, 40 Kilometer südöstlich von<br />

Marrakesch gelegen. Eine seiner Töchter wurde<br />

von den Almoraviden als Sklavin verkauft.<br />

Am Fuß der schneebedeckten Gipfel <strong>des</strong> Hohen<br />

Atlas, fristeten die Gefangenen ein trauriges Dasein. Al-Mutamid sah sich in Ketten 29 , er zerbrach an seinem<br />

Schicksal. Aus romantischen Liebesgedichten und erotischen Phantasien wurden verzweifelte Klagen. Er<br />

versank in tiefe Traurigkeit und ahnte, dass er seinen herrlichen Palast in Sevilla nie wiedersehen würde. Als<br />

seine geliebte Itimad starb fühlte er sich selbst dem Tod nah und schrieb seinen eigenen Nachruf:<br />

„Mögen die Wolken mit ewigen Tränen<br />

deine weiche Erde lockern, o Grab im Exil,<br />

das du die Reste <strong>des</strong> Königs Ibn Abbad bewachst.<br />

Du hütest damit drei erlauchte Tugenden:<br />

Weisheit, Güte, Großmut, alles in einem ...<br />

Was willst du mehr, o Grab?<br />

Zeige Mitleid mit so viel Ehre, die dir anvertraut.<br />

Möge der Segen <strong>des</strong> Herrn herabkommen,<br />

unbeschränkt und immerfort,<br />

auf den, der an deiner warmen Brust verfault. 30<br />

(…)<br />

Ach wüsste ich doch, ob mir noch einmal<br />

vergönnt ist eine Nacht zu erleben<br />

zwischen Gärten und Wasserbecken,<br />

in den Olivenhainen –<br />

Vermächtnis von Größe und Herrlichkeit,<br />

wo die Tauben gurren und die Vögel zwitschern.<br />

Möge Gott meinen Tod in Sevilla verfügen<br />

und mögen sich dort unsere Gräber öffnen<br />

am Tag der Auferstehung!“<br />

König al-Mutamid, Aghmat, 11. Jh. 31<br />

Es war al-Mutamid nicht vergönnt seine Paläste mit den blumenduftenden Gärten und singenden<br />

Springbrunnen wieder zu sehen. Er starb in Aghmat im Jahr 1095. Nach seinem Tod wurde das Leben <strong>des</strong><br />

königlichen Poeten zur Legende. Im Königspalast zu Sevilla erinnert nur eine schlichte Gedenksäule an den<br />

romantischen Dichterkönig. In Aghmat dagegen errichteten seine ehemaligen Feinde über seiner letzten<br />

Ruhestatt ein, in seiner Schlichtheit ergreifen<strong>des</strong>, Mausoleum.<br />

29 Aghmat war unter Emir Yussuf Taschfin eine große Ansiedlung. Wahrscheinlich sind al-Mutamids Klagen über ein<br />

Hüttendorf und dass er seine Tage „in Ketten“ verbrachte, übertrieben. Er war ein königlicher Gefangener und war zwar<br />

nicht luxuriös, aber gewiss stan<strong>des</strong>gemäß untergebracht.<br />

30 aus Ich pflückte die Rose …, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 82<br />

31 Ebd.<br />

19


Leicht zu übersehen: Eingang <strong>des</strong> Mausoleums von Yussuf Ibn<br />

Taschfin in Marrakesch (2001). Inzwischen gibt es ein neueres<br />

Mausoleum für den Almoravidenherrscher.<br />

Unten: Innenraum mit dem Kenotaph<br />

Die Almoraviden herrschten über al-Andalus mit unnachgiebiger<br />

Strenge, Marrakesch wurde auch die Hauptstadt von al-Andalus.<br />

Städte, Plätze und Gassen wurden denen in der Heimat der<br />

Berber ähnlich, alle Lebensfreude und auch die Dichtkunst<br />

versiegten. Ein Abgrund öffnete sich zwischen den Andalusiern<br />

und den neuen Herren mit ihrem unbeugsamen<br />

Religionsverständnis. Andalusien wurde afrikanisch, und sogar<br />

das Straßenbild ähnelte zunehmend dem der Heimat der Berber.<br />

Die fröhlichen Feste verhallten, Poeten und Sänger waren in alle<br />

Winde zerstreut und irrten umher auf der Suche nach neuen<br />

Königshöfen, wo ihre Kunst wieder gefördert und gebührend<br />

bewundert würde.<br />

In Granada und Sevilla begegneten die rauen Söhne der Wüste<br />

zum ersten Mal dem märchenhaften Reichtum der Andalusier<br />

und ihrer exquisiten Lebensart. Sie waren geblendet von der<br />

überwältigenden Pracht der Paläste und gewöhnten sich schnell<br />

daran, aus goldenen Bechern und kristallenen Schalen zu trinken. Sie genossen den beruhigenden Gesang<br />

der Brunnen, die Tag und Nacht in berauschend duftenden Innenhöfen und überschwänglich blühenden<br />

Gärten plätscherten. Das sinnliche Gefühl feiner Baumwollgewänder und kühler Seidenstoffe auf ihrer Haut<br />

war wie eine Liebkosung. Hatten die Afrikaner auf ihrem Kontinent die Reinheit ihrer Ideologie und die<br />

Strenge ihrer Regeln bewahren können, waren sie in dem kulturellen Schmelztiegel al-Andalus einer Vielzahl<br />

fremder Einflüsse ausgesetzt. Fast unmerklich erlagen sie dem Zauber Andalusiens. Der maurische Volkspoet<br />

Ibn Quzman berichtet, dass ein almoravidischer Gouverneur sich sogar die Waden mit Blattgold verzieren<br />

ließ. Emir Yussuf Ibn Taschfin starb, fast hundertjährig, im Jahr 1106.<br />

20


Nach dem Tod <strong>des</strong> Emirs Ibn Taschfin übernahm sein Sohn Ali Ibn Yussuf mit 22 Jahren die Herrschaft über<br />

das große Imperium. Er war die Frucht der Liebe seines Vaters zu einer christlichen Sklavin, und im<br />

Gegensatz zu seinem Erzeuger war er groß und hellhäutig. Er trug den Einfluss beider Kulturen in sich. Mit<br />

ihm erwachte auch die Dichtkunst zu neuem Leben und nicht nur in al-Andalus. Maurische Literaten und<br />

Dichter pilgerten in den Maghreb auf der Suche nach neuem Ruhm. Andalusische Architekten und<br />

Baumeister kamen auf der nordafrikanischen Seite der Straße von Gibraltar zu großen Ehren und wurden<br />

reich entlohnt. Ibn Ruschd, der Großvater <strong>des</strong> großen Philosophen Ibn Ruschd (Averroës), leitete den Ausbau<br />

der Stadtmauern von Marrakesch. Die Schönheit von al-Andalus, der Gesang seiner Springbrunnen, elegante<br />

Bogengänge, kunstvoll ziselierte Stuckverzierungen und blumenduftende Gärten fanden eine neue Heimat<br />

jenseits der Meerenge von Gibraltar.<br />

Auf die Dauer erwies es sich als äußerst schwierig al-Andalus von <strong>Marokko</strong> aus zu regieren. Waren<br />

die Mauren zunächst wie gelähmt vor Schrecken über die brutale Eroberung gewesen, waren sie bald nicht<br />

mehr bereit, sich den neuen Herrschern widerspruchslos unterzuordnen. Die Andalusier rebellierten gegen<br />

die Nordafrikaner. Und wieder schöpften die Christen im Norden Hispaniens neuen Mut, sie nutzten die<br />

Unruhen für ihre Zwecke. Jede Auflehnung im muslimischen <strong>Teil</strong> der Halbinsel, gegen welche Obrigkeit auch<br />

immer, war ihnen recht, sie unterstützten die Mauren auf jede nur erdenkliche Art und Weise.<br />

Als Alfons I., König von Aragon, den Almoraviden 1118 Zaragoza abnahm, war das schon der Beginn<br />

ihres Niedergangs. Unter der Führung hoher Würdenträger erhoben sich immer wieder ganze Dörfer und<br />

Städte gegen die afrikanischen Statthalter. Als der Enkel <strong>des</strong> großen Yussuf Ibn Taschfin, Abu Muhammad<br />

Taschfin Ibn Ali, im Jahr 1143 den Thron von Marrakesch bestieg, war der Zenit der Macht der Almoraviden<br />

schon überschritten. Zudem wurde es immer kostspieliger andauernd Streitkräfte wegen fortwährender<br />

Unruhen vom Maghreb aus nach Hispanien überzusetzen.<br />

Die Almohaden und al-Andalus<br />

Im Hintergrund, die Gipfel <strong>des</strong> Hohen Atlas und das kleine Dörfchen Tinmal, davor ein lehmfarbenes<br />

längliches helles Gebäude: die Almohadenmoschee (12. Jh.). Sie ist ein einzigartiger Zeitzeuge, obwohl die<br />

Jahrhunderte ihre Spuren hinterlassen haben. Umso authentischer und ursprünglicher wirkt sie.<br />

21


Bogengang in der Almohadenmoschee in Tinmal, <strong>Marokko</strong>. Es<br />

ist ein beeindrucken<strong>des</strong> und harmonisches Bauwerk, an dem<br />

das ganze Dach unzähligen Wintern zum Opfer gefallen war.<br />

Gut zu erkennen und typisch für die Architektur auch in al-<br />

Andalus, der Hufeisenbogen<br />

Ein neuer Umstand machte die Anwesenheit aller Streitkräfte<br />

im Maghreb überlebenswichtig, denn diesmal waren es nicht<br />

die Christen und auch nicht rebellierende Andalusier die den<br />

Untergang der Almoraviden bedrohten. Ihr großes Reich<br />

zersetzte sich langsam von innen heraus: eine neue religiöse<br />

Bewegung sorgte im Norden Afrikas für wachsende Unruhe.<br />

Ein Mann namens Ibn Tumart wurde irgendwann zwischen<br />

den Jahren 1078 und 1081 in Igilliz im Vorgebirge <strong>des</strong> Großen<br />

Atlas geboren. Im Jahr 1106 studierte er in Cordoba, pilgerte<br />

von dort nach Mekka und kam zurück erleuchtet mit dem<br />

heiligen Feuer <strong>des</strong> reinen Glaubens. Die strikte Einhaltung<br />

aller islamischen Gebote wurde für ihn der Sinn <strong>des</strong> Lebens.<br />

Bereits in den Jahren 1116/1117 begann er die Dekadenz und<br />

den mangelnden religiösen Eifer der Almoraviden in <strong>Marokko</strong><br />

anzuprangern.<br />

Ibn Tumart zog im Maghreb von Dorf zu Dorf und von Stadt zu<br />

Stadt, er predigte auf Marktplätzen und an Moscheemauern. Er verkündete die Einheit <strong>des</strong> göttlichen<br />

Wesens, daher wurden er und seine Anhänger Almohaden genannt (arab: al-muwahhidun: Unitarier,<br />

Bekenner der Einheit Gottes). So säte der Prediger den Keim der Rebellion gegen ein immer schwächer<br />

werden<strong>des</strong> Almoravidenregime.<br />

Mihrab der Almohadenmoschee von Tinmal<br />

Im Jahr 1120 hatte der Wanderprediger bereits eine so<br />

zahlreiche Anhängerschaft, dass eine offene Rebellion<br />

ernstlich zu befürchten war. Ibn Tumart war ein Sohn der<br />

Berge, er konzentrierte seine Gefolgschaft zunächst im<br />

Vorgebirge <strong>des</strong> Großen Atlas und begann von dort wahre<br />

Religionskriege. Nach einigen erfolgreichen Schlachten ließ er<br />

sich in Tinmal, südlich-westlich von Marrakesch nieder. Fortan<br />

trug er den Titel Mahdi 32 .<br />

In Tinmal wuchs in den folgenden drei Jahren die<br />

Kernzelle eines neuen Reiches heran. Dann zog er mit seinen<br />

Getreuen aus und begann Berg um Berg, Acker um Acker<br />

seinen Kampf gegen die Almoraviden. 1130 starb Ibn Tumart<br />

in Tinmal. Nachfolger wurde sein treuester Schüler unter dem<br />

Namen Kalif Abd al-Mumin.<br />

32 arab. der „Rechtgeleitete“; nach traditionellen Interpretationen <strong>des</strong> Islam derjenige, der in den „letzten Zeiten“, dem<br />

„Ende aller Zeiten“, kommt, um alles Unrecht zu beseitigen.<br />

22


Links: Der Minbar (12. Jh.), der in Cordoba für die Almoravidenmoschee<br />

Koutoubia in Marrakesch gefertigt wurde. Oben: In<br />

der Qubba überrascht den Besucher eine herrlich verzierte Kuppel.<br />

Unten: Die Qubba al-Baruddiyyin.<br />

Im Jahr 1142 eroberten die Almohaden den Hohen Atlas, dann<br />

zogen sie gegen das Land der Oasen im Süden. Im Jahr 1147, nach 17 langen Jahren harter Kämpfe,<br />

eroberten sie Marrakesch. Die almoravidische Moschee samt Minarett wurden geschleift und auf den<br />

Ruinen die Gebetshalle die Koutoubia mit ihrem berühmten Minarett errichtet. Dass von den vier Seiten <strong>des</strong><br />

Minaretts keine der anderen gleicht, ist eine architektonische<br />

Besonderheit – dass sie dennoch harmonisch wirkt, ist ein<br />

Meisterstück.<br />

Dieses Minarett war die Vorlage für die Minarette der Großen<br />

Moschee in Sevilla, der Giralda, und für den Hassan-Turm in<br />

Rabat. Ich gehe hier nicht weiter auf die Koutoubia ein, sie ist<br />

allseits bekannt und weltberühmt. Ganz besondere<br />

Aufmerksamkeit verdient der Minbar der Koutoubia, die<br />

Predigerkanzel für den Imam. Sie wurde von Kunsthandwerkern<br />

1125/30 in Cordoba auf Wunsch <strong>des</strong> Almoravidenführers Ibn<br />

Taschfin angefertigt. Es ist ein Meisterwerk aufwändigster<br />

Holzgestaltungskunst. Das Holzgestell wurde mit Elfenbein,<br />

Ebenholz und Sandelholz inkrustiert und die Seitenflächen mit<br />

geometrischen Flechtwerkornamenten verziert. Der kostbare<br />

Minbar wurde von den Almohaden übernommen. Heute wird er<br />

in einem kleinen Raum im Palast al-Badi in Marrakesch<br />

aufbewahrt.<br />

Marrakesch birgt noch ein historisches Juwel: Zum Einen ist es in<br />

Marrakesch das einzige religiöse Gebäude aus der<br />

Almoravidenzeit, zum anderen ist die Kuppel innen<br />

außergewöhnlich reich verziert: die Qubba al-Baruddiyyin. Eine<br />

Qubba im Islam ist ein, zumeist viereckiges, Grabhaus oder<br />

Mausoleum mit einer Kuppel. Qubbas werden für islamische<br />

Heilige oder einen besonders verehrten Scheich gebaut. Sie sind oft das Ziel von Wallfahrten. Meistens<br />

befindet sich in der Qubba ein Kenotaph. Auch die eleganten, fein ziselierten, durchbrochenen<br />

Schmuckornamente sind außergewöhnlich für die almoravidische Architektur.<br />

Ψ<br />

23


Das Eingangstor zur Kasbah Oudaïa bewahrt<br />

noch den almoravidischen Einfluss.<br />

Nach Marrakesch führte der Weg der<br />

Unitarier nach Norden. Es galt die wichtigsten<br />

Stützpunkte der Almoraviden am Atlantik und<br />

an der Meerenge von Gibraltar zu erobern:<br />

Rabat und Tanger waren die Häfen von denen<br />

aus Streitkräfte nach al-Andalus und<br />

Nachschub für die Truppen, auch Kamele und<br />

Pferde eingeschifft wurden. Kamele waren<br />

schon für die Almoraviden für die<br />

Kriegsführung in al-Andalus wichtig gewesen.<br />

Sie sorgten für Panik unter den Schlachtrossen<br />

der Christen, die beim Anblick der<br />

unbekannten, hochgewachsenen Tiere, die<br />

mit wildem Brüllen auf sie zustürmten, scheuten und zuerst einmal das Weite suchten.<br />

Abgesehen von Tanger, ist auch Rabat von besonderer historischer Bedeutung. Leider liegt die Stadt abseits<br />

der normalen Touristenroute: Die meisten Reisenden kommen in Casablanca an, fahren dann in Richtung der<br />

alten Königsstädte Meknès und Fès. Von dort nach Süden, nach Marrakesch und eventuell um den Mittleren<br />

Atlas herum auf der Straße der Kasbahs zurück.<br />

Auf dem Felsen Oudaïa, einer kleinen, erhöhten Landzunge an der Flussmündung <strong>des</strong> Bou Regreg,<br />

die zum Atlantik hin steil abfällt, liegt die Kasbah (Stadtburg) Oudaïa, der älteste <strong>Teil</strong> von Rabat. Hier<br />

gründeten schon die Almoraviden eine Klosterburg, daher der Name Rabat, der vom arabischen Wort ribat<br />

(Kloster) stammt. Das ganze Gelände wurde mit einem starken Mauerring befestigt. Die Almohaden bauten<br />

die Klosterburg zum militärischen Stützpunkt aus. Ein idealer Ort – von hier aus konnten sie hervorragend<br />

auch den Atlantik in Richtung Norden überblicken, dort lagen das maurische, aber auch das christliche<br />

Spanien, nur von dort hätte Gefahr drohen können. Das ursprüngliche Klostergebäude wurde zur Residenz<br />

<strong>des</strong> Kommandanten umgebaut und, wie im Mittelalter üblich, scharten sich darum bald viele bescheidene<br />

Häuschen, deren Bewohner sich hinter den starken Mauern sicher fühlten. Heute ist die Kasbah ein sehr<br />

schön restauriertes und Instand gehaltenes Viertel mit andalusischem Flair. Inzwischen sind die Immobilien<br />

dort heiß begehrt, sie können sogar teurer sein als größerer Wohnungen im modernen Rabat. Die Moschee<br />

und das Minarett sind die ältesten von Rabat.<br />

Kasbah Oudaïa<br />

24


In der Kasbah Oudaïa. In den Gassen der kleinen Stadtburg meint man in einem andalusischen Dorf zu sein.<br />

Die Farbe Blau ist charakteristisch für marokkanisch-andalusische Dörfer in ganz Nordafrika, sie ist ein<br />

Glücksbringer und schützt vor dem bösen Blick. Unten links ein Blick in die älteste Moschee von Rabat.<br />

25


Gegen Ende 1147 legten die Almohaden auch in al-Andalus an. Ihre Ankunft kam in letzter Minute: Überall<br />

auf der Iberischen Halbinsel gab es Aufstände gegen die Almoraviden und in Cordoba war der kastilische<br />

Christenkönig Alfons VII. gern gesehener Dauergast. Auch in Granada, Valencia und Murcia hatten sich kleine<br />

Fürsten und Kadis gegen die Almoraviden erhoben und sie vertrieben. Sie verspürten zwar wenig Lust sich<br />

von den Almohaden das Zepter wieder aus der Hand nehmen zu lassen, waren aber der militärischen<br />

Übermacht nicht gewachsen. Im Gegensatz zu den Almoraviden konnten die neuen Eroberer den Glauben an<br />

den einzigen, wahren Gott auch in al-Andalus mit neuem Feuer beleben. Ihre Intoleranz gegenüber<br />

Andersgläubigen fand plötzlich Zustimmung unter der muslimischen Bevölkerung; viele Juden, Christen und<br />

Muladíes 33 wanderten in die christlichen Königreiche im Norden aus.<br />

Die Unitarier richteten ihren Regierungssitz in Cordoba ein, die ehemalige Kalifenstadt gewann einen<br />

Schimmer ihres verlorenen Glanzes zurück. Es gelang den Unitariern al-Andalus nicht nur militärisch zur<br />

Einheit zu zwingen, sie überzeugten auch die Bevölkerung und al-Andalus erlebte eine neue Blütezeit. Die<br />

neuen Herrscher waren nicht nur religiöse Puristen und intelligente Strategen, sie besaßen auch einen Sinn<br />

für Schönheit und Ästhetik. Sie öffneten sich der exquisiten, arabischen Kultur <strong>des</strong> neuen Lan<strong>des</strong>. Die<br />

Schönheit der Landschaft, der Anblick herrlicher Paläste und die fortschrittliche Infrastruktur großer Städte<br />

beeindruckte sie und besänftigte ihren kämpferischen Geist. Ihre anfängliche Intoleranz gegenüber<br />

Nichtmuslimen wich allmählich einer toleranteren Geisteshaltung. Sie war der fruchtbare Schoß, aus dem die<br />

größten arabischen und jüdischen Wissenschaftler und Philosophen von al-Andalus hervorgingen, deren<br />

Weisheit und Erkenntnisse Orient und Okzident gleichermaßen mit zukunftsweisenden Thesen und<br />

Erkenntnissen bereicherten. Die subtilen Unterschiede zwischen Vernunft, Erleuchtung und der Vereinigung<br />

mit Gott wurden erforscht und in neu-platonischen und aristotelischen Interpretationen diskutiert.<br />

Denkmal <strong>des</strong> Philosophen Averroës (Ibn Ruschd), Cordoba<br />

Das Vermächtnis der andalus-arabischen Philosophen Ibn Tufail<br />

(Abentofal), Ibn Zuhr (Avenzoar), Ibn Ruschd (Averroës), <strong>des</strong> andalusjüdischen<br />

Gelehrten Ibn Maimun (Maimoni<strong>des</strong>) und <strong>des</strong> andalusarabischen<br />

Mystikers und Sufimeisters Ibn Arabi sollte die gesamte<br />

arabische und europäische Welt über Jahrhunderte hinweg befruchten.<br />

Maimoni<strong>des</strong> lehrte genauso an den Moscheemauern wie der Muslim Ibn<br />

Ruschd, sie schätzten und respektierten einander sehr.<br />

Und erneut begannen afrikanische Eroberer Städte mit herrlichen<br />

Bauwerken zu verzieren, bereits vorhandene Paläste wurden erweitert<br />

und verschönert. Auch die Poesie erwachte unter den Almohaden zu<br />

neuem Leben. In den Vorzimmern der Höfe von Sevilla, Cordoba und am<br />

Hof von Granada drängten sich erneut Literaten und Poeten die hofften<br />

als Lobredner zu Ruhm und Ehren zu gelangen.<br />

Obwohl die Almohadenkalifen die Geisteswissenschaften förderten,<br />

forderten die revolutionären Thesen <strong>des</strong> Muslimen Ibn Ruschd und <strong>des</strong><br />

jüdischen Gelehrten Ibn Maimun bald die misstrauische Kritik von islamischen Rechtsgelehrten und der<br />

Imame heraus, denn Ibn Ruschd wagte es zu verkünden:<br />

„Das Leben der Frauen hat den gleichen Endzweck wie das der Männer (..). Der Koran kennt nur den<br />

Unterschied zwischen denen – seien es Männer oder Frauen –, die Gottes Gesetz suchen, und denen, die sich<br />

nicht darum kümmern. Eine andere Rangordnung zwischen den Menschenwesen gibt es nicht. (...) Euch aber,<br />

ihr Männer, euch gelten die Frauen wie Pflanzen, die man nur um ihrer Früchte, um deren Zeugung willen<br />

begehrt. Und ihr macht sie zu Abgesonderten, zu Dienerinnen ... Das sind eure Traditionen; mit dem Islam<br />

haben sie nichts zu tun. Die Gesellschaftsordnung ist die beste, in der jede Frau, je<strong>des</strong> Kind, jeder Mann alle<br />

Möglichkeiten bekommt sämtliche Gaben zu entwickeln, die ihm von Gott gegeben wurden. Eine Gesellschaft<br />

wird frei und gottgefällig sein, wenn niemand mehr aus Angst vor dem Fürsten oder vor der Hölle handelt.“ 34<br />

33 Muladíes waren Muslime die den christlichen Glauben angenommen hatten<br />

34 aus Geschichten aus al-Andalus, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, München, S. 166<br />

26


Denkmal <strong>des</strong> Philosophen Maimoni<strong>des</strong> (Ibn Maimun), Cordoba<br />

Der jüdische Gelehrte Ibn Maimun (geb. um 1135/1138 in Cordoba) lehrte<br />

seine Schüler:<br />

„Vernunft und Offenbarung sind zwei Erscheinungsformen ein- und<br />

derselben göttlichen Wahrheit. Der Einzelne kann sich nur in einer<br />

gesunden Gesellschaftsordnung entwickeln, in der die Pflichten Vorrang<br />

haben gegenüber den Rechten. Zweckbestimmung einer gottgefälligen<br />

Gesellschaftsordnung ist das Wachsen <strong>des</strong> Menschen, nicht <strong>des</strong><br />

Wohlstands. Der Mensch wächst, wenn er sich in der Vernunft voll<br />

ausbildet – einer Vernunft, die ihre Grenzen und ihre Postulate kennt. Die<br />

menschliche Vernunft ist nur ein <strong>Teil</strong>haben an der göttlichen Vernunft. Ein<br />

neuer Zyklus in der Geschichte beginnt erst, wenn ein Prophet wie Moses<br />

zum Volk herabsteigt, um ihm neue Gesetze zu bringen.“ 35<br />

In Sevilla pries der Mystiker und Sufimeister Ibn ‘Arabi 36 die Liebe in jeder Form, deren einziger Ursprung und<br />

alleiniges Ziel nur im Göttlichen zu suchen sei:<br />

Ψ<br />

„Jede Liebe ist Wunsch nach Vereinigung. Jede Liebe ist bewusst oder<br />

unbewusst Liebe zu Gott. Noch in der körperlichen Vereinigung, in der du<br />

lustvolle Verzückung suchst, spürst du die Sehnsucht, das Bedürfnis nach<br />

dem, was nicht du selbst bist, und liebst du das geliebte Wesen nur um<br />

seinetwillen, ist dir seine Freude wichtiger als die deine, so lehrt dich diese<br />

Liebe das Opferbringen. Gott ist die Einheit, er ist die Einheit von Liebe,<br />

Liebendem und Geliebtem.<br />

Es gibt eine göttliche Liebe, die höchste: Du liebst in allem den, der es<br />

geschaffen hat, und liebst Gott nur um seiner selbst willen. Ohne Furcht vor<br />

Strafe und ohne Wunsch nach Belohnung (...)“ 37<br />

Foto Ibn ‘Arabi 38<br />

„Es gab eine Zeit, da ich meinen Nächsten ablehnte,<br />

wenn sein Glaube nicht der Meine war.<br />

Heute ist mein Herz Herberge für alle Religionen:<br />

Weide für Gazellen und Kloster für Christenmönche,<br />

Tempel für Götzenbilder und Kaaba für Pilger,<br />

es ist Gefäß für die Tafeln der Thora<br />

und für die Verse <strong>des</strong> Koran. Denn meine Religion ist die Liebe,<br />

und wohin auch ihre Karawane zieht,<br />

dort ist auch mein Weg.<br />

Denn die Liebe ist mein Bekenntnis und mein Glaube.“ 39<br />

Ibn ‘Arabi, Cordoba, 12./13. Jh.<br />

Ψ<br />

35 Ebd. S. 167<br />

36 geb. 1165 in Murcia gest. 1240 in Damaskus<br />

37 Ebd.<br />

38 Von website: https://www.goodreads.com/photo/author/5831763.Ibn_Arabi<br />

39 Ebd., S. 169<br />

27


Das ging den Almohaden dann doch zu weit, derartige Thesen nagten am Fundament der Reinheit <strong>des</strong> Islam:<br />

Es gelang den Gegnern der Philosophen die Obrigkeit gegen Ibn Ruschd und Ibn Maimun aufzubringen. Es<br />

sollte ihnen nicht vergönnt sein bis ans Ende ihrer Tage in Ruhm und Ehren in ihrer Heimat al-Andalus zu<br />

leben. Beide Gelehrte starben im Exil, Ibn Ruschd am Hof <strong>des</strong> Kalifen von Marrakesch und Ibn Maimun als<br />

Leibarzt von Sultan Saladin in Kairo. Auch Ibn ‘Arabi verließ Cordoba zusammen mit seiner Frau, die auch<br />

eine überzeugte Anhängerin <strong>des</strong> Sufismus war. Zunächst zog sie ihn nach Nordafrika, Ägypten, besuchten<br />

danach die heiligen Stätten <strong>des</strong> Islam, dann kam das Paar für eine Weile zurück nach al-Andalus um<br />

irgendwann endgültig nach Damaskus auszuwandern. Dort starb Ibn ‘Arabi im Jahr 1240. Im unserem Kapitel<br />

„Die Suche nach al-Andalus, <strong>Teil</strong> II. – Syrien“ werden wir Ibn ‘Arabi wieder begegnen.<br />

Ψ<br />

Der Hassanturm, das unvollendete Minarett auf<br />

dem Gelände der ebenfalls unvollendeten<br />

Moschee. Der Almohadenherrscher Yaqub al-<br />

Mansur begann den Bau im letzten Jahrzehnt<br />

<strong>des</strong> 12. Jahrhunderts; nach seinem Tod (1199)<br />

wurden der Bau für immer eingestellt. Es sollte<br />

die größte Moschee der islamischen Welt<br />

werden und das Minarett das höchste. Überreste<br />

von Pfeilern und Säulen wurden dem<br />

ursprünglichen Grundriss entsprechend wieder<br />

aufgestellt.<br />

Kalif Abu Yaqub Yussuf I. (herrschte von 1163-<br />

1184) zeichnete sich durch eine rege<br />

Bautätigkeit auch in al-Andalus aus, auf seinen<br />

Befehl wurde die Große Moschee von Sevilla gebaut, auf deren Grundfesten die Kathedrale von Sevilla steht.<br />

Das ehemalige Minarett ist heute der Glockenturm der Kathedrale und als La Giralda, das wichtigste<br />

Wahrzeichen der andalusischen Hauptstadt.<br />

Die Giralda, das Almohadenminarett der ehemaligen Großen<br />

Moschee von Sevilla<br />

Das Minarett und die Große Moschee Koutoubia in Marrakesch<br />

waren als erstes fertig geworden, ebenso die neue Große<br />

Moschee und das Minarett in Sevilla, sie werden wegen ihrer<br />

formvollendeten, harmonischen Bauweise heute noch<br />

bewundert und künden von der Blütezeit der Almohaden. Das<br />

unvollendete Minarett von Rabat ist ein Erzähler ohne Stimme,<br />

ein steinerner Zeitzeuge von der Vergänglichkeit aller<br />

Herrlichkeit.<br />

Dem jungen Imperium der Almohaden war nicht lange Ruhe<br />

vergönnt. Schon ab dem Jahr 1176 häuften sich die Angriffe der<br />

Christen in al-Andalus. Unter Kalif Yaqub al-Mansur (von 1184–<br />

1199) konnten die Marokkaner den christlichen Heeren in al-<br />

Andalus noch schwere Niederlagen zufügen. Unter der Führung<br />

<strong>des</strong> Kalifs endete die Schlacht bei Alarcos (1195) für die<br />

christliche Streitmacht in einem Desaster. Er starb 1199, in<br />

kurzen Abständen folgten ihm neun Kalifen, von denen keiner<br />

mehr fähig war, das große Reich zusammenzuhalten.<br />

28


Auf dem ehemaligen Moscheegelände stehen sich Vergangenheit und Gegenwart gegenüber: Der Hassan-<br />

Turm und das Mausoleum von König Mohammed V. Beide künden eindrucksvoll von der Vergänglichkeit<br />

aller Herrlichkeit. Malerisch präsentieren sich die Soldaten der königliche Garde, die rund um die Uhr über<br />

das Mausoleum wachen. Die Grablege ist nicht besonders groß, von außen weiß, schlicht in der Form, das<br />

Dach grün, die Wände innen mit Kalligraphie und Arabesken prächtig, aber geschmackvoll verziert. Im<br />

Inneren kann man auf den tiefer gelegten Raum mit den schlichten Kenotaphen <strong>des</strong> Königs und zwei seiner<br />

Verwandten blicken.<br />

29


Die Geschichte wiederholte sich: Die Andalusier lehnten sich erneut auf, wieder kämpften sie gegen die<br />

Eroberer aus dem Maghreb und riefen die Unabhängigkeit einzelner Kleinstaaten aus. Die Macht der<br />

Almohaden war gebrochen. Und wieder ergriffen die Christenkönige die Gelegenheit Zwietracht zu säen und<br />

maurische Aufstände gegen die Nordafrikaner zu unterstützen. Allerorts waren Almohaden und Andalusier<br />

in zermürbende Kleinkriege verstrickt. Als Yusuf II. al-Mustansir (1213–1224), noch minderjährig, den Thron<br />

in Marrakesch bestieg und Machtkämpfe unter den Führern der Almohaden ausbrachen, ging das<br />

Almohadenreich schon seinem Untergang entgegen.<br />

Die Meriniden und al-Andalus<br />

Dunkelbraun: Granada, das letzte Maurenreich<br />

in Hispanien im 15. Jh.<br />

Inzwischen gab es in <strong>Marokko</strong> einen<br />

einflussreichen Berberstamm der nach der<br />

Macht strebte: die Banu Merin. Fast<br />

unmerklich dehnten sie die Gebiete aus in<br />

denen sie ihre Macht behaupten konnten.<br />

1248 eroberten sie Fès und gründeten dort<br />

eine neue Dynastie, die Meriniden. Zwar<br />

konnten die Almohaden ihren Regierungssitz<br />

Marrakesch noch bis 1269 gegen sie<br />

verteidigen und sich zum <strong>Teil</strong> auch noch in al-<br />

Andalus behaupten, doch hatten sie ihre<br />

Bedeutung weitgehend verloren und<br />

verschwanden irgendwann im Dunkel der<br />

Geschichte. Die Meriniden sollten eine<br />

langlebige Dynastie werden, sie behaupteten ihre Herrschaft bis 1465, und nahmen weiterhin, nicht ganz<br />

uneigennützig, Einfluss auf die weitere Entwicklung der Dinge in al-Andalus.<br />

Aus den Unruhen und Machtkämpfen in al-Andalus war im Jahr 1232 ein Andalus-Araber als Sieger<br />

hervorgegangen: Muḥammad Yusuf ben Nasri al-Aḥmar, 1237 wurde er zum Sultan <strong>des</strong> granadinischen<br />

Königreichs ausgerufen und wählte Granada zu seiner Regierungsstadt. Er war der Stammvater der Dynastie<br />

der Nasriden, die in der Literatur poetisch die „Könige der Alhambra“ genannt werden. Bis 1272 sollte das<br />

Schicksal <strong>des</strong> Reichs Granada in seinen Händen ruhen.<br />

Bis dahin nahm die Reconquista 40 ihren unerbittlichen Lauf. Bis zum Jahr 1238 verlor das muslimische<br />

Hispanien die wichtigsten Bastionen an die Christen: Badajoz, Merida, Cordoba, Murcia und Valencia. Um<br />

das Überleben <strong>des</strong> Königreichs Granada zu sichern unterzeichnete König Muhammad I. schon im Jahr 1246<br />

einen Vasallenvertrag mit dem Christenkönig Ferdinand III., dem die christliche Nachwelt den Zusatz „der<br />

Heilige“ verliehen hat.<br />

Als Vasall musste der König hohe Tributzahlungen an die Christen und auch militärische<br />

Unterstützung leisten. So kam er in die missliche Lage, für die Eroberung von Sevilla Einheiten für den Kampf<br />

gegen seine Glaubensbrüder, die Almohaden, entsenden zu müssen. Im Jahr 1248 eroberte König Ferdinand<br />

Sevilla. Vor dem entschlossenen Vormarsch der Christen flüchteten Mauren und Juden in Scharen aus den<br />

eroberten Gebieten und Städten nach Granada, in dem letzten <strong>maurischen</strong> Königreich fühlten sie sich sicher.<br />

Noch war Granada groß, es kontrollierte einen großen <strong>Teil</strong> der südlichen Mittelmeerküste und die Häfen<br />

Almeria am Mittelmeer und Algeciras an der Meerenge von Gibraltar. Es war die unfreiwillige Zuwanderung,<br />

die die brach liegende Wirtschaft Granadas belebte. Handwerk, Industrie und Handel erwachten zu neuem<br />

Leben, die gesetzlichen Abgaben bescherten dem König gut gefüllte Schatztruhen.<br />

40 Die christliche Rückeroberung der <strong>maurischen</strong> Territorien in Spanien<br />

30


In der Alhambra: Dem Zauber <strong>des</strong> Myrtenhofs<br />

bei Nacht kann sich kein Besucher entziehen.<br />

(Bild: B. Tschöpe)<br />

Und dann war es wie der Schwanengesang der<br />

<strong>maurischen</strong> Kultur: Nach fast eineinhalb<br />

Jahrhunderten afrikanischer Herrschaft, ständig<br />

bedroht von der christlichen Rückeroberung,<br />

sollte die inzwischen dekadente arabische<br />

Kultur in Hispanien unter den Nasridenkönigen<br />

noch einmal eine goldene Renaissance erleben<br />

und der Glanz der Alhambra, den gesamten<br />

arabisch sprechenden Mittelmeerraum<br />

überstrahlen.<br />

Alle Könige der Alhambra betrieben ein subtiles<br />

diplomatisches Spiel das dem Reich Granada<br />

mehr als zwei Jahrhunderte lang das Überleben<br />

sicherte. Das Glück war, dass ab dem 13. Jh. die Könige der christlichen Reiche untereinander oft heillos<br />

zerstritten und in ständiger Geldnot waren. Zuweilen konnte es bis zu mehreren Jahrzehnten dauern, bis sich<br />

die Fronten geklärt hatten und die Rückeroberung von Neuem beginnen konnte. Die Nasridenkönige<br />

scheuten sich auch nicht mit gezinkten Karten zu spielen: Bedrängten sie die Christen allzu sehr weil sie ihren<br />

Tributzahlungen nicht nachgekommen waren oder weil sie wieder einmal versucht hatten sich mit den<br />

Meriniden zusammenzutun, um den Christen Schaden zuzufügen, schworen sie reumütig erneut<br />

Vasallentreue, hielten sich dann aber wieder nur bedingte Zeit daran.<br />

Im Jahr 1258 wurde in Fès Abu Yussuf Yaqub zum Sultan ausgerufen. Er war der erste<br />

Merinidensultan, der dem von den Christen wieder einmal stark bedrängten Reich Granada zu Hilfe kam.<br />

Dabei entsprang das Übersetzen nach Andalusien nicht nur frommer Nächstenliebe. Nach dem Untergang<br />

der Almohadenherrschaft hatte der Verlust von al-Andalus eine tiefe Wunde in die stolze Berberseele<br />

geschlagen, fast anderthalb Jahrhunderte lang war das islamische Spanien von allen Marokkanern als ihr<br />

Eigentum betrachtet worden. Alle Sultane der Meriniden und auch die nachfolgenden Saadier sollten den<br />

geheimen Wunsch nach einer Wiedereroberung <strong>des</strong> arabischen Spaniens hegen. Dabei war ihnen je<strong>des</strong><br />

Mittel recht, sei es um ihren andalusischen Brüdern gegen die Christen zu Hilfe zu eilen oder um einen<br />

christlichen König bei Streitigkeiten mit seinesgleichen zu unterstützen.<br />

Der Sultanshof zu Fès wurde Ziel all derer, die nicht in den erlauchten Dunstkreis <strong>des</strong><br />

Nasridenherrschers aufgenommen wurden: Dichter, Musiker, Baumeister und Kunsthandwerker. Aber nicht<br />

nur die Elite zog es nach <strong>Marokko</strong>. Vielen Andalus-Arabern und Sefarden war die Lage nicht geheuer. Sie<br />

empfanden den Druck der, nur auf eine neue Gelegenheit lauernden Christen als ständige Bedrohung,<br />

verließen Granada und fanden ein neues Zuhause in <strong>Marokko</strong>. Die Almoraviden und Almohaden hatten recht<br />

wenig vom exquisiten Lebensstil der Andalus-Araber übernommen. Sie hatten kein besonderes Interesse an<br />

lichtdurchfluteten, mit feinen Stuckarbeiten verzierten Palästen oder an blumengeschmückten Gärten mit<br />

fröhlichen Springbrunnen gezeigt und auch nicht an elegant geschwungenen Bogengängen, durch die<br />

Duftschwaden von parfümierten Essenzen schwebten. Die Meriniden waren zwar auch Berber, aber sie<br />

waren sehr empfänglich für die Schönheiten und Annehmlichkeiten der andalusisch-arabischen Architektur<br />

und auch für einen gepflegten Lebensstil.<br />

Ab dem Ende <strong>des</strong> 13. Jh. wurde die Architektur <strong>Marokko</strong>s, zuerst vorwiegend im nördlichen <strong>Teil</strong>, der<br />

von al-Andalus immer ähnlicher: weiß gekalkte Mauern, Wände mit Fayencefries bedeckt, schöne Gärten mit<br />

Springbrunnen und charmante Innenhöfe. Das Quartier <strong>des</strong> Andalous in Fès, die Städte Chefchaouen und<br />

Tetuan in Nordmarokko wurden von Andalus-Arabern gegründet. Sie sind berühmt für ihr ausgeprägtes,<br />

andalusisches Flair und beliebte Ziele für Reisende, die einen Wochenendabstecher vom spanischen Festland<br />

nach <strong>Marokko</strong> machen.<br />

31


Muqarnas 41 in der Alhambra.<br />

Wenn man das Bild vergrößert<br />

sind an manchen Stellen noch<br />

Farbreste zu erkennen: Gold,<br />

kräftiges Blau und Rot.<br />

Die mittelalterliche Architektur<br />

war in <strong>Marokko</strong> vielleicht<br />

nicht ganz so raffiniert, so elegant,<br />

von so ausgewogener<br />

Symmetrie.<br />

Bei den berberisch-arabischen<br />

Bauwerken sind vom Stil her<br />

oft unterschiedliche schmückende<br />

Ornamente miteinander<br />

vermischt, manche<br />

Verzierungen sind für unseren<br />

Geschmack vielleicht etwas zu bunt. Allerdings waren die andalusischen Stuckarbeiten wie Muqarnas,<br />

verzierende Arabesken und Kalligraphien z. B. in der Alhambra auch koloriert, in Dunkelblau, Dunkelrot und<br />

Gold. Die Architektur marokkanischer Paläste, reich ausgestatteter Bürgerhäuser und Moscheeportale<br />

erscheint eventuell etwas herber, daher aber umso ursprünglicher.<br />

Palast Bahia, Marrakesch (erbaut 1867). Der Palast hat eine<br />

beeindruckende Grundfläche von ca. 8.000 m2, hat über 160<br />

Räume, zahlreiche Innenhöfe, einen eigenen hammam 42 und eine<br />

eigene Moschee. Er gilt als Paradebeispiel für den andalusisch<strong>maurischen</strong><br />

Baustil in <strong>Marokko</strong>.<br />

Die Gärten folgten zwar dem andalusischen Vorbild, nur nicht<br />

ganz so akkurat und von den Blumenbeeten her, vielleicht nicht<br />

so perfekt begradigt und in den Farben aufeinander abgestimmt.<br />

Aus der Zeit von al-Andalus gibt es ganze Abhandlungen darüber<br />

wie ein Garten, vorzugsweise mit einem Pavillon, oder<br />

Blumenbeete auszusehen haben und wie Springbrunnen oder<br />

Wasserbecken angelegt sein sollten. Sie sind das Symbol für das<br />

Paradies. In kleinen Innenhöfen gehören sie in die Mitte, sodass<br />

die geraden Linien von jeder Ecke zur Mitte die gleiche<br />

Entfernung vom Becken haben. Im Idealfall sollte eine schmale<br />

Rinne oder, wenn nicht möglich, eine angedeutete Linie auf den<br />

Fliesen von jeder Ecke auf das Becken zulaufen, als Symbol für die<br />

vier Paradiesflüsse.<br />

Für Berber wie für Andalus-Araber war Wasser das kostbarste<br />

Gut, sie liebten Springbrunnen in den Gärten und Wasserbecken<br />

in den Innenhöfen, Es war die Quelle allen Lebens. Gern nahm<br />

man sich in Nordafrika ein Beispiel an granadinischen Vorgaben,<br />

wie an dem länglichen Wasserbecken im Myrtenhof der<br />

Alhambra. In mittelalterlichen Palästen, Medresen oder in marokkanischen Riads, reichen privaten<br />

Stadthäusern, sind Wasserbecken häufig rechteckig.<br />

41 Stalaktitengewölbe, ab dem 10. Jh. ein wichtiges Element der islamischen Architektur<br />

42 Arabisches oder türkisches Bad<br />

32


Granada – Könige und Dichter<br />

In den zwei Jahrhunderten bis zur Kapitulation von Granada verlieren sich langsam die Spuren, die Zeugnis<br />

von bedeutsamen Zusammenhängen oder Verbindungen zwischen Andalus-Arabern und Marokkanern<br />

ablegen. Die Meriniden spielten bis ins 15. Jh. zwar immer noch eine Rolle als Helfer in der Not gegen die<br />

spanischen Christen, eroberten zeitweise sogar Tarifa an der Westküste Hispaniens, es gab aber keine<br />

gemeinsame Geschichte mehr obwohl man sehr freundschaftliche Beziehungen pflegte. Ganz selten, wie<br />

Schlaglichter in der Dunkelheit, tauchen noch hier und da Spuren von Andalus-Arabern in <strong>Marokko</strong> auf.<br />

Für uns sind hier zwei davon von Bedeutung. Beide Namen haben etwas gemeinsam: sie erklommen<br />

die höchsten Gipfel von Ruhm und Herrlichkeit, und beide nahmen ein tragisches Ende. Im ersten Fall<br />

berichten Historiker ausführlich über die Flucht von König Mohammed V. von Granada nach <strong>Marokko</strong> im Jahr<br />

1369. Er wurde von seinem Bruder entmachtet und fürchtete um sein Leben. Der Merinidensultan Abu Salim<br />

Ali II. (1359–1361) hatte sich sofort bereit erklärt ihn und sein Gefolge am Hof von Fès aufzunehmen.<br />

Im Gefolge befand sich auch Ibn al-Chatib, ein Wesir, berühmter Literat, Poet und offizieller Lobredner<br />

Mohammeds V.<br />

Im Empfangsaal <strong>des</strong> Palasts in Fès war der gesamte Hofstaat <strong>des</strong> Sultans versammelt um die hohen<br />

Flüchtlinge zu empfangen. Da trat Ibn al-Chatib vor, er fasste die Gefühle der Flüchtlinge in Gedichtform in<br />

Worte: Sehnsucht nach der Heimat, Trauer über den Verlust derselben und unendliche Dankbarkeit für die<br />

großzügige Geste <strong>des</strong> Sultans, den er nach bester Lobrednertradition am Ende überschwänglich preist. Es ist<br />

auch überliefert, dass alle Anwesenden dabei zu Tränen gerührt waren. Ich gebe hier einige Auszüge wieder:<br />

„Fragt meine Freunde, ob jemand Kunde von ihr 43 hat,<br />

ob das Gras im Tal noch grünt und süßer Blumenduft es erfüllt.<br />

Ob dort am Fluss der milde Frühlingsregen noch ein Haus besucht,<br />

das nur noch in der Erinnerung steht und <strong>des</strong>sen Spuren verweh‘n.<br />

Es ist meine Heimat, in deren Geborgenheit<br />

der erfrischende Wein meiner Leidenschaft<br />

von Mund zu Mund ging, als mir das Leben<br />

noch ein duftend’ Blütenzweig war.<br />

Und die Gesellschaft, in der ich mich bewegte, ließ mir,<br />

wie ein warmes Nest, Flügel wachsen.:<br />

Heute dagegen, schaut mich an, habe ich Flügel und Nest verloren.<br />

Sie hat mich von sich gestoßen, doch nicht aus Abscheu oder Überdruss,<br />

und die Trennung hat meine Liebe nicht gemindert.<br />

Es ist wohl so, dass die Freuden <strong>des</strong> Lebens flüchtig sind<br />

und sie uns besuchen, um uns gleich darauf zu verlassen.<br />

Was würde ich dafür geben, bald wieder meine Heimat zu seh’n!<br />

Ohne sie wird die Zeit zur Ewigkeit, und ein Tag ist lang wie dreißig Tage (...).<br />

Die Hand der Trennung hat schon die Perlen der Tränen verstreut,<br />

zu klein ist die Brust um den gewaltigen Kummer<br />

der brennenden Qual zu fassen (...)<br />

43 Al-Andalus, seine Heimat<br />

33


Wenn du mit deinem Schwert unser Haus beschützt,<br />

kann nichts, solange du lebst, meinen Leib verletzen<br />

oder mein Schwert berühren.<br />

Es war bereits bestimmt, dass Ibrahim [Abu Salim] 44<br />

unseren Schmerz lindern würde,<br />

und als wir sein Antlitz sahen, war es so.<br />

Aus Yaqubs Familie 45 ist er auserwählt,<br />

immer wenn die Lage düster wird, gibt seine Entschlossenheit<br />

dem aufgehenden Tag das Licht zurück.<br />

Würde seine Großmut die Meere füllen, wären ihre Wasser süß<br />

und niemals käme eine Ebbe nach der Flut.<br />

Seinen Mut fürchtet selbst der Tod, und es ist stolze Erhabenheit,<br />

die sich in seinen Gewändern bewegt.<br />

Als Heimatlose wenden wir uns an dich, o bester aller Könige!<br />

Das Glück ist deine Dienerin; räche das Verbrechen, das man uns angetan.<br />

Als wir in deiner Herrlichkeit Zuflucht suchten, versiegte das Unglück,<br />

und als wir uns deinem Ruhm anvertrauten,<br />

suchte der Schrecken die Flucht.“ 46<br />

Ibn al-Chatib, Fès, 14. Jh.<br />

Ψ<br />

Aghmat: Eingang zum Mausoleum<br />

<strong>des</strong> Dichterkönigs al-Mutamid von Sevilla (2001)<br />

König Mohammed V. und seine Gefolgschaft konnten im April 1362<br />

wieder nach Granada zurückkehren, der Thronräuber war ermordet<br />

worden. Ibn al-Chatib blieb noch in <strong>Marokko</strong> und reiste durch das<br />

Land. Er besuchte viele historische Stätten darunter auch das Grab<br />

<strong>des</strong> unglücklichen Dichterkönigs al-Mutamid von Sevilla. Dort<br />

gedachte er <strong>des</strong>sen Schicksal mit ergriffenen Worten. Seine Verse<br />

sind auf einer Tafel an der Wand der kleinen Mausoleums in<br />

Aghmat zu lesen:<br />

„Ich kam nach Aghmat, vom Wunsch bewegt, dein Grab zu sehn ...<br />

Eine Fackel warst du, ein Leuchten in düsterer Nacht!<br />

Wäre es mir vergönnt gewesen, in deiner Zeit zu leben,<br />

wie hätte ich dich mit herrlichen Versen gepriesen.<br />

Dein Grab beherrscht den Hügel, auf dem es liegt,<br />

Ziel allen Glaubens derer, die kommen, um dich zu grüßen.<br />

Erhaben warst du in deinem Leben und bist es noch in deinem Tod<br />

und dein Ruhm währt immerfort (...)“ 47<br />

Ibn al-Chatib, Fès, 14. Jh.<br />

Ψ<br />

44 Der großzügige Gastgeber<br />

45 Gemeint ist Sultan Abu Yusuf Yaqub (1259 bis 1286), der im Ruf großer Frömmigkeit und Heldentums als<br />

entschlossener Verteidiger <strong>des</strong> Islam stand. Er war der dritte Sultan der Dynastie und führte vier Feldzüge nach<br />

Andalusien, um den Nasriden gegen christliche Angriffe von Kastilien beizustehen. Er starb 1286 während <strong>des</strong> letzten<br />

Feldzuges, bei der Belagerung von Algeciras<br />

46 aus Land am Sonnenuntergang – <strong>Marokko</strong>, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S.177, 179<br />

47 Ebd.180<br />

34


Als Ibn al-Chatib nach Granada zurückkehrte hatte er den Eindruck, dass ihm Mohammed V. nicht mehr so<br />

gewogen war wie vor und während ihrer Flucht nach <strong>Marokko</strong>. Einem seiner ehemaligen Schüler namens Ibn<br />

Zamrak 48 , ebenfalls ein äußerst begabter Poet, war inzwischen auch der Rang eines Wesirs verliehen<br />

worden. Al-Chatib war von Eifersucht zerfressen, dazu hatte er das unbestimmte Gefühl dass Ibn Zamrak<br />

finstere Pläne schmiedete, um ihn aus dem Weg zu räumen. Er bat den Merinidensultan um erneute<br />

Aufnahme am Hof von Fès, das wurde ihm gewährt. Mit großen Ehren wurde er in <strong>Marokko</strong> empfangen. Ibn<br />

Zamrak platzte fast vor Neid. Er war inzwischen zum offiziellen Lobredner ernannt worden. Hinterhältig<br />

streute er in Granada böse Verleumdungen aus, al-Chatib sei ein Verräter und ein Staatsfeind. Das Gift<br />

verfehlte nicht seine Wirkung: Am Ende glaubte auch der granadinische König die Gerüchte und bat den<br />

Merinidensultan die Verhaftung und Auslieferung <strong>des</strong> Literaten zu veranlassen. Das Gesetz der<br />

Gastfreundschaft war heilig, das Gesuch wurde abgelehnt.<br />

In Fès war Ibn al-Chatib das Privileg zugestanden worden, Ländereien zu erwerben; er errichtete<br />

prächtige Landhäuser und schmückte sie mit herrlichen Gärten. Selbst als der Sultan starb fühlte er sich noch<br />

sicher, war er doch eng mit dem Reichsverweser Ibn el-Ghazi befreundet, der auch je<strong>des</strong> Gesuch aus<br />

Granada, den Flüchtigen auszuliefern, entschieden ablehnte. Aber die diplomatischen Beziehungen zwischen<br />

dem Kabinett <strong>des</strong> neuen Sultans und dem Reich waren wichtiger: Ohne Vorwarnung brachen eines Tages<br />

Soldaten in einen Besitz <strong>des</strong> Granadiners ein, nahmen Ibn al-Chatib gefangen und verwüsteten alle seine<br />

Landhäuser und Gärten. Ausgerechnet der ärgste Feind <strong>des</strong> Literaten, der Lobredner Ibn Zamrak, führte den<br />

Vorsitz bei der Gerichtsverhandlung in Fès.<br />

Fès: Mausoleum <strong>des</strong> Ibn al-Chatib, außerhalb der Stadtmauer<br />

nahe <strong>des</strong> Stadttors Bab Mahruq<br />

Schon während der Gerichtsverhandlung ahnte Ibn al-Chatib,<br />

dass diese nur der Form genügen sollte und sein Leben verwirkt<br />

war. In seinem Verlies schrieb er seinen eigenen Nachruf:<br />

„Fern der Heimat sind wir, doch ist sie uns nah;<br />

ihr vernehmt unsere Stimme, obwohl wir schweigen.<br />

Plötzlich stand unser Atem still,<br />

wie einem lauten Gebet leises Murmeln folgt.<br />

Wie Sonnen waren wir am Horizont der Herrlichkeit;<br />

sie gingen unter – und alle weinten um sie (...)<br />

Sagt unseren Feinden, dass Ibn al-Chatib von uns ging<br />

und aus dem Leben schied – doch wer wird nicht einst sterben?<br />

Sagt denen, die darob frohlocken:<br />

Freut euch, wenn ihr unsterblich seid.“ 49<br />

Ibn al-Chatib, Fès, 14. Jh.<br />

1374/75 wurde er zum Tode verurteilt doch noch bevor die<br />

ordentliche Hinrichtung stattfinden konnte, wurde er in seinem<br />

Verlies heimtückisch erwürgt. Am nächsten Tag bestattete man<br />

ihn auf dem Friedhof nahe dem Stadttor Bab Mahruq, doch wurde in der darauf folgenden Nacht sein Körper<br />

ausgegraben und auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Man fand ihn, verkohlt, am Rand seines Grabs<br />

liegend. Er wurde erneut der Erde übergeben. Auf diese unrühmliche Art endete das Leben eines der<br />

größten Poeten und Literaten von al-Andalus und <strong>des</strong> 14. Jahrhunderts.<br />

48 Es gab drei berühmte Poeten der Alhambra: der erste war Ibn al-Yayyab, hoch geachteter Lobredner am Nasridenhof<br />

und Lehrer von Ibn al-Chatib. Ironie <strong>des</strong> Schicksals: Es war al-Chatib gewesen, der Intrigen gegen seinen Lehrer spann,<br />

damit Ibn al-Yayyab in Ungnade fiel und er freie Bahn als Lobredner hatte.<br />

49 aus Land am Sonnenuntergang – <strong>Marokko</strong>, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 186<br />

35


Boabdil, der letzte Maurenkönig und<br />

das Ende von al-Andalus 50<br />

Der zweite Name der beiden vorher erwähnten ist der Berühmteste<br />

und auf immer mit dem Untergang der <strong>maurischen</strong> Kultur in Spanien<br />

verbunden: König Boabdil von Granada, der letzte König der<br />

Nasriden. Symbolisch übergab er am 02. Januar 1498 seine Stadt an<br />

die Katholischen Könige Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand<br />

II. von Aragon. Die Lebensgeschichte Boabdils ist romantisch,<br />

dramatisch und tragisch zugleich. Ausführlich erzähle ich sie in<br />

meinen Geschichten von al-Andalus. Hier gebe ich sie in verkürzter<br />

Form wieder. Im 15. Jh. wurden die rasch aufeinanderfolgenden<br />

Thronwechsel am Nasridenhof zu Granada von Intrigen,<br />

Familienfehden und Brudermord bestimmt. Im andalusischen<br />

Königreich herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Nur hin und<br />

wieder war der wankenden Monarchie und ihren muslimischen<br />

Untertanen eine Atempause vergönnt.<br />

Im Jahr 1482 wurde Abu Abdallah Muhammad, im Volksmund „Boabdil“ genannt, zum König von Granada<br />

ausgerufen. Er war ein schwacher Herrscher, unentschlossen, scheute die Mühen <strong>des</strong> Krieges und das Leben<br />

in primitiven Heerlagern. Er liebte es in den blumengeschmückten Gärten der Alhambra dem Gesang <strong>des</strong><br />

Wassers zu lauschen und sich an der Herrlichkeit seiner Paläste zu erfreuen. Seine Gemahlin Morayma liebte<br />

er über Alles. Schon kurz nach seiner Thronbesteigung hatte er sich zum ergebenen Vasall der Katholischen<br />

Könige erklärt und glaubte damit sein Reich vor jedem Übel bewahrt zu haben. Königin Isabel I. von Kastilien<br />

und Ferdinand II. von Aragon hatten jedoch nur ein Ziel, sie setzten die Reconquista fort, behandelten aber<br />

Boabdil mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit. Selbst als die bislang uneinnehmbaren Festungen Ronda, Loja,<br />

Malaga und, im Jahr 1489, die letzte muslimische Bastion Baza an die Christen fielen, ließ er sich noch von<br />

seinen anscheinend so freundschaftlichen Beziehungen zu den Christenkönigen in Sicherheit wiegen.<br />

Er ahnte nicht, dass die Christen einen unerbittlichen Plan verfolgten: König Ferdinand wusste um<br />

die große Einwohnerzahl von Granada und fürchtete die starken Mauern der Stadt. Sie würde nicht leicht<br />

einzunehmen sein; er brauchte Zeit um eine Belagerung vorzubereiten. Als Boabdil die Aufforderung zur<br />

Übergabe der Stadt erreichte traf ihn die Botschaft vollkommen unvorbereitet. Verzweifelt schickte er dem<br />

Königspaar flehende Nachrichten, vergebens: In einer Sommernacht fielen ohne weitere Warnung 5000<br />

bewaffnete Reiter und 20 000 Mann Infanterie in das andalusische Königreich ein. Felder und Wiesen<br />

wurden verbrannt, Viehherden geraubt, ganze Dörfer ausgelöscht. König Ferdinand hatte sein Heer<br />

angewiesen, Kämpfen mit den Andalusiern aus dem Weg zu gehen, aber so viel Schaden im Land anzurichten<br />

wie nur möglich. In Granada drängten die Heerführer auf Vergeltung und auf einmal fasste Boabdil einen<br />

heldenhaften Entschluss: Er legte seine Rüstung an und führte am 15. April 1490 seine Streitmacht gegen die<br />

mächtige Festung Alhendin, das Tor zur Alpujarra 51 . Sechs Tage dauerte die Belagerung, dann stürmten sie<br />

die von den Christen besetzte Festung. Sie wurde dem Erdboden gleich gemacht damit sie nie wieder<br />

aufgebaut und gegen die Muslime verwendet werden konnte.<br />

Es schien als hätte sich Boabdil plötzlich mit dem Glück vermählt, jeder neue Feldzug gegen bereits<br />

eroberte Ortschaften der Christen verwandelte sich in einen Sieg. So unerhört, so unerwartet war das<br />

Aufleben <strong>des</strong> Widerstands unter Boabdil dass das Königspaar zunächst Zeit brauchte, um sich zu sammeln.<br />

Dann erreichte Boabdil die Nachricht, dass König Ferdinand mit einer gewaltigen Übermacht vorrückte.<br />

50 Auszug aus Geschichten aus al-Andalus, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 172-189<br />

51 An der Südseite der Sierra Nevada. Auch: Alpujarras<br />

36


Klug entschied er sich für den Rückzug, doch auf dem Weg plünderten seine Heere noch wahllos Dörfer und<br />

Ansiedlungen, und das granadinische Heer konnte gerade noch rechtzeitig und mit reicher Beute in die<br />

schützenden Mauern der Alhambra zurückkehren. Kaum hatten sich die Stadttore hinter ihnen geschlossen,<br />

stand auch schon König Ferdinand mit einem 27 000 Mann starken Heer an der Grenze <strong>des</strong> Reichs. Boabdil<br />

war zwar jetzt für sein Volk ein Held, dennoch war die Stimmung in Granada gedrückt. Die Vorräte wurden<br />

knapp und der feindliche Ring um Granada zog sich immer enger zu, alle Verbindungen nach außen waren<br />

abgeschnitten. In dieser verzweifelten Situation entschloss sich Boabdil noch einmal, heldenhaft zu kämpfen.<br />

Anstatt alle Stadttore zu verbarrikadieren, ordnete er immer wieder überraschende Ausfälle an, einmal<br />

durch dieses, dann durch jenes Tor. Er konnte tatsächlich den Christen schwere Verluste zufügen. Aber dem<br />

Feind war es trotzdem gelungen in der Nähe der Stadt Kanonen und Bombarden aufzubauen. Geschossregen<br />

prasselte auf die Stadt. Zehn Jahre lang hatten die Granadiner Niederlagen und Schande ertragen, hatte sich<br />

ihr König als Vasall der Christenkönige gedemütigt und jetzt, als schon alles verloren schien, kämpften sie mit<br />

nie gesehenem Wagemut und versuchten ihre Stadt gegen eine ganze Nation zu verteidigen. Sie klammerten<br />

sich an jede Scholle der geliebten Erde und waren eher bereit zu sterben als aufzugeben. Sie hofften noch<br />

auf ein Wunder aber als sie sahen, wie die Katholischen Könige ganz in der Nähe eine richtige Stadt aus<br />

festem Stein bauen ließen 52 , um von dort aus die Belagerung fortzusetzen wussten sie, dass die letzten<br />

Stunden ihrer geliebten Stadt nahe waren.<br />

Die Vorräte wurden knapp, der Winter stand vor der Tür und die to<strong>des</strong>mutigen Kämpen waren<br />

müde; all die heldenhaften Tode waren vergeblich gewesen. Der Große Rat von Granada ließ Boabdil keine<br />

Wahl. Die Stadt musste sich ergeben, wenn nicht alle <strong>des</strong> Hungers sterben sollten. Schweren Herzens<br />

schickte Boabdil die erniedrigende Botschaft an König Ferdinand. Man empfing die Gesandten aus Granada<br />

mit allen Ehren und die Bedingungen für die Kapitulation wurden ausgiebig besprochen und niedergelegt.<br />

Am 25. November 1491 wurde der Vertrag mit einer ausreichenden Frist für die Übergabe der Stadt<br />

unterschrieben.<br />

Die Bedingungen schienen großzügig: Boabdil und seine Edelleute mussten den Christen ewige Treue<br />

schwören, ihm selbst wurden einige Ländereien in den Bergen der Alpujarra zugesprochen. Alle Muslime<br />

und Sefarden im Reich blieben Lehnsleute der Christenkönige, sie durften jedoch ihr Hab und Gut behalten<br />

und auch ihre Religion weiter ausüben. Diejenigen, die innerhalb von zwei Jahren ausreisen wollten, sollten<br />

Geld für die Reise und für den Transport ihrer Besitztümer erhalten. Von diesem Tag an wurde die<br />

Belagerung leichter, doch erlaubte der vorsichtige König Ferdinand keinen Kontakt mit der Außenwelt, auch<br />

erreichten immer noch keine Lebensmittel die hungernde Stadt. Boabdil beschloss die Wartezeit abzukürzen<br />

und Granada am 6. Januar 1492 zu übergeben.<br />

Einige Tage vor der unheilvollen Frist brach jedoch ein Tumult in Granada aus, noch einmal wollte<br />

das Volk zu den Waffen greifen, doch Boabdil ritt hinunter in die Stadt und in einer zu Herzen gehenden<br />

Ansprache gelang es ihm, die Menschen zu beruhigen. Er nahm alle Schuld auf sich und bat sie zu verstehen,<br />

dass er die Übergabe nur in ihrem Interesse unterschrieben habe: Damit der Hunger ein Ende hätte, damit<br />

alle wieder in Frieden leben könnten und damit ihren Frauen und Töchtern keine Gewalt angetan würde. Das<br />

Volk war gerührt von seiner Demut und den einfachen Worten, es erhoben sich sogar einzelne Stimmen mit<br />

dem Ruf „Hoch lebe unser unglücklicher König Boabdil!” Boabdil unterrichtete König Ferdinand über den<br />

Tumult und bat die Übergabe der Stadt nicht weiter hinauszuzögern, sondern gleich am nächsten Tag zu<br />

vollziehen. Mit großer Befriedigung nahmen die christlichen Monarchen den Vorschlag an.<br />

Als die Sonne am 2. Januar 1492 über Granada aufging ritt Boabdil den Hügel der Alhambra hinunter<br />

bis vor die Stadttore, wo das Königspaar hoch zu Ross in der Ebene mit ihrem Gefolge auf das verabredete<br />

Zeichen für den Vollzug der Übergabe wartete. Endlich sahen sie, gleißend in der Morgensonne, das große<br />

silberne Kreuz auf dem Wachtturm der Alhambra und gleich daneben das Banner <strong>des</strong> heiligen Santiago 53 .<br />

52 Santa Fe (Heiliger Glaube), heute ein Vorort von Granada<br />

53 Hlg. Jakob.<br />

37


Hochrufe wurden laut, Ferdinand und Isabel stiegen ab, knieten nieder und dankten Gott für diesen großen<br />

Triumph. Als Boabdil sie erreichte wollte er absteigen und dem Königspaar die Hände küssen, sie hinderten<br />

ihn daran und ersparten dem Maurenkönig diese Demütigung. Dann übergab Boabdil dem Christenkönig die<br />

Schlüssel der Stadt mit den Worten „Dieser Schlüssel ist das Letzte was von dem großen Reich der Araber in<br />

Spanien übrig bleibt. Dir gehören sie, o König! Unsere Reichtümer, unser Königreich und meine Person. Das ist<br />

der Wille Gottes! Empfange uns mit dem Erbarmen, das du uns versprochen hast.”<br />

Ferdinand II. sicherte ihm zu dass er und die Bevölkerung <strong>des</strong> Reichs fortan in Frieden leben könnten.<br />

Für den glorreichen Abschluss der Reconquista wurde dem königlichen Paar von der Kirche der Titel<br />

„Katholische Könige“ verliehen. Sie hielten ihre Versprechen nicht: Bis auf einige wenige die hohe Positionen<br />

als königliche Berater, als Verwalter <strong>des</strong> Schatzamts an christlichen Höfen oder als Übersetzer arabischer<br />

Werke bekleideten, wurden alle Sefarden noch im gleichen Jahr <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> verwiesen. Die Mehrzahl fand in<br />

<strong>Marokko</strong> und im osmanisch-türkischen Reich Aufnahme. Boabdil und seine Familie mussten Spanien im<br />

Oktober 1493 verlassen. Mit einem Gefolge von 1130 Personen kam er in Melilla an und bat Sultan Asch-<br />

Schaich 54 um Aufnahme. Er erhielt die Erlaubnis sich in Fès niederzulassen. In der Nähe <strong>des</strong> andalusischen<br />

Viertels ließ der Vertriebene einen kleinen Palast errichten und einen bezaubernden Garten anlegen. Hier<br />

kehrte ein wenig vom Glanz seiner andalusischen Heimat und seiner geliebten Alhambra zurück. Er lebte<br />

dort noch 34 Jahre bis er in einer Schlacht fiel, in die er mit dem Sultan von Fès gezogen war. Wo sein Palast<br />

war und wo er begraben wurde ist nicht genau bekannt. Es gibt einen Hinweis auf ein kleines, verwahrlostes<br />

Grabhaus außerhalb der Stadtmauern von Fès. Bisher wurden jedoch alle Gesuche eine DNA-Probe von den<br />

Überresten <strong>des</strong> dort Bestatteten entnehmen zu dürfen, abgelehnt.<br />

<br />

Noch bevor das 16. Jahrhundert anbrach, begann in Spanien die systematische Verfolgung der Muslime, die<br />

im Vertrauen auf den Kapitulationsvertrag in ihrer Heimat Spanien geblieben waren. Jetzt wurden sie<br />

Morisken genannt, Enteignungen und Zwangsbekehrungen waren an der Tagesordnung, allerorten wütete<br />

die gefürchtete Inquisition. Nordafrika und vor allem <strong>Marokko</strong> nahm eine Vielzahl von <strong>maurischen</strong><br />

Flüchtlingen auf und es heißt, dass bis ins frühe 17. Jahrhundert fast 300 000 Muslime die Iberische Halbinsel<br />

verließen und auf der anderen Seite <strong>des</strong> Mittelmeers eine neue Heimat fanden.<br />

Moscheen und Paläste wurden geschleift um auf den Grundfesten Kirchen und spanische Renaissance-<br />

Residenzen zu errichten. Wie durch ein Wunder wurden die Alhambra und die Moschee von Cordoba<br />

verschont. Es könnte sein, dass dies den christlichen Veränderungen zu verdanken ist, die an beiden<br />

Bauwerken vorgenommen wurden: Der Palast König Karls V. (zugleich Kaiser <strong>des</strong> Römisch-Deutschen Reichs)<br />

wurde direkt an die Mauern der <strong>maurischen</strong> Palästen der Alhambra gebaut und mitten in den Schoß der<br />

Großen Moschee von Cordoba wurde eine katholische Kathedrale eingepflanzt. Dafür wurden zahlreiche der<br />

Säulen, Pfeiler und Bögen entfernt aber der Eindruck sobald man die ehemalige Moschee betritt ist und<br />

bleibt überwältigend.<br />

<br />

54 Abu Abdallah Muhammad I. asch-Schaich (1472–1504) aus der Dynastie der Wattasiden<br />

38


Ruinen der Moschee der (vormals) prunkvollen Palaststadt<br />

Medinat al-Zahara von Kalif Abd al-Rahman III. (10. Jh.) Die<br />

Ausgrabungen dort dauern nun fast schon ein Jahrhundert und<br />

immer noch fehlt der größte <strong>Teil</strong>. Die Palaststadt hatte<br />

unvorstellbare Ausmaße, sie gilt als die größte Stadt im<br />

Mittelmeerraum die im 10. Jh. gebaut wurde. Sie sollte nicht<br />

einmal ein Jahrhundert überdauern und wurde im Bürgerkrieg in<br />

dem Anfang <strong>des</strong> 11. Jh. das Große Kalifat unterging, vollkommen<br />

zerstört. Die Fundstätte liegt ca. 8 Km nordwestlich von<br />

Cordoba. 55<br />

Wir sind am Ende <strong>des</strong> <strong>Teil</strong>s <strong>Marokko</strong> und al-Andalus angelangt.<br />

Wir haben mit der Nostalgie, der wieder entdeckten Sehnsucht<br />

der arabischen Welt nach al-Andalus angefangen und wir<br />

beenden diesen <strong>Teil</strong> auch mit einer Klage <strong>des</strong> syrischen Dichters<br />

Nizar Qabbani (20. Jh.):<br />

Im Königreich <strong>Marokko</strong> hatte ich den Geist von al-Andalus<br />

spüren können, beide Reiche hatten ihren Ursprung im Orient und eine gemeinsame Geschichte. Im späten<br />

Mittelalter wurde <strong>Marokko</strong> zur neuen Heimat für Hunderttausende jüdische und hispano-arabische<br />

Flüchtlinge die von der christlichen Rückeroberung 56 aus Spanien vertrieben wurden. Al-Andalus ist in die<br />

Architektur, in Jahrhunderte alte Handwerkstechniken 57 und in die marokkanische, traditionelle Musik<br />

eingeflossen – das maghrebinische Königreich und al-Andalus befruchteten sich gegenseitig.<br />

„Wüsste die Blume, Freundin <strong>des</strong> Win<strong>des</strong>,<br />

von der Leidenschaft in meinem Herzen,<br />

würde ihr Duft zu Balsam werden,<br />

um mich zu heilen.<br />

Könnte die Nachtigall in den Zweigen<br />

das Feuer meiner Seele in meinen Tränen sehen,<br />

würde sie einen süßen Gesang anstimmen,<br />

um mich zu trösten.<br />

Nichts ist von uns,<br />

von unseren acht Jahrhunderten<br />

in Spanien geblieben<br />

als der Bodensatz <strong>des</strong> Weins<br />

im leeren Glas.“ 58<br />

Nizar Qabbani, Damaskus, 20. Jh.<br />

55 Die Entdeckung im Jahr 1910 war ein Zufall. Die Sorgfalt der Archäologen und die Bemühungen der Regierung im<br />

Wiederherstellen und/oder zumin<strong>des</strong>t andeutungsweisen Wiederherstellen von Gebäudekomplexen, Thronsaal,<br />

offiziellen Gebäuden, um Besuchern aus aller Welt diese einmalige Prunkstadt nahe zu bringen, sind gewaltig. Obwohl<br />

in arabischen Schriften immer wieder von der Palaststadt die Rede war hielten selbst Andalus-Forscher die Berichte für<br />

eine Legende. Die Planung der Stadt war fortschrittlich, sie hatte sogar ein unterirdisches System für Frischwasser und<br />

Abwässer.<br />

56 Die Reconquista (span.), die Rückeroberung der muslimischen Territorien. Sie begann in der Mitte <strong>des</strong> 11. Jh. und<br />

endete 1492 mit der Eroberung <strong>des</strong> letzten Maurenreichs, Granada.<br />

57 wie die Dekoration von Bauwerken mit farbig glasierten Fliesen oder das Kunsthandwerk der Gold- und<br />

Silberschmiede<br />

58 aus Ich pflückte die Rose …, ©Isabel Blanco del Piñal, Verlag RoseNoire, S. 129<br />

39


Bücher von Isabel Blanco del Piñal<br />

GESCHICHTE, GESCHICHTEN und GEDICHTE<br />

aus der<br />

SPANISCHEN MAURENZEIT und MAROKKO<br />

Isabel Blanco del Piñal geht die Geschichte von al-Andalus -dem <strong>maurischen</strong> Spanien- nicht<br />

wissenschaftlich an, sie ist eine leidenschaftliche Erzählerin und folgt dem Schreibstil arabischer<br />

Chronisten aus der Zeit der klassischen islamischen Literatur: Geschichtliche Ereignisse und Entwicklungen<br />

wurden mit Gedichten, amüsanten Anekdoten, Palastgeflüster und romantischen oder tragischen<br />

Geschichten aus dem Leben von Kalifen und Königen, von Wesiren, Poeten, heiligen Männern oder<br />

berühmten Frauen ihrer Zeit ausgeschmückt. Damit waren die arabischen Chronisten nicht nur<br />

Geschichtsschreiber, ihre Jahrhunderte alten Werke liefern uns gleichzeitig ein gesellschaftliches<br />

Spiegelbild, sie geben den Zeitgeist der jeweiligen Epoche wieder. In den vielen Jahrhunderten arabischer<br />

Herrschaft in Spanien hatte es Blütezeiten der Wissenschaften gegeben, die auch das Abendland<br />

befruchteten, Zeiten <strong>des</strong> friedlichen Zusammenlebens der drei Religionen aber auch Epochen ausufernder<br />

Dekadenz.<br />

Es war eine ganz besondere Ehre dass Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel das Vorwort zu Isabel<br />

Blancos erstem Buch „GESCHICHTEN aus <strong>AL</strong>-AND<strong>AL</strong>US“, schrieb. Die stimmungsvollen Lesungen und<br />

lebendigen Vorträge von Isabel sind beliebt, besonders ihre Ausführungen zur Toleranz im Reich der drei<br />

Religionen.<br />

Auf der Webseite www.rosenoire.de finden Sie Leseproben und/oder Inhaltsverzeichnisse der<br />

verschiedenen Bücher und Rezensionen. Wir sind für Sie da, gern beantworten wir weiterführende Fragen<br />

per Email.<br />

Herausgeber:<br />

RoseNoire Gisela Fischer, 81827 München,<br />

Tel. 089/439 53 21, Fax 089/439 75 89<br />

Email: rosenoiregf@gmail.com webseite: www.rosenoire.de<br />

Elektronische Veröffentlichungen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

Ψ<br />

40


GESCHICHTEN AUS <strong>AL</strong>-AND<strong>AL</strong>US (3. Auflage)<br />

Die Königreiche Taifas, ein andalusischer Traum<br />

Isabel Blanco del Piñal<br />

Vorwort von Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel<br />

Geschichten, Geschichte und Gedichte: Die Autorin schreibt lebendig und<br />

abwechslungsreich über Glanz und Untergang der <strong>maurischen</strong> Kultur in<br />

Spanien. Viele Jahrhunderte lang pflegten arabische Literaten und Chronisten<br />

die Tradition der, jede auch noch so winzige Kleinigkeit erfassenden,<br />

Überlieferungen. Sie verknüpften historische Fakten mit dramatischen<br />

Geschichten, mit Lyrik und Prosa jener Zeiten, mit amüsanten oder<br />

tragischen Anekdoten aus dem Leben von Königen, Dichtern, Wesiren,<br />

Philosophen oder Prinzessinnen. Ihre Chroniken bieten eine Überfülle an<br />

Informationen und enthalten auch Palastgeflüster, bösartige Intrigen,<br />

bewegende Liebes-geschichten oder Eifersuchtsdramen – zuweilen lesen sich<br />

diese Schriften wie orientalische Märchen.<br />

Isabel Blanco del Piñal hat diesen Schreibstil übernommen und lässt nicht nur die Blütezeit der <strong>maurischen</strong><br />

Hochkultur noch einmal aufleben, die auch die abendländische Philosophie, Wissenschaft und Religion<br />

inspiriert und bereichert hat. Sie erzählt auch von dem dramatischen Untergang der spanischen Araber. Die<br />

Geschichten aus al-Andalus sind ursprünglich in drei Bänden erschienen. Bei der ersten überarbeiteten und<br />

erweiterten Neuauflage wurden sie in einem Sammelband zusammengefasst. Die liebevoll gestaltete<br />

hochwertige Veröffentlichung erschien als Hardcover.<br />

64 Bilder in nostalgisch-braunem Duplex-Druck, 224 S. – 16x21cm, ISBN 978-3-933653-07-9<br />

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe finden Sie auf unserer Website www.rosenoire.de.<br />

Ψ<br />

LAND AM SONNENUNTERGANG – MAROKKO<br />

Isabel Blanco del Piñal<br />

Bereits im 4. Jahrhundert n.Chr. verließen die alten Araber ihre Halbinsel,<br />

um die angrenzenden Kontinente zu erkunden. Im äußersten Westen gebot<br />

ein Furcht einflößen<strong>des</strong> und legendenumwobenes Meer ihrem<br />

Entdeckungsdrang Einhalt. „(...) Dort im Okzident beginnt das westliche<br />

Meer, das man auch das Meer der Dunkelheit nennt. Weiter darüber hinaus<br />

weiß niemand, was dort existiert (...)“ schrieb der Geograph al-Idrisi im 12.<br />

Jahrhundert. Dort, am Ende <strong>des</strong> afrikanischen Erdteils, lag ein Land, das die<br />

Araber al-Maghrib al-aqsa nannten, „den äußersten Westen“ - ein Land am<br />

Rande <strong>des</strong> Sonnenuntergangs.<br />

Isabel Blanco schöpft wieder aus der reichen Fülle der überlieferten<br />

Literatur und verleiht der bewegten Geschichte <strong>des</strong> Königreichs <strong>Marokko</strong><br />

menschliche Züge: Im Land der Berber erwachen Sultane und Poeten zu<br />

neuem Leben, heilige Männer und Geistwesen sind der Ursprung für faszinierende Legenden. Daneben lässt<br />

die Autorin auch eigene Reiseeindrücke einfließen. Große Bedeutung kommt der Epoche vom 11. bis zum<br />

14. Jahrhundert zu in der die Schicksale von al-Maghrib und al-Andalus, dem arabischen Spanien, besonders<br />

eng miteinander verbunden waren. Dicht an dicht sind die andalusischen Ornamente in den<br />

farbenprächtigen Teppich der marokkanischen Geschichte eingewoben.<br />

Es ist ein lebendig geschriebenes Portrait eines Lan<strong>des</strong> in dem historische Zusammenhänge aufgedeckt<br />

werden und sich Vergangenheit, Traditionen und Gegenwart zu einem schillernden Mosaik zusammenfügen.<br />

Hardcover, 304 S. – 38, ganzseitige Bilder (S/W), 17x21cm<br />

ISBN 378-3-933653-06-2 – Inhaltsverzeichnis auf www.rosenoire.de<br />

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ROSEN DER WÜSTE – Die Architektur in der arabischen Literatur<br />

von María Jesús Rubiera – Übersetzung aus dem Spanischen von Isabel<br />

Blanco del Piñal<br />

ROSEN DER WÜSTE – ein poetisches Symbol für die prunkvollen,<br />

märchenhaften Bauwerke der arabischen Architektur. Ihre Paläste und<br />

Gartenanlagen wurden aus der Wüste geboren. In der Fantasie der Beduinen<br />

verwandelten sich Hitze flimmernde Trugbilder in Türme und Kuppeln, die<br />

vor Gold und Edelsteinen glitzern, und dem erlösenden Wohlgefühl bei der<br />

Ankunft in schattigen, grünen Oasen sind üppig blühende Gärten mit leise<br />

plätschernden Wasserläufen nachempfunden. Die arabische Architektur<br />

inszenierte ein dynamisches Schauspiel, erfüllt von Licht, Farben, Klängen und<br />

Düften. Sie erschuf Bauwerke als Lustobjekte und Orte der Lust zugleich.<br />

Die Autorin gibt in diesem Band mittelalterliche Texte von arabischen<br />

Chronisten, Hofpoeten und Reisenden wieder. Sie beschreiben bis ins kleinste<br />

Detail die ehemalige Pracht von Städten, Palästen, Moscheen, Bädern und<br />

Gärten im alten Arabien und im islamischen Spanien. María Jesús Rubiera interpretiert Fakten und<br />

Legenden, jedoch ist dies keine Abhandlung über Kunst oder Archäologie. Es ist eine lange Reise durch die<br />

arabische Architektur mit weit geöffneten und verträumten Augen – ein Buch verführerischer ferner und<br />

fremder Visionen.<br />

Paperback, 256 Seiten, 20 x15cm, ISBN 978-3-93365305-5<br />

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe auf www.rosenoire.de<br />

Ψ<br />

ICH PFLÜCKTE <strong>DIE</strong> ROSE …<br />

Eine Auswahl der schönsten Verse und Gedichte<br />

Aus der spanischen Maurenzeit<br />

Die überlieferte Lyrik in diesem Band lässt den verführerischen Zauber von<br />

al-Andalus, dem <strong>maurischen</strong> Spanien, wieder auferstehen. Sie beflügelt<br />

unsere Fantasie und erfüllt uns mit einer unbestimmten Sehnsucht, die<br />

unsere Seele wie eine sanft gezupfte Saite vibrieren lässt. Ist es unser<br />

Verlangen nach märchenhafter, schwärmerischer Romantik, nach einer<br />

heilen Welt die heute mehr denn je in fast unerreichbare Ferne gerückt<br />

scheint? Doch die Zeiten, die uns hier bewegen, waren keineswegs nur<br />

paradiesisch. Die Anthologie spiegelt auch ein Gesellschaftsbild wieder und<br />

am Ende erwartet uns, wie eine historisch logische Folge, die raue<br />

Wirklichkeit, denn der Zauber von al-Andalus zerbrach an der christlichen<br />

Rückeroberung.<br />

Isabel Blanco del Piñal führt mit Versen und Gedichten durch die Glanzzeit der <strong>maurischen</strong> Kultur bis hin zu<br />

ihrem dramatischen Untergang. Abschließend lässt sie auch zeitgenössische arabische Dichter mit ihren<br />

Klagen über den Verlust vom Paradies al-Andalus zu Wort kommen. Die Verse und Gedichte sind<br />

chronologisch nach Jahrhunderten geordnet und mit zahlreichen Erläuterungen zum Hintergrund ihrer<br />

Entstehung versehen.<br />

Hardcover, 144 S., 21x17cm, ISBN 978-3-933653-08-6<br />

Vorwort kostenlos als PDF lesen unter: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

Unter dem Titel: Historische Arabesken – Die hispano-arabische-Dichtkunst<br />

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MAURENLAND, CHRISTENLAND<br />

Ein Ritter, ein König und ein Poet: Drei Jahrhunderte spanische<br />

Reconquista Isabel Blanco del Piñal<br />

Nach den „Geschichten aus al-Andalus“, in denen Isabel Blanco del Piñal<br />

die Geschichte Spaniens von der arabischen Eroberung der Iberischen<br />

Halbinsel im Jahre 711 bis zum Untergang der <strong>maurischen</strong> Kultur im<br />

Abendland mit der Stimme und aus der Sicht der spanischen Mauren<br />

erzählte, widmet sie in diesem Band ihre Aufmerksamkeit der<br />

Gegenseite, der spanischen Christenwelt. Drei berühmte<br />

Persönlichkeiten führen durch die drei wichtigsten Jahrhunderte zähen<br />

Ringens um die Reconquista, die christliche Rückeroberung <strong>des</strong><br />

muslimischen Spaniens: der Ritter Rodrigo Díaz aus Vivar (11. Jh.) kurz<br />

"der Cid" genannt, König Alfons X. von Kastilien und Leon (13. Jh.), dem<br />

die Nachwelt den Beinamen „der Gelehrte“ verlieh und Miguel de<br />

Cervantes Saavedra (16./17. Jh.), der Autor <strong>des</strong> Don Quijote von der<br />

Mancha.<br />

Alle drei waren sie Grenzgänger zwischen den Religionen und Kulturen, ihr Leben und ihr Vermächtnis<br />

führen anschaulich vor Augen, wie facettenreich das Verhältnis von Christen und Mauren im damaligen<br />

Spanien bis über das Mittelalter hinaus war. Sie zeigen uns Welten politischer Grauzonen und innerer<br />

Zerrissenheit, und es wird in jedem Fall offenbar, dass nichts so war, wie es auf den ersten Blick scheint. So<br />

unterschiedlich sie von ihrem Stand her waren, haben sie doch etwas gemeinsam: Mit Leidenschaft lebten<br />

sie ihre Visionen, sie verfolgten unbeirrt ihre Ziele und vollbrachten Außergewöhnliches. Und wenn auch das<br />

Leben je<strong>des</strong> Einzelnen, aller Berühmtheit zum Trotz, nicht einer gewissen Tragik entbehrt, haben ihre Werke<br />

und Taten sie doch unsterblich gemacht.<br />

Hardcover, 21x16cm, 100 Bilder in Farbe, 440 S.,ISBN 978-3-933653-09-3<br />

Inhaltsverzeichnis auf www.rosenoire.de<br />

Die letzte Rezension (14. Juni 2014) für diesen Titel …:<br />

MAURENLAND, CHRISTENLAND,<br />

Ein Ritter, ein König und ein Poet,<br />

drei Jahrhunderte spanische Reconquista<br />

… finden Sie unter:<br />

http://afarab.blogspot.com/2014/06/maurenland-christenland-rezension.html<br />

Frau Birgit Agada ist eine bekannte Reisejournalistin, Reiseunter-nehmerin und selbst auch Autorin<br />

von Reiseliteratur. Sie ist spezialisiert auf arabische und nordafrikanische Länder und Kulturen.<br />

Kontakt:<br />

RoseNoire<br />

Gisela Fischer – Isabel Blanco del Piñal<br />

Gündero<strong>des</strong>traße 20, D-81827 München<br />

Tel. +49 (0)89 439 53 21 – Fax +49 (0)89 439 75 89<br />

e-Mail: rosenoiregf@gmail.com<br />

Webseite: www.rosenoire.de<br />

Facebook: https://www.facebook.com/isabel.blancodelpinal<br />

Alle digitalen Magazine gratis lesen: https://www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

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