immobilia 2019/02 - SVIT
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IMMOBILIENPOLITIK<br />
EIGENMIETWERT<br />
CHANCEN FÜR<br />
SYSTEM WECHSEL<br />
INTAKT<br />
Die Zeit ist reif für die Abschaffung des<br />
Eigenmietwerts. Die bevorstehende<br />
Vernehmlassung wird zeigen, wo bei<br />
der Ausgestaltung des Systemwechsels<br />
die Grenzen des Akzeptablen<br />
verlaufen. TEXT—IVO CATHOMEN*<br />
<strong>SVIT</strong> UNTERSTÜTZT SYSTEMWECHSEL<br />
Mitte Januar hat die ständerätliche Kommission für<br />
Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) ihre eigene parlamentarische<br />
Initiative «Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung»<br />
beraten und ist weiterhin bestrebt,<br />
ihren Vorentwurf für eine Vernehmlassung ab<br />
März zu verabschieden. Die WAK-S stimmte der Umsetzung<br />
ihrer früher festgelegten Eckpunkte des Systemwechsels<br />
vorbehaltlos zu (siehe Kasten). Zum<br />
Schuldzinsenabzug hat sie die Verwaltung mit der Ausarbeitung<br />
von Varianten beauftragt.<br />
Energetische Sanierungen sollen künftig nur noch in den Kantonen von den Steuern<br />
abgezogen werden können. (BILD: 123RF.COM)<br />
Der <strong>SVIT</strong> Schweiz unterstützt das Anliegen eines<br />
Systemwechsels. Die Besteuerung des Eigenmietwerts<br />
ist ein Unding in der Schweizer Steuerordnung und ein<br />
Überbleibsel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Sie<br />
führt zu einer überdurchschnittlichen Verschuldung<br />
der Schweizer Haushalte, was wiederum ein gewisses<br />
Risiko für die Finanzmarktstabilität darstellt. Wer die<br />
Hypothek seines Wohneigentums amortisiert, wird<br />
durch das geltende System bestraft.<br />
DIE ECKPUNKTE DES VORENTWURFS<br />
– keine Besteuerung des Eigenmietwerts am Hauptwohnsitz<br />
– Beibehaltung der Eigenmietwertbesteuerung für<br />
Zweitliegenschaften<br />
– keine Abzüge für Unterhaltskosten<br />
– auf Bundesebene keine ausserfiskalisch motivierten<br />
Abzüge für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen,<br />
für Rückbau und für denkmalpflegerische Arbeiten<br />
(im kantonalen Recht jedoch weiterhin möglich)<br />
– zeitlich befristeter Ersterwerberabzug<br />
– Reduktion oder Aufhebung des Schuldzinsenabzugs<br />
HEUTE MÜS<br />
SEN EIGENTÜ<br />
MER EIN EIN<br />
KOMMEN<br />
VERSTEUERN,<br />
DASS SIE GAR<br />
NICHT HABEN.<br />
STÄNDRAT UND<br />
WAK-PRÄSIDENT<br />
PIRMIN BISCHOF<br />
FRAGE DER STEUERGERECHTIGKEIT<br />
Der Systemwechsel ist eng mit der Frage der Steuergerechtigkeit<br />
verbunden. Und diese ist nur politisch zu<br />
beantworten. Wie es scheint, wird von den verschiedenen<br />
Interessenvertretern nur eine Lösung als gerecht empfunden,<br />
wenn die eine Gruppe gegenüber der anderen<br />
nicht besser- oder schlechtergestellt wird bzw. wenn die<br />
Steuereinnahmen unverändert bleiben. Dies bedeutet,<br />
dass der Status-quo auf anderer gesetzlichen Grundlage<br />
erreicht werden müsste. Wirtschaftlich resultiert aus einer<br />
solchen Änderung der Rechtsgrundlage kein direkter<br />
wirtschaftlicher Nutzen, höchstens ein emotionaler und<br />
administrativer. Die Frage der Steuergerechtigkeit wird<br />
darum in der nun folgenden Debatte im Zentrum stehen.<br />
Die Linke und Mietervertreter spielen die Karte immer<br />
dann, wenn keine sachlichen Argumente mehr helfen. In<br />
Volksabstimmungen sticht dieser Trumpf praktisch immer.<br />
Den Befürwortern eines Systemwechsel sei darum<br />
geraten, das Fuder nicht zu überladen. Mit jeder Ausnahmeregelung<br />
wird zudem das System schwerfälliger,<br />
administrativ aufwendiger und intransparenter.<br />
WIRTSCHAFTLICHE ÜBERLEGUNGEN<br />
Es gibt durchaus auch ökonomische Aspekte, die in<br />
der Diskussion berücksichtigt werden sollten. So schlägt<br />
die Schwankung des Hypothekarzinses unter dem neuen<br />
Regime voll auf das Portemonnaie des Wohneigentümers<br />
durch, während die Zinsbelastung im heutigen<br />
System durch die Aufrechnung von Eigenmietwert und<br />
Schuldzinsabzug gemildert wird. Sind die Zinsen tief,<br />
profitieren die Eigentümer von einem Systemwechsel<br />
tendenziell. Sind sie hoch, verlieren die Eigentümer im<br />
Schnitt. Der Bundesrat geht davon aus, dass der «Break<br />
even» für seine Steuereinnahmen des Bundes bei einem<br />
Hypothekarzinssatz von 3% liegt.<br />
Grössere Schwankungen und damit grössere Be- und<br />
Entlastung bedeuten aber auch, dass die Tragbarkeit<br />
von Wohneigentum grösseren Schwankungen unterworfen<br />
ist, dass die Banken ihre Anforderungen überdenken<br />
und dass damit der Wohneigentumsmarkt beeinflusst<br />
wird. Tiefe Zinsen dürften die Nachfrage<br />
stärker befeuern, während hohe Zinsen die Nachfrage<br />
stärker bremst als bisher.<br />
Wird ein Systemwechsel mehr Eigentümer zur<br />
Amortisation der Hypothekarschuld motivieren? Auf<br />
den ersten Blick ist diese Frage zu bejahen. Es ist aber zu<br />
bedenken, dass damit mehr Eigenkapital im Wohneigentum<br />
gebunden wird und nicht mehr für den Konsum<br />
– zum Beispiel im Alter – zur Verfügung steht. Aus dieser<br />
Warte ist eine Amortisation nicht sinnvoll. Die Rechnung<br />
wird jeder Eigentümer für sich machen müssen.<br />
*IVO CATHOMEN<br />
Dr. oec. HSG, ist Herausgeber der<br />
Zeitschrift Immobilia.<br />
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IMMOBILIA / Februar <strong>2019</strong>