immobilia 2019/02 - SVIT
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />
BENCHMARKING-COCKPIT<br />
OPTIMIERTE<br />
RETAILLIEGEN-<br />
SCHAFTEN<br />
Das Benchmarking-Cockpit<br />
ist ein Instrument, mit dem<br />
Objektmanager die Kosten<br />
und die Performance von Retailliegenschaften<br />
auf einen<br />
Blick vergleichen können.<br />
TEXT—MARTIN DIEM*<br />
VERGLEICHBARE<br />
GESCHÄFTSMODELLE<br />
Der Betrieb von Liegenschaften kostet –<br />
über den ganzen Lebenszyklus hinweg betrachtet<br />
– viel Geld. Insbesondere im Detailhandel<br />
mit vielen unterschiedlichen<br />
Standorten trägt der Vergleich von Kosten<br />
und Qualität dazu bei, die Leistungen des<br />
Center-, Objekt- und Facility-Managements<br />
laufend zu überprüfen und – wenn notwendig<br />
– zu verbessern. Ein Instrument, das<br />
rasch einen umfassenden Überblick vermitteln<br />
kann, ist ein Benchmarking-Cockpit.<br />
Voraussetzung für den Aufbau eines<br />
Benchmarking-Cockpits sind einigermassen<br />
stabile und vergleichbare Geschäftsmodelle<br />
und -prozesse – sowohl bei grossen<br />
Einkaufscentern als auch bei mittleren<br />
und kleineren Standorten. Schon zu Beginn<br />
muss entschieden werden, ob das Cockpit<br />
dem internen Vergleich von Kennzahlen<br />
dienen soll oder auch ein externes Benchmarking<br />
mit ähnlichen Marktportfolios angestrebt<br />
wird. Im Markt sind gut standardisierte<br />
Kennzahlen für Retailimmobilien<br />
allerdings nur beschränkt verfügbar. Spezielle<br />
branchenspezifische Benchmarks<br />
müssen daher zusammen mit Mitbewerbern<br />
zuerst definiert und aufgebaut werden,<br />
wie z. B. der Stromverbrauch bei Gastroflächen<br />
für Lüftung und Klimatisierung<br />
oder ähnliches.<br />
UNTERSCHIEDLICHE<br />
INTERESSEN KLÄREN<br />
Weitere Faktoren, die schon am Anfang<br />
festgelegt werden müssen, sind die Zielgruppen<br />
und deren Interessen am Cockpit<br />
sowie die Verwendung der Daten in Prozessen<br />
und Geschäftsentscheidungen. Nur<br />
wenn diese Fragen geklärt sind, können die<br />
«richtigen» Antworten abgeleitet werden.<br />
Betreiber, d. h. Facility-Service-Provider<br />
interessieren sich vor allem für allgemeine<br />
Flächen einschliesslich Mall-Bereich und<br />
den Betrieb der «Core und Shell» (Dach<br />
und Fach)-Infrastruktur. Das Augenmerk<br />
der Nutzer und Mieter liegt auf den Nutzflächen<br />
– Verkauf, Gastronomie, Entertainment<br />
und Bildung – und den damit verbundenen<br />
Mieterausbauten. Eigentümer von<br />
Retailliegenschaften hingegen bevorzugen<br />
zunehmend integrierte Cockpit-Sichten,<br />
die auf Marktkennzahlen sowie Standortpotenzial,<br />
Umsatz sowie Miet- und Betriebskosten<br />
basieren. Viele Kennzahlen<br />
des Benchmarking-Cockpits werden auf<br />
den Flächenbaum der Standorte bezogen.<br />
So ist etwa der erzielte Umsatz pro Quadratmeter<br />
Verkaufsfläche eine zentrale<br />
Kennzahl des Detailhandels. Neben diesem<br />
Flächenbezug sind aber auch Ertrags- und<br />
Kostenkennzahlen in Relation zu Kundenfrequenzen<br />
üblich und wichtig.<br />
EIGENTÜMER<br />
KENNEN HEUTE<br />
DEN HOHEN WERT<br />
VOLLSTÄNDIGER,<br />
AKTUELLER UND<br />
KORREKTER<br />
IMMOBILIEN-<br />
DATEN UND<br />
-KENNZAHLEN.<br />
Unternehmen verfügen häufig über viele<br />
Daten, aber in unzureichender Qualität.<br />
Sie müssen daher einerseits für das Benchmarking-Cockpit<br />
verbessert werden, anderseits<br />
ist ein Datenmanagement-Verfahren<br />
aufzusetzen, das eine gleichbleibend<br />
hohe Qualität der benötigten Daten für die<br />
Zukunft sicherstellt. Sind die Kennzahlen<br />
im Cockpit aufgrund ungenügender Datenqualität<br />
nicht belastbar, haben sie keine<br />
Chance, von den verantwortlichen Centerund<br />
Objektmanagern als Steuerungsgrösse<br />
akzeptiert zu werden. Neuere statistische<br />
Verfahren können auch mit unvollständigen<br />
und widersprüchlichen (Big Data)<br />
Kennzahlen arbeiten und insbesondere<br />
Aussagen zu zukünftigen Trends machen.<br />
Diese nicht deterministischen Verfahren<br />
werden aber von den operativen Fachbereichen<br />
noch mit grosser Skepsis genutzt.<br />
MEHRDIMENSIONALE SICHT<br />
VERSUS MACHBARKEIT,<br />
KOSTEN UND ZEIT<br />
Der Aufbau eines Cockpits ist eine typische<br />
Projektaufgabe. Um rasch erste visuelle<br />
Eindrücke des Cockpits zu vermitteln,<br />
eignen sich iterative Verfahren wie Prototyping<br />
oder Scrum-Sprints, die auf vereinfachten<br />
Entwicklungsdaten aufbauen.<br />
Wichtig ist, dass in dieser Phase die Sicht<br />
der zukünftigen Nutzer einfliesst: Neben<br />
den für den Betrieb der Retailstandorte<br />
verantwortlichen Objekt- und Centermanagern<br />
können dies auch Portfolio-, Assetund<br />
Property Manager sowie Verkaufsund<br />
Marketingspezialisten sein. Grosse<br />
interdisziplinäre Projekte bergen aber die<br />
Gefahr, in der Komplexitätsfalle zu enden.<br />
Deshalb ist der Aufbau eines Cockpits auch<br />
22<br />
IMMOBILIA / Februar <strong>2019</strong>