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Freilauf - Magazin für Fahrradkultur - Ausgabe 2019

So beginne ich meinen Arbeitstag, denn ich habe mir mit meiner Arbeit einen Traum erfüllen dürfen. „freilauf“ zu produzieren ist, wie ein Abenteuer zu erleben. Jeder Tag, an dem wir an diesem Magazin gearbeitet haben, war für eine Überraschung gut. Die Print-Ausgabe ist leider schon ausverkauft!

So beginne ich meinen Arbeitstag, denn ich habe mir mit meiner Arbeit einen Traum erfüllen dürfen.
„freilauf“ zu produzieren ist, wie ein Abenteuer zu erleben. Jeder Tag, an dem wir an diesem Magazin gearbeitet haben, war für eine Überraschung gut.

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Nummer 2<br />

freilauf<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Fahrradkultur</strong><br />

Preis: 9,80 Euro


Chester.<br />

That‘s my style.<br />

#lovemygreens<br />

EMPFEHLUNG<br />

SEHR GUT<br />

40 im Test: 21 sehr gut<br />

1-2/<strong>2019</strong><br />

Batavus Bäumker GmbH<br />

Oldenburger Str. 4 • 48429 Rheine<br />

Tel.: 05971-86010 • www.greens-bikes.de


„IMMER EIN LÄCHELN AUF DEN LIPPEN“<br />

So beginne ich meinen Arbeitstag, denn ich habe mir mit meiner<br />

Arbeit einen Traum erfüllen dürfen.<br />

„freilauf“ zu produzieren ist, wie ein Abenteuer zu erleben. Jeder<br />

Tag, an dem wir an diesem <strong>Magazin</strong> gearbeitet haben, war <strong>für</strong> eine<br />

Überraschung gut. So stellte sich bei einem Telefonat mit meinem<br />

Cousin Martin heraus, dass genau jener Manuel Bär, über den wir<br />

einen Artikel seiner handgefertigten Schuhe machen wollten, ein<br />

ehemaliger Schüler von ihm war. Was könnte es also Schöneres<br />

geben, als den Artikel über den Schüler vom Lehrer machen zu<br />

lassen.<br />

Natürlich sind wir auch wieder auf der Suche nach Kunst rund<br />

ums Fahrrad fündig geworden. Ob Maler oder Bildhauer, das<br />

Thema Fahrrad scheint <strong>für</strong> Künstler geradezu unerschöpfliche Inspirationen<br />

zu haben. So haben wir, mit Rachel Petruccillo, Javier<br />

Lampreave, Ashvin Harrison und Horst Brozy, vier Künstler in<br />

diesem Heft, deren Passion das Malen ist, jedoch jeder von ihnen<br />

hat einen unverwechselbaren Stil.<br />

Mit Agnelli Milano stellen wir Euch einen Meister des Fahrradbaus<br />

vor, jede Kreation ist einzigartig und unwiederholbar, das<br />

Ergebnis von Phantasie. Alexander Nils erfüllte sich seinen Traum<br />

vom ganz besonderen Rad, er baute sich aus Holz ein beeindruckendes<br />

Fahrradunikat. Auch Sebastian Beutler ist, mit seinen aus<br />

Schrott gefertigten Spezialbauten, einer jener Fahrradbauer, die<br />

ihrer Phantasie freien Lauf lassen.<br />

TITELBILD: KOSUKE MASUDA<br />

Was haben Schokolade und Fahrradfahren miteinander zu tun?<br />

Unsere Reportage - Der lange Weg der Schokolade - wird es Euch<br />

auf eine schöne und abenteuerliche Weise verraten. Zudem entführen<br />

wir Euch in die fantastische Landschaft Norwegens, das Land<br />

der Berge und tief eingeschnittenen Fjorde, der Mitternachtssonne<br />

und Polarlichter.<br />

Mit dem Fahrrad quer durch den amerikanischen Kontinent - Im<br />

August 2018 machte sich der Extremsportler Jonas Deichmann<br />

auf die 23.000 Kilometer lange Reise, von der arktischen Küste<br />

in Alaska nach Ushuaia am südlichsten Ende Argentiniens. Lasst<br />

Euch auf 8 Seiten von seiner Geschichte fesseln.<br />

Nur wenige Deutsche haben im Bereich Mountainbike einen großen<br />

Namen. Wolfgang Renner ist einer von Ihnen. Er schaffte es<br />

in die „Hall of Fame des Mountainbike“. Lest hier seine unglaubliche<br />

Story als Sportler und Pionier des Mountainbikes.<br />

Den Titel ziert eines der wunderbaren Bilder des japanischen<br />

Künstlers Kosuke Masuda, den wir mit ein paar seiner Werke bereits<br />

in der ersten <strong>Ausgabe</strong> von „freilauf“ vorstellten. Wir bedan-<br />

ken uns ganz herzlich <strong>für</strong> die Nutzungsrechte und wünschen<br />

ihm auf diesem Weg noch viel Erfolg mit seinen Gemälden.<br />

Mein besonderer Dank gilt allen Mitarbeitern und Autoren<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong>. Zuletzt möchte ich mich noch bei allen bedanken,<br />

die es mit ihrer Unterstützung bei unserem Crowdfunding<br />

möglich gemacht haben, dass diese <strong>Ausgabe</strong> von „freilauf“<br />

produziert werden konnte.<br />

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und würde mich freuen,<br />

wenn ihr Eure Kritik, sowohl positiv wie auch, wenn es<br />

sein muss, negativ - getreu dem Motto von „freilauf“ - freien<br />

Lauf lassen würdet.<br />

JOHANN FINK, HERAUSGEBER


INHALT<br />

25<br />

66<br />

06 AUSDRUCKSSTARK<br />

Die Künstler Ashvin Harrison, Javier lampre<br />

ave und Rachel Petruccillo bezaubern mit<br />

ihren Bildern nicht nur die Radwelt<br />

20 EIN BEWEGTES LEBEN<br />

Centurion-Gründer Wolfgang Renner ist ein<br />

Urgestein der deutschen Fahrradindustrie.<br />

Ein erfolgreicher Unternehmer und Sportsmann<br />

mit Vorwärtsdrang und Bodenhaftung<br />

28 ITALIENISCHES DESIGN<br />

Luca Agnelli kreiiert spezielle, elegante<br />

E-Bikes mit individueller Note und<br />

außergewöhnlichen Kombinationen<br />

36 HINGUCKER AUS HOLZ<br />

Mit 200 Einzelteilen, Handwerksgeschick und<br />

Fingerspitzengefühl zum Fahrradunikat<br />

42 GLÄNZENDE IDEE<br />

Edler Rucksack mit Rundumreflektor<br />

44 SCHOKOLADENTRAUM<br />

Schokolade vom Feinsten, kompromisslos<br />

echt, pur und rein, mit Rad und Boot importiert<br />

52 EINBLICKE<br />

Rad sportprofi Phil Gaimon über seine<br />

Jahre im Peloton<br />

56 SPICE UP YOUR LIFE<br />

„Würzburger“ von Tune<br />

58 WERTSTOFF SCHROTT<br />

Der Künstler Sebastian Beutler modelliert<br />

sagenhafte Fahrzeuge aus Altmetallen<br />

64 RAD-RENAISSANCE<br />

Mit dem Modell Bradford bringt Green`s<br />

die Mixt-Bauweise wieder auf die Radwege<br />

66 AUF WICKYS SPUREN<br />

Norwegen, das reizvolle Land der Berge und<br />

Fjorde, fasziniert auch abenteuerlustige<br />

Radurlauber<br />

04


92<br />

100<br />

74 LICHT GESTALTEN<br />

Für den Künstler Bastian Becker ist Licht nicht<br />

gleich Licht. Mit Kreativität und Raffinesse verhilft<br />

er Fahrradketten zu ganz neuem Glanz<br />

70 STADTVERKEHR<br />

Strida – Mit dem leichten kompakten Design-<br />

Faltrad komfortabel durch den Großstadtdschungel<br />

„tigern“<br />

80 WELTREKORD<br />

23 000 Kilometer mit dem Rad – von der<br />

arktischen Küste in Alaska nach Ushuaia am<br />

südlichsten Ende Argentiniens<br />

90 FEINE SCHUHE<br />

Manuel Bär ist radbegeisterter Schuhmacher.<br />

Seine Modelle passen aufs Fahrradpedal<br />

und ins Büro<br />

98 ROAD PLUS BIKE<br />

Das Modell HVRT CF Zero kombiniert hochwertige<br />

Komponenten und edles Design<br />

100 MIT LEIDENSCHAFT<br />

Ob Kunst, Radsport oder soziales Engagement<br />

– Der Künstler Horst Brozy blickt gern<br />

über den Tellerrand hinaus<br />

106 SMARTE FUNKTION<br />

Mehr als ein Kinderfahrradanhänger – Der<br />

Enso von Leggero<br />

108 GRAVELBIKE<br />

Crossräder <strong>für</strong> Overroadfans<br />

114 FASZINATION FAHRRAD<br />

In der Radwelt findet Künstler<br />

Kosuke Masuda Inspirationen<br />

116 GOSPEL TRAIL<br />

Unterwegs in Israel –<br />

rund tausend Kilometer quer durchs Land,<br />

vorbei an Pilgern und Reliquien<br />

122 VORSCHAU / IMPRESSUM<br />

05


SCHÖNHEIT<br />

DER<br />

KOHLE<br />

ASHVIN HARRISON<br />

Ashvin Harrison hat schon in<br />

vielen Städten gelebt und<br />

verschiedenartigste Jobs ausprobiert.<br />

Doch die Kunst hat<br />

ihn niemals losgelassen. Wenn<br />

sein Zeitplan es nicht anders<br />

zuließ, malte und zeichnete er<br />

nachts und an den Wochenenden.<br />

Dann begann er seine<br />

Bilder online zu verkaufen ...<br />

06


7


Seit 2012 ist Ashvin Harrison regelmäßig künstlerisch<br />

tätig. Die Kunst ist <strong>für</strong> ihn eine Art, die Trauer über verlorene<br />

Menschen zu bewältigen. Er braucht sie, um sich<br />

glücklich zu fühlen und das Negative in seinem Leben zu<br />

überwinden. Jobs hat der in der Arbeiterstadt Elisabeth<br />

in Südaustralien geborene Künstler viele ausprobiert.<br />

Unter anderem war er als Lehrer und <strong>für</strong> Google Maps<br />

in Australien tätig. Der Tod seines Großvaters war ein<br />

einschneidendes Erlebnis in Ashvin Harrisons Leben, das<br />

ihn völlig aus der Bahn warf. Um seine Trauer zu bewältigen,<br />

malte er nach der Arbeit jede Nacht. Er widmete sich<br />

immer mehr der Kunst und begann, seine Werke online zu<br />

verkaufen. Der Erfolg war durchschlagend. Ashvin Harrison<br />

war überrascht, wie sehr die Menschen mochten, was<br />

er malte, und bereit waren, da<strong>für</strong> auch Geld auszugeben.<br />

Entgegen dem Rat vieler beschloss er zu diesem Zeitpunkt,<br />

sich in erster Linie der Kunst zu widmen. Heute<br />

malt und zeichnet der Australier jeden Tag <strong>für</strong> Menschen<br />

auf der ganzen Welt. Kunstsammler in über 20 Ländern<br />

besitzen Werke des Künstlers. In seinen Bildern, die zwischen<br />

Photorealismus, Expressionismus, Abstraktion und<br />

Street Art changieren, bringt Ashvin Harrison Emotion<br />

und Bewegungen zum Ausdruck. Sein Ziel ist es, in seiner<br />

Kunst das Positive festzuhalten, die Schönheit der Natur,<br />

die Harmonie der Farben und Formen.<br />

www.ashvinharrison.com<br />

Bilder: Ashvin Harrison; Text: Cornelia Bubb<br />

9


INSPIRATION<br />

SPORT<br />

JAVIER LAMPREAVE<br />

Seine beiden großen Leidenschaften<br />

– die Kunst und den<br />

Sport – zu vereinen, das ist der<br />

Antrieb von Javier Lampreave.<br />

Seine Bilder sind vor allem von<br />

Sportarten inspiriert, die er<br />

selbst ausübt und die ihn faszinieren.<br />

In seinen Werken versucht<br />

der spanische Künstler<br />

Momente, Bewegungen und<br />

Empfindungen einzufangen.


11


Schon seit seiner Kindheit interessiert sich Javier<br />

Lampreave <strong>für</strong> Kunst und Design. Malen und Zeichnen<br />

waren <strong>für</strong> den 1982 in Saragossa geborenen Künstler<br />

schon immer ein Mittel, seine Gefühle auszudrücken.<br />

So verwundert es nicht, dass der ausgebildete Diplomingenieur<br />

im Grunde genommen Autodidakt ist.<br />

Sein bevorzugtes Material ist Papier, seine favorisierten<br />

Techniken sind Holzkohle, Tinte und Aquarell.<br />

Dabei lässt er die Grenzen von Realismus und Fantasie<br />

verschmelzen. Die unberechenbare Natur der von ihm<br />

verwendeten Aquarell-Technik erweckt seine Bilder<br />

zum Leben. Das Radfahren ist in Javier Lampreaves<br />

Werk immer präsent, denn es ist die Sportart, die ihm<br />

am meisten Spaß macht. Sie transportiert ihn in andere<br />

Welten und Szenarien, sie verbindet ihn mit der Natur<br />

und dem eigenen Selbst. „Ich praktiziere Triathlon und<br />

andere Bergsportarten“, sagt der Künstler, „doch das<br />

Radfahren ist ohne Zweifel mein Lieblingssport. Es ist<br />

eine Projektion meiner eigenen emotionalen Welt.“<br />

Der Kontakt mit der Natur ist ihm wichtig. Obwohl sein<br />

Hauptziel darin besteht, Spaß zu haben und sich fit zu<br />

halten, nimmt der Spanier alljährlich an verschiedenen<br />

Wettbewerben teil, die er als persönliche Herausforderung<br />

betrachtet. „Manchmal träume ich davon, bei<br />

Events wie Kona IronMan, Titan Desert oder UTMB<br />

mitzumachen“, erklärt der sportliche Künstler. „Diese<br />

Veranstaltungen und ihre Athleten sind es, die meine<br />

Bilder inspirieren.“<br />

javierlampreave.blogspot.com<br />

Bilder: Javier Lampreave; Text: Cornelia Bubb<br />

13


&<br />

SCULPTURE<br />

PRINT<br />

RACHEL PETRUCCILLO<br />

Die Amerikanerin Rachel<br />

Petruccillo malt und zeichnet<br />

Schauplätze, Menschen,<br />

Gesichter. Sie versucht, Momentaufnahmen<br />

festzuhalten<br />

und verborgene Emotionen<br />

einzufangen. Mit großer<br />

Leidenschaft fertigt sie auch<br />

Bilder von Radfahrern. Was<br />

sie besonders fasziniert ist die<br />

Schönheit des Radfahrens und<br />

der Blick auf die Dinge aus einer<br />

völlig anderen Perspektive.<br />

15


&SCULPTURE<br />

PRINT<br />

Über sich selbst sagt die Künstlerin, die nach ihrem<br />

Abschluss der Kunstakademie lange in New York<br />

lebte: „Ich habe mich die meiste Zeit meines Lebens<br />

mit Kunst beschäftigt.“ Während ihres Studiums<br />

konzentrierte sich Rachel Petruccillo vor allem<br />

auf Skulpturen und Print. Die Begeisterung <strong>für</strong><br />

das Radfahren und die Angewohnheit, die großen<br />

Radrennen alljährlich im Fernsehen zu verfolgen,<br />

übernahm die Amerikanerin von ihrem Vater.<br />

Als sie 2017 das Rennen Paris-Nizza im Fernsehen<br />

verfolgte, beschloss sie, einen Radfahrer zu<br />

porträtieren. So kam es, dass sie ihre Liebe zum<br />

Radfahren mit ihrer kreativen Arbeit verband. Ihr<br />

Werk verbreitete sich rasch über Instagram und<br />

begeisterte Radfahrer in Nord-Amerika und Europa.<br />

Heute arbeitet die vielseitige Künstlerin auch<br />

an vielen anderen Projekten rund ums Radfahren.<br />

Gefragt, was das Radfahren <strong>für</strong> sie bedeutet, erklärt<br />

die Amerikanerin: „Es ist das Gefühl von Freiheit<br />

und die Möglichkeit, die Dinge im Fahrrad-Tempo<br />

zu entdecken. Ich liebe es, wenn meine Gedanken<br />

fliegen, und die Vorfreude, eine Straße zum ersten<br />

Mal zu fahren. Oder den Wechsel der Jahreszeiten<br />

und das Spiel von Licht und Schatten zu betrachten.<br />

Es inspiriert mich, die Elemente zu spüren und die<br />

Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Die<br />

Fans faszinieren mich ebenso wie die Rennen, und<br />

manchmal male ich Szenen, welche die Zuschauer<br />

und die allgegenwärtige Atmosphäre visualisieren.“<br />

www.rpetru.com<br />

Bilder: Rachel Petruccillo; Text: Cornelia Bubb<br />

17


018


„ Lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich<br />

vom Radfahren halte. Ich denke, es hat<br />

mehr zur Emanzipation der Frauen beigetragen<br />

als alles andere auf der Welt.<br />

Es gibt Frauen ein Gefühl von Freiheit<br />

und Selbstständigkeit.<br />

Ich stehe auf und freue mich jedes Mal,<br />

wenn ich eine Frau auf einem<br />

Rad vorbeifahren sehe.“<br />

Susan B. Anthony<br />

Susan B. Anthony war eine US-amerikanische Sozialreformerin und Frauenrechtsaktivistin,<br />

die eine herausragende Bedeutung in der Frauenwahlrechtsbewegung hatte.<br />

Sie lebte von 1820 bis 1906.


SOUP<br />

Centurion-Gründer Wolfgang<br />

Renner ist ein Urgestein der<br />

deutschen Fahrradindustrie,<br />

er hat Pionierleistungen<br />

erbracht und ist nach wie<br />

vor ein höchst sportlich<br />

bikender Weltenbummler.<br />

Wir sprachen mit<br />

ihm über das Geheimnis<br />

seines Erfolgs.<br />

» NEID<br />

MUSST DU DIR ERARBEITEN,<br />

MITLEID<br />

KRIEGST DU GESCHENKT! «


LESSE<br />

OBLIGE<br />

DAS GEHEIMNIS MEINES ERFOLGS<br />

Den allumfassenden Leitspruch, der als Motto<br />

hinter seinem Werdegang – oder besser:<br />

seinen Werdegängen – stehen könnte,<br />

schreibt Wolfgang Renner zum Abschied in<br />

das Fotobuch, das er mir schenkt. Es ist ein<br />

bekannter Spruch des leidenschaftlichen Radfahrers Albert<br />

Einstein: „Das Leben ist wie ein Fahrrad! Man muss sich<br />

vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“<br />

Das Fotobuch hat Wolfgang Renner aus Anlass seines<br />

60. Geburtstags gefertigt, und er lässt darin mit viel Humor<br />

die wichtigsten Stationen seiner reichhaltigen Vita Revue<br />

passieren. Das Buch dokumentiert eindringlich, dass Renner<br />

den Einsteinschen Vorwärtsdrang in ganz unterschiedlichen<br />

Lebensbereichen – und dabei oft auch zeitlich parallel<br />

– verspürte. Und dass er als leidenschaftlicher Radsportler<br />

in allem stets sehr „zielstrebig“ zur Sache ging. Dabei waren<br />

auch – wie im Sport – teils herbe Niederlagen zu verkraften.<br />

Die aber sind sinnhaltiger Bestandteil des Rennerschen<br />

Universums: „Rückschläge gehören dazu; wer immer nur<br />

Erfolg hat, verliert die Bodenhaftung“, erklärt er, „aber das<br />

Ziel muss sein, nie ganz unten zu stehen, sondern immer<br />

das Podest im Blick zu haben.“ So die Lebensphilosophie<br />

eines Unternehmers – aus der Perspektive eines Sportlers.<br />

gebrochen, zwei Operationen, kein Geburtstagsfest.<br />

Wolfgang Renner hatte gegen eines seiner wichtigsten<br />

Prinzipien verstoßen: „Ich hatte zu wenig Respekt gezeigt –<br />

dem Trail gegenüber und der neuen Technik.“ Respekt ist<br />

<strong>für</strong> ihn eine Lebenshaltung, aber auch Firmenphilosophie:<br />

„Hab Respekt vor deinem Mitbewerber“, lautet einer seiner<br />

Grundsätze. Es ist <strong>für</strong> ihn, den oft Erfolgsverwöhnten,<br />

eine Bremse gegen Überheblichkeit, die Hybris, die er so<br />

manchen Top-Managern und Politikern ankreidet. Als ein<br />

dynamischer, daher manchmal ungeduldiger Mensch, ist<br />

er bemüht, sich immer wieder vor Augen zu halten, wo der<br />

Boden der Tatsachen ist und wie hart er sein kann – etwa in<br />

Südtirol. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass menschlicher<br />

Erfolg seine zeitlichen Begrenzungen hat: „Das ist wie beim<br />

Höhenbergsteiger. Du kannst nicht ewig in der Höhenluft<br />

leben“, weiß der begeisterte Bergfahrer.<br />

So gab es auch in seinem Leben ein gehörig Maß an Auf und<br />

Ab. Renners recht komplexe Vita ist geprägt von teils starken<br />

Kontrasten, die auf den ersten Blick so gar nicht unter<br />

einen Helm passen wollen – aber der Kopf darunter weiß sie<br />

durchaus zu vereinen. Kindheit, Ausbildung, Sport schmieden<br />

den Charakter; Karriere, Visionen, Abenteuer formen<br />

eine Persönlichkeit.<br />

Respekt ist die Basis<br />

Die Bodenhaftung verlieren: das ist auch ihm schon passiert.<br />

Etwa kurz vor seinem runden Geburtstag, und da in<br />

einem ganz wörtlichen Sinne: Bei einer rasanten Mountainbike-Abfahrt<br />

in Südtirol, die er unkonzentriert und hektisch<br />

in Angriff nahm, misslang ihm ein riskanter Sprung. Auf<br />

Forchen zapfen rutschte bei der Landung das brandneue,<br />

aber unzureichend abgestimmte Bike weg, er schlug hart auf<br />

der linken Gesichtshälfte auf: Jochbein und Orbida-Boden<br />

Erster Sieg<br />

Der mehrfache deutsche Crossmeister gewann sein erstes<br />

Rennen am 28.10.1947. Da kam er zwölf Minuten vor seinem<br />

Zwillingsbruder Jürgen auf die Welt. Die beiden waren<br />

ein – bisweilen ge<strong>für</strong>chtetes – Lausbuben-Duo, das sich<br />

manchmal zoffte, aber sonst auf seine Stärke im Doppelpack<br />

vertrauen konnte – mit Wolfgang als dem etwas älteren<br />

„Alphatier“ in einer frühen Führungsrolle, wobei in dieser<br />

Konstellation wohl stärker die Fähigkeit zum Teamwork<br />

021


gefördert wurde. Teamwork spielt in der heutigen Merida &<br />

Centurion Germany GmbH eine wichtige Rolle, wo der Chef<br />

seinen Mitarbeitern gerne Eigenverantwortung überträgt und<br />

sie in Entscheidungsprozesse einbindet.<br />

Mit elf Jahren beginnt <strong>für</strong> die Zwillingsbrüder eine besondere<br />

Art von Teamwork: Magstadt ist eine Hochburg der Kunstradfahrer;<br />

der Vater, früher selbst in der Szene aktiv, führt<br />

Wolfgang und Jürgen an diesen Sport heran. Und die Renner-<br />

Buben werden 1964 Deutsche Jugendmeister im Zweier-<br />

Kunstradfahren. Im nächsten Jahr schaffen sie es gleich<br />

wieder. Noch heute sind sie wegen dieser und weiterer Erfolge<br />

Legende. Doch auch eine andere Radtradition entwickelte<br />

sich in Magstadt: das Crossrennen. Den heranwachsenden<br />

Wolfgang Renner interessierte das. So sehr, dass er im Alter<br />

von 18 Jahren heimlich nach Paderborn fuhr, dort sein erstes<br />

Crossrennen bestritt und auf Anhieb Zweiter wurde. Der Vater<br />

erfuhr es am nächsten Tag aus der Zeitung. Er missbilligte das.<br />

Sohn Wolfgang musste eine Entscheidung treffen, und sie sollte<br />

ihn prägen. Da waren zum einen die elterlich sanktionierten<br />

Kunstrad-Erfolge, erkauft durch fünfmal pro Woche ausgiebiges<br />

Training in der Halle, „stets die gleiche Tristesse vor Augen“.<br />

Zum anderen ein aufblühender Radsport an der frischen<br />

Luft, der ihn begeisterte und <strong>für</strong> den er offenbar großes Talent<br />

hatte. Er entschied sich <strong>für</strong> Cross. Das aber bedeutete das Aus<br />

<strong>für</strong> die Vater-Sohn-Beziehung – auf immer. Der Vater kam nie<br />

zu einem Rennen, er gratulierte zu keinem Erfolg. Aber der<br />

Sohn blieb konsequent.<br />

Grundprinzip Konsequenz<br />

Auch im Geschäftsleben ist Konsequenz ein Grundprinzip seines<br />

Handelns. „Ziele konsequent zu verfolgen, das ist klar ein<br />

Erfolgsgeheimnis“, sagt er. Auch wenn es unangenehme Seiten<br />

hat: „Da kannst du nicht immer der Nette sein. Mein<br />

Freund Eddy Merckx hat an Mitarbeitern festgehalten,<br />

die gingen um drei Uhr zum Radfahren, und er hat sich<br />

im Geschäft Sorgen gemacht. So geht es nicht.“ Wobei er<br />

aber betont: „Erfolg muss immer auch noch menschlich<br />

sein, man darf ihn nicht um jeden Preis suchen.“<br />

Der junge Crosser suchte ihn vorerst bei Rennen. Denn er<br />

verließ das elterliche Zuhause und musste sich durchschlagen.<br />

Er finanzierte sein Leben durch Prämien, die<br />

er bei Rennen gewann. Über den zweiten Bildungsweg<br />

machte er Abitur, ein Attest über eine Achillessehnenentzündung<br />

und ein mit Durchsetzungsvermögen erkämpfter<br />

Studienplatz bewahrten ihn vor der Einberufung in<br />

die Bundeswehr. Konsequent zog er das Studium in der<br />

Regelstudienzeit durch.<br />

Diese Phase lehrte ihn sein Leben zu organisieren: „Zeit<br />

ist ein wertvolles Gut. Wenn ich morgens aufstehe, brauche<br />

ich einen Plan, auf den ich hinarbeiten kann. Und<br />

wenn viel ansteht, muss ich Prioritäten setzen und meine<br />

Zeit einteilen. Ich habe damals viel auf Lücke gelernt,<br />

weil ich ja auch noch trainieren musste, Prüfungen ablegen<br />

... Das ist alles nur eine Sache des Willens.“ Training<br />

allerdings brauchte er nicht übermäßig viel: „Mir sind<br />

die Rennfahrer-Gene in die Wiege gelegt. Das muss man<br />

einfach akzeptieren.“ Im Alter von nur zwanzig Jahren ist<br />

er Cross-DM-Zweiter, in den Folgejahren wird er dreimal<br />

hintereinander Deutscher Meister. 1972 rauben ihm in<br />

Prag zwei Platten die Chance, Weltmeister zu werden – er<br />

holt „nur“ Bronze. Noch heute, sagt er, können manche<br />

seiner Radkumpel das Doppelte und Dreifache trainieren<br />

und haben dann doch wieder keine Chance gegen ihn.


» TRAUERE NICHT<br />

ALTEN ZEITEN NACH,<br />

DENN ES KOMMEN<br />

ANDERE<br />

SCHÖNE ZEITEN. «<br />

023


Disziplin, Ordnung, Effizienz<br />

Wie relativ üppig ihn Mutter Natur auch mit guten Voraussetzungen<br />

gesegnet haben mochte: der Spagat zwischen<br />

Leistungssport und Lernen stellte hohe Anforderungen. Aus<br />

dem Sport brachte er da<strong>für</strong> die Disziplin mit und wandte<br />

sie aufs Studium an: „Wer Disziplin hat, arbeitet geradlinig,<br />

lässt sich nicht immer ablenken. Ich habe so viel Disziplin<br />

gelernt, dass ich mir immer Stichworte aufschreibe – dann<br />

ist ein Grundgerüst da. Es ist wie die Beine des Menschen:<br />

Wenn die funktionieren, springst du den anderen davon.“<br />

Durch solche Ordnung, weiß er, erhöht man die Effizienz,<br />

und das macht das Leben leichter. Durch Disziplin,<br />

Ordnung, Effizienz wird Wolfgang Renner zum Diplom-<br />

Ingenieur und – nach einem Zweitstudium – auch zum<br />

Diplom-Kaufmann, und als Crosser ist er auf Augenhöhe<br />

mit den Besten der Zunft. Doch dann zeigt er einen Mangel<br />

an Respekt ...<br />

Der leistungsstarke Rennfahrer gönnt sich einen leistungsstarken<br />

Sportwagen. Bei einem schweren Unfall zieht er<br />

sich einen Beckenbeinbruch zu. Er versucht das Comeback,<br />

aber ihm gelingen nur noch zwei Siege. Sein linkes Bein ist<br />

beim Belasten wie lahm, die Schmerzen bremsen ihn ein<br />

ums andere Mal aus. 1975 stellt er das Rad in die Ecke: „Die<br />

Sportkarriere aufgeben war ein Trauma: Ausgerechnet nach<br />

dem Studium, wo Zeit gewesen wäre, auch auf die Straße<br />

zu gehen. Aber im Nachhinein muss ich sagen: Alles hat<br />

seinen Sinn im Leben. Heute würde mich das nicht erfüllen<br />

– sechs, sieben Stunden stupid auf der Straße zu trainieren.<br />

Der Weg war gut so.“ Sportlichen Herausforderungen auf<br />

dem Rad stellt er sich nach wie vor, aber sie rangieren unter<br />

Freizeitbeschäftigung.<br />

Ausgestattet mit einem Schatz an Erfahrungen in Sachen<br />

Lebensbewältigung, erfolgte der Einstieg in die Geschäftswelt<br />

mit der Gründung von Centurion, damals noch als<br />

Nowack Radsport-Vertrieb. Der Name Centurion war<br />

anfangs nur als Rennradmarke präsent, die neben Edel-<br />

Komponenten aus Japan von Sakae, Sugino und Dia-Compe<br />

zu seinem Geschäftszweig gehörte. Die Marke Centurion<br />

hatte ein Nationalteamkollege eingeschleust, Renner betätigte<br />

sich sogleich als Großhändler da<strong>für</strong>. „Es war alles neu<br />

<strong>für</strong> mich, es war ein Reifeprozess – ohne Mentor. Da musste<br />

ich einfach durch.“<br />

Im gleichen Jahr traten Danny Duncan und Dieter Dreizack<br />

auf den Plan. Die beiden Namen verwendete er als Pseudonyme<br />

<strong>für</strong> die neue Radzeitschrift „Tour“, vor allem <strong>für</strong><br />

seine Arbeiten über die aufblühende BMX-Szene. Renner<br />

schrieb nicht nur darüber, er importierte auch Zubehör, war<br />

Mitinitiator der ersten BMX-Bahnen in Deutschland, setzte<br />

sich als ehrenamtlicher BDR-Fachwart ein, war Sprecher<br />

bei Events – er tat alles, um dem jungen Radsport auf die<br />

Füße zu helfen. Und so bekam er durch BMX-Messebesuche<br />

in den USA auch früh Wind von etwas ganz Neuem: Mountainbikes.<br />

1980 bot er in Pionierarbeit dem unvorbereiteten<br />

deutschen Markt das erste Exemplar dieser Gattung, ein<br />

Centurion, und 1982 verblüffte er mit einem 18-Gang-MTB<br />

<strong>für</strong> den sportlichen Einsatz. Zahlreiche Innovationen brachten<br />

renommierte Preise etwa beim »European Bike Contest«<br />

ein: den Urvater des Trekking-Bikes Accordo GT, das<br />

1-4-3-Konzept eines zweirädrigen Verwandlungskünstlers,<br />

neue Triathlon-Räder, einen Monocoque-Alu-Rahmen, das<br />

antriebsneutrale „No-Pogo“-Fully, den „Eurofighter“ ...<br />

Doch auch im Geschäftsleben gab es einen herben Rückschlag,<br />

den größten seiner Laufbahn: Mit dem neuartigen<br />

Carbon-Einspritzverfahren Thermoshape wollte man Ende<br />

der Neunziger die Erfolgswelle toppen. Aber es ging schief:<br />

„Drei Jahre hatten wir reingesteckt, und wir standen nicht<br />

nur wieder am Anfang, sondern noch dahinter. Und wir<br />

hatten keinen Plan B, wir hatten voll auf Risiko gesetzt.“<br />

Die Lehre daraus: „Bei existenzbedrohenden Fragen ist es<br />

wichtig, sehr genau zu überlegen. Mach nie einen Fehler<br />

zweimal!“


» WAHRE WORTE<br />

SIND NICHT SCHÖN,<br />

SCHÖNE WORTE<br />

SIND NICHT WAHR. «<br />

Foto: Heller<br />

025


» RÜCKSCHLÄGE<br />

GEHÖREN DAZU. WER<br />

IMMER ERFOLG<br />

HAT, VERLIERT DIE<br />

BODENHAFTUNG «<br />

MERIDA & CENTURION GERMANY GMBH<br />

Als aufstrebender Sportler und später<br />

als Abenteuerbiker mit Pioniergeist und<br />

als Geschäftsmann hat Wolfgang Renner<br />

viele Regionen der Welt bereist. Aber<br />

als Unternehmer ist er im beschaulichen<br />

schwäbischen Magstadt geblieben und<br />

sorgt dort <strong>für</strong> rund 40 Arbeitsplätze. Zusätzlich<br />

hat er sich 16 Jahre als Gemeinderat<br />

und als zweiter Bürgermeister in<br />

seinem Heimatort engagiert. Aus drei<br />

Gebäuden besteht die Merida & Centurion<br />

Germany GmbH. Datierbar sind sie<br />

auf die Jahre 1976, 1987 und 1992 und<br />

sie platzen aus allen Nähten. Deshalb<br />

gibt es Überlegungen, an anderer Stelle<br />

einen Neubau in Angriff zu nehmen.<br />

026


Nur kurze Zeit später, im Jahr 2001, eröffnete der Beginn<br />

einer engeren Zusammenarbeit mit Merida, dem zweitgrößten<br />

taiwanischen Fahrrad-Hersteller, neue Perspektiven,<br />

durch die wieder „das Podest ins Blickfeld rücken konnte“.<br />

Mit Centurion im Konzert der besten fünf Radmarken mitzusingen,<br />

das ist die Vorgabe des Dirigenten.<br />

Fahrrad als Manifest der Freude<br />

Das Jahr 1975 markiert nicht nur den Eintritt ins Geschäftsleben,<br />

es beginnt parallel die Zeit der radsportlichen Abenteuerreisen.<br />

Renner wird einer der Pioniere des Alpencross,<br />

er bereist Tibet, Alaska, Ecuador, jüngst auch China per<br />

Bike. Nicht zuletzt kommt er dadurch mit Gedankengut in<br />

Kontakt, das ihn und sein Handeln prägt. Die Aufforderung<br />

des Dalai Lama, einmal im Jahr an einen Ort zu gehen, den<br />

man noch nicht besucht hat, ist ihm Ansporn, Neues zu<br />

machen, nicht im Alten zu verharren: „Du entdeckst doch<br />

manchmal die schönsten Dinge abseits der großen Straße.“<br />

Näher als die christliche Religion steht ihm der Buddhismus,<br />

denn der hat keine Dogmen: „Tue Gutes und dir<br />

widerfährt irgendwann Gutes. Da ist alles auf einen Nenner<br />

gebracht“, sagt Renner und führt das Fahrrad an als ein<br />

Produkt, mit dem man den Menschen Freude macht. Denn<br />

damit kann man Natur erleben, andere Wege entdecken,<br />

Pioniergeist entwickeln: „Es ist ein Erfolgsfaktor, wenn du<br />

etwas mit Freude machst und diese Freude ohne Erwartung<br />

mit vollem Herzen gibst.“ Dass man im Geschäftsleben<br />

nicht auf Gaben aus dem Universum warten kann, sondern<br />

eine Stufe konsequenter sein muss, ist Wolfgang Renner<br />

natürlich auch klar. Er baut auf menschliche Tüchtigkeit<br />

und Planung: „Der Mensch ist vom Intellekt her in der Lage,<br />

viele Dinge selber in die Hand zu nehmen und zu gestalten.“<br />

Dazu ist es nötig, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren<br />

(Zen: Wenn ich gehe, gehe ich; wenn ich sitze, sitze ich ...)<br />

zu einem klaren Konsens oder Ergebnis zu kommen und<br />

dann den vorhandenen Leitfaden konsequent zu verfolgen.<br />

Denn Erfolg hat schließlich auch viel mit Verantwortung zu<br />

tun.<br />

Der runde Tritt<br />

Es ist ein schwieriges Unterfangen, aber vielleicht lässt sich<br />

doch Wolfgang Renners wichtigstes Erfolgsgeheimnis aus<br />

diesen vielen Facetten herauskristallisieren. Vielleicht ist<br />

es seine Fähigkeit, mit Vergangenem abzuschließen, das<br />

Schöne in Erinnerung zu behalten und aus dem Unschönen<br />

– besonders aus Fehlern – handfeste Lehren zu ziehen, auf<br />

deren Basis man mit dem frischen Mut des Pioniers neue,<br />

andere Wege entdecken und einschlagen kann. Und dabei<br />

die Balance zwischen Geschäftsleben und Privatleben so zu<br />

halten, dass beides gut zu seinem Recht kommt. Das ist bei<br />

Wolfgang Renner eigentlich wie beim Fahrrad fahren: Mal<br />

tritt er auf der einen, dann auf der anderen Seite ins Pedal.<br />

Wie sagt Einstein bei seinem Vergleich zwischen dem Leben<br />

und dem Fahrrad: „Man muss sich vorwärts bewegen, um<br />

das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“<br />

Wolfgang Renner versucht, dieses Gefährt mit einer gewissen<br />

Souplesse zu bewegen, einer Leichtigkeit des Seins, die<br />

Souveränität und Sympathie ausstrahlt, ohne überheblich<br />

zu wirken: „So wie Didi Thurau gefahren ist, leicht und<br />

locker pedalierend.“<br />

Text: Karl Groß<br />

Bilder: Cenutrion/Merida Archiv<br />

027


ITALIAN<br />

„JEDE KREATION IST EINZIGARTIG UND<br />

UNWIEDERHOLBAR, DAS ERGEBNIS VON<br />

PHANTASIE.“


STYLE<br />

AGNELLI MILANO BICI<br />

029


„Unvollkommen von Geburt an ...<br />

Fortschritt und Modernität helfen uns im<br />

Alltag, das Management von Zeit und Raum<br />

komfortabel zu gestalten.<br />

Sie prägen unsere Gewohnheiten.<br />

Im Gegensatz dazu habe ich immer gedacht,<br />

dass Schönheit dem Komfort geopfert wird.<br />

Fasziniert von dem Geschick der Vergangenheit,<br />

bei dem Schönheit ein absolut zeitunabhängiges<br />

Schlüsselprinzip war, wollte ich diese<br />

kleine Serie von Fahrrädern produzieren, die<br />

auf den Meisterwerken der ersten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts basiert und sie etwas komfortabler<br />

und, warum nicht, moderner gestalten.<br />

Jede Kreation ist einzigartig und unwiederholbar,<br />

das Ergebnis von Phantasie.<br />

Die Hoffnung ist es, hierbei Widersprüchlichkeiten<br />

zusammenzufassen: das Alte und das<br />

Moderne, das Komfortable und das Schöne.<br />

Nicht möglich? Vielleicht aber doch ...“


031


Luca Agnelli ist am 26. April 1967 in Abbiategrasso,<br />

einer kleinen Stadt am Stadtrand von Mailand, geboren<br />

und hatte das Glück, seine berufliche Laufbahn<br />

als Helfer in einer Werkstatt <strong>für</strong> die Restaurierung<br />

von antiken Möbeln zu starten. Luca denkt, dass diese<br />

Erfahrung <strong>für</strong> das Erreichen der kreativen Reife<br />

grundlegend war.<br />

Er lernte auch die Technik des Wachsausschmelzens,<br />

um die Ornamente der Möbel so perfekt zu reproduzieren,<br />

dass man sie von den Originalen nicht<br />

unterscheiden konnte, und er suchte immer wieder<br />

nach speziellen Anwendungen, um Technologie mit<br />

der Handwerkskunst vergangener Jahrhunderte zu<br />

kombinieren.<br />

Im Jahr 1989 entstand der Wunsch, sich mit eigener<br />

Werkstatt selbstständig zu machen. Die Notwendigkeit<br />

zu experimentieren, führte Luca Agnelli dazu,<br />

diese Fahrräder zu entwickeln, die eine Herausforderung<br />

in jedem einzelnen Produkt darstellen. Einen<br />

Rahmen mit einem 50er-Jahre-Tank zusammenzubringen,<br />

Maße und Abstände verändern, um sie<br />

<strong>für</strong> das gewählte Zubehör geeignet zu machen. Die<br />

technische und ästhetische Lösung bei Problemen<br />

der Anpassung zu finden ist ein ständiger Ansporn<br />

und jedes Mal ein neues emotionales Ereignis. Und<br />

er freut sich über das Ergebnis!<br />

033


Agnelli Milano Bici wurde im Jahr 2015 als Ergänzung<br />

der bereits im Geschäft vorhandenen Elektromobilität<br />

und als elegantere Alternative zum herkömmlichen<br />

E-Bike gegründet. Luca Agnelli war mit der Ästethik der<br />

E-Bikes nicht zufrieden. Ihm fiel auf, dass die Batterien<br />

häufig etwas unvorteilhaft am Rahmen montiert sind.<br />

Und er konnte förmlich spüren, dass das der Anfang<br />

einer limitierten Auflage von einmaligen E-Bikes sein<br />

könnte. Inspiriert wurde er von Motorrollern und<br />

Mopeds aus den 40er und 50er-Jahren. Er begann<br />

dutzende von Roller- und Mopedtanks zu sammeln, um<br />

die Batterien <strong>für</strong> die Motoren zu integrieren und damit<br />

Räder mit einer ausgeklügelten und fortschrittlichen<br />

Technologie zu kreieren. Außerdem suchte er Rahmen<br />

von alten Rädern hauptsächlich aus den 80ern – einige<br />

auch aus den 30ern – und sammelte Teile verschiedenen<br />

Urspungs und unterschiedlichen Zeitspannen.<br />

Seiner Vision folgend sucht Luca Agnelli weiter nach<br />

neuen Formen wie etwa von Beiwägen, Tandems, Dreirädern.<br />

Dazu designt er das passende Leder Zubehör.<br />

034


Die langjährige Erfahrung als Restaurator, die ständige<br />

Suche nach Schönheit und die Entwicklung seiner<br />

eigenen Sensitivität halfen ihm, die nötige Konformität<br />

zu finden, um einen modifizierten Rahmen, einen<br />

Kraftstofftank, Motorrad- und Autozubehör, nautische<br />

Teile und große, moderne Räder zu kombinieren. Er<br />

fügt zusammen, tätschelt, zerlegt, modifiziert, passt an,<br />

studiert die Schattierung der Farbe mit der Herangehensweise<br />

eines Bildhauers. Seine Arbeit ist erst dann<br />

getan, wenn er zufrieden ist, mit dem was er sieht und<br />

wenn seine Hand sanft die vollkommene Harmonie<br />

spüren kann. Luca ist fähig ein Modell zu kreieren, das<br />

sowohl die Schönheit des Radfahrens vermittelt, als<br />

auch den Lauf der Zeit verlangsamt.<br />

Dennoch meint er:<br />

„Perfektion existiert <strong>für</strong> mich nicht, ich arbeite und<br />

erschaffe, um zu versuchen, sie nie zu erreichen.“<br />

www.agnellimilanobici.com<br />

Text: Gerda Obermeier Bilder: Luca Agnelli<br />

035


AUS DEM RICHTIGEN<br />

AUS SAGE UND SCHREIBE 200<br />

EINZELNEN HOLZSTÜCKEN IST<br />

EIN BEEINDRUCKENDES FAHR-<br />

RADUNIKAT ENTSTANDEN,<br />

DAS DIE BLICKE AUF<br />

SICH ZIEHT.<br />

GESCHNITZT<br />

37


»<br />

Von meinem Opa<br />

HABE<br />

«<br />

gelernt<br />

ICH VIEL<br />

DEM SCHREINER,<br />

Schon als Kind habe ich meinem Vater bei<br />

jeglichen Reparaturen am Haus geholfen.<br />

Ich stand ihm zur Seite, wenn er etwas<br />

gebaut hat, und kam so schon früh mit<br />

handwerklicher Arbeit in Berührung.<br />

Auch von meinem Opa, der Schreiner war, habe ich<br />

viel gelernt. Wir entwarfen Spardosen, Mobiles und<br />

haben sogar ein Bett selbst gezimmert. Er baute Möbel,<br />

Tische, und auch die Treppe <strong>für</strong> unser Haus. So<br />

ist es nicht verwunderlich, dass ich bald anfing, verschiedene<br />

Holzarbeiten selbst in Angriff zu nehmen.<br />

Inspiriert von Ideen aus dem Internet, schreinerte<br />

ich Möbel <strong>für</strong> mein Zimmer. Außerdem interessierte<br />

ich mich seit einigen Jahren <strong>für</strong> den Radsport. Was<br />

mit einem Rennrad begann, zog schließlich Kreise<br />

vom Mountainbike bis zum Fixie. In dieser Zeit habe<br />

ich das ein oder andere Mal mein Rad auseinandergenommen<br />

und wieder zusammengebaut, wodurch<br />

ich mit der Materie Fahrrad grundlegend vertraut<br />

wurde. Als ich dann irgendwann im „World Wide<br />

Web“ auf einen Fahrradrahmen aus Holz stieß, war<br />

ich begeistert und fest entschlossen, das „Projekt<br />

Holzfahrrad“ umzusetzen. Kurz vor dem Abi und<br />

währenddessen war da<strong>für</strong> keine Zeit. Aber als ich<br />

mich dann <strong>für</strong> den Studiengang des Holzingenieurs<br />

entschied und da<strong>für</strong> ein zweimonatiges Praktikum<br />

beim Schreiner absolvierte, war es soweit: Ich nutzte<br />

die Zeit vor dem Studium und fing an zu planen.<br />

39


«<br />

Das Unikat<br />

MACHT MICH<br />

»GLÜCKLICH<br />

zufrieden<br />

UND<br />

Irgendwann suchte ich schließlich im Keller nach<br />

passendem Holz. Und wurde fündig: Kiefer, Buche<br />

und eine Ulmen-Bohle fanden sich im Fundus<br />

meines Opas. Nach Rücksprache mit meinem<br />

erfahrenen Großvater und dem Schreiner hinsichtlich<br />

der Tauglichkeit des Holzes, fing ich an,<br />

die Holzreste auf der Tischkreissäge in Streifen<br />

zu schneiden, um sie dann per Schichtverleimung<br />

in die richtige Form zu bringen. Nach endlosem<br />

Kopfzerbrechen, unzähligen Arbeitsschritten,<br />

Schnitt- und Klebevorgängen, Schleiforgien, Maler-<br />

und Tüftlerarbeiten hatte ich schließlich trotz<br />

vieler Bedenken und unvorhergesehener Hürden<br />

ein voll funktionstüchtiges Fahrrad aus 200 einzelnen<br />

Holzstücken geschaffen. Ob Aussehen oder<br />

Funktion, das Unikat überzeugt auf der ganzen<br />

Linie und macht mich glücklich und zufrieden.<br />

Es ist ein Hingucker in jeder Beziehung und lässt<br />

nicht nur mein Herz höher schlagen.<br />

Bilder: Alexander Nils Text: Michael Wagner<br />

41


042


EYECATCHER<br />

MIT STRAHLKRAFT<br />

Klare Form, beste Qualität, smarte Aufteilung und<br />

Rundumreflektor – Eine glänzende Backpack-Idee<br />

Bilder: Lisa Espig<br />

Mit dem Notebook-Rucksack „Pickwick Reflective Leather“<br />

leuchtet sprichwörtlich ein neuer Stern am Brooks Backpack-<br />

Himmel. Der Rucksack ist nicht mit einzelnen Reflektoren<br />

versehen, er reflektiert über die gesamte Fläche, denn das perforierte,<br />

pflanzlich gegerbte Rindleder ist komplett mit reflektierendem<br />

Material unterlegt. Dank gepolstertem Laptopfach,<br />

einer smarten Innenaufteilung mit großem Hauptfach, das<br />

auch A4-Ordner einstecken kann, ist der Kurierrucksack<br />

absolut businesstauglich. Der Wickelverschluss mit Stofflasche<br />

und Hakenverschluss ist praktisch und rundet das Design ab.<br />

Auch eine Volumenerweiterung ist per Öffnung des Wickelverschlusses<br />

und seitlicher Druckknöpfe möglich. Für zusätzlich<br />

Stauraum und Ordnung sorgt ein rückseitiges Reißverschlussfach.<br />

Mit stufenlos verstellbaren Tragegurten, höhen- und<br />

längenverstellbarem Brustgurt sowie gepolstertem Rücken und<br />

Boden mit 4 Standfüßen aus Metall ist <strong>für</strong> Rundum-Komfort<br />

gesorgt.<br />

Ob Tag oder Nacht, auf dem Rad oder zu Fuß, der „Pickwick<br />

Reflective Leather“ kann sich sehen lassen.


DER<br />

Schokola<br />

LANGE WEG DER


Guido Kunze schwört auf Schoko-<br />

Schub. Wenn es eng wird auf der<br />

Straße, die Kräfte schwinden und<br />

Körper und Motivation leiden,<br />

sorgen die 20-Gramm Kugeln mit<br />

ihrem Schokoladen-Kern und einem Mantel aus<br />

Aprikose mit Guarana und Maltodextrin <strong>für</strong> die<br />

nötige Energie. Die Kreation ist ein Produkt aus<br />

dem Hause Goldhelm, eine gemeinsame Erfindung<br />

des Extremsportlers Kunze und des Chocolatiers<br />

Alex Kühn. Seit Jahren gehen die beiden<br />

Freunde auch gemeinsam auf Kilometerjagd auf<br />

dem Rad.<br />

Bei einer dieser Ausfahrten hatten sie 2015 eine<br />

Idee: Eine Tour an den Ursprungsort des Kakaos.<br />

Eine Unternehmung, bei der alles zusammen<br />

kommt: Abenteuer, Leidenschaft und Fairness.<br />

Am Ende entsteht dann „die“ Schokolade; ökologisch<br />

und ehrlich gehandelt, unverfälscht im<br />

Geschmack. Anders gesagt kompromisslos echt,<br />

wirklich gut <strong>für</strong> Mensch und Natur. Ohne Zwischenhändler,<br />

direkt vom Kleinbauern. Pur und<br />

rein aus nachhaltigem Anbau.<br />

oko de<br />

045<br />

Aus dem Dschungel<br />

über 10.000 Kilometer<br />

per Rad und Boot nach<br />

Europa


irklic


hkeit<br />

Die Idee wird<br />

Wirklichkeit<br />

Nur die besten Bohnen dürfen nach Erfurt.<br />

Die Idee wird Wirklichkeit. Ende März 2018 startet das<br />

Projekt in Ecuador. Dort holt Guido Kunze die ersten 25<br />

Kilogramm direkt aus einer kleinen Plantage im Dschungel<br />

ab. Dann geht es weiter auf dem Rad nach Kolumbien, wo<br />

er noch einmal so viele Bohnen einsackt. Vom höchsten<br />

Punkt der Tour auf 4.007 Meter Höhe geht es dann hinab<br />

an die Küste, wo ein Segelboot auf den Mühlhäuser und die<br />

kostbare Fracht in seinen Satteltaschen wartet.<br />

Fünf, sechs Tage und 3.000 Kilometer später, getragen nur<br />

vom Wind, soll das Boot in die Teja-Mündung in Lissabon<br />

einlaufen. Weiter führt die Route Richtung Spanien. In<br />

Sevilla erkundet Guido Kunze die lange und leider oft auch<br />

sehr blutige Geschichte des Kakao-Handels in Europa.<br />

Über Valencia und Barcelona, Narbonne und Sete ist<br />

Montpellier das nächste Ziel.<br />

Dort ist am französischen Forschungszentrum <strong>für</strong> Landwirtschaft<br />

ein Treffen mit Clair Lanaud geplant. Die Genetikerin<br />

hat 2010 zusammen mit ihrem Team das Genom<br />

des Kakaobaums entschlüsselt. Nächster Stopp ist dann<br />

Monaco. Nach dem Fürstentum mit Thüringer Wurzeln<br />

heißen die letzten Etappen Schweiz und Deutschland. Die<br />

Reise endet <strong>für</strong> Guido Kunze in Erfurt.<br />

Auf der Krämerbrücke übergibt er die Kakao-Bohnen an<br />

Alex Kühn. Bei Goldhelm werden sie schonend geröstet<br />

und zu Schokolade verarbeitet. Nur eine Zutat darf noch<br />

dazu: Roh-Rohrzucker. Noch ein schwungvolles Ausstreichen<br />

per Hand und voilà – die Schokolade ist fertig.<br />

Einen großen Teil wird die Kakao-Tour von einem Kamera-Team<br />

begleitet. Aus diesem Material soll ein Schul-Film<br />

entstehen, der jungen Leuten den langen Weg der Schokolade<br />

erklärt. Mit allem, was dazu gehört: beste Bohnen und<br />

großes Handwerk, fair gehandelt und mit Rücksicht auf die<br />

Natur nach Europa gebracht.<br />

Fotos: Sebastian Oquendo<br />

047


048<br />

W


elt<br />

Der Chocolatier Alex Kühn<br />

Einmal in die<br />

Welt und zurück<br />

Die Goldhelm Schokoladen Manufaktur kennt<br />

inzwischen wohl jeder Erfurter. Nicht nur die;<br />

durch die beiden Läden auf der Krämerbrücke,<br />

dem Lieblingsort der Gäste der Thüringer<br />

Landeshauptstadt, ist die Manufaktur <strong>für</strong><br />

Menschen aus der ganzen Welt inzwischen ein Begriff. Sie<br />

alle eint die Liebe zum schönen Detail, zur Kunst des Handwerks<br />

und des guten Geschmacks. Kaum vorstellbar, dass<br />

diese Geschichte erst vor zwölf Jahren begann.<br />

Damals kehrte Alexander „Alex“ Kühn (Jahrgang 1973) von<br />

einer langen Reise zu sich selbst nach Erfurt zurück. Nach<br />

der Wende hatte der frühere Sportschüler und gelernte<br />

Werbegrafiker zunächst genug von den engen Gassen. Bis<br />

zur Jahrtausendwende war er ständig in Europa unterwegs,<br />

einmal ging es auch nach Australien. Er jobbte in mehr oder<br />

weniger berühmten Küchen, bei mehr oder weniger bekannten<br />

Köchen. Für einige Jahre kochte er dann im Eichsfeld<br />

selbst. Von der Vielfalt der Zutaten, der Kenntnis örtlicher<br />

Produkte, von regionalen Rezepten<br />

und lokalen Geschmäckern zehrt er<br />

bis heute.<br />

2005 zog es Alex Kühn zurück nach<br />

Erfurt. Im Haus zum „Zum Güldenen<br />

Helm“ begann die Geschichte<br />

der Goldhelm Schokoladen Manufaktur.<br />

Eine dunkle Schokoladentafel<br />

mit Rosa Pfeffer, hauchdünn und<br />

frei ausgezogen auf der Marmorplatte<br />

war die erste Schokolade, die<br />

in der kleinen Laden-Küche auf der<br />

Krämerbrücke entstand.<br />

Nach traditioneller Handwerkskunst<br />

und mit eigenen Rezepturen<br />

experimentierte der Chocolatier<br />

mit der Fertigung handgemachter<br />

Schokoladen. „Alle meine Interessen“,<br />

sagt er rückblickend, „<strong>für</strong> die<br />

es schwierig war, einen Beruf zu<br />

finden, habe ich auf einmal beim Essen wiedergefunden.“ Ein<br />

Weg tat sich auf; kein einfacher, aber sein Weg.<br />

Jede Praline und jede Tafel Schokolade stellen das Team<br />

um Thüringer Unternehmer des Jahres 2017 Alex Kühn in<br />

Handarbeit her. Sie verstehen ihr Handwerk als Lebensart.<br />

Auf eine Zutat legen sie hier besonderen Wert. Sie ist auch<br />

auf jeder Verpackung zu lesen: Liebe.<br />

Die beginnt beim fairen Einkauf von Edelkakao direkt von<br />

den Kooperativen vor Ort, führt über die Verwendung frischer<br />

saisonaler Zutaten am liebsten aus der thüringischen<br />

Heimat über die sorgfältige Handarbeit bis hin zur liebevollen<br />

Verpackung. Auch die wird im eigenen Haus entwickelt<br />

und von Chefchocolatier Alex Kühn selbst gestaltet.<br />

Heute produziert Goldhelm Tafelschokoladen, gefüllte Canache<br />

Schokoladen, frische Pralinen, Trüffel, Schokocremes,<br />

Kuchen, Eis und vieles mehr. Dazu gibt es Verkostungen von<br />

Schokolade & Wein, Pralinen-Workshops, sowie Schokoladen-Abend-Dinner,<br />

um die Philosophie und Freude an der<br />

Schokolade mit anderen zu teilen.<br />

In Zahlen sind das fast 200 Produkte,<br />

die er und seine 80 Mitarbeiter<br />

herstellen und an den Mann und die<br />

Frau bringen.<br />

Ein Ende ist nicht in Sicht. Gerade<br />

hat der umtriebige Goldhelm-Gründer<br />

einen historischen Vierseitenhof<br />

nicht weit von der Stadt entfernt<br />

erworben. In das alte Rittergut,<br />

welches auch Goethe einst begrüßte,<br />

soll die Schokoladen Manufaktur<br />

einziehen. Zurück zur Natur ist das<br />

Ziel, denn auf den Feldern rundherum<br />

sollen auch viele Zutaten <strong>für</strong><br />

seine Kreationen selbst angebaut<br />

werden.<br />

Fotos: www.marcowicher.de


050<br />

A


Mit dem Rad durch Australien,<br />

auf das Dach der Anden und zum Papst<br />

Der Thüringer Extremsportler Guido Kunze<br />

(Jahrgang 1965) begann seine sportliche Karriere<br />

unter anderem als Judoka und Orientierungsläufer.<br />

Ausdauerläufe standen bei ihm<br />

zunächst nur als Grundlage und Ausgleich auf<br />

dem Trainingsprogramm. Das änderte sich schlagartig nach<br />

dem „Rennsteiglauf“ 1998, seinem ersten Marathon. Den<br />

Höhenweg des Thüringer Waldes ist er inzwischen am Stück<br />

– 340 Kilometer in 52 Stunden – abgelaufen. In den USA ist<br />

er vom Tal des Todes aus 217 Kilometer zum Mt. Whitney gerannt<br />

und in ähnlich sengender Hitze beim 6-Tages-Rennen<br />

des Sables – jeden Tag ein Marathon – durch den marokkanischen<br />

Atlas. Seit 2004 sitzt der Mühlhäuser immer öfter<br />

auf dem Rad. 2005 absolvierte Kunze das legendäre „Race<br />

Across America“, 5.000 Kilometer vom Pazifik zum Atlantik.<br />

Der 54-Jährige hat in den vergangenen Jahrzehnten einige<br />

Rekorde aufgestellt. So schnell wie er hat noch kein anderer<br />

die über 4.000 Kilometer von West nach Ost in Australien<br />

durchquert – in sieben Tagen, 19 Stunden und fünf Minuten.<br />

Mit dem Mountainbike<br />

fuhr er auf dem Ojos<br />

de Salado in der chilenischen<br />

Atacamawüste<br />

bis auf eine Höhe von<br />

6.233 Meter. In den<br />

Alpen schaffte der Karosseriebau-Meister,<br />

der inzwischen einen<br />

Laufladen in seiner<br />

Heimatstadt Mühlhausen<br />

betreibt, innerhalb<br />

von 14 Tagen 100.000<br />

Höhenmeter.<br />

Eher skurrilen Projekten<br />

– seinen 61.050<br />

Stufen in 24 Stunden<br />

auf der Rolltreppe<br />

etwa oder die längste<br />

Strecke per Rad auf<br />

der Chinesischen Mauer – standen aber auch immer wieder<br />

Vorhaben mit einer Botschaft gegenüber. So „radelte“ Guido<br />

Kunze 2010 von Essen über Pecs nach Istanbul und verband<br />

dabei als offizieller Kultur-Ruhr-Botschafter symbolisch die<br />

drei Kulturhauptstädte des Jahres. In der Türkei angekommen,<br />

lief er noch gleich beim Istanbul Eurasia Marathon mit.<br />

Sein letztes Projekt führte Guido Kunze im September 2017<br />

auf den Spuren Martin Luthers nach Rom. In 90 Stunden<br />

legte er die 1.600 Kilometer fast genau auf dem gleichen<br />

Weg wie der Reformator 1511/12 bei seiner Pilgerreise in die<br />

Ewige Stadt zurück. Allerdings saß er dabei im Sattel seines<br />

Rennrades. Guido Kunze hatte dabei auch die Ansichten<br />

junger Christen im Gepäck. Das gemeinsame Credo von<br />

Protestanten und Katholiken aus Mühlhausen: „Uns eint<br />

mehr, als uns trennt.“ Davon war auch Papst Franziskus beeindruckt<br />

– und von dem Goldhelm-Präsent <strong>für</strong> ihn: Dunkle<br />

und Vollmilchschokolade mit selbstgemachtem Klosterlikör<br />

und Kirschen. Nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz<br />

signierte er spontan Kunzes Trikot <strong>für</strong> die Kakao-Tour.<br />

Kunze ist verheiratet und lebt mit seiner Frau Gaby und den<br />

beiden Söhnen Marvin und<br />

Melvin in Mühlhausen,<br />

wo er ein Sportgeschäft<br />

betreibt. Er tritt zunehmend<br />

zu Vorträgen unter anderem<br />

zu Fragen der Motivation<br />

auf.<br />

In seiner Ruhmeshalle fehlt<br />

bisher nur noch ein großer<br />

Triathlon wie der „Ironman“<br />

auf Hawaii. Doch<br />

mit dem Schwimmen hat<br />

der Mann, dem sonst keine<br />

Strapaze zu viel scheint,<br />

herzlich wenig am Hut. Im<br />

Wasser sei es ihm einfach<br />

zu kalt, gibt der Extremsportler<br />

Kunze ehrlich zu.<br />

Fotos: Armin Buchroithner,<br />

Micha Neugebauer


ZUGTIERE IN<br />

TRÄGERHOSEN


Ein Mann auf der Jagd,<br />

seinen Kindheitstraum wahr<br />

werden zu lassen, und was<br />

passierte, als er es tatsächlich<br />

schaffte...<br />

053


Wie Millionen<br />

anderer Kinder<br />

wuchs Phil Gaimon<br />

mit dem großen<br />

Traum auf, eines Tages<br />

Profisportler zu werden.<br />

Aber im Gegensatz zu Millionen<br />

anderer Kinder zog er die<br />

Sache tatsächlich durch.<br />

Nach Jahren der Amateurrennen<br />

unter Ausschluss der Öffentlichkeit<br />

und des brutalen Trainings, in<br />

denen er aus dem Koffer lebte und<br />

nie ein Nein akzeptierte, erreichte<br />

er schließlich sein Ziel und unterschrieb<br />

einen Profivertrag bei einem<br />

der besten Radteams der Welt.<br />

Als Autor gelingt Phil Gaimon nun<br />

das vielleicht witzigste Fazit einer<br />

Karriere im Spitzensport. Sprühend<br />

vor Erzählfreude, und gesegnet mit<br />

einem unverwechselbaren Sinn<br />

<strong>für</strong> Humor, lässt er seine Leser an<br />

seinen Jahren im Peloton teilhaben<br />

und gewährt intime Einblicke in<br />

den Profialltag.<br />

Phil Gaimon lässt nichts aus, wenn<br />

er von den großen und kleinen<br />

Fährnissen des Radzirkus erzählt.<br />

054


Es geht um nervenaufreibendes<br />

Vertagsgefeilsche und rabiate belgische<br />

Fans auf Trinkflaschenraubzug,<br />

um atemberaubende<br />

Renneinsätze im giftigen Smog<br />

und die Schwierigkeiten, in einem<br />

von Doping geplagten Sport<br />

Freundschaften zu schließen.<br />

Text/ Bilder: Covadonga Verlag<br />

„Zugtiere in Trägerhosen“,<br />

das sind nicht nur Episoden<br />

aus dem Radsport, es ist die<br />

lehrreiche Geschichte von<br />

einem, der auszog, um sich<br />

in einem Haifischbecken zu<br />

behaupten und sein Glück zu<br />

finden, auch wenn es vielleicht<br />

nicht ganz bis an die<br />

Spitze reicht.


056


TUNING VON SEINER<br />

SCHÄRFSTEN SEITE<br />

Spice up your life! Ein Must-Have <strong>für</strong> alle Tune-Fans:<br />

Die Würzstreuer aus KONG-Nabenkörpern.<br />

Bilder: Velototal/ Lisa Espig<br />

Tune kümmert sich prinzipiell um die Ausrüstung des Rades,<br />

doch nun setzt das Entwickler-Team noch eins drauf:<br />

Mit Salz-, Pfeffer- und Zuckerstreuern sorgen sie <strong>für</strong> Würze<br />

und Pepp auf dem Tisch und dem Speiseplan.<br />

Gearbeitet werden die designstarken Würzstreuer aus<br />

KONG-Nabenkörpern und sorgen damit unter Fahrradfans<br />

sicher <strong>für</strong> jede Menge Gesprächstoff.<br />

Unter dem passenden Namen „WÜRZBURG“ kann man<br />

sie in allen Tune-Farben käuflich erwerben. Mit dem<br />

geringen Einzel-Gewicht von rund 110 Gramm und einer<br />

Größe von etwa 10 x 5,5 cm können die Hingucker auch im<br />

Rucksack mit auf Tour und die Brotzeit tunen.<br />

Herzhaft auch der Slogan von Tune: „Pfeffer im Hintern<br />

und Salz in der Wunde? Oder doch lieber <strong>für</strong>s Abschmecken<br />

des Carbo-Loading?“


Träume<br />

...aus Stahl<br />

„Früh übt sich, was ein Meister<br />

werden will“: Ganz nach dem<br />

Zitat von Friedrich Schiller<br />

hat der Künstler Sebastian<br />

Beutler schon in Kindertagen<br />

mit Schraubenzieher<br />

und Co. den Grundstein <strong>für</strong><br />

seine außergewöhnliche<br />

Karriere gelegt.<br />

059


Mein Großvater war gelernter<br />

Zweiradmechaniker,<br />

und seitdem ich denken<br />

kann, bin ich bei ihm in<br />

der Werkstatt gewesen. Ich<br />

konnte zuschauen wie das ein oder andere<br />

Fahrrad aufgebaut wurde. Natürlich durfte<br />

ich auch selbst Hand anlegen und ich denke,<br />

ich habe den Großteil meiner Kindheit<br />

mit dem Schraubenzieher in der Hand<br />

verbracht. Schon als kleiner Junge habe<br />

ich meinen ersten Fahrradumbau in<br />

Angriff genommen. Das Endergebnis<br />

konnte man mit dem Hinterbau lenken<br />

und es hatte einen Vorderradantrieb.<br />

Für meinen Opa war es damals ein<br />

„Clown-“ oder „Zirkus-“ Fahrrad.<br />

Der andere Großvater teilte mein<br />

Hobby, das Radfahren. Er hat<br />

unzählige Touren mit mir unternommen.<br />

Und so ergab das eine<br />

das andere. Ich begeistere mich<br />

<strong>für</strong> Mechanik und Radsport und<br />

kann meiner Fantasie in den<br />

außergewöhnlichen Modellen<br />

Gestalt geben. Meine beiden<br />

Großväter haben mich<br />

geprägt und quasi auf den<br />

Weg zur Kunst am Fahrrad<br />

gebracht.<br />

060


Nach dem Tod meiner beiden<br />

Opas brauchte ich einige Zeit, aber<br />

bald wuchs in mir der Wunsch<br />

wieder selbst kreativ zu werden und<br />

eigene „Träume aus Stahl“ zu gestalten.<br />

Meine Räder entstehen ausschließlich<br />

in Handarbeit und werden<br />

vollständig aus Schrott zusammengeschraubt<br />

und geschweißt. Mein Arbeitsmaterial<br />

gilt <strong>für</strong> Normalsterbliche also<br />

eigentlich als Müll. Meinen Werkstoff<br />

suche ich mir deshalb stilecht auf einem<br />

Schrottplatz im Köthener Umland bei der<br />

Firma Kremer. Auf dem großen Areal darf<br />

ich ab und an mal drüber schauen und das<br />

ein oder andere gute Stück mitnehmen. Ich<br />

arbeite gerne mit altem, ausgesondertem<br />

Material, das schon ein Leben hinter sich hat.<br />

Manche Schrottteile verwerte ich gleich, andere<br />

hebe ich auf, ganz nach dem Vorbild und der<br />

Empfehlung meiner Großväter.


062<br />

„Mein<br />

wichtigstes<br />

Werkzeug<br />

ist mein<br />

Kopf.“


Eigentlich wollte mein Opa, der<br />

selbst Diplom Schweißingenieur<br />

war, mir das Schweißen lernen,<br />

aber dazu kam es leider nicht<br />

mehr, und so musste ich mir alles<br />

peu á peu alleine beibringen. Heute<br />

gehört es zu meinen elementarsten<br />

Arbeiten, die ich alle in Eigenregie<br />

erledige. Wenn ich aber gefragt werde,<br />

welches Werkzeug <strong>für</strong> mich am<br />

wichtigsten ist, kann ich nur sagen:<br />

Mein Kopf.<br />

Das Bauen der Fahrräder und Fahrzeuge<br />

mache ich auch zum Ausgleich. Die<br />

kreative Arbeit lenkt mich von meinen<br />

gesundheitlichen Problemen ab und ich<br />

kann mich immer wieder über Erfolgserlebnisse<br />

freuen. Manchmal bin selber<br />

überrascht, dass alles so positiv läuft.<br />

Dass die Räder gut aussehen und auch gut<br />

fahren. Und wenns mal nicht funktioniert,<br />

dann wird die Idee verworfen oder später<br />

weiterentwickelt. Mittlerweile, glaube ich,<br />

wären meine beiden Großväter stolz auf mich<br />

und meinen Werdegang.<br />

Text: Hans Fink Fotos: Sebastian Beutler


064


„EVERGREEN“<br />

VON GREEN´S<br />

Mit Dauerbrenner-Potenzial – Die Wiederbelebung der<br />

Mixte-Bauweise begeistert Nostalgiker und moderne<br />

Citycruiser.<br />

Renaissance <strong>für</strong> die Mixte-Bauweise. Es war eine tolle<br />

und vor allem schöne Idee von Greens die bewährte<br />

Rahmengeometrie wieder ins Programm aufzunehmen.<br />

Der Fahrradnachbau, auf Basis der von 1950 bis 1970<br />

sehr populären Mixte-Rahmen, weckt beim Modell<br />

Bradford Erinnerungen und zieht die Blicke auf sich.<br />

Obwohl das Bradford bei Green‘s als Damenrad klassifiziert<br />

wird, war die spezielle Bauweise anno dazumal<br />

als Unisex-Geometrie gedacht und wurde damals auch<br />

gerne von Männern gefahren. Auch heute verträgt die<br />

interessante Rahmengeometrie mit ihren drei Sattelrohrstreben<br />

nach wie vor eine Belastung von bis zu 120<br />

Kilo Gesamtgewicht und dient auch heute der Männerwelt<br />

als stylischer Cruiser.<br />

Die edlen Lederteile, wie Sattel, Werkzeugtasche und<br />

Griffe schmeicheln der Farbgebung des Rahmens und<br />

runden das Gesamtbild ab. In Sachen Design können<br />

ebenso die Stahlflex-Züge und die sehr gute Integration<br />

der Shimano 8-fach-Schaltung punkten. Als wahrer<br />

Eye-and-Ear-Catcher begeistert die große, goldfarbene<br />

und hell tönende Klingel. Kritische Tester finden die<br />

gefällige, dezente Modernisierung dieses Klassikers<br />

allerdings nicht ganz konsequent zu Ende geführt. So<br />

wären Schnellspanner <strong>für</strong>s Vorderrad und <strong>für</strong> die Sattelstütze<br />

eine praktischere, praxisgerechtere Alternative. In<br />

Sachen Beleuchtung wird ein Nabendynamo bevorzugt.<br />

Und auch der Mix aus alten und neuen Schraubenköpfen,<br />

Teile mal aus Stahl, mal aus Aluminium können im<br />

Reparaturfall zu Problemen führen.<br />

Dennoch, das Bradford von Green`s ist ein absoluter<br />

Hingucker und macht sowohl bei Shoppingtouren durch<br />

die Stadt als auch bei der Pause im Cafe richtig viel her –<br />

egal ob Frauen oder Männer in die Pedale treten.<br />

www.greens-bikes.de


Norwegen - Land der Berge und tief eingeschnittenen Fjorde, der<br />

Mitternachtssonne und Polarlichter. Der Ort, von dem aus „Wicki<br />

und die starken Männer“ einst auf Entdeckungsreise gingen, bietet<br />

auch heute noch ein Paradies <strong>für</strong> abenteuerlustige Biker.<br />

66°<br />

NORD<br />

066


Foto: Per Eide/visitnorway.com<br />

Foto: Terje Rakke/visitnorway.com<br />

068<br />

V<br />

om 58. Breitengrad im Süden zieht sich<br />

Norwegen 1700 Kilometer hinauf bis<br />

zum 71. Breitengrad ganz im Norden.<br />

Mehr als ein Drittel des Landes liegt jenseits des<br />

Polarkreises. Dort ist Leben nur noch in den,<br />

vom Golfstrom begünstigten Küstengebieten<br />

sowie in einigen geschützten Tälern im Osten,<br />

möglich. Obwohl die Ausdehnung von Ost nach<br />

West nur etwas über 400 Kilometer beträgt, sind<br />

die Klima-Unterschiede zwischen Ost und West<br />

deutlich gravierender als zwischen Nord und<br />

Süd. Das liegt am Golfstrom, der den gesamten<br />

Westen Norwegens erwärmt und die Küste auch<br />

im Winter eisfrei hält. Den Osten dagegen prägt<br />

ein kontinentales Klima mit langen, eisig kalten<br />

Wintern, aber angenehm warmen Temperaturen<br />

im Sommer. Auch im geschützten Inneren<br />

der Fjorde herrscht häufig ein sommerwarmes<br />

und trockenes Klima, da die umliegenden Berge<br />

Wind und Wetter abhalten. Landwirtschaft ist in<br />

diesen Breiten nur in besonders günstigen Lagen<br />

möglich und macht weniger als drei Prozent<br />

des Bruttoinlandsproduktes aus. Fischfang und<br />

Bergbau hingegen spielen <strong>für</strong> die Norweger eine<br />

sehr wichtige Rolle. Abgebaut werden Erdöl und<br />

Erdgas, was den Wohlstand des skandinavischen<br />

Landes erklärt. Doch damit nicht genug: Das<br />

Königreich Norwegen wird eingestuft als das am<br />

besten entwickelte und demokratischste Land der<br />

Erde, mit einem der besten und großzügigsten<br />

Sozialsysteme weltweit.


Foto: Per Kristian Djuvsland/fjordnorway.com


Foto: Lars Korvald /visitBergen.com<br />

Foto: Thomas Rasmus Skaug/visitnorway.com<br />

070<br />

F<br />

ragt man nach touristischen Attraktionen<br />

und Sehenswürdigkeiten wird zuallererst<br />

natürlich Oslo genannt, die über 650.000<br />

Einwohner starke Hauptstadt, die in dem dünn<br />

besiedelten Land nicht nur Ballungszentrum<br />

sondern auch illustrer Mittelpunkt des norwegischen<br />

Nachtlebens ist. Gefolgt von Bergen, dem<br />

Postkartenmotiv an der Südwest-Küste mit den<br />

farbenfrohen Holzhäusern, die sich schillernd im<br />

Wasser spiegeln. Gleich danach rangieren Naturschönheiten<br />

wie Lofoten, Geirangerfjord, Lysefjord<br />

und Preikestolen. Letzteres bedeutet soviel wie<br />

‚Predigtstuhl‘ und bezeichnet ein rund 25 x 25<br />

Meter breites, natürliches Granitplateau, das in<br />

600 Metern Höhe über dem Lysefjord<br />

aufragt. Die Aussichtsplattform bietet einen<br />

sagenhaften Blick auf den fast 40 Kilometer langen<br />

Fjord, einen der schönsten in der südnorwegischen<br />

Provinz Rogaland, und bildet einen der grandiosen<br />

Höhepunkte der Lysevegen. Die auch bei Bikern<br />

beliebte Touristenstraße verbindet die Ortschaft<br />

Lysebotn am Ende des Fjordes mit der Gemeinde<br />

Sirdal. Ursprünglich im Zuge des Ausbaus<br />

des Wasserkraftwerks Tjodan angelegt und 1984<br />

offiziell eröffnet, stellte die Passstraße eine große<br />

Erleichterung <strong>für</strong> die Bewohner der Region dar,<br />

war doch Lysebotn bis dahin nur per Schiff zu<br />

erreichen. Von der kleinen Ortschaft aus verläuft<br />

die Straße zunächst durch einen 1100 Meter<br />

langen Tunnel und windet sich schließlich in 27<br />

atemberaubenden Haarnadelkurven hinauf ins<br />

Hochgebirge. Der höchste Punkt der Straße liegt<br />

auf knapp 1000 Meter über dem Meeresspiegel am<br />

See Andersvatn. Am Ende des Passes befindet sich<br />

ein Aussichtsrestaurant, von dem aus ein Wanderweg<br />

zum Kjerag führt. Der ‚Kjeragsbolten‘ ist ein<br />

riesiger, mehr oder weniger runder Fels-brocken,<br />

der spektakulär in einer Felsspalte in tausend<br />

Metern Höhe über dem Lysefjord festsitzt. Das<br />

Hochplateau des Kjerag mit Monolith und nahegelegenem<br />

Wasserfall ist eine der bekanntesten und<br />

beliebtesten Touristenattraktionen Norwegens und<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> Basejumper.


Foto: Andreas Gruhle/visitnorway.com


Foto: Sveinung Myrlid/visitnorway.com<br />

Foto: Thomas Rasmus Skaug/visitnorway.com<br />

Foto: Terje Rakke/visitnorway.com<br />

072<br />

D<br />

er Trollstigen, was zu Deutsch soviel<br />

bedeutet wie ‚Steig der Trolle‘, ist ebenfalls<br />

ein wahrer Touristenmagnet und die<br />

meist befahrene Landschaftsroute Norwegens.<br />

Im gleichnamigen Landschaftsschutzgebiet in der<br />

Provinz Møre og Romsdal gelegen, ist der Pass Teil<br />

der Landstraße, welche die Ortschaft Ăndalsnes<br />

mit der Gemeinde Norddal verbindet. Schon seit<br />

vielen Jahrhunderten gab es hier einen schmalen<br />

Bergpfad, der von den Bewohnern der Region<br />

genutzt wurde, um zum Markt in Romsdalen zu<br />

gelangen. Doch erst 1936 konnte die heutige Straße<br />

fertiggestellt werden. Es ist der Meisterleistung<br />

der Ingenieure zu verdanken, dass der Pass mit<br />

bis zu zehn Prozent Steigung überhaupt befahrbar<br />

ist. An einigen Stellen wurde die Fahrbahn<br />

direkt in den Fels gehauen, und auf halber Höhe<br />

führt eine Natursteinbrücke über den Wasserfall<br />

Stigfossen. Berühmt ist der Trollstigen <strong>für</strong> seine<br />

elf engen Haarnadelkurven, von denen jede einen<br />

eigenen Namen trägt, und die atemberaubende<br />

Gebirgslandschaft, die er durchzieht. Mächtige und<br />

majestätische Gipfel von bis zu 1600 Metern Höhe,<br />

mit klingenden Namen wie ‚Kongen‘ – ‚König‘,<br />

‚Dronningen‘ – ‚Königin‘ und ‚Bispen‘ – ‚Bischof‘<br />

umgeben die Route. Auf einer Höhe von 700 Metern<br />

befinden sich mehrere Aussichtsplattformen,<br />

von denen sich ein herrlicher Blick öffnet auf den<br />

Stigfossen, der 320 Meter in die Tiefe stürzt. Dann<br />

schlängelt sich die Straße weiter durch den Ort Geiranger<br />

zum Aussichtspunkt Flydaljuvet, der einen<br />

nicht minder atemberaubenden Blick freigibt auf<br />

den Geirangerfjord. Nicht umsonst findet sich der<br />

Fjord, der seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />

gehört, auf vielen Listen der spektakulärsten Orte<br />

der Welt. Hier ballt sich die ungezähmte Natur des<br />

rauen Nordens mit schneeweißen Gipfeln, senkrecht<br />

abfallenden Felswänden und dem tiefblauen<br />

Wasser des Fjordes zu Bildern, die ihresgleichen<br />

suchen. Glitzernde Höhepunkte sind die zahlreichen<br />

Wasserfälle, die sich in tosenden Kaskaden<br />

und in allen Farben des Regenbogens schillernd ins<br />

Meer ergießen und vielsagende Namen tragen wie<br />

‚die sieben Schwestern‘, ‚Freier‘ und ‚Brautschleier‘.<br />

Text: Cornelia Bubb


Foto: Sveinung Myrlid/visitnorway.com


LICHTER<br />

KETTEN<br />

BASTIAN BECKER<br />

"Licht kann uns zum Träumen bringen,<br />

<strong>für</strong> Entspannung sorgen oder<br />

einfach nur faszinieren... "<br />

Wie kommt man auf die Idee Lampen und Lüster aus<br />

Fahrradketten zu bauen?<br />

Bastian Becker schwebte vor einigen Jahren ein ungewöhnliches<br />

Projekt vor: Er brauchte eine kleine Tischlampe<br />

und überlegte, ob die vorhandenen Bauteile<br />

Fahrradkette und -lampe womöglich verarbeitet werden<br />

könnten.<br />

Und sie konnten, heraus kam eine exklusive außergewöhnliche<br />

„Lichtquelle“, die im Hause Becker alle Besucherblicke<br />

auf sich zog. So war der Grundstein gelegt und<br />

die nächste Stufe Kronleuchter wurde in Angriff genommen.<br />

Und als dieser dann fertig und mehr als gelungen<br />

war, ging es quasi Schlag auf Schlag. Immer wieder gab<br />

es ausgefallene Ideen und deren Umsetzung.<br />

Zum Einsatz kommen hauptsächlich unbenutzte Kettenreste<br />

und Fahrradteile. Manchmal werden diese Teile<br />

auch mit anderem Material, das sich gut und elegant<br />

verbinden lässt kombiniert.<br />

Das handwerkliche Geschick kommt nicht von ungefähr,<br />

denn der Künstler hat nach der Schule eine Ausbildung<br />

zum Möbeltischler absolviert. Ein Beruf, den er sehr<br />

75


„Lichtgestalten“<br />

liebte. Gemeinsam mit seinem Vater konnte er ganz spezielle<br />

Kundenwünsche und -ideen verwirklichen. Nicht nur<br />

Standardmöbel wurden gezimmert.<br />

Wegen einer Erkrankung musste er leider diesen Beruf aufgeben.<br />

Seine gesundheitliche Situation brachte ihn schließlich<br />

dazu, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.<br />

Werkstatt war bisher daheim im Wohnzimmer, doch zur<br />

Zeit wird mit Freunden eine kleine Werkstatt beim Holzmarkt<br />

in Berlin aufgebaut, in der sich die vier künstlerischen<br />

Fahrradfreaks kreativ ausleben und vom Know-how<br />

und der Hilfe des anderen profitieren können.<br />

Bei manchen Lampenprojekten ist auch durchaus Körperkraft<br />

und Unterstützung gefragt, denn das Gewicht der<br />

Lampen liegt zwischen rund 0,2 kg bis 6 kg <strong>für</strong> Tischlampen<br />

oder ähnliches und bei gut 25 kg <strong>für</strong> den Kronleuchter. Das<br />

Gewicht wird hauptsächlich von den verbauten Kettenteilen<br />

bestimmt.<br />

77


" Wo viele nur Fahrradketten<br />

und Fahrradteile sehen,<br />

sehe ich mehr... ..."<br />

Inspirationen gibt es schier überall: „ Manchmal sehe ich<br />

etwas und mir gefällt die Form oder eine bestimmte Bautechnik.<br />

Dann überlege ich, wie ich es aus Kettenresten oder<br />

anderem Material bauen kann. Oder ich hab die Idee etwas<br />

ganz Neues zu konstruieren, das es so nicht gibt. Inzwischen<br />

arbeite ich auch an ein paar Ideen, die den Fahrradteilen<br />

komplett neue Formen geben. Während andere oft Fahrradteile<br />

verschweißen, setze ich auf Verschraubung und<br />

gebe den Teilen eine neue Gestalt.“<br />

Wer den Künstler treffen möchte kann im Mai eine Ausstellung<br />

in Berlin beim Holzmarkt besuchen. Wer sich ein<br />

genaueres Bild der Künstlerlampen machen möchte, kann<br />

sich aber auch gerne mit Bastian Becker verabreden und<br />

die Modelle besichtigen. Preislich geht es bei etwa 80 Euro<br />

<strong>für</strong> die kleinen Tischlampen los und bisher ist der Kronleuchter<br />

mit 4800 Euro das teuerste Stück. Auch ein paar<br />

Kleinigkeiten, die schon bei 10 Euro losgehen, bereichern<br />

das Sortiment. Seit dem 1. Mai sind die Sachen auch bei etsy<br />

und über eine Website zu erwerben. Selbstverständlich aber<br />

auch direkt in der Werkstatt. Und wenn jemand bestimmte<br />

Wünsche hat, die der Künstler erfüllen kann, werden gelegentlich<br />

auch Aufträge angenommen.<br />

www.chainlessed.com<br />

Text: Andreas Burkert Bilder: Bastian Becker


79


080


EXTRAKLASSE<br />

IM GROSSSTADT-<br />

DSCHUNGEL<br />

Strida – Das leichte, kompakte Design-Faltrad <strong>für</strong> das<br />

urbane Umfeld und trendbewusste Biker<br />

Bilder: Hersteller<br />

Die bunten Lifestyle-Bikes von Strida verbinden hippes<br />

Design mit ultrakompaktem Faltsystem. Sie eignen sich <strong>für</strong><br />

die Stadt, den Arbeitsweg und auf Reisen. Mit 8,5 kg sind die<br />

fast komplett aus Carbon gefertigten Flitzer echte Leichtgewichte.<br />

Die 18 Zoll Räder, im sportlichen Drei-Speichen-<br />

Design mit Schwalbe Bereifung, sorgen <strong>für</strong> eine dynamische<br />

Beschleunigung und einen sehr ruhigen Lauf, auch auf längeren<br />

Strecken. Optisch beeindrucken die 1-Gang-Modelle mit<br />

außergewöhnlichem Design in Dreiecksform: So ist da<strong>für</strong><br />

gesorgt, dass Felgen, Sattel und Gepäckträger bestens aufeinander<br />

abgestimmt sind. Mittels eines innovativen Faltmechanismus<br />

lässt sich das Strida C1 Carbon schnell auf die<br />

Größe einer Reisetasche zusammenfalten und wie ein Trolley<br />

transportieren. Standardmäßig sind die Strida Modelle mit<br />

Alu-Rahmen, Leichtmetallfelgen, Scheibenbremsen und bequemen<br />

Sattel ausgestattet. Äußerst praktisch ist der ölfreie,<br />

langlebige Kevlar-Antriebsriemen: Weitere Informationen<br />

unter www.strida.de.


ALASKA – PATAGONIEN: 13 LÄNDER IN 100 TAGEN


Mit dem Fahrrad quer durch<br />

den amerikanischen Kontinent.<br />

Im August 2018 machte sich<br />

der Extremsportler Jonas Deichmann<br />

auf die 23.000 Kilometer<br />

lange Reise von der arktischen<br />

Küste in Alaska nach Ushuaia<br />

am südlichsten Ende Argentiniens.<br />

Sein Ziel war es, den<br />

aktuellen Weltrekord <strong>für</strong> die<br />

schnellste Radreise ohne Unterstützung<br />

und Begleitteam zu<br />

brechen. 97 Tage, 21 Stunden<br />

und 10 Minuten war seine spektakuläre<br />

Bilanz – damit konnte<br />

er die bestehende Bestleistung<br />

auf dieser Strecke um fast einen<br />

SOLOMonat unterbieten.<br />

083


084


„Die härtesten<br />

Momente<br />

sind die besten<br />

Erinnerungen“<br />

Auch wenn Jonas Deichmann mit dem Anspruch<br />

startete, einen neuen Rekord aufzustellen, ging es<br />

dem 31-jährigen Münchner nicht in erster Linie<br />

darum, möglichst viele Kilometer in möglichst kurzer<br />

Zeit herunterzukurbeln. „Obwohl Geschwindigkeit<br />

und Leistung wichtig sind, möchte ich tolle Abenteuer<br />

erleben und die wunderbaren Landschaften<br />

und Kulturen auf der Strecke erfahren. Was könnte<br />

besser sein, als den längsten Kontinent der Erde<br />

mit dem Fahrrad zu durchqueren!“ erklärt der Extremsportler,<br />

der 2017 als Erster mit dem Fahrrad<br />

Eurasien durchquerte und auch hier den Weltrekord<br />

hält. Auf seiner Homepage hat er in einem Tagebuch<br />

jeden einzelnen der 97 Tage seiner Panamerika-<br />

Tour aufgezeichnet. Tag 3 beschreibt er als einen<br />

der schlimmsten der gesamten Reise: Starker Regen<br />

begleitete ihn schon, seit er am zeitigen Morgen aufs<br />

Fahrrad gestiegen war. Die Straße hatte sich in tiefen<br />

Schlamm verwandelt und nachdem er bereits am<br />

Vortag mit Regen, Gegenwind und Temperaturen<br />

am Gefrierpunkt zu kämpfen gehabt hatte, machten<br />

ihm nun auch Gänge und Kette Probleme. Zudem<br />

waren die Essensvorräte so gut wie aufgebraucht.<br />

Nachdem Jonas Deichmann mittags den mächtigen<br />

Yukon überquert hatte, hoffte er immer noch, die<br />

200 Kilometer nach Fairbanks bis zum Abend zu<br />

schaffen. Vergebens. Die immer schlechter werdende<br />

Straße machte das Vorhaben unmöglich. Um Mitternacht<br />

fiel der Abenteurer hungrig und ohne sein<br />

Ziel erreicht zu haben in den Schlaf. „Damals wusste<br />

ich noch nicht, was mich in Südamerika erwartet“,<br />

erklärt der Münchner rückblickend. „Klar, wenn es<br />

gegen null Grad geht mit Dauerregen wie in Alaska<br />

und Kanada, dann hat das Auswirkungen auf die<br />

Leistung. Aber man kann sich nicht vorstellen, wie<br />

groß der Einfluss des Windes vor allem auch in Südamerika<br />

ist. Wenn ich die Strecke von Süd nach Nord<br />

gefahren wäre, wäre ich gut und gerne zehn Tage<br />

085


„Alles ist<br />

Kopfsache“<br />

schneller gewesen. Einfach weil ich auf dem Großteil<br />

der Strecke Gegenwind hatte. Zum Vergleich: Es gab<br />

in Patagonien Tage, an denen hatte ich Gegenwind<br />

und einen Schnitt von 10 km/h. An einem ganzen<br />

Tag habe ich nicht mehr als 150 Kilometer geschafft.<br />

Und es gab Tage, an denen hatte ich Rückenwind.<br />

Da bin ich allein am Vormittag 300 km gefahren, bei<br />

einem Schnitt von 45 km/h. Anstrengender waren<br />

die Tage mit Gegenwind und 150 Kilometern. Das<br />

Härteste <strong>für</strong> mich aber war Peru. Das liegt daran,<br />

dass bei solchen Distanzen der Körper sowieso schon<br />

am Limit ist und letztendlich alles Kopfsache ist. Ich<br />

hatte zwar auch in Texas und in Patagonien stärkeren<br />

Wind, doch da besaß ich die Hoffnung, dass der<br />

Wind dreht. In Peru war klar: Der Wind dreht nicht.<br />

Zudem ist die Straße extrem langweilig und führt<br />

durch eine Wüste, die sich nicht verändert. Vor mir<br />

lagen 3000 Kilometer bei denen ich wusste, es wird<br />

nicht besser. Der Wind weht jeden Tag mit 30 bis 50<br />

km/h direkt von vorne. Sich da jeden Tag aufs Neue<br />

zu motivieren, das ist extrem schwierig.<br />

Auch unvergessliche Naturerlebnisse und einmalige<br />

Momente hält der Extremradler in seinem Tagebuch<br />

fest: Bekanntschaften mit Grizzlybären, Elchen und<br />

Skorpionen. Dass er sein Essen an Bäumen befestigte,<br />

um die Bären von seinem Zelt fernzuhalten. Die<br />

absolute Wildnis und die traumhaften Landschaften<br />

Kanadas, gekrönt von der sensationellen Nacht<br />

am Yukon, in der Polarlichter wie magische grüne<br />

Geister über ihm tanzen. Den Sternenhimmel und<br />

die unberührte Natur auf dem Andenpass in 4500<br />

Metern Höhe an der Grenze zwischen Chile und Argentinien.<br />

Die guten Erfahrungen mit den Menschen,<br />

die ihm auf seiner Reise begegneten, ihn zum Essen<br />

und manchmal auch zum Übernachten einluden oder<br />

ihm bei Pannen weiterhalfen.<br />

Startpunkt der Extremtour über 23.000 Kilometer<br />

und 200.000 Höhenmeter waren die Ölfelder von<br />

Prudhoe Bay, der nördlichsten Stadt Alaskas am arktischen<br />

Ozean. Dort, wo Amerika beginnt. Als Startzeitpunkt<br />

wählte Jonas Deichmann Ende August das<br />

einzig mögliche Zeitfenster, um den amerikanischen<br />

Kontinent von Nord nach Süd zu durchqueren, ohne<br />

086


087


088


„Der Einfluss<br />

von Wind und Wetter ist<br />

enorm“<br />

in den Winter zu kommen. Auf die Frage, wie und<br />

wann die Idee der „Panamericana“ und der Aufstellung<br />

eines neuen Weltrekords entstanden sei, erklärt<br />

der Münchner, dass die Idee auf seiner 14.000 Kilometer<br />

langen Reise durch Eurasien geboren wurde.<br />

„Da hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und wollte<br />

mich natürlich steigern. So war die Panamericana<br />

der nächste logische Schritt“. Den Traum, Amerika<br />

mit dem Fahrrad zu durchqueren, jedoch hegt er<br />

schon seit vielen Jahren, weil ihn die verschiedenartigen<br />

Landschaften und Kulturen faszinieren und<br />

„es einfach ein einmaliges Abenteuer ist.“<br />

Den Unterschied zwischen einer „unsupported<br />

Tour“ und einer „supported Tour“ beschreibt Jonas<br />

Deichmann so: Supported bedeutet, dass der Fahrer<br />

nichts selber macht außer Radfahren. Er wird begleitet<br />

von einem großen Team mit Masseur, Koch<br />

und mehreren Begleitfahrzeugen. Bei einer unsupported<br />

Tour ist man komplett allein unterwegs, und<br />

das Radfahren ist eigentlich das Wenigste. Du musst<br />

immer planen, wo du schläfst und wo das Essen<br />

herkommt. Da ich das alles selber mache, halten<br />

sich die Kosten stark in Grenzen. Das finanziere ich<br />

durch Sponsoren, aber auch über Vorträge, die ich<br />

bei Firmen und in Schulen halte.“<br />

Ziel der Reise war neben der Herausforderung und<br />

dem Abenteuer auch ein sozialer Zweck: Da dem<br />

Extremsportler der Naturschutz sehr am Herzen<br />

liegt, hat er Spenden gesammelt <strong>für</strong> eine deutsche<br />

Hilfsorganisation, die sich <strong>für</strong> die Wiederaufforstung<br />

des Regenwaldes in Süd- und Zentralamerika engagiert.<br />

Text: Cornelia Bubb<br />

Fotos: Jonas Deichmann


MANUEL BÄR<br />

HEELS<br />

ON<br />

WHEELS<br />

Wenn du im Anzug mit dem Rad zur Arbeit fährst, musst du dich<br />

entscheiden: Griffige Radschuhe mit Klickies oder die feinen Business-Schuhe?<br />

Die Radschuhe passen nicht zum Outfit aber mit<br />

den glatten Ledersohlen findest du keinen Halt auf den Pedalen.<br />

Oder die Radschuhe anziehen und im Büro die Schuhe wechseln?<br />

Das willst du auch nicht, denn das ist was <strong>für</strong> Mädchen.<br />

91


»Du musst dich<br />

nicht mehr entscheiden, ...<br />

Manuel Bär hat dieses Problem gelöst. Du musst dich<br />

nicht mehr entscheiden, denn es geht beides mit demselben<br />

Schuh – sicheres Reintreten und gepflegtes Auftreten.<br />

Der radbegeisterte Schuhmacher fertigt in seiner Leipziger<br />

Werkstatt passgenaue Maßschuhe, welche die besonderen<br />

Ansprüche einer speziellen Zielgruppe erfüllen.<br />

Der gebürtige Thüringer ist in Querfurt (Sachsen-Anhalt)<br />

aufgewachsen und hat nach der Schule zunächst Orthopädieschuhmacher<br />

gelernt. Mit seinem ausgeprägten gestalterischen<br />

Gespür <strong>für</strong> Formen und Farben konnte ihn die Maßanfertigung<br />

orthopädischer Artikel auf Dauer jedoch nicht<br />

befriedigen. Er entschied sich deshalb <strong>für</strong> eine zweijährige<br />

Weiterbildung, die es so im gesamten deutschsprachigen<br />

Raum nur einmal gibt. An der Deutschen Schuhfachschule<br />

im rheinland-pfälzischen Pirmasens eignete sich der geschickte<br />

Handwerker die notwendigen gestalterischen und<br />

technischen Kenntnisse an, um ästhetisch anspruchsvolle<br />

Kollektionen zu gestalten und fachgerechte Modelle zu<br />

konstruieren. Mit seinem hervorragenden Abschluss als<br />

„Staatlich geprüfter Schuhtechniker“ arbeitete Manuel Bär<br />

zunächst ein Jahr in einer traditionsreichen Pirmasenser<br />

Schuhmanufaktur in der CAD-Schnittkonstruktion bevor<br />

er mit seiner jungen Familie zurück in den deutschen Osten<br />

zog. Dort war er noch weitere sechs Jahre als technischer<br />

Modelleur in einem großen orthopädischen Maßbetrieb<br />

...denn es geht beides<br />

mit demselben Schuh«<br />

93


» Der passionierte Radfahrer verbindet<br />

sein Hobby mit dem besten aus<br />

zwei verschiedenen Schuhwelten.«<br />

tätig bevor er im Februar 2016 den Schritt in die Selbstständigkeit<br />

wagte.<br />

Als passionierter Radfahrer verbindet er sein Hobby mit<br />

dem besten aus zwei verschiedenen Schuhwelten. Seine<br />

stilvollen Kreationen verwandelt „der Bär“ – wie ihn seine<br />

Kommilitonen nannten – mit handwerklicher Präzision in<br />

passgenaues Schuhwerk von höchstem Tragekomfort. Der<br />

Schuhtechniker hat selbst nach den besten Materialien zur<br />

Versteifung seiner anspruchsvollen Radschuhe geforscht<br />

und sie persönlich getestet. Dabei hat er letztendlich einen<br />

speziellen, besonders stabilen High-Tech-Materialaufbau<br />

entwickelt. Diese Glasfaser-Carbon-Konstruktion fügt er<br />

unterhalb der Brandsohle ein, um die Shimano-Klicksysteme<br />

zu befestigen. Neben dem bewährten Shimano SPD-<br />

System findet Manuel Bärs Kunde jetzt auch die größeren<br />

SPD-SL Cleats.<br />

Aber es wäre zu einseitig, wenn es im stylischen Atelier<br />

des bärigen Schuhmachers nur Business-Radschuhe gäbe.<br />

Selbstverständlich kann sich der komfortgewohnte Kunde<br />

auch sportliche Trecking-Radschuhe auf Maß und nach<br />

eigenen Vorstellungen in verschiedenen Materialien und<br />

95


» Wer maßgefertigte<br />

(Rad-)Schuhe haben möchte,<br />

muss etwas Geduld mitbringen.«<br />

besonderen Farbkombinationen anfertigen lassen. Hier<br />

kommen außer dem klassischen Werkstoff Leder auch moderne<br />

Kunststoffe zum Einsatz, die eine schier unbegrenzte<br />

Farbvielfalt erlauben. Dazu erhält man auch den passenden,<br />

mit dem Wunschmaterial überzogenen Fahrradsattel und<br />

die dazugehörigen Lenkergriffe.<br />

Im Maßatelier von Manuel Bär entstehen aber nicht nur<br />

Radschuhe in zeitgenössischer, geklebter Machart sondern<br />

auch in alter Handwerkstradition durch- und zwiegenähte<br />

Straßenschuhe aus edlen Materialien. Feinste Kalb- und<br />

Rindleder oder sämisch gegerbte Büffelleder können auch<br />

mit exotischen Schlangen- oder Krokodilmustern kombiniert<br />

werden. Da<strong>für</strong> muss selbstverständlich kein Reptil<br />

sein Leben lassen. Die begehrten Muster werden kunstvoll<br />

und dauerhaft in Rindshäute eingeprägt.<br />

Wer maßgefertigte (Rad-)Schuhe haben möchte, muss<br />

allerdings etwas Geduld mitbringen. Zum vereinbarten<br />

Termin kann man sich gegenseitig kennenlernen und in der<br />

gemütlichen Sitzecke bei einer Tasse Kaffee jede Einzelheit<br />

besprechen. Inklusive Maßnehmen dauert das mindestens<br />

eine Stunde, meistens aber länger. Bis die Schuhe fertig<br />

sind, kann das schon mal ein paar Wochen dauern. Da hilft<br />

dann nur „abwarten und Rad fahren“.<br />

Text: Martin Thorenz Werkstattfotos: Cristoph Busse;<br />

. Produktfotos: Robert Lindenau<br />

97


080


DESIGNSTARKE<br />

DYNAMIK<br />

Rondo HVRT CF Zero Road Plus Bike –<br />

Ein Road/Cyclocross-Modell der Extraklasse<br />

Bilder: Hersteller<br />

Ein Topmodell mit Premium-Ausstattung –<br />

Das HVRT CF Zero vereint viele technische Highlights, aggressive<br />

Geometrie und ein ausgesprochen edles Design. Die<br />

Basis des Rades bildet das preisgekrönte HVRT Rahmenset.<br />

Mit dem steifen vorderen Dreieck überträgt das Modell bei<br />

rasanten Sprints effizient die komplette Energie. Dank der<br />

Flex-Punkte an Kettenstreben, Oberrohr und Sattelrohr sorgt<br />

der Hinterbau <strong>für</strong> hervorragenden Fahrkomfort. So ergibt<br />

sich eine perfekte Kombination <strong>für</strong> lange Distanzen auch<br />

abseits der Straße. Zusätzlich ist es möglich, mit Hilfe der<br />

einzigartigen Twintip Gabel die Geometrie zu wechseln und<br />

so die Lenkeigenschaften zu verändern. Die erste Einstellung<br />

mit steileren Winkeln, weniger Gabelvorlauf und einer tieferen<br />

Front eignet sich <strong>für</strong> den Renneinsatz. Mit der Alternativeinstellung,<br />

sprich flacheren Winkeln und höherer Front<br />

sind die Voraussetzungen <strong>für</strong> volumige Reifen, Schutzbleche<br />

und damit ausgiebige Ausdauereinheiten gegeben.<br />

Zur Highend Ausstattung des Rondo zählen die Dura-<br />

Ace-Schaltgruppe von Shimano, 55mm hohe Rondo<br />

X Hunt Carbon Felgen und die TwinTip Carbongabel.<br />

Rahmen und Gabel sind aus Superlight EPS Carbon<br />

gefertigt und mit Steckachse ausgestattet.<br />

Weitere Features:<br />

• kompatibel mit 1-fach- und 2-fach-Antrieben •<br />

700x40c Laufräder (kompatibel mit 650Bx2.1“) •<br />

Lenker: Easton EC70 Aero• Lenkerband: Velo Comfort<br />

Tape • Vorbau: RONDO • Sattel: Fabric Scoop Flat<br />

Ultimate • Sattelstütze: Rondo Aero Carbon • Bremsen:<br />

Shimano Dura Ace BR-R9170 • Schalthebel: Shimano<br />

Dura Ace ST-9120 • Schaltwerk: Shimano Dura Ace •<br />

Kurbel: Shimano Dura Ace FC-R9100 52/36 • Kassette:<br />

Shimano KCSR8000 11-28T • Naben: DT Swiss 350 •<br />

Felgen: RONDO X Hunt 50 Aero Carbon


HORST BROZY<br />

LEIDENSCHAFT FÜR<br />

RAD UND<br />

KUNST<br />

Der Radsport begleitet Horst Brozy<br />

schon seit Kindertagen und inspiriert<br />

bis heute seine kreative künstlerische<br />

Arbeit.<br />

Viele sehen in dem universellen Künstler Horst Brozy<br />

entweder den Fotografen, den Zeichner oder Maler. Vielen<br />

anderen gilt er als Designer oder Radsportler. Aber Horst<br />

Brozy ist mehr. Vielseitigkeit und Interdisziplinarität<br />

sind ihm wichtig, er will stets über den Tellerrand hinaus<br />

blicken. In seinem Netzwerk verknüpft er die Menschen,<br />

möchte, dass sie sich gegenseitig kennen lernen, weil er<br />

überzeugt ist, dass sie voneinander profitieren können.<br />

Und er unterstützt mit Begeisterung soziale Projekte.<br />

Und so kam es dazu<br />

„Mit fünf Jahren habe ich zu meinem Geburtstag das erste<br />

Fahrrad geschenkt bekommen, und vom ersten Augenblick<br />

an war ich total fasziniert. Radfahren zu können, war <strong>für</strong><br />

mich das höchste. Später, als ich 18 wurde, stand ich vor<br />

der Entscheidung: Führerschein oder Rennrad! Ich favorisierte<br />

das Rennrad und habe erst später den Führerschein<br />

gemacht.<br />

Die Radrennen, die ich während des Studiums begann,<br />

standen nie im Vordergrund. Es waren vielmehr die Bewegung<br />

und der Aktionsradius, der sich damit erschließen<br />

ließ, die mich begeisterten. Auch der sportliche Erfolg – ich<br />

100


in 20 Jahre Radrennen gefahren – war mir nie übermäßig<br />

wichtig. Wichtig waren mir vielmehr das Miteinander<br />

und die Erkenntnis, dass Erfolg nicht von alleine kommt.<br />

Geben und Nehmen ist elementar, denn man ist immer auf<br />

die Hilfe und Unterstützung der anderen angewiesen.“<br />

Vom Radsportfan zum Künstler<br />

„Von klein an habe ich immer schon gern gezeichnet und<br />

gemalt. Inspiration fand ich damals in Zack-Heften, in<br />

denen Figuren wie Michel Vaillant (Rennfahrer), Lucky<br />

Luke und andere wöchentlich ihre Geschichten in Bildern<br />

„erzählten“. Ich habe mir immer gewünscht, selber mal Figuren<br />

und deren Erlebnisse auf Papier zu bringen. Das war<br />

so eine Geschichte und ein Vorhaben, die sich durch mein<br />

Leben zogen, bis ich mit zehn Jahren Kontakt zu einem<br />

Künstler – dem Kunstlehrer an unserer Schule – bekam.<br />

Er hat mein Talent schnell erkannt und mich ermutigt, die<br />

Fachoberschule <strong>für</strong> Gestaltung zu besuchen.<br />

Während der Fachoberschule entschied ich mich, Kommunikationsdesign<br />

zu studieren. Schwerpunkte waren<br />

Malerei und Illustration. Gleichzeitig habe ich mich intensiv<br />

mit unterschiedlichen Sportarten beschäftigt, die auch<br />

Thema meiner Diplomarbeit wurden.<br />

Während der Bundeswehrzeit war ich beim PSV Köln gemeinsam<br />

mit Marcel Wüst, Guido Eickelbeck, Jörg Ahrens<br />

im Radsport unterwegs. Die Option, aus dem Radfahren<br />

beruflich mehr zu machen, kam <strong>für</strong> mich durch meinen<br />

späten Sporteinstieg nicht in Frage.“<br />

Und so ging`s weiter<br />

„14 Jahre lang habe ich bei unterschiedlichen Werbeagenturen<br />

gearbeitet, parallel zum Radfahren. 2004 entschloss<br />

ich mich zur Selbstständigkeit. Damit erweiterte sich mein<br />

Aktionsradius und ich konnte mich auch mit mehr The-


men befassen, die mir Spaß machten. Aus dieser Entscheidung<br />

heraus, ist sehr viel Interessantes entstanden. Unter<br />

anderem war ich Mitbegründer des Teams Coast. Ich hab<br />

die Bekleidung <strong>für</strong> Olympia Dortmund gemacht, <strong>für</strong> das<br />

Profi Team des PSV Kölns damals das Team Cologne, <strong>für</strong><br />

Giordana, Santini und andere.<br />

Aber ich arbeite auch <strong>für</strong> Unternehmen, die nichts mit<br />

Sport zu tun haben. Von der Werbung über die Logo-<br />

Entwicklung bis hin zum fertigen Messestand und all den<br />

Werbemitteln und Maßnahmen, die man auf dem Weg<br />

dorthin braucht, erstelle ich Konzepte und Studien und<br />

biete auch Kurse an.<br />

„Mein ständiger Wegbegleiter ist und bleibt der Radsport,<br />

den ich als Ausgleich nutze um den Kopf <strong>für</strong> die kreative<br />

Arbeit frei zu bekommen.<br />

Meine Leidenschaft <strong>für</strong>s Radfahren brachte mich auch<br />

nach Südfrankreich zum Trainieren. Meine Neugierde zog<br />

mich nach den Radel-Einheiten an Orte wie Monaco und<br />

Nizza, wo ich malte und Galeristen kennen lernte. Meine<br />

ersten Ausstellungen in Monaco und Roquebrune liefen<br />

über mehrere Monate. Später kamen Präsentationen in<br />

Amsterdam, Rotterdam, Stuttgart, Dortmund, Düsseldorf<br />

dazu. Alles Ausstellungen, die sich um die Themen Radund<br />

Motorsport drehten.<br />

Schon als Kind faszinierte mich neben dem Rad- auch<br />

der Motorsport. Viele gute Kontakte zu unterschiedlichen<br />

Teams und Rennfahrern bestehen. So habe ich die letzten<br />

zehn Jahre <strong>für</strong> das Phoenix Racing Team unterschiedliche<br />

Projekte umgesetzt, wie etwa vier Kalender, von denen der<br />

aktuelle die 20-jährige Teamhistorie widerspiegelt.<br />

Generell bin ich im Rad- und Motorsport gut vernetzt, und<br />

Teams wie Fahrer kennen mich und meine Arbeiten. Viele<br />

brennen darauf, dass ich sie zeichne oder male.“<br />

Vor sechs Jahren habe ich auf der Eurobike Bilder <strong>für</strong> ein<br />

103


soziales Projekt gespendet und Andy Rihs kennengelernt.<br />

Er meldete sich daraufhin bei mir und es entstanden<br />

drei Kalender 2013 bis 2015 <strong>für</strong> BMC und diverse andere<br />

Dinge. Aktuell sind Bilder von mir in einer Galerie in<br />

San Francisco im nahe gelegenen Napa Valley zu sehen.<br />

Geplant ist auch eine Ausstellung zum nächsten Bremer<br />

Sechstage-Rennen 2020.“<br />

Kunstwerke entstehen<br />

„Ich arbeite von zu Hause aus, wo ich eine eigene Arbeitswohnung<br />

beziehungsweise ein Atelierbüro habe. Die Zeit,<br />

die ich mit einem Bild verbringe, bewegt sich zwischen<br />

ein und sieben Tagen. Das hängt von der Größe und dem<br />

Material ab. Ich finde es spannend, Rennen zu beobachten,<br />

um dann zu entscheiden, welchen Moment ich umsetzen<br />

werde. Zu meinen Kunden gehören im Sport Olympiasieger,<br />

Weltmeister, nationale Meister, Le Mans Sieger,<br />

Motor Sport Teams, Rad Sport Teams, Veranstalter und<br />

Kunstinteressierte.“<br />

Helfen mit Begeisterung<br />

„Jedes Jahr unterstütze ich mit einigen Arbeiten unterschiedliche<br />

soziale Projekte. Außerdem stelle ich auf meiner<br />

Internetseite einen Radsportkalender zum kostenlosen<br />

Download bereit, mit der Bitte <strong>für</strong> ein soziales Projekt zu<br />

spenden.<br />

Meine Sportbilder – die hier veröffentlichten sind eine<br />

Auswahl aus 1800 Radsport- und 700 Motorsportbildern<br />

– findet man auf Facebook, auf Pinterest<br />

und auf meiner eigenen Webseite.<br />

Wer Interesse an meinen Bildern oder an einer Zusammenarbeit<br />

mit mir hat, kann sich direkt an mich wenden.<br />

art@horst-brozy.de · www.horst-brozy<br />

Text: Gerda Obermeier Bilder: Horst Brozy<br />

104


106


ENSO-<br />

DER BEGABTE<br />

SUPERSPORTLER<br />

Der Platzhirsch <strong>für</strong> technik-begeisterte, outdoor-affine Familien<br />

Bilder: Hersteller<br />

Der Enso ist viel mehr als nur ein Kinderfahrradanhänger.<br />

Die smarte Multifunktionalität des Leggero Enso<br />

vereint die Funktionen eines Fahrradanhängers mit<br />

jenen eines vollwertigen Sportkinderwagens. Biken,<br />

Inlinern, Joggen, Laufen und Spazieren, der Hightech<br />

Anhänger bedient sämtliche Bedürfnisse, die an einen<br />

Kindertransporter gestellt werden. Auf Wanderwegen,<br />

Schotterpisten in Wald und Bergen fühlt sich der Leggero<br />

ebenso zuhause wie auf geteerten Straßen.<br />

Leggero legt sehr großen Wert auf eine ökologische und<br />

nachhaltige Herstellung. Die Kindertransportsysteme<br />

werden am Bodensee in der Schweiz produziert<br />

und nicht wie über 90% seiner Mitbewerber in Fernost.<br />

In Bezug auf Qualität und technischer Umsetzung kann<br />

dem Hightech-Kindertransporter wohl kaum einer das<br />

Wasser reichen. On Top lässt Leggero alle seine Fahrradanhänger<br />

vom TÜV Süd nach den neusten STVZO<br />

Normen prüfen. Die umfangreichen Tests umfassen unter<br />

anderem Crash-Test, Fahrverhalten und Ungiftigkeit<br />

der verwendeten Materialien.<br />

Beim Leggero Enso ist bereits im Grundpreis von 1.199<br />

Euro fast alles mit dabei. Mehr Infos auf www.leggero.de


108


VOM SPORTLER ZUM<br />

GRAVELBIKE-<br />

VERSTEHER<br />

Georg Preisinger lässt mit seinen<br />

Crossrädern die Herzen der Overroadfans<br />

höher schlagen<br />

Gravel ist das neue Offroad. Wie bitte?<br />

Die Zeiten, in aller Lässigkeit über Stock und<br />

Stein und losem Geäst zu radeln, sind mit dem<br />

Gravelbike endgültig vorbei. Die geländegängigen<br />

Rennräder sollen den Schotter (Gravel) richtig<br />

aufwühlen. Und wer genau hinschaut, erkennt<br />

in ihnen CX-Räder, die <strong>für</strong> den Ausdauersport<br />

konzipiert wurden. Die Erfinder dieser Modelle<br />

haben dabei den Allrounder im Blick gehabt.<br />

Die Bandbreite und die Individualität der Räder<br />

gehen dabei ebenso weit auseinander wie das<br />

spontan geplante Vorhaben.<br />

Während manche den Komfort mit Bikepacking<br />

kombinieren, nutzen andere das Rad als<br />

Verkehrsmittel zur Arbeit oder als Gefährt zum<br />

Mountainbiken. Dass es als Ersatz <strong>für</strong>s gewöhnliche<br />

Rennrad dient, ist dabei ein bedeutendes Argument<br />

<strong>für</strong> den Erfolg von Gravelbikes. Denn das<br />

Radeln abseits befestigter aber hochfrequentierter<br />

Autostraßen, ist <strong>für</strong> viele eine Erlösung. Dabei<br />

muss es kein Nachteil sein, damit auch manches<br />

CX-oder Straßenrennen zu gewinnen. Formen<br />

und Farben aktueller Modelle aber mögen <strong>für</strong><br />

viele der Hauptgrund sein, umzusteigen. Das<br />

Zauberwort heißt Vielseitigkeit. Und der Meister<br />

nennt sich Georg Preisinger.


GUNSHA ATR 3.0 PX GRAVEL


EIN MEISTER DER RADRENNKUNST<br />

Preisinger ist Spezialist auf dem Gebiet. Mit seinen mehr<br />

als 35 Jahren aktiver Erfahrung im Radsport kennt er die<br />

Kniffe beim Design sportlicher Räder. Am Ende seiner<br />

rund 600 Rennen in der Straßen-MTB und Cyclocross-<br />

Szene, baute er in den 90er das Ghost Racingteam auf.<br />

Als Coach mit B-Trainer-Schein arbeitete er zeitweise<br />

als Honorartrainer <strong>für</strong> den BRV. Seit zehn Jahren leitet<br />

er nun das Gunsha-KMC CX-/Gravelteam. Dass Gravel<br />

schon längst bei den Profis angekommen ist, zeigt ein<br />

Blick in den Tourenkalender Preisingers.<br />

Schon seit Ende der 90er Jahren spult er weltweit Kilometer<br />

auf seinen Graveltouren runter. Ob er dabei rund<br />

1500 Kilometer die Sahara befährt, die Tour de Ethiopia<br />

bewältigt oder aber Kenia, die Türkei, Ägypten, Laos,<br />

Vietnam, Thailand, Südindien, Neuseeland, Australien,<br />

Marokko, Argentinien, Chile, et cetera durchradelt, eine<br />

bessere Werbung <strong>für</strong> das Gravelbike ist kaum möglich.<br />

Durch die vielen Touren und eben der Vielseitigkeit des<br />

Radsports, war es <strong>für</strong> ihn ein besonderes Anliegen, ein<br />

Rad <strong>für</strong> diese Herausforderungen zu konstruieren.<br />

DAS ATR MARKIERT DIE GEBURTS-<br />

STUNDE DES GRAVELNS<br />

Schon 2007 entwickelte Preisinger das erste Fahrradrad<br />

<strong>für</strong> den Schottereinsatz - das ATR. Man kann also mit<br />

absoluter Bestimmtheit sagen, dass er als Pionier und<br />

Vorreiter die Gravel-Szene maßgeblich beeinflusst hat.<br />

„Anfangs musste ich jedem erklären, warum zwei, drei<br />

Räder mitnehmen, wenn sich die Tour auch mit einem<br />

Rad bewältigen lässt“, erzählt er uns im Gespräch. Es<br />

war die Zeit der ersten Gravel -, Cyclocross- und Roadbikes.<br />

Heute besteht das ATR 3.0 in der fünften Serie<br />

viele Rennen. Durch technische Weiterentwicklungen,<br />

bei gleichbleibender Geometrie, konnten viele Kunden<br />

national und international zahlreiche Titel auf der Straße,<br />

der Bahn und im CX einfahren. Auch ein Europameistertitel<br />

verdankt seinen Erfolg Preisingers „Gunshas“. Die<br />

Konstruktion des Gunsha SLX war dabei entscheidend,<br />

wie ein Blick ins Detail verrät.<br />

111


EXTREM LEICHT FÜRS SCHWERE GELÄNDE<br />

So wurde beispielsweise die Gabel in Monocoque-Bauweise,<br />

also aus einem Stück gefertigt. Die Konstrukteure<br />

erreichen damit eine hohe Stabilität bei geringem Gewicht.<br />

Auch beim Rahmen galt das Gewicht sparen als Paradedisziplin.<br />

Das in Trible Butted Alu 7005 gefertigte Gestell<br />

wiegt knapp 1350 Gramm (raw finish). An dieser Stelle<br />

betont Preisinger aber, dass das Gewicht nicht die entscheidende<br />

Rolle spielt. Die Gesamtkonstruktion steht im<br />

Mittelpunkt. Auch deshalb sind Flatmount-Bremsen vorne<br />

wie hinten Standard. Das ATR 3.0 besitzt im Verhältnis zu<br />

manch anderem Gravelbike einen kurzen Radstand. Die<br />

Hinterbaulänge beträgt 42,5 cm. Damit lässt sich das Rad<br />

sportlich fahren.<br />

Allerdings können keine MTB Reifen mit einer Größe<br />

1,7 Zoll eingebaut werden. Es sei denn man fährt 650 B<br />

Reifen. Zulässig sind Reifen bis 41 mm Breite. Da<strong>für</strong> kann<br />

jedoch ein 46er Monokettenblatt montiert werden. Bei den<br />

Laufrädern orientiert Preisinger sich ganz nach Kundenwunsch<br />

und deren besonderen Ansprüchen. In Petto hat er<br />

da<strong>für</strong> eine Vielzahl an Tubeless Ready LRS in Carbon und<br />

Alu. Auch können je nach Belieben die Übersetzung der<br />

Kurbel und der Kassette festgelegt werden. Ein weiteres<br />

Indiz <strong>für</strong> die nachhaltige Qualität ist die Beratung, die sich<br />

nicht nur um die Rahmengröße und Sitzhöhe kümmert.<br />

Wer sich ein Gravelbike <strong>für</strong> alle Anwendungen zulegt,<br />

muss es in allen Belangen passend einstellen.<br />

Text: Andreas Burkert<br />

Fotos: Hummer, Stefan Heinz<br />

112


Dein Premium Bike-Urlaub<br />

bike-holidays.com<br />

#myPlace2Bike<br />

© WOM Medien


PURE<br />

SCHÖNHEIT<br />

114


KOSUKE MASUDA<br />

Kosuke Masuda ist Künstler und Buddhistischer<br />

Mönch. Seine kunstvollen Gravuren<br />

auf Fahrradlenkern und Komponenten begeistern<br />

die Menschen rund um die Welt.<br />

Punkte und Linien machen seine Kunst aus,<br />

wie er selbst erzählt. Es gibt keinen Anfang<br />

und kein Ende – so verschmelzen, durchkreuzen,<br />

verlaufen und verlieren sich diese<br />

Punkte und Linien in einer eigenen Harmonie<br />

und Erscheinungsform. Sie können Sterne,<br />

Blumen, Blätter, Berge, Welten erschaffen,<br />

ganz so wie sie die Augen, die Fatansie und<br />

die Vostellungskraft des einzelnen Betrachters<br />

erleben.<br />

Doch der vielseitige Künstler Kosuke Masude<br />

beschäftigt sich mit mehreren Kunstformen,<br />

darunter die traditionelle japanische<br />

sumi-e Tuschemaltechnik. Viele seiner Werke<br />

sind inspiriert von der Welt des Fahrrades,<br />

die ihn in vielfältiger Weise fasziniert.<br />

Wir freuen uns sehr, dass ein beeindruckendes<br />

Werk aus den Händen des Künstlers<br />

Kosuke Masuda sich auch auf der Titelseite<br />

dieser aktuellen „<strong>Freilauf</strong>“-<strong>Ausgabe</strong> findet.<br />

Bilder: Kosuke Masuda<br />

115


ISRAELS GOSPEL-TRAIL


STRAMPELN<br />

FÜR DEN<br />

GLAUBEN<br />

Die tausend Kilometer des Israel Trails, von Dan im Norden<br />

bis nach Eilat im Süden, führen kreuz-und quer durchs Land<br />

und rechts und links an Reliquien vorbei, die an die Anfänge<br />

des Evangeliums erinnern. Weil wir nur knapp eine Woche<br />

Zeit haben, radeln wir den neuen Gospel Trail entlang, vorbei<br />

an Pilgern aus aller Welt, orthodoxen Juden auf dem Rad<br />

und durch die engen Gassen des arabischen Viertels<br />

in Jerusalem.<br />

Früh, aber noch zu einer christlichen Tageszeit, holt<br />

uns Chaim Rockmann vom Hotel in Nazareth ab.<br />

Die stabilen Mountainbikes hat er bereits sorgsam<br />

auf dem Hänger montiert, die Wasserflaschen<br />

liegen gestapelt im Wagen bereit. Kleinigkeiten werden<br />

geklärt, dann rollen wir los, schieben uns langsam durch die<br />

engen Straßen der Stadt. Schön, dass wir hier nicht Radeln<br />

müssen, sondern erst vor den Toren Nazareths, rund 30<br />

Kilometer nördlich, auf die Bikes steigen. In dem dichten<br />

Verkehr ist das Fahrradfahren anstrengend – auch weil die<br />

Fahrradwege fehlen.<br />

Chaim – gesprochen „Haim“ - ist unser Guide <strong>für</strong> die<br />

kommenden Tage. Er ist Student der modernen Arabischen<br />

Geschichte, groß, schlaksig und Anfang siebzig! Aber er ist<br />

einer von mehr als 2.400 qualifizierten Touristenführern,<br />

die Israel bis ins Detail erklären können. Darüber hinaus ist<br />

er einer der etwa 60 Guides, die sehr gut Deutsch sprechen.<br />

Zwar wird in Israel an fast jeder Ecke englisch gesprochen<br />

und verstanden. Dennoch: Das Deutsche aus seinem Mund<br />

hilft in manchen Situationen: Etwa wenn er aus dem Effeff<br />

einen Psalm aus dem Alten oder Neuen Testament zitiert,<br />

der die Gegend, den Anlass oder die Begebenheit treffend<br />

beschreibt. Vermutlich ist er damit der einzige seiner Gilde,<br />

der seine Vorlieben, Bibelpsalm zitieren und Fahrradfahren,<br />

zur Berufung gemacht hat. Was also wäre treffender, als den<br />

ersten Tag auf dem Mountainbike den Gospel Trail entlang<br />

zu fahren.<br />

HINTER JEDEM HÜGEL EIN BEKENNTNIS<br />

Nach der Enge der Stadt und der Fahrt im Tourbus, die<br />

trotz gut ausgebauter Straßen dauert - nur selten überschreitet<br />

Chaim die 80 km/h, obschon die israelische Straßenverkehrsordnung<br />

eine weitaus höhere Geschwindigkeit<br />

erlaubt – freuen wir uns auf die erste Etappe. „Der Gospel<br />

Trail ist eine Reise in die Vergangenheit des Christentums“,<br />

sagt Chaim, freut sich und zeigt auf seine Karte – die<br />

allerdings auf Hebräisch ist. Auch die schnellen Fingerbewegungen,<br />

mit denen er uns auf der Karte den Weg erklären<br />

möchte, verwirren. Jetzt heißt es also, wachsam sein. Denn<br />

wir wandern sozusagen auf den Spuren Jesu. Die legte er,<br />

117


118


als er seinen Heimatort Nazareth verlassen musste. Zu gewagt<br />

waren die Predigten seiner neuen Lehre. Also vertrieben<br />

ihn die Bewohner der Stadt. So durchquert er das Land<br />

– entlang der Hügel, die im zentralen Galiläa noch heute die<br />

Landschaft prägen, vorbei an Feldern mit Wildblumen und<br />

durch ausgedörrte Trockengebiete.<br />

Nach diesem kurzen, geschichtlichen Ausflug zu den Anfängen<br />

des Christentums strampeln wir also los. Im Gepäck<br />

genügend Wasser und die Hoffnung, etwas Biblisches zu<br />

entdecken. Immerhin erzählt der vor uns liegende Weg<br />

den wohl bedeutendsten Teil des Evangeliums. Die knapp<br />

65 Kilometer des Gospel Trails führen nämlich nicht nur<br />

von Nazareth bis zum See Genezareth, sie führen uns auch<br />

durch eine Jahrtausende Jahre alte Geschichte. Wohlwissend,<br />

dass die Mitarbeiter des israelisches Tourismusministeriums,<br />

die den Trail vor etwa zwei Jahren angelegt haben,<br />

bemüht waren, die Route so zu führen, dass möglichst viele<br />

religiöse Stationen gekreuzt werden.<br />

DIE GESPENDETEN WÄLDER ISRAELS<br />

An diesem Tag, im Mai des Jahres 2013 A.D., durchfahren<br />

wir großflächige und gewissenhaft angelegte Parks,<br />

radeln gemütlich an bewirtschafteten Feldern mit tausenden<br />

Olivenbäumen vorbei und rasten an gut ausgebauten<br />

Aussichtsplattformen, die einen herrlichen Blick über das<br />

Land bieten. Die erste Möglichkeit einer herrlichen Aussicht<br />

erreichen wir schon nach wenigen Kilometern – am Auslauf<br />

einer Kehre.<br />

Dort hat der Jewisch National Fund auch ein kleines<br />

Felsmonument errichtet, auf der Vorderseite eine große<br />

Steintafel angebracht, die an den ehemaligen britischen<br />

Premier Winston Churchill erinnert und ihm dankt. Da<strong>für</strong>,<br />

dass er auf einem Teil des Landes, speziell an diesem Ort<br />

– beiderseits der Bet Keshet Forest Scenic Road – Bäume<br />

hat pflanzen lassen. So ähnelt die Gegend an den östlichen<br />

Ausläufern der Hügel von Nazareth einer mediterranen<br />

Waldlandschaft. „Seit 1948 wird das Land Israel intensiv<br />

aufgeforstet“, erklärt Chaim. Viele Israelis, israelische Unternehmen<br />

aber auch Juden auf der ganzen Welt spenden<br />

da<strong>für</strong> Geld.<br />

Fast die gesamten ehemals bewaldeten Gebiete zwischen<br />

dem Mittelmeer und dem Jordan wurden nämlich während<br />

des ersten Weltkrieges vorwiegend von deutschen<br />

und italienischen Soldaten abgeholzt und unter anderem


120


<strong>für</strong> das Betreiben der ersten Züge verheizt. Heute ist Israel<br />

ein fruchtbares Land mit zahlreichen Plantagen, auf denen<br />

Olivenbäume, Bananenstauden und Weinreben gedeihen.<br />

Und selbst in den Tälern der Judäischen Wüste gelang es,<br />

Wein anzubauen.<br />

ISRAEL TRAIL BIS ANS ROTE MEER<br />

Denn auch die Negev ist ein beliebtes Ausflugsziel <strong>für</strong><br />

Aktivurlauber, auch wenn der Süden Israels einer zerklüfteten<br />

Wüstenlandschaft gleicht – bereits nach wenigen<br />

Kilometern südlich der alten Stadt Beer Sheva schaltet die<br />

Landschaft von Wiesen und Weiden auf Stein und Geröll.<br />

Mit dem Mountainbike durch die Negevwüste zu fahren,<br />

ist dennoch ein besonderes Erlebnis. Kleine Hügel, aber<br />

auch ausgewachsene Berge formen den Weg, an denen an<br />

manchen Stellen links und rechts Felswände steil zu Boden<br />

fallen. Manche Abhänge bieten darüber hinaus dem Profi<br />

genügend Spielraum <strong>für</strong> waghalsige Downhills.<br />

Wer es als sportlicher Mountainbiker aber gerne gemächlicher<br />

mag und auch an mehreren Tagen hintereinander aufsatteln<br />

möchte, schafft die Negev-Wüstentour, also die rund<br />

500 Kilometer von Jerusalem nach Eliat am Roten Meer, in<br />

wenigen Tagen. Diese Tour empfehlen wir aber <strong>für</strong> die beste<br />

Reisezeit im Frühjahr bis Juni und im Herbst ab September.<br />

Dann ist die Judäische Wüste ein Erlebnis. Allerdings<br />

fehlen die Schatten spendenden Bäume und nur selten<br />

trifft man dort auf Bewohner, die einem im Notfall helfen<br />

könnten. Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung leben in<br />

dem Gebiet, das im Westen von der ägyptisch-israelischen<br />

Grenze und dem Gazastreifen, im Osten von der Arava-<br />

Senke und im Norden von der Linie Gaza-En Gedi am Toten<br />

Meer begrenzt wird.<br />

Zwar ist auch das Zelten möglich, doch erinnert ein Wummern<br />

an manchen Tagen daran, dass das israelische Militär<br />

den Negev sozusagen flächendeckend als Truppenübungsplatz<br />

eingenommen hat. Da<strong>für</strong> hat man den Vorteil, dass<br />

die wichtigsten Straßen asphaltiert sind. Zudem gibt es<br />

sehr detaillierte Landkarten vom Israelischen Umweltschutzverband.<br />

Informationen zur Sicherheit in Israel, den<br />

Einreisebestimmungen und ausführliche Broschüren zu den<br />

verschiedenen Wander- und Fahrradwegen in Englisch hat<br />

das Tourismusbüro Go Israel www.goisrael.com zusammengestellt.<br />

Text und Bilder: Andreas Burkert


AM ZIEL<br />

ANGEKOMMEN<br />

Das nächste Ziel vor Augen. Wohin<br />

uns die nächste Reise von freilauf<br />

aber führt - ganz ehrlich - wir haben<br />

zwar das Fahrrad schon bepackt, aber was<br />

da so kommen mag, schau´n mer einfach<br />

mal und lassen dem Ganzen freilauf.<br />

Verlag<br />

VeloTotal GmbH<br />

Münchberger Straße 5<br />

D-93057 Regensburg<br />

Tel.: +49 (0)9 41/7 96 07-0<br />

Fax: +49 (0)9 41 / 7 96 07-10<br />

E-Mail: info@velototal.de,<br />

Webauftritt: www.velototal.de<br />

Herausgeber<br />

Johann Fink<br />

Chefredaktion<br />

Johann Fink<br />

Redaktion<br />

Ulrich Fillies, Andreas Burkert,<br />

Gerda Obermeier, Cornelia Bubb,<br />

Michael Wagner. Karl Groß, Martin<br />

Thorenz<br />

Grafik<br />

VeloTotal GmbH<br />

Brigitte Kraus, Lisa Espig<br />

Fotos<br />

Lisa Espig<br />

Anzeigenleitung<br />

Michael Wagner<br />

Tel.: +49 (0)9 41/7 96 07-44<br />

michael.wagner@velototal.de<br />

Anzeigen-Anlieferung<br />

per ISDN: +49 (0)9 41/7 96 07-67<br />

Vertrieb<br />

Griebsch & Rochol Druck GmbH<br />

59069 Hamm<br />

Druck<br />

Griebsch & Rochol Druck GmbH<br />

59069 Hamm<br />

122<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos und Zeichnungen<br />

wird keine Haftung übernommen!


Der eine sieht nur die Bäume,<br />

Probleme dicht an dicht.<br />

Der andere Zwischenräume<br />

und das Licht.


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