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2019-04 Pfarrblatt Freiburg

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zäme stah – vorwärts gah<br />

Jona im Blick von Ostern<br />

„Christus, gestern und heute, Anfang<br />

und Ende, Alpha und Omega. Sein ist die<br />

Zeit und die Ewigkeit. Sein ist die Macht<br />

und die Herrlichkeit in alle Ewigkeit.“<br />

So betet der Priester in der Osternacht,<br />

bevor er die Osterkerze am<br />

Feuer entzündet und sie zum (Licht-)<br />

Symbol wird für die Auferstehung<br />

Jesu. Diese Worte sind ein Bekenntnis<br />

zum christlichen Glauben, der<br />

immer wieder erneuert werden will.<br />

Jesus von Nazareth, der Mensch gewordene<br />

Sohn Gottes, auferstanden<br />

am dritten Tag nach seinem Tod und<br />

aufgefahren in den Himmel.<br />

Zwischen Tod und Auferstehung liegen<br />

eineinhalb Tage. Gemäss dem<br />

jüdischen Glauben ist Jesus in dieser<br />

Zeit in den Scheol (griechisch „Hades“),<br />

das Totenreich, hinabgestiegen.<br />

Der Scheol ist ein finsterer Ort,<br />

an den alle Verstorbenen kommen,<br />

Gerechte wie Ungerechte. Sie alle<br />

müssen ein Leben in Finsternis und<br />

Trostlosigkeit führen, bis zum Jüngsten<br />

Tag, an dem der Messias sie erlöst<br />

oder richtet. Jesus aber ersteht<br />

auf aus dem Scheol nach eineinhalb<br />

Tagen und wird für alle Christen zum<br />

Urbild der Auferstehung. Wer sich zu<br />

ihm bekennt wird es ihm gleichtun.<br />

Auch heute gibt es verschiedene<br />

Auslegungen der Auferstehung. Sie<br />

erfolgt entweder am Tag, an dem<br />

Gott die Welt komplett neu macht,<br />

am Jüngsten Tag oder Gericht Gottes<br />

genannt, oder jede Seele erfährt sie<br />

kurze Zeit nach dem Tod und fährt<br />

auf zu Gott so wie Jesus Christus.<br />

Ein anderer, der auch drei Tage lang<br />

in einem todesähnlichen Zustand<br />

verharrte und dann zu neuem Leben<br />

kam, ist der Prophet Jona.<br />

Seine Geschichte wurde bei den<br />

urchristlichen Gemeinden in besonderer<br />

Weise zum Symbol für die<br />

Auferstehung Christi. So sehr, dass<br />

sogar der Evangelist Matthäus ihn<br />

direkt mit Jesus vergleicht: „Denn<br />

wie Jona im Bauch des Fisches war,<br />

drei Tage und drei Nächte, so wird der<br />

Menschensohn im Schoss der Erde<br />

sein, drei Tage und drei Nächte.“<br />

Jona, der Prophet, einer unter vielen,<br />

die den Menschen helfen, geschichtliche<br />

Ereignisse auf den<br />

Willen Gottes auszulegen, zu interpretieren<br />

und zu verstehen. Er erinnert,<br />

klagt, bleibt aber Platzhalter,<br />

tritt bloss ein für Gott.<br />

Unter den Propheten unterscheidet<br />

man die sogenannten Hof- von den<br />

Einzelpropheten. Während die einen<br />

am königlichen Hof arbeiten, ein Beamtengehalt<br />

beziehen und immer<br />

herbeieilen, wenn der König etwas<br />

über den Willen Gottes wissen will,<br />

sind die anderen sozusagen freischaffend.<br />

Sie stellen sich oft quer<br />

zur Meinung des Königs. Die erfolgreichen<br />

unter ihnen haben Schulen<br />

gegründet, wo ihre Lehre auch über<br />

ihren Tod hinaus verbreitet und teilweise<br />

sogar aufgeschrieben wurde.<br />

Im Zwölfprophetenbuch der Bibel<br />

finden wir denn auch das Buch des<br />

Propheten Jona, welches uns seine<br />

unglaubliche Geschichte erzählt:<br />

Jona erhält von Gott einen Auftrag.<br />

Er soll in die grosse Stadt Ninive im<br />

heutigen Irak gehen und den Bewohnern<br />

kräftig ins Gewissen reden.<br />

Denn diese haben sich Ungerechtigkeiten<br />

zuschulden kommen lassen<br />

und müssen zur Umkehr aufgerufen<br />

werden, andernfalls droht ihre<br />

Vernichtung. Tatsächlich wurde die<br />

assyrische Stadt Ninive im Jahr 612<br />

v. Chr. zerstört und daher von Juden<br />

wie Christen als eine gottlose und<br />

gottverlassene Stadt betrachtet.<br />

Nach Ninive zu gehen passt Jona<br />

aber gar nicht. Ninive ist eine mächtige<br />

Stadt der Assyrer, deren Herrscher<br />

das Volk Israel immer wieder<br />

militärisch unterworfen haben. Will<br />

der jüdische Prophet Jona die heidnischen<br />

Menschen von Ninive überhaupt<br />

retten?<br />

Jona bricht zwar auf, aber nicht<br />

nach Ninive sondern in die entgegengesetzte<br />

Richtung. Er geht in<br />

die Hafenstadt Jaffa und besteigt<br />

ein Schiff, das nach Tarsis segelt,<br />

Richtung Spanien. Das Schiff gerät<br />

jedoch in einen Sturm und dieser ist<br />

so gewaltig, dass er nur als Gericht<br />

Gottes verstanden werden kann.<br />

Wer ist der Schuldige, fragen sich<br />

die Seeleute. Das Los fällt auf Jona.<br />

Sie versuchen zwar noch durch Rudern<br />

ans Land zu kommen, doch<br />

als das nicht geht, werfen sie Jona<br />

über Bord, woraufhin der Sturm augenblicklich<br />

aufhört. Jona wird von<br />

einem Fisch verschlungen. Er betet<br />

in dessen Bauch und wird nach drei<br />

Tagen wieder an Land ausgespien.<br />

Nun erhält er noch einmal denselben<br />

Auftrag. Diesmal geht er nach<br />

Ninive und verkündet den Zorn Gottes.<br />

Die ganze Bevölkerung nimmt<br />

sich seine Predigt zu Herzen und<br />

tut Busse, wodurch die Stadt gerettet<br />

wird. Das angekündigte Gericht<br />

Gottes wird nicht vollstreckt.<br />

Jona ist zum Symbol geworden für<br />

die Auferstehung. In <strong>Freiburg</strong>, im<br />

Chor des Zisterzienserinnenklosters<br />

Magere Au, gibt es ein besonderes<br />

Portrait von Jona (s.o.). Ein Maul mit<br />

massiven Zähnen und grossen Nasenlöchern<br />

ist weit aufgerissen und<br />

gibt den zierlichen Kopf des Jona<br />

frei. Der Verschlungene findet den<br />

Weg in die Freiheit, ins Leben.<br />

Jona wird zum Symbol für einen<br />

Menschen, der auf Abwege gerät,<br />

im Grunde verloren ist und eine<br />

zweite Chance bekommt. Gehen<br />

auch wir manchmal solche Wege<br />

und Irrwege und bekommen eine<br />

neue Chance? Auch Ninive wird zu<br />

einem stillen Platzhalter der österlichen<br />

Botschaft: Wer umkehrt und<br />

Reue für falsches Verhalten zeigt<br />

wird vom Zorn Gottes verschont, erfährt<br />

Güte und neues Leben.<br />

In diesen Tagen feiern wir Ostern,<br />

das Fest der Auferstehung Christi.<br />

Durch seinen Tod sind alle Sünden<br />

vergeben, bis hinab in den Scheol,<br />

in das Totenreich. Und durch seine<br />

Auferstehung wird alles neu gemacht,<br />

neu geschaffen. Ich wünsche<br />

Ihnen ein frohes Auferstehungsfest!<br />

P. Pascal Marquard<br />

zäme stah – vorwärts gah<br />

Von Aufregung zu Aufklärung – aus Unterwürfigkeit zu Mündigkeit<br />

Ein Debatten-Abend mit Prof. Daniel Bogner und Prof. Joachim Negel zur Lage der Kirche<br />

Auf waches Interesse stiessen die<br />

beiden Gäste des Montagsclubs,<br />

Prof. Daniel Bogner und Prof. Joachim<br />

Negel, vom 25. Februar zur<br />

Frage, ob die Kirche noch Zukunft<br />

habe. Es war freilich ein anderes<br />

Interesse als jenes der Medienberichterstattung<br />

zur Bischofssynode<br />

in Rom, die diesem Abend just voranging.<br />

Hier ging es darum, sorgfältig<br />

auszuloten, welche Ursachen die<br />

Missbrauchskrise hat und welche<br />

Aufgaben die Kirche in ihrer Gesamtheit,<br />

d.h. ihre Leitungsorgane<br />

wie ihr Angehörende insgesamt,<br />

lernend zu klären hat. Dazu gehört<br />

eine sorgfältige Diagnose, um von<br />

der „Empörungsbewirtschaftung”<br />

zum Lernprozess eines andern Kirche-Seins<br />

voranzukommen.<br />

Daniel Bogner beschrieb in seinem<br />

Votum einen „toxischen Kern” der<br />

heutigen Kirche als Ursprung jenes<br />

nachhaltig gestörten Geschlechterverhältnisses<br />

wie auch des destruktiven<br />

Verhältnisses zwischen<br />

Klerus und Kirchenvolk. Vertrauen<br />

ist gestört, Zusammengehörigkeit<br />

verletzt, Kirche in der Weise kaum<br />

zukunftsfähig. „Gibt es Selbstheilungskräfte?”,<br />

fragte er anschliessend<br />

an diese erste Stufe der Diagnose.<br />

Die Frage ist schwer zu beantworten.<br />

Die Kirche ist immernoch verfasst<br />

wie eine absolutistische Monarchie,<br />

in welcher der Souverän losgelöst<br />

von seinem Volk über alles verfügt<br />

und keinerlei Gewaltentrennung<br />

kennt, sondern eine „sacra potestas”<br />

(eine unanfechtbar heilige Macht)<br />

ausübt; Resultat: eine „geschlossene<br />

Gesellschaft” von sich selbst Bestätigenden.<br />

Kann eine derartige Macht<br />

ohne Diskurs, ohne Ausgleich der<br />

Kräfte und Interessen als Bild der<br />

„Herrschaft Christi” gelten? Tatsächlich<br />

wird Menschenwürde verkündigt<br />

und in der „Welt” eingefordert,<br />

aber ist im Innern durch hierarchische<br />

Macht und Abhängigkeiten<br />

entkräftet. Leicht zu sehen ist dieses<br />

gravierende Manko an den Regeln<br />

und Herrschaftsstrukturen, welche<br />

das alltägliche Leben in der Kirche<br />

bestimmen: das Problem des Missbrauchs<br />

wird durchaus wahrgenommen,<br />

aber es fehlen die Strukturen<br />

und Mittel, die nötigen Einsichten<br />

umzusetzen. Wie soll ein autoritäres<br />

Selbstbewusstsein von Männern fähig<br />

werden, Kinder und Frauen als<br />

ebenbürtiger Gottesgeschwister zu<br />

achten, zu hören, wahr- und ernstzunehmen?<br />

Von aussen betrachtet<br />

steht diese Kirche wie in einem „toten<br />

Winkel” des Lebens. So gesehen,<br />

ist die nicht mehr unterdrückbare<br />

Krise zugleich ein „Gelegenheitsfenster”,<br />

das sich für eine Debatte<br />

zur künftigen Verfassung der Kirche<br />

geöffnet hat. Und so ist auch hier<br />

das mündige Mitreden, Mitwirken,<br />

Mitgestalten der so genannten „Laien”<br />

gefordert, vielleicht zunächst als<br />

ein Aufkündigen der gehorsamen<br />

Unterwerfung?<br />

Joachim Negel nahm diese Bälle auf,<br />

indem er die Kirche in dieser durchaus<br />

selbstverschuldeten Lage der<br />

Verschlossenheit gegenüber den<br />

gesellschaftlichen Wandlungen und<br />

Umbrüchen in den zurückliegenden<br />

hundert Jahren demokratischer<br />

Gesellschaft beschrieb. Neben der<br />

durch die Französische Revolution<br />

in Europa angestossenen Überwindung<br />

der absolutistischen Monarchie<br />

zu Gesellschaftsverträgen,<br />

in welchen die Machthaber sich<br />

gegenüber den Menschen zu verantworten<br />

haben, wirkt die Kirche<br />

wie ein versteinertes Monument<br />

der Selbstzelebration, entfernt<br />

von Menschen und ihrer Lebendigkeit;<br />

wie gefangen in Begriffen,<br />

die Leben aktiv verhindern. Diese<br />

Kirche nimmt nicht ernst, dass die<br />

Menschen von heute sich anders<br />

ausdrücken, andere Kompetenzen<br />

einsetzen, das Leben anders empfinden<br />

und deuten – und deshalb<br />

auch andere Erwartungen in Kirche<br />

setzen, die beim eigenständigen<br />

Gestalten und Verantworten des Lebens<br />

mitdenkt, sich einbringt, statt<br />

von oben herab vor allem Moral zu<br />

diktieren. Ermutigung, „Empowerment”<br />

ist in der Zeit mündiger Menschen<br />

gefragt, nicht Antworten auf<br />

längst nicht mehr gestellte Fragen.<br />

Die Kirche sollte ernstnehmen, dass<br />

sie sich in einer Zeit der „religionsgeschichtlichen<br />

Mauser” befindet und<br />

nur im Erkennen der gravierenden<br />

Defizite sinnvoll wiederfinden bzw.<br />

neu entdecken kann. Kirche, die ihrem<br />

Auftrag gemäss leben will, muss<br />

sich befreien aus der gedankenlosen<br />

Betriebsamkeit eines Illusionstheaters,<br />

wie das z.B. Luigi Pirandello<br />

schon vor hundert Jahren in „Sechs<br />

Personen suchen einen Autor” gezeigt<br />

hat. Die Beobachtung, dass<br />

ausgerechnet autoritäre Parteien,<br />

Personen und Regimes an der heutigen<br />

Gestalt von Kirche festhalten,<br />

sollte uns beunruhigen; Jesus widersprach<br />

solchen Machthabern. Die<br />

Kirche Jesu Christi hat entgegengesetzte<br />

Pflichten. Sie muss als Zeugin<br />

von Gottes Liebe zu den Menschen<br />

den Fragen und Gaben, den Nöten<br />

und Hoffnungen, dem Zweifeln und<br />

dem Vertrauen von unendlich verschiedenen<br />

Menschen offen entgegen<br />

gehen und die Herausforderungen<br />

der Zeit aus Glauben zu Gott hin<br />

mittragen.<br />

In der Tat zeigt sich eine der destruktivsten<br />

Auswirkungen der in<br />

sich geschlossenen DNA einer Kirche,<br />

die sich vor allem um den Erhalt<br />

ihrer eigenen Macht bemüht, darin,<br />

dass sie untauglich wird, der Herausforderung<br />

durch Menschen ermutigend<br />

und offen zu begegnen,<br />

denen Gott abhandengekommen<br />

ist. Wie soll eine derartige Kirche<br />

noch Kirche Jesu Christi sein können,<br />

nämlich eine Gemeinschaft von<br />

Menschen, die um den Glauben ringen,<br />

die sich für die Bewahrung der<br />

Menschenwürde für alle, auch für<br />

Frauen und Kinder, für Ferne wie für<br />

Nahe einsetzt?<br />

Der Abend mit den beiden Gästen,<br />

Daniel Bogner und Joachim Negel,<br />

war ein starker Anstoss, dass wir<br />

uns hier und heute den Fragen widmen,<br />

die eine Welt stellt, in der das<br />

Wort „Gott” zunehmend ohne Widerhall<br />

am Verklingen ist. Dass dies<br />

auch die allererste Aufgabe unserer<br />

deutschsprachigen Pfarreiseelsorge<br />

ist, liegt auf der Hand.<br />

Georges Braunschweig,<br />

Präsident der Bildungskommission<br />

12 Kath. Pfarreiseelsorge <strong>Freiburg</strong> Stadt und Umgebung | April <strong>2019</strong> Kath. Pfarreiseelsorge <strong>Freiburg</strong> Stadt und Umgebung | April <strong>2019</strong><br />

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