2019-09 Pfarrblatt Freiburg
Pfarrblatt September der Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg - Stadt und Umgebung
Pfarrblatt September der Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg - Stadt und Umgebung
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Editorial Editorial<br />
Die Laien – Zukunft der Kirche<br />
Als Laie, der sich ehrenamtlich in der<br />
Kirche und für die Kirche einsetzt,<br />
stelle ich mir in letzter Zeit öfters<br />
die Frage: Wie soll es weitergehen<br />
mit unserer Kirche? Zwar ist der Verbandsrat<br />
unseres Seelsorgeverbandes,<br />
den ich seit zwei Jahren präsidiere,<br />
vor allem für das Finanzielle<br />
zuständig. Wir verwalten die Mittel,<br />
die uns die neun Mitgliedpfarreien<br />
von <strong>Freiburg</strong> und Umgebung aus<br />
den Steuergeldern der Katholikinnen<br />
und Katholiken für die deutschsprachige<br />
Seelsorge zur Verfügung<br />
stellen. Doch darf uns nicht gleichgültig<br />
sein, in welchem Zustand<br />
sich die Kirche befindet. Es geht ihr<br />
nicht gut. Die Amtskirche ist in ihrer<br />
Glaubwürdigkeit angeschlagen. Es<br />
sind nicht nur die Missbrauchsfälle<br />
in der Weltkirche, und auch hier<br />
bei uns, die ihr Ansehen erschüttert<br />
haben. Manche wenden sich enttäuscht<br />
ab, nehmen am kirchlichen<br />
Leben nicht mehr teil, treten aus.<br />
Und wer bleibt, hat die Hoffnung<br />
auf Veränderungen, auf längst fällige<br />
Reformen aufgegeben.<br />
In meiner Jugend vor einem halben<br />
Jahrhundert glaubten wir noch,<br />
nach dem Aufbruch durch das Konzil,<br />
dass die Amtskirche sich auf die<br />
Gegenwart hin weiter öffnen und erneuern<br />
werde. Dass etwa der Pflichtzölibat<br />
für Priester bald aufgehoben<br />
und auch die Frauen zum Priestertum<br />
zugelassen würden. Beides ist<br />
mit der evangelischen Botschaft im<br />
Einklang; der Pflichtzölibat ist nur<br />
eine Folge der historischen Entwicklung.<br />
Solche Hoffnungen sind inzwischen<br />
aber in weite Ferne gerückt.<br />
Dabei gehen der Kirche heute immer<br />
mehr die Priester aus. Solange<br />
nur geweihte Kleriker die meisten<br />
Sakramente spenden und vor allem<br />
nur sie der Eucharistiefeier vorstehen<br />
dürfen und solange dafür nur<br />
zölibatär lebende Männer in Frage<br />
kommen, wird sich die Lage nicht<br />
ändern. Der Import von Priestern<br />
aus anderen Kulturkreisen mit all<br />
den damit verbundenen Problemen<br />
kann keine dauerhafte Lösung sein.<br />
Wie weiter? Schauen wir auf unsere<br />
Pfarrei: Unser Pfarreiteam besteht<br />
aus fünf hauptamtlichen Mitgliedern.<br />
Neben den beiden Priestern,<br />
P. Pascal und P. Adrian, tragen drei<br />
nicht-priesterliche Seelsorgende<br />
die Verantwortung. Dazu kommen<br />
zwei tüchtige Sekretärinnen und<br />
eine stattliche Zahl von nebenamtlichen<br />
oder ehrenamtlichen Laien.<br />
Und unser Team funktioniert gut. Es<br />
wird auch gut funktionieren, wenn<br />
in einigen Jahren vielleicht gar keine<br />
fest angestellten Priester mehr bei<br />
uns sein werden. Dann wird ein Mitglied<br />
des Seelsorgeteams, das nicht<br />
Priester ist, die Pfarreileitung übernehmen,<br />
wie das vom Kirchenrecht<br />
her möglich und in Deutschschweizer<br />
Gegenden gang und gäbe ist.<br />
Überhaupt liessen sich viele Leitungsfunktionen<br />
in der Kirche von<br />
den sakramentalen Aufgaben problemlos<br />
entflechten. So könnte z.B.<br />
Papst Franziskus Laien und, ja, auch<br />
Frauen ohne weiteres in das Kardinalskollegium<br />
berufen; dieses ist ein<br />
Beratungs- und Wahlgremium des<br />
Papstes und in seiner heutigen Form<br />
im 11. Jahrhundert entstanden ...<br />
Und die Frauen? Wenn Jesus heute<br />
und bei uns in der Schweiz leben<br />
würde, hätte er am Frauenstreiktag<br />
vom 14. Juni bestimmt teilgenommen!<br />
Er hatte zu seinen Lebzeiten<br />
vor 2000 Jahren überhaupt keine<br />
Ernst Tremp ist der Präsident unseres<br />
Verbandsrates.<br />
Der Historiker ist ehemaliger Leiter<br />
der Stiftsbibliothek St. Gallen und<br />
ehemaliger Titularprofessor der<br />
Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
Berührungsängste gegenüber den<br />
Frauen. Frauen waren seine eifrigen<br />
Begleiterinnen und treuen Jüngerinnen.<br />
Eine Frau, Maria von Magdala,<br />
ist am Ostermorgen den Jüngern<br />
als Apostelin vorausgegangen. Warum<br />
sollten Frauen dann zur Apostelnachfolge<br />
nicht auch berufen sein?<br />
Die Frauen erfüllen heute in der Kirche<br />
viele wichtige Aufgaben. Wenn<br />
sie alle streiken würden, würde das<br />
kirchliche Leben stillstehen. Die<br />
Gleichberechtigung der Geschlechter<br />
gehört in unserer westlichen Gesellschaft<br />
zu den allgemeinen normativen<br />
Ansprüchen und beruht auf<br />
ursprünglich christlichen Werten.<br />
Wie lange wird die Amtskirche es<br />
sich noch leisten können, die Frauen<br />
von den sakramentalen und Leitungsfunktionen<br />
auszuschliessen?<br />
Kath. Pfarreiseelsorge <strong>Freiburg</strong> Stadt und Umgebung | September <strong>2019</strong> 3