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4_2019 Leseprobe

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2019</strong><br />

Trotz Zerkleinerung und<br />

Flüssigkeitseintrag<br />

kommt es immer wieder<br />

zu Verstopfungen.<br />

Verklumpungen dieser<br />

Art sind nicht selten.<br />

Dadurch wird manchmal<br />

Luft ins System<br />

eingetragen und der<br />

Stickstoffanteil kann zu<br />

hoch ansteigen.<br />

Die Anlage wird mit<br />

allen organischen<br />

Restoffen gefüttert, die<br />

regional anfallen. Gerade<br />

wurde Maismehl<br />

angeliefert, dass Simone<br />

Besgen durch ihre<br />

Hände rieseln lässt.<br />

be wird THT (Tetrahydrothiophen) genommen, das auf<br />

jeden Fall Schwefel enthält. „Wir wollten das System<br />

damit aber nicht belasten“. In Deutschland geschehe<br />

die Geruchsanreicherung meist an der Stelle, an der<br />

das Gas tatsächlich ins Netz geht. Leider sei das bei<br />

GRDF nicht der Fall.<br />

Simone Besgen erinnert sich auch noch gut an die erste<br />

Einspeisung am 28. April 2018. „An diesem Tag<br />

mussten von unserer Seite alle Anforderungen erfüllt<br />

sein und wir waren pünktlich fertig“, sagt sie. Wenn die<br />

Anlage den Test nicht bestanden hätte, wären dem Betreiber<br />

für einen weiteren Probelauf Kosten von 10.000<br />

Euro entstanden. Allerdings sei die Verspätung von<br />

GRDF auch zu Lasten des Anlagenbetreibers gegangen.<br />

„Man hat leider keine Regressansprüche gegenüber<br />

dem Gasnetzbetreiber. Es blieb uns nichts übrig, als<br />

das Gas abzufackeln“, so die Agraringenieurin.<br />

Stark variierende Genehmigungszeiträume<br />

Je nach Anlagengröße und Substrat sind Genehmigungszeiten<br />

zwischen drei Monaten bis zu einem Jahr<br />

vorgesehen. „Es kann aber auch deutlich länger dauern“,<br />

weiß die Projektleiterin. Die Formalien könnten<br />

zudem nur mit französisch sprechenden Mitarbeitern<br />

gelöst werden. Problematisch sei auch die Mehrwertsteuerrückerstattung,<br />

hierzu gebe es „Unkenntnis an<br />

vielen Stellen“.<br />

Für Bauprojekte dieser Art ist in Frankreich eine „Decennal“<br />

gefordert. Das ist eine vom Gesetzgeber vorgeschriebene<br />

zehnjährige Gewährleistungsversicherung.<br />

In Deutschland sind maximal fünf Jahre üblich. „Wenn<br />

etwas ist, kümmert sich die Versicherung nicht um den<br />

Schaden, sondern prüft, wer verantwortlich ist, und reguliert<br />

den Rechtsstreit“, berichtet die Projektleiterin.<br />

Insgesamt sei der Verwaltungsaufwand in den Unternehmen<br />

zur Erfüllung der Vorgaben hoch und würde<br />

Zeit und Geld kosten. Aufgrund dessen sehen deutsche<br />

Unternehmen nicht selten davon ab, ihre Dienstleistungen<br />

anzubieten oder stellen diese zusätzlich in<br />

Rechnung. Besgen nennt ein Beispiel: „Für den Einsatz<br />

von Angestellten ausländischer Unternehmen gilt<br />

in Frankreich die Entsenderichtlinie. Jeder ausländische<br />

Betrieb müsse vorher Formulare ausfüllen, um für<br />

einen Mitarbeiter eine BTP-Karte zu bekommen.<br />

„Daran sind schon Baustellentermine gescheitert“,<br />

weiß die Projektleiterin. „Einige deutsche Firmen haben<br />

uns deswegen abgesagt“, so Besgen. Zudem hatte<br />

die Anlage Scherwiller vor allem am Anfang mit starken<br />

Spannungsschwankungen bei der Stromzufuhr vom<br />

Stromversorger zu kämpfen. „Die Lage hat sich gebessert,<br />

wir wissen aber nicht genau warum“, so Besgem.<br />

Vor allem in der französischen Landwirtschaft steigt<br />

das Interesse an Biogasanlagen. Dabei spielen unter<br />

anderem die strengeren Vorgaben für den Einsatz von<br />

Dünger im Rahmen der europäischen Nitratrichtlinie<br />

eine Rolle. Da die Ausbringung von Dünger zunehmend<br />

eingeschränkt wird, müssen viele Landwirte Auffangbecken<br />

und Speicher bauen. Wirtschaftlicher ist da oft ein<br />

Gemeinschaftsprojekt auf lokaler Ebene zum Bau einer<br />

Biogasanlage. „Viele Landwirte zeigen Interesse“, so<br />

Simone Besgen. Ein Problem sei aber die Planungsunsicherheit<br />

bezüglich der Einspeisevergütung, Genehmigung<br />

und Förderung, die sich ständig ändern könnten.<br />

„Es ist nicht klar, wie hoch die Vergütung in Zukunft<br />

sein wird“, bestätigt auch Anlagenbetreiber Winterhalter,<br />

doch er ist sich sicher: „Die Landwirte hier sind<br />

begeistert von Biogasanlagen und würden gerne welche<br />

bauen.“ Simone Besgen stimmt zu, denn trotz aller<br />

Unsicherheiten hat Rytec schon zwei neue Aufträge für<br />

Komplettanlagen im französischen Nachbarland in der<br />

Tasche.<br />

Autorin<br />

Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

Freie Journalistin<br />

Hohlgraben 27 · 71701 Schwieberdingen<br />

0 71 50/9 21 87 72<br />

braesel@mb-saj.de<br />

www.mb-saj.de<br />

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