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LEBE_74

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Der Kommentar:<br />

Was gut und böse ist,<br />

4 <strong>LEBE</strong> <strong>74</strong>/2005<br />

werdet ihr selbst entscheiden!<br />

von Dr. Bernhard Gappmaier, Präsident der Europäischen Ärzteaktion<br />

Die Sensationsmeldungen<br />

in<br />

den Boulevardzeitungen<br />

haben<br />

uns schon abgestumpft:<br />

- 60-jährige Frauen gebären Kinder;<br />

- Sechslinge kommen zur Welt, man<br />

bangt öffentlich um ihr Überleben;<br />

- dem vorzeitig ums Leben gekommenen<br />

Mann werden noch Samenzellen entnommen<br />

und seine Frau trägt schließlich<br />

ein gemeinsames Kind aus;<br />

- eine Leihmutter beansprucht am Ende<br />

doch das ausgetragene Baby fremder<br />

Eltern;<br />

- lesbische Frauen fordern das Recht auf<br />

manipulierte Mutterschaften …<br />

Die ersten künstlich gezeugten Kinder<br />

sind bereits über 20 Jahre alt. Die einstige<br />

medizinische Sensation scheint zur<br />

allgemeinen Routine geworden zu sein.<br />

Wissenschafter haben mit ihrem Forscherdrang<br />

den Menschen in seine<br />

Bestandteile zerlegt, seine Fasern zergliedert,<br />

die Zellverbände unter das<br />

Mikroskop genommen und den einzelnen<br />

Zellen ihre Funktionen entlokkt!<br />

Man ist dem Anfang des Lebens<br />

auf die Spur gekommen:<br />

wenn Eizellen und Samenzellen<br />

miteinander verschmelzen, dann<br />

beginnt neues Leben, entsteht ein<br />

neuer Mensch!<br />

Erkenntnisse sind dazu da, nutzbar<br />

gemacht zu werden. In der Viehwirtschaft<br />

werden seit Jahrzehnten Spermien von<br />

Rassetieren im Wege von Samenbanken<br />

genützt und gehandelt. Der Landwirt<br />

wählt per Katalog und der Tierarzt<br />

befruchtet dann die Kuh mit dem zuvor<br />

tiefgefroren gewesenen Samen. Die Praxis<br />

der künstlichen Besamung ist zur<br />

Regel geworden.<br />

Und aus der Tierforschung ist uns auch<br />

noch mit der Präsentation des Schafes<br />

Dolly eine Weltsensation in aktueller<br />

Erinnerung.<br />

In Goethes Faust schon ist uns mit der<br />

Schaffung des Homunculus das Streben<br />

des aufgeklärten Demiurgen dichterisch<br />

vor Augen geführt! Wozu vor dem Menschen<br />

Halt machen? Lasst uns doch Menschen<br />

machen – nach unserem Bilde!<br />

Eizellen und Samenzellen werden inzwischen<br />

auch Frauen und Männern entnommen,<br />

im Labor unter mikroskopischer<br />

Sicht zur Verschmelzung geführt,<br />

im Nährmedium bebrütet und dann wieder<br />

in die Gebärmutter der Frau zum weiteren<br />

Wachstum eingeführt. Es werden<br />

jeweils mehrere Zellen gewonnen und<br />

angezüchtet …<br />

Menschliches Leben im Reagenzglas<br />

unter den neugierigen Augen des Forschers<br />

wachsen lassen, eingreifen, züchten,<br />

aussortieren …<br />

Selbst haben wir gelernt, menschliches<br />

Leben zu erzeugen! O Sieg der Wissenschaft!<br />

Dereinst kühne Träume haben inzwischen<br />

ihren praktischen Fortschritt erfahren.<br />

Und da sind seit Menschengedenken<br />

Paare, die sich Kinder ersehnen, hoffen,<br />

warten, keinen Rat unversucht lassen, …<br />

und endlich – die Fortschritte der Medizin<br />

versprechen ihnen das bereits<br />

unmöglich Erschienene.<br />

Nicht mehr wie Abraham und Sarah auf<br />

Gottes Verheißungen warten müssen,<br />

sich nicht mehr in das Schicksal der Kinderlosigkeit<br />

fügen …<br />

Die Ärzte – nein, die Reproduktionsmediziner<br />

können dem Mangel Abhilfe schaffen,<br />

sie haben es gelernt, selbst Menschen<br />

zu machen.<br />

„Die verschiedenen Techniken künstlicher Fortpflanzung, die<br />

sich anscheinend in den Dienst am Leben stellen und die<br />

auch nicht selten mit dieser Absicht gehandhabt werden, öffnen<br />

in Wirklichkeit neuen Anschlägen gegen das Leben Tür<br />

und Tor.“ (Papst Johannes Paul II, Ev.vitae 14.)<br />

In Zeitungsannouncen und auf Plakatwänden<br />

bewerben sie dann auch ihre<br />

Kunst. Und wollte man gar die Erlaubtheit<br />

ihres Handelns an den Menschen in<br />

Frage stellen, indem man vorgibt, in<br />

ihrem Wirken keinen Unterschied zum<br />

wirtschaftlich nützlichen Besamen von<br />

Kühen erkennen zu können, d.h. mit den<br />

angewandten Techniken eigentlich das<br />

Geheimnis zwischenmenschlicher Liebe<br />

machtvoll aufgebrochen zu haben, bzw.<br />

auch diesen Akt menschlichen Seins auf<br />

die Ebene der Nutztierzucht geführt zu<br />

haben, dann werden die Experten entweder<br />

die Provokation nicht verstehen<br />

wollen, oder sie werden ob des Vorwurfs<br />

entrüstet sein, und sie werden den Kritiker<br />

mit den Zitaten aus Briefen zu<br />

beschämen versuchen, worin glückliche<br />

Mütter ihre Dankbarkeit für die erfahrene<br />

Hilfe zum Ausdruck bringen.<br />

Die Reproduktionstechniker als Helden<br />

der Nächstenliebe!<br />

Die Reproduktionsmedizin kostet Geld –<br />

viel Geld! Die Fortpflanzungsinstitute<br />

sind zu einem weltweit profitablen Industriezweig<br />

geworden. Wenn ein Staat zu<br />

restriktive Vorgaben schafft, wird der<br />

Standort gewechselt.<br />

Und die Paare wiederum sind bereit, für<br />

ihren unerfüllten Kinderwunsch viel zu<br />

geben – sehr viel!<br />

Während durch die ganze Geschichte der<br />

Menschheit hindurch der Akt der liebenden<br />

Begegnung von Mann und Frau der<br />

bestmöglich geschützten Intimität vorbehalten<br />

geblieben war in der unlösbaren<br />

Verknüpfung der beiden Sinngehalte –<br />

liebende Vereinigung und Fortpflanzung -<br />

, die beide dem ehelichen Akt innewohnen,<br />

so ist diese Beziehung durch die<br />

vorgestellte Entwicklung aufgehoben<br />

worden.<br />

Um das Ziel – ein Kind - nach dem Eigenwillen<br />

aller beteiligten (Geschäfts-)Partner<br />

erreichen zu müssen im einfachsten Fall<br />

folgende Schritte vollzogen werden:<br />

nach aufwändiger medizinischer Abklärung<br />

der Zeugungshindernisse des Paares,<br />

psychologischer Begleitung und sonstigen<br />

Stimulationsversuchen wird die<br />

Frau zu einer Eientnahme aus ihren Eierstöcken<br />

vorbereitet und wird der Mann –<br />

vornehm ausgedrückt – zu einer<br />

Samenspende angeregt.<br />

Ein Team von Reproduktionsspezialisten<br />

übernimmt schließlich die<br />

Gewinnung, Verschmelzung und<br />

Anzüchtung der Zellen im Reagenzglas.<br />

Die solcherart extern mit den Samenzellen<br />

befruchteten Eizellen werden wiederum<br />

in die Gebärmutter der Frau implantiert,<br />

mehrere zugleich, damit ein bestmöglicher<br />

Erfolg garantiert werden kann,<br />

bzw. wenigstens eine „Zelle“ sich einnistet<br />

und sich weiterentwickelt. Die Mehrfachimplantationen<br />

erklären im günstigsten<br />

Fall auch das gehäufte Auftreten<br />

von Mehrlingsschwangerschaften bei In-<br />

Vitro-Fertilisationen.<br />

Die Befruchtungsinstitute bewerben ihre<br />

Qualitätsvorzüge mit den Prozentzahlen<br />

ihres durchschnittlichen Erfolges der in<br />

ihren Laboratorien erzeugten Kinder,<br />

standardgemäß um etwa 20 bis 30 %.<br />

Diese Angaben erklären auch, dass die<br />

meisten Frauen wiederholte Implantionsversuche<br />

über sich ergehen lassen<br />

müssen und sie dann jedes Mal wieder<br />

nach hoffnungsvollen Erwartungen ein<br />

für sie deprimierendes Ergebnis zur<br />

Kenntnis nehmen müssen, wenn die eingesetzte<br />

Leibesfrucht in der eigenen<br />

Gebärmutter wieder nicht angenommen<br />

worden ist.<br />

Zum anderen wird<br />

eine derartige

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