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AKTUELLES<br />
dabei sein. Wichtig sind mir auch die vielen Gespräche mit<br />
Künstlern aus aller Welt. Bei mir hat dies manchen Horizont<br />
erweitert und auch die Weltanschauung im positiven beeinflusst.<br />
Sie haben auch andere Bühnen der Region mit Künstlern<br />
beschickt und entwickelten sich so zum Konzertveranstalter<br />
weiter. Ist das Ihr nächster Entwicklungsschritt?<br />
Es ist eine Folge der Arbeit im Club. Der ein oder andere fragte<br />
natürlich, ob es denn nicht möglich sei, auch woanders<br />
mit uns zusammenzuarbeiten. Dabei ist es ja auch spannend,<br />
Orte oder Örtlichkeiten mit musikalischen Themen zu<br />
konfrontieren, die unter Umständen dort nicht häufig<br />
gehört werden. Das ist natürlich ein steiniger Weg. Die Tatsache,<br />
dass schon seit vielen Jahren die Zukunft des Clubs<br />
unsicher war, gehört aber genauso dazu.<br />
Die bevorzugen dann doch eher Drinks oder auch die Auswahl<br />
via Spotify.<br />
„Es ist heute wichtiger zu zeigen, was man hat,<br />
als was man tut“<br />
Wie beurteilen Sie die aktuelle Jugendkulturszene im<br />
Rottal?<br />
Leider sind die Szenen im Rottal die letzten Jahre in meinen<br />
Augen sehr klein geworden. Die wirken alle sehr zufrieden<br />
mit der Situation und man kann kaum erkennen, dass sich<br />
Jugendliche hervortun, die eigene Projekte anpacken wollen.<br />
Wie unterscheidet sich überhaupt ländliche und städtische<br />
Jugendkultur?<br />
Ob es in den Städten soviel anders ist, darf bezweifelt werden.<br />
Ich glaube jedoch, dass in Städten die Menschen offener sind.<br />
Hierzulande haben wir viel zu viele Blasen, die in sich zurückgezogen<br />
bzw. geschlossen sind. Das gilt es aufzubrechen, die<br />
Leute müssen einfach mehr miteinander offen reden.<br />
Kann es sein, dass das eigentliche jugendkulturelle Potential<br />
sich wie in den 70er/80er Jahren auch heute noch versteckt<br />
vor der bürgerlichen Erwachsenenwelt, verborgen zwischen<br />
Hügeln und Tälern in kleinen Hütten und Sacherln entwickelt<br />
und auslebt?<br />
Backstage-Gespräche bringen Menschen zusammen: Reinhard Wimmer mit<br />
Maria Kammermeier, Marketingchefin der Brauerei Aldersbach, und Fabian<br />
Rauecker, Booker von „dicht & ergreifend“ in der Club-Küche. Foto: Aldersbacher<br />
„Wer nur noch an der Spielkonsole hängt,<br />
fehlt in der Szene”<br />
Das Bogaloo war weit und breit der einzige Raum, in dem<br />
auch regionale Bands auftreten, sich ausprobieren konnten.<br />
Wie wichtig sind solche festen Clubs, damit sich eine regionale<br />
Musikszene entwickeln kann?<br />
Das ist in meinen Augen unglaublich wichtig. Es braucht im<br />
ländlichen Raum die Möglichkeiten, dass sich junge Musiker<br />
ausprobieren können und bestenfalls werden sie von einem<br />
Laden auch noch unterstützt. Solche Clubs bringen auch die<br />
Möglichkeit, dass Clubs aus einem weiteren Umkreis auf die<br />
Bands aufmerksam werden können. Die Clubs sind gerade<br />
in Zeiten wie diesen, in denen die Menschen mehr am<br />
Smartphone hängen, als dass sie miteinander reden, ein<br />
wichtiger Austauschort. Wenn über die Entwicklung im<br />
ländlichen Raum gesprochen wird, ist die Politik gefordert,<br />
diese Bereiche mehr zu fördern. Ein lebenswerter Raum entsteht<br />
durch Vielfalt und die kann man in unseren Regionen<br />
durchaus vermissen.<br />
Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass es nicht mehr Clubs<br />
mit regelmäßigem Liveprogramm in der Region gibt, etwa<br />
in Städten wie Simbach-Braunau und Pocking oder auch<br />
Eholfing und Dietersburg, wo sich ja auch Szeneclubs halten<br />
können?<br />
Die Dichte an Veranstaltungen, unabhängig davon ob kommerziell,<br />
über den Vereinskanal oder privat, ist in meinen<br />
Augen in den letzten Jahren explodiert –dies ist der eine<br />
Punkt. Der zweite Punkt ist, dass zu wenige interessierte junge<br />
Leute nachkommen, die sich Konzerte anschauen wollen.<br />
Das mit Sicherheit. Es soll unglaublich viele Hütten geben…<br />
Was da passiert, kann ich nicht beurteilen. Ich glaube aber,<br />
dass die Jugendlichen zwischen ca. 16 und 20 Jahren ordentlich<br />
feiern und dies aber dann schnell nachlässt. Die Karrieren<br />
und der öffentliche Druck, in der Gesellschaft voranzukommen,<br />
zu zeigen, wer man ist, und der Besitz von<br />
Konsumgütern, wie ein neues Auto mit 18, spielen eine<br />
wesentlich wichtigere Rolle.<br />
„Entweder es ist das Bogaloo oder es ist was<br />
ganz anderes“<br />
Was fehlt dazu, dass die kulturelle Kreativität der Jugend<br />
sich noch besser und eigenständiger entwickelt?<br />
In erster Linie liegt es an den Jugendlichen selbst. Es wird<br />
wohl das meiste so hingenommen, wie es ist. Eltern,<br />
Bekannte, Lehrer und auch die Kommunen sollten aktive<br />
Anstöße geben und man sollte vor allem den Jugendlichen<br />
das Vertrauen und die Freiheit geben, Projekte selbst umzusetzen!<br />
Die junge Klima-Aktivistin Greta Thunberg könnte<br />
den ein oder anderen aus dem Dornröschenschlaf aufwecken!<br />
Das Bogaloo hat nun auf dem Sterbebett die popkulturelle<br />
Seligsprechung des Freistaats erhalten. Wird es ein Bogaloo<br />
2.0 –vielleicht im alten Central Kino am Griesbacher Stadtplatz<br />
–geben oder was steht für Sie jetzt an?<br />
Ist das Kino in Griesbach denn frei? Wir sagen immer, wir<br />
schauen uns alles an. Gegen die 2.0 Version verwehre ich<br />
mich aber. Entweder es ist das Bogaloo oder es ist was ganz<br />
anderes. Ich selbst bin jetzt erstmal froh, wenn nun ein paar<br />
ruhige Wochen ins Land ziehen, um die ganzen Geschehnisse<br />
der letzten 8 bis 10 Wochen richtig reflektieren zu<br />
können.<br />
Martin Semmler<br />
@Info: Bericht über die Preisverleihung unter<br />
https://tinyurl.com/TLM-Bogaloo2018<br />
10 www.thermenland-magazin.de