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recke:in - Das Magazin der Graf Recke Stiftung Ausgabe 4/2015

Es ist schon zur guten Tradition geworden: In der letzten recke:in-Ausgabe des Jahres berichten Menschen, die bei uns leben, arbeiten oder mit uns gemeinsam Ideen und Projekte auf den Weg bringen, von den Dingen, die sich und sie in diesem Jahr bewegt haben. „Mut zu Veränderungen“, so lautet die Überschrift des Heftes über den ganz verschiedenen Geschichten dieser sehr individuellen Menschen.

Es ist schon zur guten Tradition geworden: In der letzten recke:in-Ausgabe des Jahres berichten Menschen, die bei uns leben, arbeiten oder mit uns gemeinsam Ideen und Projekte auf den Weg bringen, von den Dingen, die sich und sie in diesem Jahr bewegt haben. „Mut zu Veränderungen“, so lautet die Überschrift des Heftes über den ganz verschiedenen Geschichten dieser sehr individuellen Menschen.

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8 Erziehung & Bildung<br />

lich. »Wir hätten uns vor zehn Jahren nicht<br />

träumen lassen, dass wir das Geme<strong>in</strong>dezentrum<br />

aufgeben. Als wir die Kreuzkirche<br />

2006 übernahmen, waren wir überzeugt,<br />

dass wir da <strong>in</strong> den Ruhestand gehen.«<br />

Ist denn gar ke<strong>in</strong>e Wehmut dabei, wenn<br />

am zweiten Weihnachtstag <strong>der</strong> letzte Gottesdienst<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kreuzkirche gefeiert wird,<br />

bevor auch dieser Raum zur Kita wird<br />

und das Geme<strong>in</strong>deleben dort zum Erliegen<br />

kommt? Auch da bleibt Pfarrer Cohen<br />

gelassen: »Da werden <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> Kita und<br />

Geme<strong>in</strong>de schon noch e<strong>in</strong>iges zusammen<br />

machen«, ist er überzeugt.<br />

Jetzt geht es darum, Gegenwart und<br />

Zukunft unter den gegebenen Umständen<br />

zu gestalten. Neue Zeiten erfor<strong>der</strong>n<br />

auch neue Konzepte <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dearbeit.<br />

Netzwerkarbeit ist das Gebot <strong>der</strong> Stunde:<br />

»Ich mache das, was ich für mich tue, für<br />

mich, mit an<strong>der</strong>en für mich, mit an<strong>der</strong>en für<br />

an<strong>der</strong>e und an<strong>der</strong>e mit an<strong>der</strong>en für mich«,<br />

zitiert er das Modell. Zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsbetreuung. Die VEK betreut die<br />

ankommenden Menschen im ehemaligen<br />

Geme<strong>in</strong>dezentrum Haus Jugendgroschen<br />

sowie e<strong>in</strong>er weiteren Unterkunft. Nach <strong>der</strong>zeitigen<br />

Schätzungen werden es rund 600<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge se<strong>in</strong>, die im Geme<strong>in</strong>degebiet<br />

betreut werden müssen.<br />

Info<br />

Die Vere<strong>in</strong>te Evangelische Kirchengeme<strong>in</strong>de<br />

<strong>in</strong> Mülheim an <strong>der</strong><br />

Ruhr (VEK) ist Teil des Kirchenkreises<br />

An <strong>der</strong> Ruhr. Sie wurde<br />

2006 durch Fusion <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>den<br />

Altstadt, Holthausen und<br />

Menden-Raadt gebildet und umfasst<br />

heute die Stadtteile Raadt,<br />

Menden, Holthausen und Altstadt.<br />

Die VEK hat 9.800 Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>.<br />

Die Geme<strong>in</strong>de wird durch e<strong>in</strong><br />

26-köpfiges Presbyterium geleitet.<br />

Pfarrer Justus Cohen ist dessen<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>.<br />

www.vek-muelheim.de<br />

Tischtennis bis tief<br />

<strong>in</strong> die Nacht<br />

Justus Cohen kam schon als K<strong>in</strong>d mit se<strong>in</strong>er<br />

Familie aus se<strong>in</strong>em Geburtsort bei Koblenz<br />

nach Düsseldorf. Se<strong>in</strong>e ostfriesische Frau<br />

Annegret hat er beim Studium <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen<br />

kennengelernt und dort im Reformierten<br />

Studienhaus getroffen. Tischtennis habe<br />

man zusammen gespielt »bis tief <strong>in</strong> die<br />

Nacht«. Zusammen zogen die beiden nach<br />

Wuppertal. Nach den Examen absolvierten<br />

sie ihre Vikariate <strong>in</strong> Rat<strong>in</strong>gen. Geheiratet<br />

wurde 1984.<br />

<strong>Das</strong> Zusammentreffen <strong>der</strong> jetzigen Eheleute<br />

geschah nicht zufällig im Reformierten<br />

Studienhaus. Annegret Cohen ist von Hause<br />

aus reformiert, bei ihrem Mann entwickelte<br />

sich das Interesse im Studium. »E<strong>in</strong>ige<br />

Kollegen kamen aus Lippe, die waren reformiert,<br />

da haben wir Karl Barth gelesen und<br />

reformierte Studiengänge besucht. <strong>Das</strong> hat<br />

mich angesprochen.« Bis heute ist Justus<br />

Cohen im Reformierten Bund engagiert,<br />

»<strong>in</strong> letzter Zeit allerd<strong>in</strong>gs zu wenig«. Hier<br />

beschäftigte sich Justus Cohen auch mit den<br />

Fragen zum Verhältnis <strong>der</strong> Kirche zu Israel<br />

und dem christlich-jüdischen Dialog. Dabei<br />

spielen auch Cohens jüdische Vorfahren<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. Cohen ist e<strong>in</strong> jüdischer Name<br />

und bedeutet »Prediger«; und tatsächlich<br />

f<strong>in</strong>den sich e<strong>in</strong>ige Rabb<strong>in</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie.<br />

So wurden die Cohens ihrem Namen auch<br />

später gerecht, wenn auch als evangelische<br />

Pastoren…<br />

Im Zuge se<strong>in</strong>er Bewerbungen nach<br />

dem Vikariat traf Justus Cohen 1984 auch<br />

erstmals auf die <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> <strong>Stiftung</strong>. Die<br />

hatte damals die Stelle des Theologen <strong>der</strong><br />

Anstaltskirchengeme<strong>in</strong>de ausgeschrieben.<br />

»Ich habe mich mit dem Direktor, Pfarrer<br />

Salzmann, sehr nett unterhalten.« Die Stelle<br />

trat er dann aber nicht an, »das war nicht<br />

ganz me<strong>in</strong>s«, sagt er freimütig. Und gleichzeitig<br />

kam ihm dann auch noch e<strong>in</strong>e Ausschreibung<br />

aus Mülheim unter. »Die habe<br />

ich zufällig aus dem Mülleimer gefischt!«<br />

Es war die Anzeige für die Pfarrstelle <strong>in</strong><br />

Mülheim-Raadt. »Die hatten schon lange<br />

ke<strong>in</strong>en Pfarrer mehr und die Geme<strong>in</strong>de galt<br />

als schwierig«, er<strong>in</strong>nert sich Justus Cohen.<br />

Geme<strong>in</strong>sam bewarben sich die Cohens um<br />

die Stelle. <strong>Das</strong> Bewerbungsgespräch führte<br />

<strong>der</strong> damalige Super<strong>in</strong>tendent, und <strong>der</strong><br />

gab sich wenig entgegenkommend – siehe<br />

oben. Es war dann <strong>der</strong> Vorsitzende des<br />

Presbyteriums, <strong>der</strong> den Cohens nach dem<br />

wenig erfolgsversprechenden Vorstellungsgespräch<br />

sagte: Ich rufe Sie noch mal an und<br />

wir sprechen noch mal richtig mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Bald darauf hieß es: Wir freuen uns, wenn<br />

Sie kommen!<br />

Verän<strong>der</strong>ungen haben Justus Cohen<br />

se<strong>in</strong> Leben lang begleitet, und, so sagt er:<br />

»Umstrukturierungsprozesse sorgen für<br />

e<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem man vieles lernt und<br />

auch Leute neu kennenlernt.« <strong>Das</strong> me<strong>in</strong>t<br />

er durchaus positiv: »Wir gehen jetzt mit<br />

vielen Veranstaltungen bewusst noch mehr<br />

nach draußen. Wir knüpfen Kontakte zur<br />

Stadtgesellschaft und zu den politischen<br />

Parteien und Gremien.« Bei <strong>der</strong> Umstrukturierung<br />

<strong>der</strong> Kita und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flüchtl<strong>in</strong>gsarbeit<br />

gebe es e<strong>in</strong>e sehr gute Zusammenarbeit mit<br />

dem Sozialdezernat, »die haben uns begleitet<br />

und geholfen. Und wir tun gerne etwas<br />

für die Stadtgesellschaft.«<br />

Justus Cohen möchte noch e<strong>in</strong>e ganze<br />

Weile weiter an se<strong>in</strong>em Netzwerk weben<br />

und für e<strong>in</strong> »gutes Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>« werben,<br />

»dass man vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> weiß und sich hilft«.<br />

Übrigens hat <strong>der</strong> aufmerksame Leser<br />

schon gemerkt: Verheiratet s<strong>in</strong>d die Cohens<br />

bis heute – nach über 30 Jahren Ehe auf<br />

e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Pfarrstelle. Es gibt also<br />

auch Kont<strong>in</strong>uitäten im Leben des Pfarrers<br />

Justus Cohen. //<br />

<strong>recke</strong>: <strong>in</strong> 4/<strong>2015</strong>

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