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immobilia 2019/02 - SVIT

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BAU & HAUS<br />

BETON- UND MAUERWERKSBAU<br />

SUBTILE<br />

ERWEITERUNG<br />

Die Bündner Winzer haben am<br />

Dorfrand von Jenins ihr Weinund<br />

Gourmetlokal zu einem<br />

überregionalen Weinbaumuseum<br />

und zur Begegnungsstätte<br />

erweitert und ausgebaut – zum<br />

«Haus des Bündner Weins».<br />

TEXT—ANGELO ZOPPET-BETSCHART*<br />

Der schlichte<br />

Neubau aus gestocktem<br />

und<br />

grau eingefärbtem<br />

Sichtbeton<br />

wächst<br />

pragmatisch<br />

und signifikant<br />

aus dem alten<br />

Torkel heraus.<br />

BILD: ZVG<br />

MITTEN IM BÜNDNER WEINBAUGEBIET<br />

Am westlichen Dorfrand von Jenins steht ein altes,<br />

unscheinbares Gebäude. Inmitten der sanft abfallenden<br />

Rebberge des Weinbaugebiets der Bündner Herrschaft,<br />

in landschaftlich exponierter Lage. Der Bündner<br />

Weinbauverein war Ende der 1960er Jahre auf der<br />

Suche nach einem geeigneten Gebäude für ein Weinschaulager<br />

seiner Mitglieder, wo man diese Weine<br />

auch probieren konnte – also eine kleine Wirtschaft<br />

dazu. Beim «Alten Torkel» in Jenins, ein grau verputztes,<br />

zweigeschossiges Steinhaus wurde man fündig.<br />

Die schon damals innovativen Bündner Weinbauern<br />

kauften 1968 den Alten Torkel. Sie bauten ihn in Fronarbeit<br />

um, und sie schafften auch ein hölzernes Ungetüm<br />

aus Chur herbei: eine historische Baumpresse aus<br />

dem Jahre 1722.<br />

Ab Mitte der 1970er Jahre empfing und bewirtete<br />

man Gesellschaften und Gruppen. Den Betrieb führten<br />

die Weinbauern und vor allem ihre Frauen im Nebenamt.<br />

In den folgenden zwanzig Jahren entwickelte sich<br />

der Alte Torkel Jenins zu einem Geheimtipp für frohes<br />

Zusammensitzen, Essen und Trinken. In dieser Zeit<br />

entfalteten sich Verein und seine Weine prächtig. Einige<br />

der Weine des inzwischen über 300 Mitglieder zählenden<br />

Vereins gehören zu den besten des Landes. Die<br />

als Besenbeiz geführte Wirtschaft mit Weinschaulager<br />

war längst mehr als das und genügte in vielerlei Hinsicht<br />

nicht mehr. Der Weinbauverein beschloss kurz<br />

vor der Jahrhundertwende, seine «Weinstube zum Alten<br />

Torkel» in ein professionell geführtes Gasthaus<br />

umzuwandeln. Zudem genügte die Infrastruktur mit<br />

einer einfachen und viel zu kleinen Küche den heutigen<br />

Anforderungen nicht mehr. Und so kam es, wie es kommen<br />

musste: Der Bündner Lebensmittelinspektor verlangte<br />

anfangs 2011 ultimativ bauliche Anpassungen.<br />

HIER STELLEN<br />

WIR DIE LOKALE<br />

REBBAUKULTUR<br />

DAR UND MA-<br />

CHEN SIE IN<br />

IHRER GANZEN<br />

VIELFALT<br />

ERLEBBAR.<br />

FRANCISCA OBRIST,<br />

WEINGUT ZUR SONNE,<br />

JENINS<br />

PROJEKTWETTBEWERB FÜR<br />

PROBLEMLÖSUNG<br />

Ex-Präsidentin Francisca Obrecht des inzwischen<br />

zu «Graubünden Wein» umbenannten Branchenverbandes:<br />

«Wir hatten also das Messer am Hals und mussten<br />

handeln – und zwar rasch. Wir baten den Bündner<br />

Heimatschutz um Hilfe und fanden rasch zusammen.»<br />

Schon im Sommer 2011 lancierte man einen Wettbewerb<br />

und lud vier Architekturbüros ein. Das für sanften<br />

Umgang mit bestehender Bausubstanz weit herum<br />

bekannte Churer Architekturbüro von Pablo Horvath<br />

gewann den ersten Preis mit Empfehlung zur Weiterentwicklung.<br />

Das Beurteilungsgremium lobte den einfachen<br />

und klaren Bezug, mit der Horvath das Neue<br />

zum Alten setzt. Es entstehe etwas Neues, zusammenhängend<br />

und nicht einfach aneinandergereiht.<br />

Der schlichte Neubau aus gestocktem und grau eingefärbtem<br />

Sichtbeton wächst pragmatisch und doch<br />

irgendwie signifikant aus dem alten Torkel heraus.<br />

Das zeigt sich besonders am quadratischen Holzfenster<br />

und am in die Fassadenfront eingebundenen, kaminartigen<br />

Aufsatz, in dem die Lüftungsanlage über<br />

Dach führt. Das verleiht dem zurückhaltenden Anbau<br />

ein unverwechselbares Profil. Der zum Strassenverlauf<br />

nur leicht abgeknickte Neubau lässt nun einen<br />

kleinen Vorplatz zu. Der feine Anbau lehnt sich in<br />

Form und Konstruktion an den alten Torkel: Massivbau<br />

und oben drauf ein Satteldach. Dazu Architekt Pablo<br />

Horvath: «Für mich war von Anfang an klar, dass<br />

die Erweiterung nicht im Sinne eines Kontrastes oder<br />

einer Ins zenierung sein kann und darf, sondern in einem<br />

pragmatischen Weiterbauen und Verschmelzen.<br />

Dieses Weiterbauen an der alten, bestehenden Architektur<br />

wirkt deshalb nicht unzeitgemäss, sondern vielmehr<br />

zeitlos.»<br />

40<br />

IMMOBILIA / Februar <strong>2019</strong>

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