Brühler Markt Magazin Juli 2019
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»Ihr gutes Recht« von Rechtsanwältin Eva<br />
Gerz, zugleich Fachanwältin für Erbrecht<br />
und Fachanwältin für Familienrecht.<br />
Das Erbrecht des Ehegatten<br />
Das Erbrecht des Ehegatten ist mit vielfältigen Fragestellungen verknüpft,<br />
insbesondere auch im Falle der Trennung und Scheidung der<br />
Ehegatten. Nachfolgend sollen einige wichtige Aspekte erläutert werden.<br />
Gesetzliches Erbrecht<br />
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist abhängig von dem jeweiligen<br />
Güterstand, §§ 1931, 1371 BGB, und auch davon, neben welchen<br />
anderen Angehörigen der Ehegatte Miterbe wird. Der praktisch bedeutsamste<br />
Fall ist, dass der Ehegatte neben Kindern gesetzlicher Miterbe<br />
wird. Bei der Zugewinngemeinschaft erbt der Ehegatte neben Kindern<br />
insgesamt ½ Anteil, der sich zusammensetzt aus dem gesetzlichen<br />
Erbteil von ¼ zuzüglich einer pauschalen Erhöhung um ein weiteres ¼<br />
als Zugewinnausgleich. Bei der Gütergemeinschaft erbt der Ehegatte<br />
neben Kindern immer ¼. Bei der Gütertrennung erbt der Ehegatte neben<br />
einem Kind ½, neben 2 Kindern 1/3 und neben 3 oder mehr Kindern ¼.<br />
Sind keine Kinder als Miterben neben dem Ehegatten des Erblassers vorhanden,<br />
sondern die Großeltern, Eltern, Geschwister oder Nichten/Neffen<br />
des Erblassers, ist die Erbquote des Erblassers höher: Bei der Zugewinngemeinschaft<br />
erbt der Ehegatte insgesamt ¾, bei der Gütertrennung erbt<br />
der Ehegatten mit ½ Anteil und bei der Gütergemeinschaft ebenfalls mit<br />
½ Anteil.<br />
Gesetzliches Vermächtnis, der sog. „Voraus“<br />
Als gesetzliches Vermächtnis zu Gunsten des Ehegatten ist in § 1932<br />
BGB der sog. „Voraus“ geregelt. Der Ehegatte als gesetzlicher Miterbe<br />
erhält die zum ehelichen Hausstand gehörenden Gegenstände und die<br />
Hochzeitsgeschenke. Sind allerdings neben dem Ehegatten Erben der<br />
1. Ordnung vorhanden (Kinder, Enkel), dann erhält der Ehegatte die Gegenstände<br />
nur, soweit er die Gegenstände zur Führung eines angemessenen<br />
Haushalts braucht. Neben Erben der entfernteren Ordnungen<br />
erhält der Ehegatte diese Gegenstände ohne die Einschränkung<br />
der Notwendigkeit zur Führung eines angemessenen Haushalts.<br />
Ausschlagung der Erbschaft bei Zugewinngemeinschaft<br />
In gewissen Fällen kann es für den Ehegatten, der neben anderen Erben<br />
Miterbe wird, sinnvoll sein, die Erbschaft nach dem Tod des Ehepartners<br />
auszuschlagen. Nach § 1371 Absatz 3 BGB kann, wenn die Ehegatten im<br />
Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, der überlebende<br />
Ehegatte die Erbschaft ausschlagen und stattdessen den sog. „kleinen“<br />
Pflichtteil in Höhe einer Quote von 1/8 des Nachlass werts sowie zusätzlich<br />
Zugewinnausgleich geltend machen.<br />
Hat der verstorbene Ehegatte in der Ehe einen hohen Zugewinn erzielt, der<br />
überlebende Ehegatte jedoch nicht, oder einen geringen Zugewinn, so ergibt<br />
sich für den überlebenden Ehegatten ein erheblicher Zugewinnausgleichsanspruch.<br />
Diesen kann er im Falle der Ausschlagung der Erbschaft<br />
geltend machen zuzüglich des „kleinen“ Pflichtteils. Der Zugewinnausgleich<br />
plus Pflichtteil kann unter dem Strich einen höheren Betrag ergeben als<br />
die Erbquote des Ehegatten hergeben würde, wenn er die Erbschaft annehmen<br />
würde.<br />
Es lohnt sich daher, sich in derartigen Konstellationen durch einen Fachanwalt<br />
für Erbrecht beraten zu lassen, ob die Ausschlagung der Erschaft zu einem wirtschaftlich<br />
günstigeren Ergebnis führt als die Annahme der Erbschaft.<br />
Ehegattenerbrecht bei Trennung und Scheidung<br />
Der Ehegatte verliert sein Erbrecht nicht durch die Trennung. Trotz einer<br />
Trennung besteht das Erbrecht fort, so dass im Falle des Todes eines Ehegatten<br />
der getrenntlebende Ehegatte erbt.<br />
Wenn diese Folge im Falle der Trennung nicht gewollt ist, muss gehandelt<br />
werden. Der Ehegatte kann beispielsweise ein eigenes Testament errichten,<br />
mit dem er den getrenntlebenden Ehegatten enterbt. Allerdings hat<br />
die Enterbung zur Folge, dass im Falle des Todes dem überlebenden Ehegatten<br />
ein Pflichtteilsanspruch gegen den Erben des Verstorbenen zusteht.<br />
Die getrenntlebenden Ehegatten haben auch die Möglichkeit, durch einen<br />
notariellen Erbverzichtsvertrag das gegenseitige Ehegattenerbrecht auszuschließen.<br />
Im Falle eines Erbverzichtsvertrags entfällt auch ein Pflichtteilsanspruch<br />
des überlebenden Ehegatten.<br />
Im Falle der Trennung sollte auch bedacht werden, dass bestehende Einzeltestamente,<br />
gemeinschaftliche Ehegattentestamente oder Erbverträge<br />
durch die Trennung nicht unwirksam werden. Auch hier besteht daher<br />
Handlungsbedarf: Einzeltestamente können widerrufen bzw. aufgehoben<br />
werden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist es komplizierter, da<br />
zwischen sog. wechselbezüglichen (z.B. die gegenseitige Erbeinsetzung der<br />
Ehegatten) Regelungen im Testament und sog. einseitigen Regelungen zu<br />
unterscheiden ist. Einseitige Regelungen können frei widerrufen werden,<br />
während die sog wechselbezüglichen Verfügungen nur durch eine notariell<br />
beurkundete Widerrufserklärung, die dem anderen Ehegatten förmlich zugestellt<br />
werden muss, beseitigt werden können. Bei einem Erbvertrag können<br />
einseitige Regelungen wiederrufen werden. Für bindende Regelungen<br />
in einem Erbvertrag kommt ein Rücktritt in Betracht, wenn das Rücktrittsrecht<br />
in dem Erbvertrag vorbehalten wurde. Eine Rücktrittserklärung muss<br />
notariell beurkundet werden und dem anderen Ehegatten förmlich zugestellt<br />
werden. Auch eine Anfechtung des Erbvertrags kommt in Betracht,<br />
um diesen zu beseitigen.<br />
Wenn die getrenntlebenden Ehegatten sich einig sind, können sie einvernehmlich<br />
sowohl gemeinschaftliche Testamente aufheben als auch einen<br />
Erbvertrag. Die Aufhebung eines Erbvertrags erfordert aber grundsätzlich<br />
die notarielle Beurkundung des Aufhebungsvertrags.<br />
Besonderheiten, die zum Erlöschen des gesetzlichen Ehegattenerbrechts<br />
sowie auch zur Unwirksamkeit von Testamenten und Erbverträgen<br />
führen,bestehen in Falle eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens.<br />
Das gesetzliche Ehegattenerbrecht erlischt nach § 1933 BGB, wenn der<br />
Erblasser, d.h. der verstorbene Ehegatte, bereits einen Scheidungsantrag<br />
bei Gericht eingereicht hat und dieser an den anderen Ehegatten auch<br />
schon zugestellt worden ist. Zusätzlich müssen zum Zeitpunkt des Todes<br />
die Scheidungsvoraussetzungen vorgelegen haben, d.h. die Zerrüttung/<br />
das Scheitern der Ehe.<br />
Ebenfalls erlischt das gesetzliche Erbrecht, wenn der andere Ehegatte bereits<br />
einen Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht hatte und dieser dem<br />
Erblasser zugestellt worden ist, und der Erblasser der Scheidung bereits<br />
zugestimmt hat.<br />
Wenn der Erblasser die Scheidung bereits beantragt oder ihr zugestimmt hatte,<br />
und die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen, führt dies in der Regel<br />
auch zur Unwirksamkeit von Einzeltestamenten, gemeinschaftlichen<br />
Testamenten und Erbverträgen ( §§ 2077 BGB, 2268 BGB, 2279 BGB).<br />
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