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City-Magazin-Ausgabe-2019-05-Steyr

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STADT<br />

Vor 100 Jahren brannte<br />

Heimatforscher Manfred Carrington: Das flammende Linzer Wahrzeichen<br />

Zwischen<br />

DAMALS<br />

& HEUTE<br />

Eine Zeitreise<br />

Wir kennen die Pöstlingbergbahn<br />

als beschauliche Tramway auf den<br />

Linzer Hausberg. Eine gemütliche<br />

Fahrt ist Bestandteil eines jeden<br />

Ausflugs. So ist es heute kaum mehr vorstellbar,<br />

dass sie einst der Feuerwehr als<br />

Transportmittel zum Einsatz diente.<br />

Schweres Unwetter. Am Abend des<br />

17. Mai 1919 tobte ein ungewöhnlich heftiges<br />

Gewitter über der Stadt. Aufgrund ihrer<br />

exponierten Lage wurde die Ortschaft<br />

Pöstlingberg am schwersten von den Unwettern<br />

heimgesucht. Schon in den 1890er<br />

Jahren hatte der Blitzschlag Schäden an der<br />

Kirche angerichtet, die aber zu dem, was<br />

nun kommen sollte, verschwindend gering<br />

waren. Wenige Minuten vor halb acht Uhr<br />

abends schlug der Blitz mit einer solchen<br />

Wucht in die elektrischen Leitungen des<br />

Pfarrhofes ein, dass sogar die Zählerkästen<br />

aus ihrer Wandverankerung gerissen wurden<br />

und 22 Fensterscheiben zu Bruch gingen.<br />

Nun war die gesamte Ortschaft ohne<br />

Strom, als ein zweiter Blitzstrahl ein Feuer<br />

am Dach des Presbyteriums entfachte.<br />

Das Schindeldach gab ihm Nahrung. Bald<br />

stand das gesamte Dachgestühl in Flammen<br />

und ergriff auch den linken Turm. Die<br />

Ortsfeuerwehr war bereits ausgerückt und<br />

stand bis zum Eintreffen der Feuerwehr<br />

Lichtenberg allein im Kampf. Endlich kam<br />

auch Verstärkung aus Linz und Urfahr.<br />

Viele Schaulustige. Beim Bergbahnhof<br />

hatte man die Motorwägen requiriert<br />

und sich dabei gegen Menschenmassen,<br />

die als Schaulustige ebenfalls auf den<br />

Berg wollten, durchsetzen müssen. Die<br />

Dampfspritzen kamen mit Pferdebespannung<br />

nach. Die Volkswehr versuchte indes,<br />

das neugierige Publikum zu bändigen, welches<br />

sämtliche Zufahrten zum Brandplatz<br />

blockierte. Am Brandplatz erschien ebenso<br />

der Linzer Bürgermeister Karl Sadleder;<br />

auch Bischof Rudolph Hittmair bemühte<br />

sich zu Fuß mit seinen beiden Sekretären<br />

17. MAI 1919.<br />

Bereits zehn Jahre nach der Erbauung<br />

(1748) hat die Pöstlingbergkirche gebrannt.<br />

1919 und 1963 folgten weitere Großbrände.<br />

auf den Pöstlingberg. Die Löscharbeiten<br />

dauerten bis ein Uhr nachts. Den Feuerwehren<br />

war es in dieser relativ kurzen Zeit<br />

immerhin gelungen, das Innere der Wallfahrtskirche,<br />

die Seitenkapelle sowie das<br />

wertvolle Inventar zu schützen. Wie glücklich<br />

der Brand letztendlich ausgegangen ist,<br />

beweist die Tatsache, dass schon am Morgen<br />

wieder eine Heilige Messe – allerdings<br />

unter Ausschluss der Öffentlichkeit – gelesen<br />

werden konnte. Lediglich die letzte,<br />

von den Metallsammlungen des Krieges<br />

verschonte Glocke, war geschmolzen und<br />

genauso wie das gesamte Dach zerstört.<br />

Im Laufe des Sonntags entwickelte sich<br />

der Schauplatz zum Anziehungspunkt für<br />

Gaffer. Die Bergbahn musste dafür sogar<br />

den unüblichen Zehnminutentakt aufnehmen.<br />

Im gleichen Monat, 44 Jahre später<br />

am 31. Mai 1963 um 13.42 Uhr, langten<br />

bei der Linzer Feuerwehr mehrere Notrufe<br />

ein, sie lauteten: „Brand des Kirchturmes<br />

auf dem Pöstlingberg!“ Der Südturm der<br />

Kirche war im Jahr zuvor mit Kupferblech<br />

verkleidet worden. Beim Nordturm waren<br />

17. MAI 1919.<br />

Die gesamte Dachung<br />

wurde ein Raub der<br />

Flammen. Die Türme<br />

konnten indessen<br />

gerettet werden.<br />

die Arbeiten gerade im Gange, weshalb der<br />

obere Teil des nun brennenden Bauwerks<br />

eingerüstet war. Als die Feuerwehr eintraf,<br />

brannte sowohl die Turmkonstruktion als<br />

auch das Gerüst lichterloh.<br />

Flammendes Inferno. Es entfaltete<br />

sich ein Feuersturm, der bei heftigem Ostwind<br />

über das Dach des Kirchenschiffes<br />

zog. Bald war der größte Teil der Eternitdeckung<br />

durch die Hitzeeinwirkung zersprungen<br />

und krachend auf die Umfahrungswege<br />

der Kirche heruntergestürzt.<br />

Damit brannten aber auch sofort sämtliche<br />

Dachlatten einschließlich aller Sparren, die<br />

etwa 600 m² überspannten. Der FF Pöst-<br />

16<br />

TAG DANACH. 1919 musste die Bergbahn Sonderfahrten einlegen, um die Schaulustigen zu befördern.

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