Leseprobe Magazin Frank&Frei 10/2019
Magazin für Politik, Wirtschaft und Lebensstil
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Editorial<br />
jene die den Plan ausgeführt haben,<br />
innerhalb von wenigen Tagen ausgeforscht<br />
wurden. Auch die Umstände<br />
der Veröffentlichung des Videos durch<br />
Spiegel und Süddeutsche Zeitung hat<br />
Schmidt sehr schnell aufgeklärt. Offenbar<br />
zur Verwunderung und zum<br />
Ärger vieler großer Medien, deren investigativer<br />
Eifer diesbezüglich gegen<br />
null tendiert. Man veröffentlichte nur<br />
widerwillig jene Details und Hintergründe,<br />
die Schmidt herausgefunden<br />
hatte. In den großen Medien berichtete<br />
nur Wolfgang Fellner mit seinem<br />
OE24.TV ausführlich über die Hintergründe<br />
der Affäre. Es deutet vieles<br />
darauf hin, dass die Hintermänner<br />
wohl nie gefunden werden. Es handelt<br />
sich bei der Videofalle schließlich um<br />
„zivilgesellschaftliches Engagement“.<br />
Wie auch Rechtsanwalt M., der in diese<br />
Affäre verwickelt seine dürfte, verlauten<br />
ließ.<br />
Befremdlich ist des Weiteren, dass dieses<br />
Video offenbar schon seit Monaten<br />
durch die einschlägigen politmedialen<br />
Kreise geistert. Zumindest hatte jeder,<br />
der in diesem Milieu etwas auf sich<br />
hält, schon von den kompromittierenden<br />
Strache-Aufnahmen gehört, viele<br />
haben sie sogar gesehen, selbst der als<br />
Satiriker getarnte linke Politaktivist<br />
Jan Böhmermann.<br />
Trotzdem wurden nur kurze Ausschnitte<br />
aus dem rund sieben Stunden langen<br />
Video veröffentlicht. Was der Öffentlichkeit<br />
bisher präsentiert worden ist,<br />
ist offenbar nur ein Worst-of. Nochmals<br />
Roger Köppel: „Hüten wir uns vor der<br />
Vorstellung, ein Film zeige die Wirklichkeit.<br />
Auch das Strache-Video ist stark<br />
geschnitten. Wir sehen nur belastende<br />
Ausschnitte, ein Destillat aus mehreren<br />
Stunden, das die Journalisten, die keine<br />
Sympathisanten des Entblössten sind,<br />
mit Zerstörungsabsicht ausbreiten.“<br />
Und Konrad Paul Liessmann: „Wer aus<br />
einem siebenstündigen Gespräch einige<br />
wenige Sätze herausschneidet und<br />
so zusammenfügt, dass sie ein kompaktes<br />
Ganzes zu ergeben scheinen, müsste<br />
sich zumindest die Frage nach dem<br />
Zusammenhang gefallen lassen. Wird<br />
diese mit dem Hinweis, dass alles andere<br />
für die Öffentlichkeit uninteressant<br />
sei, nicht zugelassen, beschleicht einen<br />
doch der leise Verdacht, dass sich auf<br />
Ibiza zwar zwei Politiker entblösst und<br />
blamiert haben, die politische Dimension<br />
dieser heissen Nacht aber überschätzt<br />
wird.“ Während die Veröffentlichung<br />
des Videos dem öffentlichen<br />
Interesse und dem Schutz der Demokratie<br />
diente, wollte man mit der Auswahl<br />
der Ausschnitte lediglich Strache<br />
„schützen“. Seitens der Süddeutschen<br />
Zeitung hieß es: „Es sind viele entlarvende,<br />
manche eklige und etliche fast<br />
mitleiderregende Sequenzen. Die meisten<br />
davon sind privater Natur.“ Man<br />
handelt also ausschließlich aus edlen<br />
Motiven, wollte die Privatsphäre der in<br />
die mit Geheimdienstmethoden gestellten<br />
Falle Getappten wahren. Man hat<br />
ausschließlich zum Wohl der Gesellschaft<br />
und journalistisch einwandfrei<br />
gehandelt, selbst wenn man, wie dieses<br />
Zitat zeigt, auf einem bereits am Boden<br />
Liegenden völlig grundlos nachtritt.<br />
Was also sind die Lehren, die man<br />
aus der Ibiza-Affäre ziehen kann? Der<br />
Wirtschaftsphilosoph Rahim Taghizadegan<br />
schreibt in seinem Kommentar<br />
in dieser Ausgabe: „Der Gang in die<br />
Politik wird für alle anderen als die<br />
Durchschnittlichsten, die ‚nichts zu<br />
verbergen haben‘, völlig unattraktiv.<br />
Der politische Gegner schreckt vor<br />
nichts mehr zurück, seine selbstgerechten<br />
Zwecke heiligen alle Mittel.“<br />
Findet man selbst bei kleinen Funktionären<br />
aus der Provinz nichts mehr<br />
politisch und medial Verwertbares,<br />
muss man, wie in Ibiza, etwas nachhelfen,<br />
eventuell sogar mit dem Einsatz<br />
illegaler Drogen, wie Gert Schmidt<br />
es zumindest nicht ausschließt. Wer<br />
auch immer die Hintermänner waren,<br />
derzeit schwirren ja nach politischer<br />
Zuordnung die verschiedensten Theorien<br />
umher. Kein Wunder, wenn das<br />
Frank & <strong>Frei</strong> <strong>10</strong> / 19<br />
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