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SPORTMEDIZIN<br />
„Mehrere Stunden Training täglich“<br />
Dr. Götz Dimanski spricht im Interview über die Vorbereitung auf den Marathonlauf<br />
Einmal im Leben einen Marathon absolvieren – dieses Ziel steht auf der persönlichen To-do-Liste<br />
vieler. Wer dieses Vorhaben in die Tat umsetzt, sollte sich im Vorfeld genügend Zeit für das Training<br />
nehmen, um keine Schäden zu riskieren. Das sagt Dr. Götz Dimanski, Ärztlicher Geschäftsführer des<br />
RehaZentrum Bremen, und betont: Nicht jeder sollte sich an diese Distanz wagen.<br />
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Laufen ist ein Breitensport. Welche Effekte<br />
hat ein Langstreckenlauf auf den Körper?<br />
Dr. Götz Dimanski: Laufen ist eine Dauerbelastung<br />
für den Körper. Dieser standzuhalten,<br />
setzt voraus, dass die leistungsbringenden<br />
Organe an die Belastung angepasst<br />
sind. Wer nicht trainiert ist, dem würde es<br />
ergehen wie Pheidippides im alten Griechenland:<br />
Der Überlieferung nach ist dieser<br />
von Marathon ins etwa 40 Kilometer entfernte<br />
Athen gelaufen, um eine wichtige Botschaft<br />
zu überbringen, und anschließend an<br />
Erschöpfung gestorben.<br />
Heutzutage nehmen sich Freizeitsportler<br />
die Stecke freiwillig vor. Wie gesund ist<br />
diese Distanz?<br />
Die Überlieferung bringt einen wichtigen<br />
Aspekt auf den Punkt: Auch untrainierte<br />
Läufer können die Marathon-Distanz zwar<br />
schaffen, richten am eigenen Körper aber<br />
unter Umständen massiven Schaden an.<br />
Niemand sollte einen Marathon laufen, um<br />
damit zu prahlen. Marathonläufer müssen<br />
bestimmte Voraussetzungen mitbringen,<br />
um keine Schäden davonzutragen. Allein<br />
ein geringes Übergewicht ist eine Kontraindikation.<br />
Schaut man sich unter den erfolgreichen<br />
"Marathonis" um, fällt auf: Sie sind<br />
sehr schlank. Für andere Lauftypen ist diese<br />
Distanz eher schädlich, als der Gesundheit<br />
zuträglich.<br />
Welche Voraussetzungen müssen noch erfüllt<br />
sein?<br />
Trainiert sein müssen das Herz-Kreislauf-System,<br />
die Atmung, Muskulatur,<br />
Energiebereitsstellung und ganz wichtig:<br />
der Bewegungsapparat – Sehnen, Knorpel<br />
und Gelenke inbegriffen. Auch die mentale<br />
Fitness ist wichtig. Auf großen Distanzen<br />
kommt jeder Läufer irgendwann an den<br />
Punkt, an dem ein starker Wille hilft, weiterzumachen.<br />
Trainings-Empfehlungen sind zuhauf im<br />
Internet und in <strong>Sport</strong>magazinen zu finden.<br />
Was raten Sie?<br />
„In einem halben Jahr zum Marathon“ und<br />
ähnliche Erfolgsversprechen sind aus meiner<br />
Sicht gefährlich. Konditionell kann sich ein<br />
Läufer sogar innerhalb weniger Wochen auf<br />
dieses Fitness-Level bringen, aber, und das<br />
steht fest: Sehnen, Knorpel und insbesondere<br />
die darunter liegenden Gelenkknochen<br />
haben eine wesentlich längere Anpassungszeit.<br />
Letztere können ohne eine zeitintensive<br />
Vorbereitung erheblichen Schaden nehmen.<br />
Wie lange dauert die Anpassung?<br />
In jungen Jahren ist die Anpassungsdynamik<br />
schnell, doch selbst dann dauert sie in etwa<br />
drei Jahre. Im Erwachsenenalter liegt der<br />
Zeitraum bei rund fünf Jahren. Es stellt sich<br />
also die Frage: Muss ich das wirklich tun?<br />
Zudem ist der Zeitaufwand hoch. Gute Marathonläufer<br />
absolvieren in der Woche etwa<br />
180 Kilometer und sind optimal trainiert. Das<br />
bedeutet mehrere Stunden Training täglich.<br />
Nehmen wir an, der Läufer hat sich ideal<br />
vorbereitet. Wie wichtig ist das Schuhwerk?<br />
Hier gilt die Regel: Der Schuh muss dem<br />
Fuß bequem sein. Die Industrie verspricht in<br />
ihrer Werbung gelenkschonende Laufschuhe<br />
mit besonders dämpfenden Eigenschaften.<br />
Wichtiger als die Dämpfungsfunktion ist<br />
aber die Beschaffenheit des Untergrunds,<br />
auf dem ich laufe. Wer auf Waldboden für<br />
einen City-Marathon trainiert, wird im<br />
Wettkampf Probleme bekommen, da der Bewegungsapparat<br />
nicht auf den harten Boden<br />
angepasst ist.<br />
Welche Rolle spielt die Temperatur?<br />
Durch Muskelaktivität entsteht Wärme, welcher<br />
der Körper durch Thermoregulation<br />
entgegenwirkt. Die Körpertemperatur kann<br />
während eines Marathonlaufs schon einmal<br />
auf über 39,5 Grad Celsius ansteigen. <strong>Sport</strong>ler,<br />
die viel auf Ausdauer trainieren, haben<br />
ein höheres Blutvolumen und damit eine höhere<br />
Flüssigkeitsreserve. Sie schwitzen viel,<br />
aber der Körper dehydriert nicht. Auch die<br />
Thermoregulation muss demnach trainiert<br />
sein, um einen Hitzschlag zu vermeiden.<br />
Was kann ich meinem Körper nach einem<br />
Langstreckenlauf Gutes tun?<br />
Im direkten Anschluss empfehle ich Schat-<br />
ten und feuchte Handtücher, um den erhitzten<br />
Körper zu kühlen. Danach geht es daran,<br />
sichtbare Wunden, wie zum Beispiel Blasen,<br />
zu versorgen. Anschließend braucht der<br />
Körper Flüssigkeit und Energie, eventuell<br />
auch Massagen. In den Folgetagen empfehle<br />
ich locker-leichte Bewegung für die Gelenke.<br />
Wichtig ist, jede Aktivität drei Schritte<br />
langsamer anzugehen, um dem Körper die<br />
Regeneration zu ermöglichen, die er nach<br />
Höchstleitungen dringend benötigt.<br />
Das Interview führte Kristina Wiede.<br />
Foto: RehaZentrum<br />
Zur Person<br />
Dr. Götz Dimanski erlangte 1989 den<br />
Facharzt für <strong>Sport</strong>medizin. 1991 kam<br />
er von Leipzig nach Bremen, wo er 23<br />
Jahre Werder Bremens Fußballer als<br />
Mannschaftsarzt betreute. Heute führt<br />
er die Geschäfte des RehaZentrum<br />
Bremen und praktiziert dort als Chefarzt<br />
der Abteilung für <strong>Sport</strong>medizin<br />
und Physiotherapie. Seine Tätigkeitsschwerpunkte<br />
liegen im Bereich der<br />
nichtoperativen Diagnostik sowie der<br />
Therapie von Erkrankungen und Verletzungen<br />
des gesamten Bewegungsapparats.<br />
In seiner Freizeit dreht der<br />
frühere Leichtathlet im Bürgerpark<br />
seine Runden auf der Finnbahn.