immobilia 2019/02 - SVIT
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
IMMOBILIENRECHT<br />
BUNDESGERICHTSENTSCHEID<br />
FORMALITÄTEN<br />
BEI MÄNGELRÜGEN<br />
Ein neuerer Bundesgerichtsentscheid<br />
führt einmal mehr<br />
vor Augen, dass die Nichtbeachtung<br />
der notwendigen<br />
Formalitäten bei einer<br />
Mängelrüge schmerzhafte<br />
Konsequenzen haben kann.<br />
TEXT—CHARLES GSCHWIND*<br />
Eine allgemeine<br />
Aussage des Bauherrn,<br />
er sei unzufrieden<br />
mit einem<br />
Werk, genügt nicht.<br />
BILD: 123RF.COM<br />
GRUNDSÄTZLICHES ZUR GELTEND-<br />
MACHUNG VON MÄNGELANSPRÜCHEN<br />
Im vorliegenden Fall aus dem Kanton Neuenburg<br />
ging es um eine Klage eines Bauherrn gegen ein Bauunternehmen<br />
betreffend mutmasslicher Mängel an einem<br />
unterirdischen Parkhaus.<br />
Im Mai 1997 hatten der Bauherr X AG und der Unternehmer<br />
Y AG einen Generalunternehmervertrag<br />
betreffend die Beurteilung, Planung und Realisierung<br />
eines grösseren unterirdischen Parkhauses mit insgesamt<br />
429 Parkplätzen abgeschlossen. Die Abnahme des<br />
Werks erfolgte am 29. Juli 1999.<br />
Im April 2003 beauftragte der Bauherr sodann den<br />
Experten M AG, ein Gutachten zum Zustand des Parkhauses<br />
zu erstellen. Hintergrund dieses Auftrags war,<br />
dass in der Vergangenheit verschiedene Undichtigkeiten<br />
sowie Risse zum Vorschein gekommen waren. Der<br />
Bauherr wollte Klarheit über mögliche Mängel schaffen,<br />
mit dem Ziel, diese noch vor Ablauf der (5-jährigen) Rügefrist<br />
geltend machen zu können.<br />
Am 21. November 2003 übermittelte der Experte<br />
dem Bauherrn seinen ersten provisorischen Bericht,<br />
ALLE INDIVIDU-<br />
ELLEN MÄN-<br />
GEL MÜSSEN<br />
IN DER RÜGE<br />
UMSCHRIEBEN<br />
WERDEN.<br />
in welchem er grössere Mängel, namentlich Undichtigkeiten<br />
des Parkhauses und statische Probleme, beschrieb.<br />
Noch am selben Tag sandte der Bauherr dem<br />
Unternehmer ein erstes Schreiben. Im Schreiben, das<br />
den Titel «Mängelrüge» trug, bezog sich der Kläger auf<br />
den provisorischen Bericht der M AG und schrieb namentlich,<br />
es seien schwerwiegende Mängel der Statik<br />
zum Vorschein gekommen, welche rasch behoben werden<br />
müssten, um die Stabilität der Struktur zu erhalten<br />
(«Elles indiquent de graves défauts qui devront être rapidement<br />
réparés si lˇon veut conserver lˇintégrité de la<br />
structure»). Erwähnenswert ist, dass der Bauherr demgegenüber<br />
die – im Expertenbericht ebenfalls erwähnten<br />
– Undichtigkeiten nicht explizit erwähnte.<br />
Am 23. November 2003 übermittelte der Experte<br />
dem Bauherrn seinen definitiven Bericht, welcher praktisch<br />
identisch mit dem provisorischen Bericht war. Einen<br />
Tag später leitete der Bauherr die Schlussfolgerungen<br />
des definitiven Berichts dem Unternehmer in einem<br />
weiteren Schreiben weiter und erwähnte, er werde ihn<br />
später kontaktieren, «um die Konsequenzen des Berichts<br />
zu besprechen». Auch dieses Mal erwähnte der<br />
38<br />
IMMOBILIA / Februar <strong>2019</strong>