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GESELLSCHAFT 30 Energieversorgung der Zukunft Von der „dummen Energie“ zur „schlauen Energie“ Im Jahr 2020 wird eine private Sauna, bevor sie sich aufheizt, via Handy beim Hausbesitzer nachfragen, wo sich dieser gerade befindet und ob er zur eingestellten Zeit daheim sein kann. Zumindest, wenn man der aktuellen Zukunftsforschung Glauben schenkt. ZukunftsforscherInnen beobachten Trends und achten dabei besonders auf sogenannte „Tipping Points“, also Trendumkehrpunkte, an denen es für ganze Industriezweige einen Sprung nach vorne gibt. Lars Thomsen, Zukunftsforscher der future matters AG, prognostizierte einen solchen „Tipping Point“ für die Energiebranche beim heurigen Kongress von Österreichs Energie. Gewaltige Veränderungen sollen dort schon in den nächsten 520 Wochen, also in den nächsten 10 Jahren, vor der Tür stehen. Da gilt es nun für die Branche aufzupassen, damit sie diesen Trendbruch nicht verschläft. Denn die Geschwindigkeit, mit der Innovationen in unserer beschleunigten Welt in unser Leben treten, ist enorm. Das Internet ist die Hauptursache für diese Beschleunigung. Während sich die ers- Die Verschmelzung von Elektrizität und Internet bedeutet eine neue Dimension des Stromsparens. WASSERKRAFT Ausgabe 30/Dezember 10 te Generation des Internets für die Informationsbeschaffung eignete, wurde die zweite Generation des Internets durch virtuelle soziale Netzwerke wie YouTube und Co interaktiver. Als Nächstes erwartet uns die dritte Generation des Internets: das Internet der Dinge. Viele Dinge, die bisher einen Stromstecker hatten, werden eine Internetadresse haben und somit nicht mehr nur Teil eines Energienetzes, sondern auch Teil eines Informationsnetzes sein. Information und Energie wachsen in den nächsten Jahren komplett zusammen. Somit wird das Energienetz dezentraler, interaktiver und wesentlich intelligenter. Dadurch gewinnen wir auch mehr Einfluss darauf, wie mit Energie umgegangen wird. „Jeder Haushalt wird 2020 über rund 500 Geräte verfügen, die Zugang zum Internet haben und so aus der Ferne steuerbar sind. Das ist technisch kein Problem“, postulierte Zukunftsforscher Lars Thomsen und hob auch die Bedeutung dieser Entwicklung für das Thema Energiesparen hervor. Durch die Verschmelzung von Elektrizitätsnetz und Internet kann auch besser gesteuert werden, wann Strom vom Netz entnommen wird. Lastprofile und Kundenanforderungen werden so optimal aufeinander abgestimmt. Deutlich positiver als die deutsche Automobilindustrie sieht Lars Thomsen auch die Entwicklungen der Elektromobilität. Während die VertreterInnen der Automobilindustrie davon ausgehen, dass nur etwa 5 Prozent der in Deutschland im Jahr 2020 gebauten Autos mit elektrischem Antrieb fahren werden, ist Thomsen davon überzeugt, dass Elektroautos bereits in 5 Jahren die günstigere Form der Mobilität sein könnten. Gibt es für die noch sehr teuren Akkus erst einmal eine Massenprodukti-
Fotos: Pixelio/Thommy Weiss, Siemens Pressebild Durch die Möglichkeit der Steuerung der Sauna aus der Ferne wird in Zukunft die fertig geheizte Sauna auf ihren heim- kehrenden Besitzer warten. on, werden die Kosten dafür rasant nach unten gehen und gleichzeitig die Speicherkapazität gesteigert werden. Derzeit herrschen aber noch gewisse Widerstände seitens der Automobilindustrie und des Autohandels, da diese voll auf die Produktion und den Vertrieb von Benzin- bzw. Dieselautos ausgerichtet sind und damit ihr Geld verdienen. Zukünftig könnte der Vertrieb von Elektroautos laut Thomsen aber über die Energieversorger passieren. Wie auch bei den Mobilnetzbetreibern könnte es neue Produkte und Preismodelle geben, bei denen dem Kunden zu einem monatlichen Fixbetrag ein E-Mobil samt Stromverbrauch angeboten wird. So können Stromversorger ihren Umsatz pro Haushalt mitunter verdoppeln! Denn das Geld, welches zuvor zur Tankstelle ging, bekommt nun der Energieversorger. Im Bereich der Erzeugung sieht Thomsen einen der größten Entwicklungsschübe bei der Solarenergie durch die Anwendung von Nanotechnologie. „In den nächsten 1.000 Wochen wird sich die E-Wirtschaft komplett umstellen! Fossile Energieträger werden ein Nischendasein führen.“ Die Gewinner dieser Entwicklung werden diejenigen Energieversorger sein, die diesem Innovationsdruck standhalten und schnell und klug voranschreiten. Thomsen prägt für diese den Begriff „iEVU“, wobei das „i“ für „intelligent“ steht. Je nach politisch herrschenden Wettbewerbsbedingungen ist davon auszugehen, dass die Konkurrenz unter den Anbietern härter wird. Angebote bei der elektrischen Mobilität sowie zielgruppenspezifische Service-Pakete wer- GESELLSCHAFT ZukunftsforscherInnen zufolge könnten Elektroautos schon in 5 Jahren die günstigere Mobilitätsform sein. den den Markt wesentlich mitbestimmen. Dieses Spektrum ist es auch, das die Endverbraucher künftig zum Wechsel des Energieversorgungsunternehmens veranlassen wird. Der Preis pro Kilowattstunde verliert so an Relevanz. Das Management eines jeden Energieversorgungsunternehmens muss sich bereits jetzt damit auseinandersetzen, wie man diesen Trends heute und in der Zukunft begegnen möchte. Es braucht industrieübergreifendes Denken und entsprechende Humanressourcen. Nur so gelingt der Wandel von der „dummen Energie“ zur „schlauen Energie“! WASSERKRAFT Ausgabe 30/Dezember 10 31
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