ArzneimittelPROFIL Venetoclax 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Durch die Wahl einer niedrigen Initialdosierung von 20mg einmal<br />
täglich in Woche 1 und einer schrittweisen wöchentlichen<br />
Auftitrierung über 50, 100 und 200mg einmal täglich auf die Zieldosierung<br />
von 400mg einmal täglich gemäß dem Schema in<br />
Abb. 5 kann das Risiko für diese Therapiekomplikation vermieden<br />
werden (Fachinformation 2018; Seymour et al. 2018 Supplementary<br />
Appendix). Außerdem reduzieren entsprechende<br />
Prophylaxemaßnahmen mit harnsäuresenkender Supportivtherapie<br />
(z.B. Allopurinol) und oraler Hydrierung (1,5–2 Liter<br />
täglich ≥48 Stunden vor Beginn bis ≥24 Stunden nach der Dosierung)<br />
und entsprechende Laborkontrollen das TLS-Risiko; diese<br />
Aufmerksamkeit ist für jeden wöchentlichen Aufdosierungsschritt<br />
nötig. Bei hohem TLS-Risiko ist zusätzlich eine IV-<br />
Hydrierung empfohlen.<br />
Das Risiko für das TLS kann gemäß Seymour et al. 2018 wie<br />
folgt eingeschätzt werden:<br />
• niedriges Risiko, wenn alle messbaren Lymphknoten gemäß<br />
radiologischer Beurteilung einen Durchmesser von höchstens<br />
5cm haben und die absolute Lymphozytenzahl weniger als<br />
25×10 9 /l.<br />
• hohes Risiko bei Durchmesser irgendeines Lymphknotens von<br />
>10cm oder sowohl Lymphozytenzahl >25×10 9 /l und gleichzeitig<br />
Durchmesser eines Lymphknotens von mindestens 5cm.<br />
Die empfohlene Enddosis von <strong>Venetoclax</strong> in Kombination<br />
mit Rituximab beträgt 400mg einmal täglich. Dabei erfolgt die<br />
Anwendung von Rituximab, nachdem der Patient das Aufdosierungsschema<br />
und die empfohlene Tagesdosis von 400mg <strong>Venetoclax</strong><br />
über sieben Tage erhalten hat. <strong>Venetoclax</strong> ist ab Tag 1 des<br />
ersten Zyklus der Rituximab-Gabe über 24 Monate einzunehmen<br />
(Fachinformation 2018).<br />
Dosisanpassungen können bei Auftreten eines TLS notwendig<br />
werden (Fachinformation 2018). Die gleichzeitige Anwendung<br />
von <strong>Venetoclax</strong> mit starken oder mittelstarken CYP3A-Inhibitoren<br />
und mit Inhibitoren von P-gp oder BCRP erhöht die <strong>Venetoclax</strong>-Exposition<br />
und kann das Risiko eines TLS zu Beginn und<br />
während der Aufdosierungsphase und für andere Toxizitäten<br />
erhöhen, sodass Dosisanpassungen notwendig werden. Weiters<br />
sind Dosisanpassungen bzw. das zeitweise Absetzen von <strong>Venetoclax</strong><br />
bei Auftreten anderer Toxizitäten wie z.B. Neutropenie,<br />
Infektionen und Fieber vorzusehen. Detaillierte Empfehlungen<br />
für die Dosisanpassungen bzw. das Aussetzen der Dosierung im<br />
Falle schwerwiegender Nebenwirkungen werden in der Fachinformation<br />
2018 gegeben.<br />
Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist eine<br />
intensivere Prophylaxe und Überwachung erforderlich, um das<br />
TLS-Risiko zu Beginn und während der Aufdosierungsphase<br />
von <strong>Venetoclax</strong> zu senken (Fachinformation 2018).<br />
Kontraindikationen. Wegen des erhöhten TLS-Risikos ist die<br />
gleichzeitige Gabe von starken CYP3A-Inhibitoren zu Beginn<br />
und während der Aufdosierungsphase kontraindiziert.<br />
Bei stabiler Tagesdosierung von<br />
<strong>Venetoclax</strong> nach Abschluss der Aufdosierungsphase<br />
sind bei gleichzeitiger Gabe von<br />
starken bzw. mittelstarken CYP3A-Inhibitoren<br />
Dosisreduktionen von <strong>Venetoclax</strong> um 50<br />
bzw. 75% vorgesehen (Fachinformation<br />
2018). Die Patienten sollten engmaschiger<br />
auf Anzeichen von Toxizitäten hin überwacht<br />
werden. Weitere Dosisanpassungen<br />
20mg<br />
können erforderlich sein. Zwei bis drei Tage<br />
nach Absetzen des Inhibitors sollte wieder<br />
dieselbe Dosis von <strong>Venetoclax</strong> wie vor Beginn der Behandlung<br />
mit dem CYP3A-Inhibitor verabreicht werden.<br />
Die gleichzeitige Gabe von starken oder mittelstarken<br />
CYP3A-Induktoren sollte vermieden werden. Johanniskraut-<br />
Zubereitungen (CYP3A-Induktor) sind während der Behandlung<br />
mit <strong>Venetoclax</strong> kontraindiziert, da die Wirksamkeit herabgesetzt<br />
sein kann.<br />
Die gleichzeitige Gabe von P-gp- und BCRP-Inhibitoren<br />
sollte bei Therapiebeginn und während der Aufdosierungsphase<br />
vermieden werden. Sollte ein P-gp- und BCRP-Inhibitor angewendet<br />
werden müssen, sollten die Patienten engmaschig auf<br />
Anzeichen von Toxizitäten überwacht werden.<br />
8. Zulassungsstatus<br />
In der EU wurde <strong>Venetoclax</strong> am 16.11.2017 als Monotherapie zur<br />
Behandlung einer CLL bei Erwachsenen zugelassen, die eine<br />
17p-Deletion oder TP53-Mutation aufweisen und die für eine<br />
Behandlung mit einem Inhibitor des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs<br />
nicht geeignet sind oder ein Therapieversagen zeigten. Es<br />
wurde auch für die Monotherapie einer CLL bei Erwachsenen<br />
ohne Vorliegen einer 17p-Deletion oder TP53-Mutation zugelassen,<br />
bei der sowohl unter einer Chemo-Immuntherapie als<br />
auch unter einem Inhibitor des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs ein<br />
Therapieversagen auftrat (Fachinformation 2018).<br />
<strong>Venetoclax</strong> wurde in der EU am 29.10.2018 auch für die Anwendung<br />
in Kombination mit Rituximab zur Behandlung erwachsener<br />
Patienten mit CLL, die mindestens eine vorherige<br />
Therapie erhalten haben, zugelassen.<br />
9. Bewertung und Aussichten<br />
Die Erstlinien-Therapie der CLL bei Abwesenheit von del(17p)<br />
oder TP53-Mutation fußt auf der Chemo-Immuntherapie (Onkopedia<br />
Leitlinie CLL, 2017); mit <strong>Venetoclax</strong>-Monotherapie steht<br />
hier eine Option zur Verfügung, die nach Versagen von Chemo-<br />
Immuntherapie und BCR-Inhibitoren eingesetzt werden kann.<br />
Bei einer CLL mit Vorliegen der 17p- und TP53-Defekte ist Ibrutinib<br />
empfohlen (Onkopedia Leitlinie CLL, 2017); hier kann <strong>Venetoclax</strong><br />
als Monotherapie für jene Patienten eingesetzt werden,<br />
die für eine Behandlung mit einem BCR-Inhibitor nicht geeignet<br />
sind oder bereits ein Therapieversagen zeigten. <strong>Venetoclax</strong> eignet<br />
sich für diesen Einsatz in der Zweitlinie besonders, weil sich<br />
der Wirkmechanismus dieses BCL-2-Inhibitors grundsätzlich<br />
von dem der bisherigen Therapieoptionen unterscheidet.<br />
Die Überexpression von BCL-2 ist ein wichtiges und ursächliches<br />
pathogenes Merkmal der CLL und die daraus resultierende<br />
Unterdrückung der Apoptose wird von <strong>Venetoclax</strong> direkt<br />
aufgehoben. In diesem Punkt unterscheidet sich <strong>Venetoclax</strong> von<br />
den BCR-Inhibitoren, die zwar die CLL-Zellproliferation hemmen,<br />
aber bei den Tumorzellen keinen direkten Zelltod auslösen<br />
können.<br />
Einen weiteren Fortschritt bietet die Therapie mit <strong>Venetoclax</strong><br />
in Kombination mit Rituximab (Seymour et al. 2018, Kater<br />
et al. <strong>2019</strong>). Hier profitierte die große Mehrzahl der Patienten:<br />
Aufdosierungsschema für <strong>Venetoclax</strong> Abb. 5<br />
<strong>Venetoclax</strong> einmal täglich<br />
50mg<br />
100mg<br />
200mg<br />
400mg<br />
Woche 1 Woche 2 Woche 3 Woche 4 Woche 5 und danach<br />
Quelle: Fachinformation 2018<br />
<strong>ArzneimittelPROFIL</strong> <strong>Venetoclax</strong> April <strong>2019</strong> 11