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aMun Magazin Nr. 59

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Ausgabe 2 / 2019 | 3,50 €<br />

21. Jahrgang / Heft <strong>Nr</strong>. <strong>59</strong><br />

<strong>Magazin</strong> für die Freunde<br />

Ägyptischer Museen und Sammlungen<br />

ISSN 2196-8942<br />

<strong>59</strong>


E D I T O R I A L<br />

Dr. Thomas<br />

Ritter<br />

Horst<br />

Creutz<br />

Klaus<br />

Suckow<br />

Prof. Dr. Ludolf<br />

Pelizaeus<br />

Dr. Hartmut<br />

Häger<br />

Dr. Angela<br />

Onasch<br />

Dr. Andreas<br />

Brandstetter<br />

Verehrte Freunde und Förderer der Ägyptischen Museen und Sammlungen,<br />

Dr. Eva<br />

Eggebrecht<br />

im vorigen Heft ist es schon thematisiert worden: Das – <strong>Magazin</strong> für die Freunde<br />

Ägyptischer Museen und Sammlungen hatte zwanzigjähriges Jubiläum. Und wie Sie aus<br />

den Heften 58 und <strong>59</strong> des 21. Jahrgangs schließen können: Es geht weiter!<br />

In dieser Jubiläumsausgabe sei ein kurzer Rückblick auf den Werdegang des –<br />

<strong>Magazin</strong>s gestattet.<br />

Die Initialzündung ging von Berlin aus, genauer: von Herrn Winfried Stolze, der den damaligen<br />

Direktor des Berliner Ägyptischen Museums, Herrn Professor Dietrich Wildung,<br />

überzeugen konnte, ein Mitteilungsblatt für den Verein zur Förderung des Ägyptischen<br />

Museums Berlin und für den Freundeskreis des Ägyptischen Museums München ins Leben<br />

zu rufen. Es sollte überwiegend von den Mitarbeitern der Museen getragen werden, um aus<br />

erster Hand kompetent und aktuell über das Museumsgeschehen (Projekte, Konzeptionen)<br />

und über Sonderausstellungen und Grabungen zu informieren sowie Einzelobjekte und<br />

Objektgruppen der eigenen Museen bekannt zu machen.<br />

Das erste Heft erschien im April 1999. Es gab vier Hefte pro Jahrgang – eine äußerst beachtliche<br />

Leistung, wie wir „Nachkommen“ neidlos zugeben. Die Redaktion hatten Herr<br />

Stolze und Herr Professor Wildung übernommen; als Herausgeber firmierten die Vorsitzenden<br />

der beteiligten Vereine.<br />

Der Erfolg wirkte anziehend. 2001 stieß der Freundeskreis des Ägyptischen Museums der<br />

Universität Leipzig dazu, 2006 der Freundeskreis Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus<br />

Hildesheim und etwas später der Hildesheimer Museumsverein. Die Kartusche mit den<br />

Logos der Vereine auf der vorderen Titelseite musste gestreckt werden.<br />

Das Heft 43 des 12. Jahrgangs vom Januar 2010 war das letzte in der genannten personellen<br />

Konstellation des Redaktionsteams. Das Ausscheiden der Herren Stolze und Wildung<br />

aus der Redaktion erforderte jetzt nicht nur eine Neubesetzung, sondern führte auch zu<br />

Überlegungen bezüglich struktureller Veränderungen.<br />

Aber zunächst konnte die erste so erfolgreiche – Periode mit einem Gesamtverzeichnis<br />

der Hefte 1–43 gekrönt werden. Es erschließt die ca. 2 000 Druckseiten durch<br />

hilfreiche Indices, so dass das Gesamtverzeichnis nicht nur Suchinstrument ist, sondern<br />

auch eine kleine Chronik der Museen und Fördervereine darstellt.<br />

2


In Vorbereitung der Weiterführung des – <strong>Magazin</strong>s wurden in einem Vertrag<br />

„Freunde Ägyptens – Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)“ Aufgaben und Verantwortlichkeiten<br />

von Herausgebern und Redaktion festgelegt.<br />

Die zweite – Periode konnte endlich 2012 starten. Mit Heft 44 vom April 2012<br />

schlossen Redaktion und Herausgeber nicht nur in der Heftzählung an die Vorgänger an,<br />

sondern suchten Kontinuität und Neuerungen zu verbinden.<br />

Die Redaktion ging nach Leipzig, wo sie Frau Ute Terletzki, Mitglied des Leipziger Freundeskreises,<br />

übernahm. Sie erstellte das neue Layout im oben angesprochenen Sinn. Unter<br />

ihrer Regie erschienen die Hefte 44/2012 bis 53/2016.<br />

Leider waren nun die Münchner nicht mehr dabei. Kurz nach dem Neubeginn 2012<br />

schloss sich der Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums der Universität Bonn dem<br />

– Bund an; es folgte 2013 der Freundes- und Förderkreis Antike & Gegenwart des<br />

Museums August Kestner Hannover. Im gleichen Jahr kamen der Verein der Freunde des<br />

Kunsthistorischen Museums Wien und der Verein Freunde des Echnaton Museums Minia<br />

hinzu. Die Mitgliederkartusche auf dem Titelblatt nahm das langgezogene ptolemäische<br />

Format an. Desgleichen wuchs auch die Fotogalerie der Herausgeber auf der ersten Innenseite.<br />

Das bedeutet aber nicht, dass für eventuelle weitere Beitrittskandidaten kein Platz<br />

mehr ist. Vieles ist möglich — auch typographisch.<br />

E D I T O R I A L<br />

Wechselnde Redaktionsstandorte waren bei der Neuetablierung des <strong>Magazin</strong>s schon<br />

mitgedacht worden. Es wurde akut, als Frau Terletzki aus beruflichen Gründen 2016 die<br />

– Redaktion abgeben musste.<br />

Ein häufiges Epitheton unseres Namenspatrons lautet: „Amun, der hört, wenn man ihn<br />

ruft“. Wie auch immer: Zum Januar 2017 war das neue Redaktionsteam in Berlin startklar.<br />

Die Redaktion ging wieder zum Berliner Freundeskreis. Herr Mike Berger übernahm<br />

Satz und Layout, Frau Erika Böning-Feuß das Lektorat. Diesmal schloss das erste Heft der<br />

neuen Redaktion (54/2017) zeitlich lückenlos an das Vorgängerheft an.<br />

Auch unter dieser Redaktion wurde die wiederholt aufgeworfene Frage nach der Heftanzahl<br />

pro Jahr – 4, 3 oder 2 – zugunsten von zwei Heften entschieden. Trotz Computer und<br />

raffinierter Programme ist der Arbeitsaufwand für die ehrenamtlich arbeitende Redaktion<br />

und für die Verantwortlichen in den Museen, die die Beiträge besorgen und häufig auch die<br />

Autoren sind, sehr groß. In der Diskussion ist auch der Veranstaltungskalender gewesen,<br />

der die Übersicht über die Sonderausstellungen der ersten – Periode abgelöst hat.<br />

Allgemein als nützlich empfunden wurden sehr umfangreiche Ankündigungen durch eine<br />

empfohlene Obergrenze pro Museum eingehegt. Es wird niemanden wundern, dass auch<br />

eine Internet-Ausgabe im Gespräch ist. Ein Arbeitskreis beschäftigt sich damit. Sie soll aber<br />

auf keinen Fall die Printausgabe verdrängen. Deren hohe Wertschätzung zeigt sich auch in<br />

dem Plan, alle bisherigen Hefte in mehreren Bänden als Bücher zusammenzufassen.<br />

3


E D I T O R I A L<br />

Alle Ideen, Pläne und Probleme werden neuerdings in einem neuen „Format“ zusammengetragen:<br />

dem Arbeitstreffen von Redaktion, Museumsverantwortlichen und Herausgebern.<br />

Wegen seiner zentralen Lage war 2017 und 2019 Hannover Gastgeber; 2020 wird<br />

es Leipzig sein. Nach zweimaligem Treffen kann man sagen: Es ist sinnvoll, produktiv und<br />

anregend.<br />

Ein Rückblick auf die Themen der Hefte beider – Perioden kann hier aus Platzgründen<br />

nicht gegeben werde. Zusammenfassend kann man sagen, dass Themenvielfalt die<br />

treffende Charakterisierung ist. Nur zwei Themen seien herausgegriffen:<br />

Einen herausragenden Platz in der ersten –Periode nimmt die enge Berichterstattung<br />

über die großen Bauprojekte ein. In Berlin war es der Wiederaufbau des Neuen<br />

Museums auf der Museumsinsel, in München der Neubau, in Leipzig der Umzug in das<br />

Kroch-Hochhaus und in Hildesheim der Umbau des Hauses. An allen Standorten präsentierten<br />

sich die Museen danach mit neuen Konzeptionen.<br />

Wie eine spannende Fortsetzungsgeschichte ziehen sich die Berichte über zwei Grabungen<br />

durch die – Hefte. War es in der ersten – Periode die Grabung des Ägyptischen<br />

Museums Berlin im sudanesischen Naga, ist es nun die ägyptisch-deutsche Grabung<br />

in Heliopolis, wo ein Team des Leipziger Museums auf einer Müllhalde sensationelle Funde<br />

macht.<br />

Im vorliegenden Jubiläumsheft erwartet Sie wie gewohnt ein bunter Themenmix. Hervorzuheben<br />

wären die Berichte über zwei weitere Jubiläen: 175 Jahre Hildesheimer Museumsverein<br />

(S. 14) und das 40jährige Doppeljubiläum Hildesheim und Minia (S. 18).<br />

Der Dank, den wir, die Herausgeber, am Schluss dieses Editorials aussprechen, geht an<br />

mehrere Adressaten. Er gilt zunächst Ihnen, den Lesern der – Hefte, für Ihre Treue,<br />

Ihr Interesse und Ihre Anregungen. Bleiben Sie uns weiterhin – auch kritisch – gewogen!<br />

Unser Dank, dem sich die – Leserschaft der Freundes- und Fördervereine anschließt,<br />

gilt den Autoren der –Beiträge, die bereit sind, über ihre wissenschaftlichen<br />

Forschungen zu berichten und Freuden und Probleme im Museumsgeschehen mit<br />

den Lesern zu teilen.<br />

In ganz besonderem Maße möchten wir uns bei den Redakteuren aller Hefte bedanken. Sie<br />

mussten und müssen es allen recht machen: den Autoren, den – Verantwortlichen<br />

der Museen und Vereine, der Druckerei und vor allem den Lesern. Ihre ehrenamtliche Arbeit<br />

neben ihren beruflichen Verpflichtungen verdient unsere Hochachtung und Dankbarkeit.<br />

Nach diesem Rückblick wünsche ich Ihnen mit dem neuen Heft viele interessante Informationen<br />

und Anregungen!<br />

Ihre Angela Onasch<br />

4


Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .02<br />

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 05<br />

Dietrich Wildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .06<br />

Rückblick<br />

20 Jahre<br />

Gunnar Sperveslage / Frank Förster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .09<br />

Kaiserliche Pharaonen – Pharaonische Kaiser<br />

Eine Sonderausstellung im Ägyptischen Museum der Universität Bonn<br />

Hartmut Häger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14<br />

175 Jahre<br />

Hildesheimer Museumsverein e. V.<br />

Regine Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16<br />

Neuer Vorsitzender<br />

des Freundeskreises Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e. V.<br />

Helmut Brandl / Sven Kielau / Oliver Rösner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18<br />

Doppel-Jubiläum!<br />

Hildesheim und Minia feiern ihre langjährige Partnerschaft<br />

Thomas Ritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25<br />

Ein Ma’at-Impuls für Europa!<br />

Veranstaltungskalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Dina Faltings / Anna-Maria Begerock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32<br />

Ein Rum-Baron und seine Mumie<br />

Neukonzeption der Ägyptenausstellung im Bacardí-Museum Santiago de Cuba<br />

Daniela Rutica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Arbeiter – Künstler – Pharaonen<br />

Die 12. Tage der Ägyptologie im koptischen Kloster Brenkhausen<br />

Thomas Ritter / Daniela Vandersee-Geier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48<br />

Toutânkhamon le Trésor du Pharaon<br />

Reise des Vereins zur Förderung des Ägyptischen Museums in Berlin nach Paris zur Ausstellung<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51<br />

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S<br />

Unsere Museen im Internet:<br />

http://www.smb.museum<br />

http://www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de<br />

http://www.museum-august-kestner.de<br />

http://www.rpmuseum.de<br />

http://www.gko.uni-leipzig.de/aegyptisches-museum<br />

http://www.khm.at<br />

5


Rückblick<br />

20 Jahre<br />

Am 11. Oktober 2019 feiert die Stiftung<br />

Preußischer Kulturbesitz den zehnten<br />

Jahrestag der Eröffnung des renovierten<br />

Neuen Museums. Die Mitglieder des Vereins<br />

zur Förderung des Ägyptischen Museums<br />

Berlin haben das Privileg, die Vorgeschichte,<br />

die zehn überaus spannenden Jahre von 1999<br />

bis 2009 geradezu live noch einmal erleben<br />

zu können. Regelmäßig berichtete<br />

direkt aus den Planungssitzungen und später<br />

von der Baustelle über das Wiedererstehen<br />

des Ägyptischen Museums an seinem historischen<br />

Ort auf der Museumsinsel.<br />

Dietrich Wildung<br />

Schade, dass das für die Zukunft des<br />

Ägyptischen Museums so entscheidende<br />

Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer nicht<br />

ebenso authentisch nacherlebt werden kann.<br />

Die Initialzündung für das Projekt<br />

fand erst im November 1998 statt. Ein mir<br />

bis dahin unbekannter Wilfried Stolze (im<br />

Branchenbuch mit seiner Firma „Preußenwerbung“<br />

verzeichnet) hatte mich um einen<br />

Termin gebeten, und bei unserem ersten<br />

Gespräch in meinem Büro im Pergamonmuseum<br />

trug er mir seine erstaunliche Idee<br />

vor, für den Förderverein ein <strong>Magazin</strong> zu<br />

publizieren, das einen aktuellen Kontakt<br />

zwischen Museum und Verein bilden sollte.<br />

Schon einen Monat später einigten sich Herr<br />

Stolze, der Vereinsvorsitzende, Dr. Wilm<br />

Tegethoff, und ich bei einem Treffen im<br />

Stülerbau mit Blick auf Schloss Charlottenburg<br />

auf die Eckdaten der Gründung von<br />

: Vier Hefte pro Jahr, Finanzierung<br />

ausschließlich durch Werbeanzeigen, Layout,<br />

Gestaltung und Druck durch W. Stolze,<br />

redaktionelle und fachliche Betreuung durch<br />

das Museum, Herausgeberschaft beim Vereinsvorstand.<br />

Durch seine Konzentration<br />

auf die Arbeit des Museums und des Vereins<br />

sollte neben populären Zeitschriften<br />

wie Kemet, Antike Welt oder Archäologie<br />

in Deutschland ein klares eigenes Profil<br />

zeigen, formuliert im Untertitel „<strong>Magazin</strong><br />

für die Freunde der Ägyptischen Museen“.<br />

Im April 1999 erschien pünktlich zum<br />

Quartalsbeginn das erste Heft. Die von<br />

Herrn Stolze mit unerbittlicher Präzision<br />

anberaumten Redaktionsbesprechungen im<br />

Museum entwickelten sich im Lauf des<br />

folgenden Jahrzehnts zu einem festen Element<br />

meines Terminkalenders. Ich plante<br />

immer einen ganzen Vormittag ein, denn die<br />

Gespräche mit dem redefreudigen Wilfried<br />

Stolze beschränkten sich nicht auf die Themen<br />

und die Gestaltung des nächsten Heftes,<br />

sondern beleuchteten auch die Befindlichkeit<br />

von Berlin und der Welt. Für mich wurden<br />

die – Sitzungen alsbald zum Anlass,<br />

ein Vierteljahr Museumsbetrieb Revue passieren<br />

zu lassen, mir Rechenschaft über den<br />

Weg des Museums abzulegen und über die<br />

nächsten Planungsphasen nachzudenken.<br />

Die Essenz dieser Überlegungen fand ihren<br />

6


Niederschlag in Beiträgen in<br />

als 150 sind es geworden.<br />

; mehr<br />

Das Konzept von fand alsbald das<br />

Interesse anderer Museen; bereits Heft 2<br />

zeigt auf dem Titel neben dem Berliner auch<br />

das Münchener Vereinslogo; Leipzig und<br />

Hildesheim schlossen sich später an.<br />

In elf Jahren wuchs die stattliche Reihe<br />

von 43 Ausgaben auf fast 2 000<br />

Druckseiten an. Als im Sommer 2009 Wilfried<br />

Stolze von Berlin ins Emsland umzog<br />

und meine Zeit am Ägyptischen Museum<br />

zu Ende ging, war der Herausgabe der „Mitteilungen<br />

für die Freunde der Ägyptischen<br />

Museen“ die wichtigste Grundlage entzogen,<br />

der regelmäßige persönliche Kontakt zwischen<br />

den Museen und Herrn Stolze, dem<br />

unermüdlichen Motor des Projekts. Ihm ist<br />

das 2010 erschienene „Gesamtverzeichnis<br />

1–43“ gewidmet, in dem alle Beiträge<br />

bibliographisch erfasst und inhaltlich<br />

erschlossen sind – eine Fundgrube für einen<br />

Rückblick auf eine unvergessliche Zeit des<br />

Aufbruchs.<br />

Abb. 1: Cover vom Gesamtverzeichnis<br />

7


Kaiserliche Pharaonen<br />

AUTOKRATOR<br />

KAISAROS<br />

Pharaonische Kaiser<br />

Die Herrschaft der römischen Principes<br />

zwischen Republik und ägyptischem Königtum<br />

Ägyptisches Museum der Universität Bonn<br />

18. Juni bis 30. November 2019<br />

gefördert durch die<br />

Öffnungszeiten: Di-Fr 13-17 Uhr; Sa-So 13-18 Uhr


Kaiserliche Pharaonen –<br />

Pharaonische Kaiser<br />

Eine Sonderausstellung<br />

im Ägyptischen Museum der Universität Bonn<br />

In der Schlacht bei Actium, einer Halbinsel<br />

im Ionischen Meer an der Westküste Griechenlands,<br />

besiegte Octavian, der spätere<br />

Augustus, die von Kleopatra und Marcus<br />

Antonius befehligte Flotte und zwang Antonius’<br />

Landtruppen zur Kapitulation. Zwar<br />

vergingen noch zehn Monate, ehe Octavian<br />

an der nordafrikanischen Küste landete und<br />

Alexandria einnahm; auch entsprang die<br />

Einnahme Ägyptens nicht römischen Expansionsbestrebungen,<br />

sondern resultierte aus<br />

einem römischen Bürgerkrieg, in dem sich<br />

Octavian und Marcus Antonius als Kontrahenten<br />

gegenüberstanden. Dennoch gilt die<br />

Schlacht als das historische Ereignis, das zur<br />

Eingliederung Ägyptens in das Römische<br />

Reich führte.<br />

Gunnar Sperveslage / Frank Förster<br />

Für das Land am Nil brach damit eine<br />

neue Ära an. Die Herrschaft der Ptolemäer<br />

war nach rund 300 Jahren beendet, Ägypten<br />

wurde fortan vom römischen Kaiser<br />

beherrscht. Entsprechend der ägyptischen<br />

Königsideologie waren Augustus (31 v. Chr.<br />

– 14 n. Chr.) und seine Nachfolger nicht nur<br />

römischer Kaiser, sondern auch ägyptischer<br />

Pharao. Zu Beginn der Regierungszeit des<br />

Augustus wurden die Grundlagen der römischen<br />

Herrschaftsrepräsentation in Ägypten<br />

gelegt, wobei die Darstellungsweise auf den<br />

ägyptischen Monumenten der ägyptischen<br />

Tradition folgte. Der Kaiser erhielt eine<br />

pharaonische, in Hieroglyphenschrift umgesetzte<br />

Titulatur, bestehend aus Horusnamen,<br />

Thronnamen und Eigennamen. Bemerkenswert<br />

ist dabei, dass, anders als bei seinen<br />

Nachfolgern, der Name Augustus nicht in<br />

Hieroglyphen geschrieben wurde. Stattdessen<br />

wurden die Titel „Autokrator“ und „Kaisaros“<br />

in Kartuschen geschrieben. Ebenfalls<br />

belegt sind die Bezeichnungen „Herrscher<br />

der Herrscher, erwählt von Ptah“ und „Der<br />

Römer“. Bei den Titeln „Autokrator“ und<br />

„Kaisaros“ handelt es sich um die griechischen<br />

Entsprechungen zu den römischen<br />

Titeln „Imperator“ und „Caesar“. Demnach<br />

war offenbar die griechisch sprechende Priesterschaft<br />

in Ägypten, vermutlich konkret in<br />

Alexandria, für den Entwurf der Titulatur<br />

verantwortlich.<br />

In Rom verlieh Augustus seinem Machtanspruch<br />

über Ägypten durch die Verschleppung<br />

ägyptischer Monumente sichtbaren<br />

Ausdruck. Ein konkretes Beispiel dafür ist<br />

der Obelisco Flamino, der heute auf der<br />

Piazza del Popolo in Rom steht. Ursprünglich<br />

stand der 24 m hohe Obelisk, der von<br />

Sethos I. begonnen und unter Ramses II.<br />

vollendet wurde, in Heliopolis. Augustus<br />

ließ ihn auf der Spina des Circus Maximus<br />

aufstellen. Auch der Obelisk auf der Piazza<br />

Montecitorio wurde von Augustus nach<br />

Rom gebracht und auf dem Marsfeld wiedererrichtet,<br />

wo er als Schattenstab einer<br />

riesigen Sonnenuhr gedient haben soll.<br />

9


Die Darstellung und Inszenierung des<br />

Herrschers befindet sich in einem ideologischen<br />

Spannungsfeld zwischen dem<br />

römischen Principat und dem ägyptischen<br />

Königtum. Im Kontext des ägyptisch-römischen<br />

Kulturkontaktes hat der römische<br />

Kaiser zwei verschiedenen Rollen und übt<br />

unterschiedliche Funktionen aus. Entsprechend<br />

wurden andere Wege der Herrschaftsrepräsentation<br />

entwickelt. Die Ausstellung<br />

„Kaiserliche Pharaonen – Pharaonische Kaiser:<br />

Die Herrschaft der römischen Principes<br />

zwischen Republik und ägyptischem Königtum“<br />

thematisiert nun einerseits, wie der<br />

römische Kaiser auf ägyptischen Monumenten<br />

inszeniert wird, und ist andererseits der<br />

Frage gewidmet, mittels welcher ägyptischen<br />

Bild- und Formsprache der römische Kaiser<br />

seinen Herrschaftsanspruch über Ägypten<br />

in Rom erhebt. Umgesetzt ist dies durch<br />

thematische Poster und ausgewählte Einzelobjekte.<br />

Neben Objekten aus der Sammlung<br />

des Ägyptischen Museums sind Leihgaben<br />

aus dem Akademischen Kunstmuseum der<br />

Universität Bonn, aus dem LVR-Landes-<br />

Museum Bonn sowie aus mehreren Privatsammlungen<br />

zu sehen.<br />

Exemplarisch werden die Herrschaftsinszenierungen<br />

für die drei Kaiser Augustus<br />

(31 v. Chr. – 14 n. Chr.), Domitian (81–96<br />

n. Chr.) und Hadrian (117–138 n. Chr.)<br />

dargestellt. Augustus nimmt allein dadurch<br />

eine Sonderstellung ein, dass er nach der Eingliederung<br />

Ägyptens in das Römische Reich<br />

der erste römische Herrscher über Ägypten<br />

war. Seine Repräsentation in Ägypten und<br />

die für ihn entworfene pharaonische Titulatur<br />

waren Vorbild für alle folgenden Kaiser.<br />

Unter den Flaviern gewinnt der Isis-Kult im<br />

Abb. 1: Relieffragment mit Teil einer Königskartusche, die die hieroglyphisch geschriebenen Titel „Autokrator“<br />

und „Kaisaros“ enthält (Ägyptisches Museum Bonn, Inv.-<strong>Nr</strong>. BoSAe o. <strong>Nr</strong>. © Foto: Jutta Schubert; leicht<br />

schematisierte Umzeichnung: Dominic Jacobs).<br />

10


Römischen Reich an Bedeutung; erstmals<br />

stellt sich nun auch der Kaiser unter den<br />

Schutz der ägyptischen Göttin. Ein zentrales<br />

Objekt ist der hieroglyphisch beschriftete<br />

Obelisk des Domitian (heute auf der Piazza<br />

Navona in Rom), auf dem Domitian als<br />

„geliebt von Isis“ bezeichnet wird und auf<br />

dem seine Krönung durch die Göttin Isis<br />

dargestellt ist. Auch unter Hadrian finden<br />

sich neben den ägyptischen Elementen in<br />

seiner Villa in Tivoli einzigartige Ägyptenbezüge.<br />

Hieroglyphische Inschriften aus seiner<br />

Zeit enthalten Übersetzungen römischer<br />

Termini ins Ägyptische und auf der Nilinsel<br />

Philae wurde eine mythologisch hochgradig<br />

aufgeladene Darstellung des Nil-Ursprungs<br />

angebracht.<br />

In römischer Zeit wurden in der Repräsentation<br />

von ägyptischen Gottheiten die<br />

Bildtypen der Ptolemäerzeit fortgeführt.<br />

Oft lässt sich schwer entscheiden, ob eine<br />

Götterfigur in die ptolemäische oder in die<br />

römische Zeit zu datieren ist. Nur wenige<br />

Bildtypen wurden in der römischen Zeit neu<br />

entwickelt. Eine davon ist die schlangenleibige<br />

Isis-Thermouthis, die ab dem 1. Jh.<br />

n. Chr. auftritt (Abb. 2). Sie wurde nach dem<br />

Vorbild der ägyptischen Schlangengöttin<br />

Renenutet geschaffen, deren Hauptkultort<br />

im Fayum lag.<br />

Nachfolgend seien einige ausgewählte<br />

Exponate kurz besprochen, die als Kostproben<br />

Appetit auf die Ausstellung machen<br />

sollen. Diese ist auf insgesamt sechs Vitrinen<br />

verteilt, wozu noch einführende Poster zu den<br />

genannten drei Kaisern kommen, die im Korridorbereich<br />

des Museums aufgehängt sind.<br />

Ein Highlight und zugleich eine Art Logo<br />

der Ausstellung ist ein kleines Relieffragment<br />

unbekannter Herkunft, das im Ägyptischen<br />

Museum aufbewahrt wird (Abb. 1). Es zeigt<br />

in eine Kartusche geschrieben den Doppeltitel<br />

„Autokrator Kaisaros“. Dabei ist der<br />

Titel, wie in der ägyptischen Schrifttradition<br />

zur Notation fremdländischer Namen üblich,<br />

in Einkonsonantenzeichen geschrieben. Eine<br />

genaue Zuordnung des Fragmentes zu einem<br />

bestimmten römischen Kaiser ist kaum möglich;<br />

sicher ist nur, dass es einem Nachfolger<br />

des Augustus zuzuweisen ist. Denn unter<br />

Augustus wurden die Titel „Autokrator“ und<br />

„Kaisaros“ noch nicht zusammen in eine<br />

Kartusche geschrieben.<br />

Abb. 2: Terrakotta mit Darstellung der Göttin<br />

Isis-Thermouthis in Schlangengestalt mit Menschenkopf.<br />

Auf dem Kopf trägt sie eine Krone, die aus den<br />

ägyptischen Elementen Kuhhörnern, Sonnenscheibe<br />

und Federn besteht (Akademisches Kunstmuseum<br />

Bonn, Inv.-<strong>Nr</strong>. D 56; © Foto: Wolfgang Klein).<br />

11


In der Götterwelt wurde bereits unter<br />

den Ptolemäern in vielen Bereichen der<br />

ägyptische Totengott Osiris durch den neugeschaffenen<br />

Gott Serapis verdrängt. Serapis<br />

vereinigt in sich Aspekte der ägyptischen<br />

Götter Osiris und Apis sowie des griechischen<br />

Vatergottes Zeus, des Totengottes<br />

Hades und des Asklepios, des Gottes der<br />

Heilkunst. Dargestellt wird er entsprechend<br />

der griechischen Vatergottheiten als bärtiger<br />

Mann. Ein besonderes Kultbild des Gottes<br />

Serapis stellt ein bronzener Fuß aus der<br />

Privatsammlung Lisa Schwarz dar, die als<br />

Dauerleihgabe im Ägyptischen Museum aufbewahrt<br />

wird (Abb. 3). In die Aussparung im<br />

oberen Bereich war ursprünglich vermutlich<br />

eine kleine Büste des Serapis eingelassen.<br />

Dieses Motiv ist von Münzen und Gemmen<br />

bekannt und symbolisiert die heilenden<br />

Fähigkeiten des Gottes.<br />

Amulettplättchen (1,5 x 1,2 cm) aus dem<br />

LVR-LandesMuseum Bonn, das im Jahre<br />

1924 oder 1925 in der Nähe des römischen<br />

Militärlagers in Bonn gefunden und von<br />

Alfred Wiedemann, dem Begründer der<br />

Bonner Ägyptologie, 1925 in den „Bonner<br />

Jahrbüchern“ publiziert wurde (Bd. 130,<br />

S. 193–198). Gefertigt aus weißem Glasfluss,<br />

zeigt es auf der einen Seite ein Udjat-<br />

Auge als schutzbringendes Symbol, auf der<br />

anderen ein Pferd zusammen mit einigen<br />

Hieroglyphen (Abb. 4). Darstellungen von<br />

Pferden finden sich eher selten auf ägyptischen<br />

Amuletten. Anders als im Römischen<br />

Die Verbreitung ägyptischer Objekte<br />

im Römischen Reich illustriert ein kleines<br />

Abb. 3: Kultstatuette des Gottes Serapis in Form eines<br />

Fußes (Ägyptisches Museum Bonn, Leihgabe Sammlung<br />

Lisa Schwarz <strong>Nr</strong>. 39; © Foto: Norbert Böer).<br />

Abb. 4: Ägyptisches Amulett mit Darstellung eines<br />

Udjat-Auges auf der einen sowie eines Pferdes mit<br />

Hieroglyphen auf der anderen Seite, gefunden 1924/25<br />

nahe des römischen Militärlagers in Bonn (LVR-LandesMuseum,<br />

Inv.-<strong>Nr</strong>. 30825; © Fotos: Jürgen Vogel).<br />

12


Reich wurde das Pferd in Ägypten kaum als<br />

Reittier, sondern nahezu ausschließlich als<br />

Zugtier von zweirädrigen Streitwagen eingesetzt.<br />

Die Frage, ob der Träger des Amuletts<br />

vielleicht Anhänger eines im Römischen<br />

Reich verbreiteten ägyptischen (Isis?-)Kultes<br />

war, muss offenbleiben. In jedem Falle dürfte<br />

es sich bei dem Glücksbringer um das erste<br />

Objekt aus dem alten Ägypten handeln, das<br />

nach Bonn gelangte – vor rund 2 000 Jahren.<br />

Universität Bonn als ein Gemeinschaftsprojekt<br />

der beteiligten Fächer Alte Geschichte<br />

und Ägyptologie unter Leitung von Prof.<br />

Konrad Vössing und Prof. Ludwig Morenz<br />

realisiert wurde (vgl. auch 57, 2018,<br />

S. 64–70), ist noch bis zum 30. November<br />

2019 zu sehen. Und die Chancen stehen gut,<br />

dass sie sogar noch um einige Monate verlängert<br />

wird!<br />

Auf den ersten der kaiserlichen Pharaonen<br />

und pharaonischen Kaiser, nämlich Augustus,<br />

gehen spezielle Münzprägungen zurück,<br />

die auf einer Seite ein Krokodil zeigen, das<br />

oft wie hier als an eine Palme gekettet dargestellt<br />

ist (Abb. 5). Das Krokodil ist ein<br />

Symbol für den Nil und damit für Ägypten,<br />

dessen Eroberung hierdurch bildhaft zum<br />

Ausdruck gebracht werden soll. Manche<br />

Münzen weisen zudem noch eine Aufschrift<br />

AEGYPTO CAPTA auf, was ganz konkret<br />

„Ägypten ist bezwungen“ zu lesen ist.<br />

Bei unserem Beispiel verrät der Schriftzug<br />

COL(onia) NEM(ausus), dass die Münze<br />

aus dem gallischen Nîmes stammt. Das<br />

Motiv des gefangenen Krokodils war in<br />

Nîmes besonders beliebt, da dort zahlreiche<br />

Veteranen aus der Schlacht bei Actium angesiedelt<br />

waren. Noch heute sind das Krokodil<br />

und die Palme Teil des Stadtwappens von<br />

Nîmes. Auf der Vorderseite der Münze ist<br />

Augustus mit seinem engen Vertrauten und<br />

Stellvertreter Agrippa zu sehen.<br />

Freunde des interkulturellen Kontakts zwischen<br />

Ägypten und dem alten Rom werden<br />

noch für einige Zeit auf ihre Kosten kommen:<br />

Die Sonderausstellung, die im Rahmen<br />

des Sonderforschungsbereiches 1167 „Macht<br />

und Herrschaft – Vormoderne Konfigurationen<br />

in transkultureller Perspektive“ an der<br />

Abb. 5: Das gefangene Krokodil auf der Rückseite<br />

der Münze aus der Regierungszeit des Augustus<br />

symbolisiert die römische Eroberung Ägyptens. Auf<br />

der Vorderseite ist eine Darstellung des Augustus mit<br />

seinem Stellvertreter Agrippa zu sehen (Akademisches<br />

Kunstmuseum Bonn, Inv.-<strong>Nr</strong>. R 10.010;<br />

© Fotos: Akademisches Kunstmuseum Bonn).<br />

13


175 Jahre<br />

Hildesheimer Museumsverein e. V.<br />

Am 29. Juli 1844 wurde der Museumsverein<br />

unter dem Namen „Verein für<br />

Kunde der Natur und der Kunst im Fürstenthume<br />

Hildesheim und in der Stadt<br />

Goslar“ gegründet. Gründungsmitglieder<br />

waren Gottlob Heinrich Bergmann (1781–<br />

1861), Johannes Leunis (1802–1873), Hermann-Adolf<br />

Lüntzel (1799–1850), Clemens<br />

Praël (1800–1878) und Hermann Roemer<br />

(1816–1894). 14 Tage später, am 12. August<br />

1844, genehmigte die hierfür zuständige<br />

Verwaltungsstelle der königlich-hannoveranischen<br />

Landdrostei die Satzung, und am<br />

1. September 1844 stellte sich der Verein in<br />

der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vor.<br />

Nun begann eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte,<br />

und schon am 20. März 1845<br />

konnte die erste Ausstellung in zwei Räumen<br />

der Boos’schen Kurie am Domhof 26<br />

der Öffentlichkeit präsentiert werden. Da<br />

das Museum sowohl natur- als auch kulturkundliche<br />

Gegenstände sammeln wollte,<br />

gab es zwei Direktoren: Für die Geschichte<br />

und Kunst war Hermann-Adolf Lüntzel<br />

zuständig und für die Naturkunde Johannes<br />

Leunis. Der Geschäftsführer („Secretaer“)<br />

war Hermann Roemer. Zum Zeitpunkt<br />

der Ausstellungseröffnung hatte der Verein<br />

bereits 178 Mitglieder, 6 Ehrenmitglieder<br />

(Fördermitglieder) und 31 korrespondierende<br />

Mitglieder (Sammler und Stifter). Um<br />

weitere Unterstützer zu begeistern, erging<br />

Hartmut Häger<br />

noch im selben Jahr ein erneuter Aufruf zur<br />

Beteiligung am Museumsverein.<br />

Bereits zehn Jahre nach seiner Gründung<br />

gelang es dem Museumsverein, die Martinikirche<br />

zu kaufen und sie von 1857 bis 18<strong>59</strong><br />

von Conrad Wilhelm Hase zum Museum<br />

umbauen zu lassen. Wiederum zehn Jahre<br />

später konnte der Verein die benachbarten<br />

Gebäude des Waisenhauses und der Kapelle<br />

(Portiuncula) erwerben und durch Stadtbaumeister<br />

Gustav Schwartz in das nun<br />

„Städtische Museum“ integrieren lassen.<br />

Die Erweiterungen zeugen vom raschen<br />

Anwachsen der Sammlung durch Stifter mit<br />

unterschiedlichen Interessen, so dass viele<br />

qualitativ hochwertige Bereiche entstanden:<br />

Paläontologie, Geologie, Völkerkunde,<br />

Ägyptologie, Heimatgeschichte, jeweils mit<br />

weiteren Ausdifferenzierungen. Die Familie<br />

Roemer steuerte eigene Sammlungen bei,<br />

aber vor allem erhebliche Vermächtnisse,<br />

die den Unterhalt des Museums absicherten.<br />

Eineinhalb Monate nach Hermann Roemers<br />

Tod am 24. Februar 1894 wurde das<br />

Städtische Museum in „Roemer-Museum“<br />

umbenannt.<br />

14


Danach kamen weitere bedeutende<br />

Sammlungen nach Hildesheim – zum Beispiel<br />

durch Museumsdirektor Rudolf Hauthal,<br />

der nach 1906 für das Hildesheimer<br />

Museum eine bedeutende Alt-Peru-Sammlung<br />

erwarb und durch Wilhelm Pelizaeus,<br />

der bis 1911 der Stadt über 2 000 altägyptische<br />

Objekte schenkte. Für das „Pelizae us-<br />

Museum, archäologische Sammlung“ wurde<br />

eine erneute bauliche Erweiterung er forderlich,<br />

deren Eröffnung am 29. Juli 1911 ein<br />

Wechsel der Trägerschaft vom Museumsverein<br />

auf die Stadt vorausging.<br />

Seitdem begleitet und berät der Museumsverein<br />

das Museum und die Stadt in den<br />

jeweiligen Aufsichtsgremien, früher der<br />

Gemeindevertretung, heute der gGmbH.<br />

Er tritt öffentlich für die Belange „seines“<br />

Museums ein und bietet seinen Mitgliedern<br />

eine Fülle interessanter Angebote.<br />

Der Museumsverein – die älteste noch<br />

aktive Bürgerinitiative der Stadt Hildesheim<br />

– hat zurzeit 1 100 Mitglieder, darunter über<br />

200 junge Mitglieder von 8 bis 18 Jahren<br />

– die JuMis. Seit dem 16. Juni 1977 gibt<br />

es einen zweiten Verein, den Freundeskreis<br />

Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus, mit<br />

dem der Hildesheimer Museumsverein aufs<br />

engste zusammenarbeitet. Während sich der<br />

Museumsverein verstärkt auf die Aktivitäten<br />

und Sammlungsbereiche des Roemer-Museums<br />

(Naturkunde, Ethnologie, Kunst- und<br />

Regionalgeschichte) konzentriert, stehen<br />

beim Freundeskreis die Antiken-/Ägyptensammlungen<br />

und die Projekte des Pelizaeus-Museums<br />

im Vordergrund. Unterstützt<br />

werden das Museum und die beiden Vereine<br />

außerdem (Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

zusammen mit dem Stadtmuseum Hildesheim)<br />

von ca. 100 ehrenamtlichen Helferinnen<br />

und Helfern, die in vielen verschiedenen<br />

Bereichen aktiv mitwirken.<br />

Danke an alle Mitglieder für 175 Jahre!<br />

UNSERE<br />

JUMIS<br />

_jungblut<br />

_wissensdurst<br />

_teamwork<br />

GEBURTSTAG<br />

15


Neuer Vorsitzender<br />

des Freundeskreises Ägyptisches Museum<br />

Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e.V<br />

Nach dem plötzlichen Ableben des<br />

langjährigen Vorsitzenden, Dr. Jürgen<br />

Kroneberg, hat der Vorstand Herrn Prof. Dr.<br />

Ludolf Pelizaeus als neuen Vorsitzenden des<br />

Freundeskreises Ägyptisches Museum Wilhelm<br />

Pelizaeus Hildesheim e. V. berufen.<br />

Regine Schulz<br />

Prof. Dr. Ludolf Pelizaeus ist ein Nachfahre<br />

von Wilhelm Pelizaeus (1851–1930),<br />

dem Begründer des Pelizaeus-Museums in<br />

Hildesheim, das 1911 eröffnet wurde und<br />

jetzt Bestandteil des Roemer- und Pelizae us-<br />

Museums (RPM) Hildesheim ist.<br />

16


Ludolf Pelizaeus ist seit 2014 Professor für<br />

Ideengeschichte, Kultur- und Interkulturelle<br />

Geschichte im Fachbereich Fremdsprachen<br />

und Kulturen an der Université de Picardie<br />

Jules Verne in Amiens (Frankreich). Vorher<br />

war er außerplanmäßiger Professor an<br />

der Johannes Gutenberg Universität Mainz<br />

und lehrte an der Karl Franzens Universität<br />

Graz (Österreich), der National University of<br />

Ireland in Galway und arbeitete am Leibniz<br />

Institut für Europäische Geschichte. Er studierte<br />

Geschichte, Kunstgeschichte und Kulturanthropologie,<br />

wurde 1998 promoviert<br />

und habilitierte sich 2003 mit einer Arbeit<br />

zum Städtischen Widerstand im Reich<br />

Karls V.<br />

Im Zentrum seiner Forschungen steht die<br />

Entstehung des Modernen Staates, aber auch<br />

die Beziehungen zu Lateinamerika und Nordafrika.<br />

Einer der Forschungsschwerpunkte in<br />

diesem Rahmen sind die UNESCO–Welterbezonen.<br />

In diesem Zusammenhang hat er<br />

im April 2019 als Vorsitzender der Stiftung<br />

Wissensraum Europa Mittelmeer zusammen<br />

mit dem Institut für Auslandbeziehungen<br />

in Stuttgart und dem RPM eine Tagung<br />

zum Thema „Pflege und Inwertsetzung des<br />

Architekturerbes der Kolonialzeit. Herausforderungen<br />

und Perspektiven in Tetuan<br />

(Marokko)“ organisiert.<br />

HERMANN<br />

ROEMER<br />

WILHELM<br />

PELIZAEUS<br />

Seit vielen Jahren ist Prof. Pelizaeus dem<br />

Roemer- und Pelizaeus-Museum eng verbunden<br />

und unterstützt sowohl das Museum<br />

im Aufsichtsrat der gGmbH als auch die Fördervereine.<br />

Der Vorstand des Freundeskreises<br />

und das RPM insgesamt sind glücklich,<br />

ihn als neuen Vorsitzenden gewonnen zu<br />

haben und freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit<br />

mit ihm.<br />

17


Doppel-Jubiläum!<br />

Hildesheim und Minia feiern ihre langjährige<br />

Partnerschaft<br />

Die Stadt Hildesheim und das Roemerund<br />

Pelizaeus-Museum freuen sich in<br />

diesem Jahr über ein besonderes Jubiläum:<br />

Genau 40 Jahre ist es her, seit die Städtepartnerschaft<br />

mit der mittelägyptischen Stadt<br />

Minia und dem gleichnamigen Gouvernorat<br />

begründet wurde. Dieses Jubiläum wird mit<br />

einem intensivierten Austausch auf mehreren<br />

Ebenen begangen, zu dem auch gegenseitige<br />

Besuche gehören.<br />

Auf Einladung der Stadt besuchte aus diesem<br />

Grund eine ägyptische Delegation vom<br />

Helmut Brandl / Sven Kielau / Oliver Rösner<br />

15. bis 19. Juli 2019 Hildesheim. Angeführt<br />

wurde sie vom Gouverneur von Minia, S. E.<br />

General Qassem Mohamed Hussein Qassem<br />

und dem Präsidenten der Universität Minia,<br />

Prof. Mostafa Abd el-Naby Abd el-Rahman<br />

Ahmed. In ihrer Begleitung befanden sich<br />

Damen und Herren aus dem ägyptischen<br />

Entwicklungsministerium, Spezialisten der<br />

Universität Minia für Umweltschutz und<br />

kulturelle Bildung, Tourismusfachleute<br />

und die Leiterin der Medienabteilung des<br />

Gouvernorates Minia.<br />

Abb. 1: Unterzeichnung<br />

des Abkommens zur Fortsetzung<br />

der kommunalen<br />

Partnerschaft im Hildesheimer<br />

Rathaus. Links: Der<br />

Gouverneur von Minia,<br />

General Qassem Mohamed<br />

Hussein Qassem, rechts:<br />

Oberbürgermeister Dr.<br />

Ingo Meyer;<br />

© Foto: H. Brandl<br />

18


Die Koordination dieses Besuches lag<br />

auf der Seite der ägyptischen Gäste in den<br />

bewährten Händen von Prof. Hussein<br />

Mohamed Ali Ibrahim, einem Restaurierungs-<br />

und Denkmalpflegespezialisten der<br />

Universität Minia, der seit vielen Jahren mit<br />

dem Hildesheimer Museum und der Hochschule<br />

für Angewandte Wissenschaft und<br />

Kunst in Hildesheim (HAWK, Abteilung<br />

Bauen und Erhalten, Fachbereich Stein)<br />

zusammenarbeitet. Auf deutscher Seite war<br />

Oliver Rösner vom Fachbereich Büro des<br />

Oberbürgermeisters, Internationale Beziehungen<br />

und Fördermittelberatung, für den<br />

Ablauf verantwortlich.<br />

Zum Abschluss des erfolgreichen Besuches<br />

wurde ein Dokument unterzeichnet, das die<br />

Bedeutung der Beziehungen auf sozialem<br />

und kulturellem Gebiet unterstreicht uns<br />

ihre Fortsetzung in den kommenden Jahren<br />

umreißt (Abb. 1). Von nicht zu unterschätzender<br />

symbolischer Bedeutung war dazu<br />

die Benennung einer Hildesheimer Brücke<br />

unweit des Roemer- und Pelizaeus-Museums<br />

als „Minia-Brücke“, denn es ist das erste<br />

Mal, dass eine Hildesheimer Partnerstadt in<br />

dieser Weise geehrt wird (Abb. 2).<br />

Der Gegenbesuch einer Hildesheimer<br />

Delegation, angeführt von Oberbürgermeis-<br />

Abb. 2: Einweihung der „Minia-Brücke“ in Hildesheim. Vordere Reihe (von li. nach re.): Prof. Regine Schulz<br />

(Direktorin und Geschäftsführerin der Roemer- und Pelizaeus-Museum gGmbH), Dr. Tharwat Fathy el-Azhary<br />

(Leiter des Tourismus-Referates in Minia), Prof. Mostafa Abd el-Naby (Präsident der Universität Minia), Prof.<br />

Hussein Mohamed Ali (Koordinator des Ägyptisch-Deutschen Begegnungsprojektes), Prof. Mohamed Galal<br />

Hassan Shehata (Vize-Präsident der Universität Minia), General Qassem Mohamed Hussein Qassem (Gouverneur<br />

von Minia); © Foto: H. Brandl<br />

19


ter Dr. Ingo Meyer, ist für den November<br />

dieses Jahres vorgesehen. Eine Gruppe von<br />

etwa 20 interessierten Bürgerinnen und Bürgern<br />

wird sie voraussichtlich begleiten und<br />

dabei Gelegenheit haben nicht nur Land und<br />

Leute sondern auch die wichtigsten Kulturstätten<br />

in Minia und Umgebung kennenzulernen.<br />

(Es sind noch Plätze frei!). Diese<br />

Reise wird ohne Zweifel dazu beitragen die<br />

freundschaftlichen Bande zwischen beiden<br />

Städten noch enger zu flechten.<br />

Den wesentlichen Anstoß zu dieser beispielhaften<br />

kommunalen Partnerschaft gab<br />

der vormalige Direktor des Pelizaeus-Museums,<br />

Prof. Arne Eggebrecht, dessen Interesse<br />

an Minia vor allem von seiner Begeisterung<br />

für die Kunst und Kultur der Amarna-Periode<br />

getragen wurde. Bekanntlich liegt Tell<br />

el-Amarna, die Stadtruine von Achet-Aton,<br />

der kurzlebigen Residenzstadt des Echnaton<br />

und der Nofret-ete im Gouvernorat Minia.<br />

Hildesheims Beziehungen zu Minia sind<br />

heutzutage vielfältig. Aktuelle Themen,<br />

die unter Experten beider Städte diskutiert<br />

werden, umfassen Energie-Management und<br />

Abfallwirtschaft ebenso wie Tourismus und<br />

Abb. 3: Ankündigung eines Vortrages von Prof. G.<br />

Roeder über den Fortgang der ersten Hildesheimer<br />

Grabungen in Hermopolis, 1930.<br />

© Roemer- und Pelizaeus-Museum / Stadtarchiv<br />

Hildesheim<br />

Marketing. Am weitesten reichen jedoch die<br />

kulturellen Beziehungen zurück.<br />

Anlässlich des 40-Jahre-Jubiläums erinnert<br />

das Roemer- und Pelizaeus-Museum derzeit<br />

an den bereits 90 Jahre zurückliegenden<br />

Beginn der deutschen Ausgrabungen<br />

in El-Aschmunein, dem pharaonischen<br />

„Schmunu“, das von den alten Griechen<br />

Hermopolis (bzw. Hermoupolis) genannt<br />

wurde und das ebenfalls im Gouvernorat<br />

Minia liegt.<br />

Bereits zwischen 1903 und 1906 grub<br />

hier der Archäologe Otto Rubensohn nach<br />

Papyri der griechisch-römischen Periode;<br />

das war jedoch bevor er 1914 Gründungsdirektor<br />

des Pelizaeus-Museums wurde. Erst<br />

sein Nachfolger im Amt, Günther Roeder,<br />

konnte auf der Basis einer vertraglichen<br />

Vereinbarung mit der ägyptischen Antikenbehörde<br />

und mit finanzieller Unterstützung<br />

eines speziell zu diesem Zweck ins Leben<br />

gerufenen Fördervereins zwischen 1929 und<br />

1939 systematische Ausgrabungen durchführen<br />

(Abb. 3). In neuerer Zeit widmete<br />

sich eine Gruppe von Archäologen um die<br />

frühere RPM-Direktorin und derzeitigen<br />

Leiterin des Niedersächsischen Landesmuseums<br />

in Hannover, Dr. Katja Lembke, der<br />

Erforschung der hermopolitanischen Nekropole<br />

aus der römischen Kaiserzeit.<br />

Aktuell wird vom Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

(RPM) in Kooperation mit der<br />

Universität Minia (Faculty of Fine Arts) die<br />

Wiederaufnahme der Arbeiten in der antiken<br />

Stadt selbst betrieben (Projektleitung Prof.<br />

Regine Schulz und Prof. Hussein Mohamed<br />

Ali Ibrahim) – in enger Zusammenarbeit mit<br />

der Hochschule für Angewandte Wissenschaft<br />

und Kunst (HAWK) Hildesheim.<br />

20


Das Projekt trägt den Namen „Hermopolis<br />

Magna: Wiederaufnahme der archäologischen<br />

und restauratorischen Arbeit<br />

und Forschung in der Stadt des Thot<br />

– eine deutsch-ägyptische Kooperation“<br />

und soll 2020 beginnen. Ein Fokus wird<br />

unter der Leitung des Klassischen Archäologen<br />

Dr. Sven Kielau (RPM) auf dem in<br />

der Fachwelt zwar bekannten, aber nur<br />

ansatzweise erforschten Heiligtum aus der<br />

Zeit Ptolemaios III. und seiner Gemahlin<br />

Berenike II. liegen (spätes 3. Jh. v. Chr.). In<br />

diesem Heiligtum befanden sich Bauwerke<br />

klassisch griechischen Stils, in dorischer,<br />

ionischer und korinthischer Ordnung. Eine<br />

gut erhaltene griechische Giebelinschrift<br />

berichtet davon, dass es die vor Ort stationierten<br />

„Reiter“ waren, die „wegen der ihnen<br />

erwiesenen Wohltat“ das Heiligtum und<br />

seine Kultbilder dem König Ptolemaios und<br />

seiner Gemahlin weihten (Abb. 4). Hier will<br />

das RPM zudem mit Masterstudierenden des<br />

Fachbereichs Bauforschung der Ostbayerischen<br />

Technischen Hochschule Regensburg<br />

zusammenarbeiten (OTH, betreut von Prof.<br />

Ulrike Fauerbach), die vor Ort an der Bauaufnahme<br />

mitwirken sollen.<br />

Auch restauratorisch und konservatorisch<br />

sind in Hermopolis dringend Maßnahmen<br />

erforderlich. Das Antikengelände ist zwar<br />

nicht modern überbaut, aber bereits ergrabene<br />

Bauteile und Tempelmauern sind ungeschützt<br />

der Bodenfeuchtigkeit, Witterung<br />

und Versalzung ausgesetzt (Abb. 5). Besonders<br />

bedroht sind die zahlreichen Reliefblöcke<br />

aus den Aton-Tempeln von Achet-Aton/<br />

Tell el-Amarna, die bald nach dem Ende von<br />

Echnatons Regierung als Steinbruch genutzt<br />

wurden. In Hermopolis wurden Tausende<br />

dieser reliefgeschmückten Blöcke in Fundamenten<br />

wiederverwendet. Sie stellen einen<br />

extrem interessanten und bisher nur zum Teil<br />

gehobenen Schatz dar. Diesem Themenfeld<br />

wird sich der Amarna-Experte Dr. Christian<br />

Bayer (RPM) widmen, der ebenfalls an dem<br />

Projekt beteiligt ist. Gemeinsam mit der Universität<br />

Minia und der Hildesheimer HAWK<br />

wird auch die Abteilung Restaurierung des<br />

RPM vor Ort an den Dokumentations- und<br />

Schutzmaßnahmen mitwirken.<br />

Aus Anlass dieser beiden Jubiläen und der<br />

bedeutenden wissenschaftlichen Vorhaben<br />

wurde die große Wandvitrine im Foyer des<br />

Abb. 4: Giebelinschrift des<br />

Heiligtums für Ptolemaios III. in<br />

Hermopolis<br />

© Foto: H. Brandl<br />

21


Abb. 5: Ruine des Pylons und der sich anschließenden Hypostyl-Halle des Amun-Re-Tempels von Schmunu<br />

(Hermopolis) aus der Zeit Sethos‘ II., 19. Dynastie, um 1200 v. Chr.<br />

© Foto: H. Brandl<br />

Abb. 6: Aktuelle „Minia-Vitrine“ im Foyer des Roemer und Pelizaeus-Museums, Hildesheim (Detail)<br />

© Foto: D. Warnecke<br />

22


Roemer- und Pelizaeus-Museums neu eingerichtet.<br />

Die temporäre Installation, die noch<br />

bis Mitte Oktober 2019 zu sehen ist, stellt<br />

den Museumsbesuchern wichtige archäologische<br />

Stätten und Museen in Minia vor und<br />

gibt einen komprimierten Überblick über<br />

die dortigen archäologischen Aktivitäten des<br />

RPM im 20. Jahrhundert (Abb. 6).<br />

Im Zentrum steht dabei einer der frühen<br />

Funde G. Roeders aus El-Aschmunein, der<br />

im Rahmen der damals möglichen Fundteilung<br />

nach Hildesheim gelangte: Es handelt<br />

sich um ein Relieffragment, das aufgrund<br />

seines Formates und des bewegten Stils<br />

seiner Darstellung wohl zu einem amarnazeitlichen,<br />

sogenannten „Talatat“-Block (d.<br />

h. „Dreier“-Block, eine Handspanne hoch,<br />

drei Handspannen breit) gehört. Es fand<br />

sich verbaut in einer Tempelmauer der 19.<br />

Dynastie (Abb. 7). Der vorhandene Rest der<br />

Darstellung zeigt, gestaffelt auf Hockern mit<br />

gekreuzten Beinen sitzend, drei Figuren. Von<br />

der Gestalt ganz links sind zwar nur noch<br />

wenige Linien der Unterschenkel erhalten,<br />

doch genügt dies um eine dritte Person als<br />

gesichert anzusehen (Abb. 8). Dass es sich<br />

um männliche Figuren handelt, bezeugen<br />

Abb. 7: Mauer im südlichen Tempelbezirk<br />

von Schmunu / Hermopolis;<br />

der Pfeil zeigt die Fundlage des Blockes<br />

Hildesheim, Roemer- und Pelizaeus-Museum,<br />

PM 4573;<br />

© Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

Hildesheim<br />

Foto: G. Roeder (1930)<br />

Abb. 8: Sekundär verbauter Reliefblock,<br />

Sandstein, Amarna-Zeit, Mitte des 14.<br />

Jh. v. Chr., H. 21,7 cm, aus El-Aschmunein<br />

(Hermopolis), Hildesheim,<br />

Roemer- und Pelizaeus-Museum, PM<br />

4573;<br />

© Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

Hildesheim<br />

Foto: Sh. Shalchi<br />

23


neben den kurzen Schurzen vor allem die<br />

roten Farbreste im Bereich der Haut aller<br />

drei Personen. Bisher ist es nicht gelungen,<br />

den Kontext der Darstellung zu zweifelsfrei<br />

zu ermitteln. Aufgrund des Materials,<br />

Sandstein, ist eine ursprüngliche Herkunft<br />

des Reliefs aus einem südlicher als Amarna<br />

gelegenen Bauwerk zu vermuten. Möglicherweise<br />

handelt es sich dabei um ein Aton-Heiligtum<br />

in Theben (Karnak?). Die Größe der<br />

Figuren, ihre Sitzposition und nicht zuletzt<br />

ihre durch körperliche Berührung erkennbare,<br />

enge Verbindung lassen an männliche<br />

Personen aus dem Umfeld der königlichen<br />

Familie denken. Die Figur ganz rechts<br />

scheint wegen ihrer Proportionen und der<br />

unruhigen Körperhaltung ein Jugendlicher<br />

zu sein. Ein Name, der hier so manchem<br />

in den Sinn kommt, ist – Tutanchaton, der<br />

spätere Pharao Tutanchamun.<br />

Darüber hinaus werden in dieser Vitrine<br />

Archivalien, Fotos und eine Filmsequenz von<br />

den Grabungen aus dem Jahr 1930 gezeigt<br />

und zusammen mit Realien, kaiserzeitlichen<br />

Terrakotten, präsentiert. Bei einer davon<br />

handelt es sich um eine eigentümliche Lampe<br />

in Form des hockenden, Pavian- gestaltigen<br />

Gottes Thot mit Mondsichel und –scheibe<br />

auf dem Kopf. Augen, Schnauze, Pfoten<br />

und Fellstruktur des Tieres sind weitgehend<br />

deutlich angegeben, so dass es eindrücklich<br />

als Affe erkennbar ist (Abb. 9). Thot wurde<br />

schon im Neuen Reich nicht nur als Weisheitsgott<br />

verehrt, sondern auch als nächtlicher<br />

Lichtbringer, dessen Lebenskraft sich<br />

auf magische Weise zyklisch erneuert. Vielleicht<br />

wurde auch deshalb der hauptsächliche<br />

Verehrungsort des universalen Sonnengottes<br />

Aton unter Echnaton gegenüber der altehrwürdigen<br />

Stätte des Mondkultes errichtet.<br />

Aufgrund der bedeutenden Rolle, die das<br />

RPM nicht allein im Kulturleben der Stadt<br />

Hildesheim spielt, sondern weil es mit seiner<br />

international berühmten Ägypten-Sammlung,<br />

den ethnologischen und naturkundlichen<br />

Sammlungen und nicht zuletzt mit<br />

seinen Sonderausstellungen viele kulturbegeisterte<br />

Menschen aus dem In- und Ausland<br />

anzieht, ist zu erwarten, dass Hildesheims<br />

Bewerbung als Kulturhauptstadt des Jahres<br />

2025 auch von dieser Seite eine eindrucksvolle<br />

Unterstützung erfährt. – Durch Ihren<br />

Besuch unterstützen Sie uns auf diesem Weg.<br />

Wir freuen uns darauf!<br />

Abb. 9: Lampe: Gott Thot als Pavian mit „Mondkrone“,<br />

Terrakotta, römisch-kaiserzeitlich, H. 17 cm,<br />

Herkunft unbekannt (Hermopolis?), Hildesheim,<br />

Roemer- und Pelizaeus-Museum, PM 833; © Roemerund<br />

Pelizaeus-Museum Hildesheim<br />

© Foto: Sh. Shalchi<br />

24


Ein Ma’at-Impuls für Europa!<br />

In Europa wie auch in der Welt gewinnen<br />

diversifizierende Kräfte an Bedeutung. Es sind<br />

viele der sogenannten Populisten auf dem Plan.<br />

Thematisch geht es nicht mehr um das Öffnen<br />

von Grenzen und die Entwicklung gemeinsamer<br />

politischer und kultureller Räume sondern<br />

im Gegenteil um die Errichtung von Mauern<br />

und Zäunen zwischen Menschengruppen. Es<br />

werden Kriterien zur Unterscheidung und zur<br />

Heraustellung und Markierung der Differenzen<br />

der Kulturen und der Menschen gesucht, um<br />

über die kulturelle Identifizierung für jeden<br />

einzelnen Mensch eine politische Identität<br />

zu konstituieren, die wiederum bestimmten<br />

Staaten – oder besser einem bestimmten Staatsgebiet<br />

– zugeordnet wird. In Europa sind diese<br />

diversifizierenden Kräfte so weit zur Macht<br />

gelangt, dass trotz den Erfahrungen des zweiten<br />

Weltkriegs und trotz der jahrezehntelang friedenssichernden<br />

Funktion und Bedeutung der<br />

Europäischen Union mit aller Kraft („komme,<br />

was wolle” (so der aktuelle britische Premierrminister))<br />

ein Bre xit durchgesetzt werden soll.<br />

Bei Ma’at geht es nicht um das Diversifizierende<br />

und das Trennende sondern um eine nicht<br />

nur die menschliche „Gesellschaft” sondern die<br />

ganze „Welt” tragende Einheit. Unabhängig<br />

von den vielen Fragen, die in der Wissenschaft<br />

z. B. von J. Assmann oder von J. Dittmer – von<br />

letzterem auch unter dem Gesichtspunkt der<br />

Zusammenhänge zur griechischen Eunomia<br />

bzw. zum Logos – gestellt werden, kann mit<br />

Thomas Ritter<br />

H. Brümmer gesagt werden, „dass mit dem<br />

Konzept der Ma’at eine vergleichsweise sehr<br />

frühe Kultur auf höchster Abstraktionsstufe<br />

einen Begriff geprägt hat, der menschliches<br />

Handeln und kosmische Ordnung miteinander<br />

verknüpft, und damit Recht, Moral, Staat, Kult<br />

und religiöses Weltbild auf eine gemeinsame<br />

Grundlage stellt … Im Begriff der Ma’at liegt<br />

ungeschieden nebeneinander, was später in<br />

Staats-, Moral- und Naturphilosophie und<br />

Theologie auseinandertreten wird”.<br />

Im Blick auf die eingangs dargestellten<br />

Kräfte der Diversifizierung und der Gefahr der<br />

Schwächung und der Erosion der in Europa<br />

erreichten politischen und friedenssichernden<br />

Einheit wünsche ich mir einen „Ma’at-Impuls”<br />

für Europa. Nicht nur im politischen und<br />

kulturellen Bereich sollte es vorrangig wieder<br />

mehr darum gehen danach zu fragen, was<br />

uns in unseren Verschiedenheiten verbindet<br />

und wie aus dieser Einheit unter Bewahrung<br />

kultureller Unterschiede erreichte politische<br />

Einheiten wie die Europäische Union weiterentwickelt<br />

und gestärkt werden können. Einen<br />

solchen „Ma’at-Impuls” gibt und unterstützt<br />

seit Jahrzehnten das <strong>Magazin</strong>, indem<br />

es staatenübergreifend kulturelle Wurzeln und<br />

Zusammenhänge aufgrund eines entsprechenden<br />

Zusammenwirkens von Menschen<br />

darstellt. Dafür gebührt allen im Rahmen des<br />

Beteiligten, von den Initiatoren bis zu<br />

allen heute Aktiven ein besonderer Dank.<br />

25


V E R A N S T A L T U N G E N<br />

BERLIN<br />

Kunstwerk des Monats 2019<br />

Neues Museum<br />

Pädagogikraum im 3. OG<br />

Anschließend Führung am Objekt im Raum<br />

1.09 („Dreißig Jahrhunderte“)<br />

6. Oktober 2019 – 11:00 Uhr<br />

„Original und Fälschung“<br />

Drei Malereifragmente und<br />

ihre thebanische Vorlage<br />

Prof. Dr. Friederike Seyfried<br />

3. November 2019 – 11:00 Uhr<br />

„Haus und Hof“<br />

Altägyptische Lebenswelt im Modell<br />

Dr. Olivia Zorn<br />

1. Dezember 2019– 11:00 Uhr<br />

„Auszug aus einem Schulbuch“<br />

Ein kursivhieroglyphisches<br />

Ostrakon der Kemit<br />

Prof. Dr. Verena Lepper<br />

Vorträge<br />

Forschung im Museum II<br />

Brugsch-Pascha-Saal<br />

15. Oktober 2019– 19:00 Uhr<br />

Objekte lesen und verstehen.<br />

Zur Methodik der Aufarbeitung<br />

mykenischer Keramik aus Amarna<br />

Saskia Nehls, M.A.<br />

19. November 2019– 19:00 Uhr<br />

Herr Petepiphis – ein Ägypter<br />

mit Fremdsprachenkenntnissen<br />

in Elephantine<br />

PD Jan Moje & Dr. Ruth Duttenhöfer<br />

10. Dezember 2019– 19:00 Uhr<br />

Eine Königin auf Reisen – Erwerbungen<br />

und Ausstellungen ägyptischer<br />

Kunst im 19. Jahrhundert<br />

Mariana Jung, M.A.<br />

BONN<br />

Sonderausstellungen<br />

Noch bis zum 30. November 2019<br />

Di – Fr: 13:00 Uhr – 17:00 Uhr<br />

Sa + So: 13:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Kaiserliche Pharaonen –<br />

Pharaonische Kaiser<br />

Die Herrschaft der römischen<br />

Principes zwischen Republik<br />

und ägyptischem Königtum<br />

(Siehe Beitrag in diesem Heft, ab Seite 9)<br />

Verlängert auf unbestimmte Zeit:<br />

Sinnüberschuss und Sinnreduktion<br />

von, durch und mit Objekten:<br />

Materialität von Kulturtechniken zur<br />

Bewältigung von Außergewöhnlichem<br />

Eine Arbeitsausstellung zum BMBF-<br />

Verbundprojekt „SiSi“<br />

Haben Sie auch einen Glücksbringer in Ihrer<br />

Tasche oder um den Hals hängen? Oder einen<br />

Kugelschreiber, ein T-Shirt oder einen anderen<br />

Gegenstand, der Ihnen Glück bringen soll?<br />

Wir alle besitzen solche mit Sinn aufgeladenen<br />

Gegenstände – ein quasi universelles<br />

Phänomen, das nun im Rahmen eines neuen<br />

Projekts in verschiedenen Zeiten und Kulturen<br />

untersucht werden soll: „Sinnüberschuss und<br />

Sinnreduktion von, durch und mit Objekten.<br />

Materialität von Kulturtechniken zur<br />

Bewältigung von Außergewöhnlichem“ (kurz:<br />

„SiSi“). Neben der Bonner Ägyptologie, die<br />

in den nächsten drei Jahren sicher spannende<br />

Ergebnisse rund um Amulette, Glücksbringer<br />

und böse Omen im Alten Ägypten zu<br />

berichten haben wird, sind in diesem<br />

fachübergreifenden Projekt noch die Bonner<br />

Altamerikanistik sowie die Medizinische<br />

Hochschule Brandenburg und die Heinrich-<br />

Heine-Universität Düsseldorf (‚Mad Studies’/<br />

Medizingeschichte) vertreten. Das Ägyptische<br />

Museum der Universität Bonn zeigt ab dem<br />

14.1.2019 eine erste kleine Arbeitsausstellung<br />

zum Thema.<br />

Trotz aktueller Baumaßnahmen im Ostflügel<br />

des Universitätshauptgebäudes bleibt<br />

das Museum bis auf weiteres geöffnet.<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!<br />

26


Vorträge<br />

16. Oktober 2019 – 18:30 Uhr<br />

Aegypto capta:<br />

Wie Ägypten römisch und der<br />

Kaiser ein Pharao wurde<br />

Dr. Gunnar Sperveslage<br />

6. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

„Von Pyramiden, Göttern<br />

und Hieroglyphen“<br />

Zu einigen Exlibris von Ägyptologen<br />

Dr. Kirsten Konrad<br />

11. Dezember 2019 – 18:30 Uhr<br />

Akhenaten’s seat of government:<br />

the Central City at Amarna<br />

Prof. em. Dr. Barry J. Kemp<br />

Dauerausstellung<br />

Drei Wege nach Ägypten<br />

Die Dauerausstellung ist in drei Bereiche<br />

gegliedert, die drei Wege beschreiben, das<br />

Alte Ägypten zu erkunden: Reichtum und<br />

Vielfalt der pharaonischen Kultur werden in<br />

Vitrinen zu den Themen Keramik, Werkzeuge,<br />

Leben und Luxus, Schrift, Pharao, Götter,<br />

Mythen und Tod sowie Kunst gezeigt, die<br />

gemeinsam ein Kulturhistorisches Panorama<br />

des Alten Ägypten entwerfen. In der<br />

Studiensammlung werden Amulette, Gefäße,<br />

Uschebtis und zahlreiche weitere Objekte<br />

nach Material, Form und Funktion geordnet<br />

präsentiert. Dadurch lassen sich Formen und<br />

Gattungen unterschiedlicher Herkunft aus<br />

verschiedenen Epochen vergleichen. In der<br />

Studiensammlung befinden sich auch die<br />

Grabausstattungsobjekte aus den Bonner<br />

Ausgrabungen auf der Qubbet el-Hawa<br />

bei Assuan. Das Kabinett des Sammelns<br />

schließlich stellt einzelne Kollektionen und<br />

ihre Sammler vor. Sie stehen beispielhaft<br />

für die Auseinandersetzung mit und<br />

Aneignung der pharaonischen Kultur im<br />

Heute. In der Dauerausstellung finden sich<br />

zudem in der neuen „Forschungsvitrine“<br />

Informationen zu Objekten, die Gegenstand<br />

von Abschlussarbeiten, von Aufsatzund<br />

Buchprojekten oder von laufenden<br />

Forschungsarbeiten sind.<br />

Sonderausstellung<br />

im Museum Koenig<br />

14. November 2019 bis 22. März 2020<br />

Objektwelten als Kosmos:<br />

Von Alexander von Humboldt<br />

zum Netzwerk Bonner<br />

Wissenschaftssammlungen<br />

Die Universität Bonn und das Zoologische<br />

Forschungsmuseum Alexander Koenig zeigen<br />

in einer Sonderausstellung, auf welche Weise<br />

universitäre Sammlungen, Museen sowie<br />

ihre Objekte und Wissenschaftsdisziplinen<br />

miteinander verwoben sind. Die Ausstellung<br />

spielt mit ihrem Titel auf „die ganze<br />

materielle Welt“ an, die nach Alexander von<br />

Humboldt keine Grenzen zwischen Geistesund<br />

Naturwissenschaften kennt und sich<br />

von daher in vernetzten Objektwelten als<br />

Kosmos widerspiegelt. Der Blick richtet sich<br />

damit auf die vielschichtigen Verbindungen<br />

zwischen mehr als 100 ausgewählten Objekten<br />

der Sammlungen und Museen und die<br />

einhergehenden, sich zeitlich verändernden<br />

Vorstellungen von Wissenschaft und<br />

Forschung.<br />

An der Ausstellung beteiligt sind auf Seiten<br />

der Universität Bonn das Ägyptische Museum,<br />

das Akademische Kunstmuseum, das BASA-<br />

Museum der Altamerikanistik und Ethnologie,<br />

das Goldfuß-Museum der Paläontologie,<br />

das Mineralogische Museum und die Vorund<br />

Frühgeschichtliche Studiensammlung<br />

sowie von Seiten des Museums Koenig das<br />

Biohistoricum. Die Ausstellung ist Teil des seit<br />

Dezember 2016 vom Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung (BMBF) geförderten<br />

Verbundprojektes und wird ebenfalls vom<br />

Landschaftsverband Rheinland (LVR) über<br />

sein Programm der Museumsförderung<br />

unterstützt.<br />

Die Sonderausstellung kann im Rahmen<br />

der normalen Öffnungszeiten des Museums<br />

Koenig auf der Museumsmeile Bonn<br />

(Adenauerallee 160) besichtigt werden. Zur<br />

Ausstellung erscheint ein Katalog, erhältlich im<br />

Museum. Weitere Informationen hierzu unter<br />

https://www.zfmk.de<br />

V E R A N S T A L T U N G E N<br />

27


V E R A N S T A L T U N G E N<br />

HANNOVER<br />

Stadtspaziergänge<br />

Exklusiv, nur für Mitglieder des Freundes- und<br />

Förderkreises „Antike & Gegenwart e. V.“<br />

Neben Exkursionen und anderen<br />

Unternehmungen erschließt der Freundesund<br />

Förderkreis „Antike & Gegenwart e. V.“ des<br />

Museum August Kestner die Sammlung des<br />

Hauses auch an anderen Orten, z.B. bei den<br />

Stadtspaziergängen. Werden Sie Mitglied, dann<br />

können auch Sie teilnehmen!<br />

18. Oktober 2019<br />

Kestnerschätze im Landesmuseum<br />

Führung durch die Gemäldegalerie und das<br />

Kupferstichkabinett mit<br />

Dr. Thomas Andratschke<br />

22. November 2019<br />

Musikalisches Erbe von Hermann<br />

Kestner in der Stadtbibliothek<br />

Vortrag mit Blick auf Noten und Hörgenuss<br />

Dr. Anne Viola Siebert<br />

Vorträge<br />

Öffentliche Vorträge des Freundes- und<br />

Förderkreises Antike & Gegenwart e. V.<br />

16. Oktober 2019 – 18:30 Uhr<br />

Zeitenwende 1400<br />

Hildesheim als europäische Metropole<br />

Prof. Dr. Claudia Höhl<br />

Für den 11.01.2020 ist eine Exkursion des<br />

Freundeskreises zu dieser Ausstellung geplant.<br />

Schulangebote<br />

„Kestner to go“<br />

22. Oktober 2019 – 30. März 2020<br />

Das Museum kommt in Ihre Schule<br />

Auch während unserer Schließzeit möchten wir<br />

Schüler*innen für das Alte Ägypten und Rom<br />

begeistern!<br />

Sie können bei uns 2 Angebote buchen<br />

(jeweils 90 Min.).<br />

„Frag den Ägyptologen“ oder<br />

„Frag die Archäologin“<br />

Kuratoren unserer ägyptischen, der römischen<br />

und griechischen Abteilung stellen sich den<br />

Fragen Ihrer Schüler*innen.<br />

Für mehrere Klassen oder eine Jahrgangsstufe<br />

(Aula oder ähnliche Räumlichkeit erforderlich)<br />

1,00 € pro Schüler*in (mindestens 80,00 €)<br />

„Altes Ägypten“ und „Antikes Rom“<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen des<br />

museumspädagogischen Teams gestalten eine<br />

Doppelstunde mit Beamer-Präsentation,<br />

Fragestunde und Gruppenarbeit. Auf spezielle<br />

Wünsche oder Erfordernisse Ihrer Lerngruppe<br />

gehen wir gerne ein!<br />

Für eine Klasse, 2,00 € pro Schüler*in<br />

Schüler*innen mit einem Hannover-Aktiv-<br />

Pass sind bei allen Angeboten von Gebühren<br />

befreit.<br />

Informationen zu<br />

„Das Museum kommt in Ihre Schule“:<br />

https://www.hannover.de/Museum-August-<br />

Kestner/ Bildung-Kommunikation/Schulen<br />

20. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

Computergestützte Maßvergleiche<br />

an antiker Skulptur<br />

Prof. Dr. Martin Langner<br />

Mittwoch, 18.12.2019, 18.30 Uhr<br />

Die Voodoo-Religionen in<br />

Westafrika und in der Karibik<br />

Oliver Gauert, M.A.<br />

Achtung! Von Oktober 2019 bis einschließlich<br />

März 2020 ist das Museum<br />

wegen dringender Baumaßnahmen<br />

geschlossen.<br />

Die Vorträge finden deshalb im<br />

Historischen Museum Hannover statt!<br />

28


HILDESHEIM<br />

Vorträge<br />

14. Oktober 2019 – 18:30 Uhr<br />

Conrad Wilhelm Hase.<br />

Der Architekt als Kirchenrestaurator<br />

PD Dr. Christian Scholl<br />

Universität Hildesheim<br />

21.Oktober 2019 – 18:30 Uhr<br />

The Voodoo Religion in Haiti –<br />

Die Voodoo-Religion in Haiti<br />

Erol Josué – Direktor des Ethnologischen<br />

Museums in Port-au-Prince<br />

28. Oktober 2019 – 18:30 Uhr<br />

Das Tagebuch (1822–1833) von<br />

Hermann Adolf Lüntzel<br />

Dr. Helga Stein – Hildesheim<br />

4. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

Edgar Walden – ein Berliner<br />

Ethnologe in Hildesheim<br />

Dr. Sabine Lang – RPM<br />

11. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

Faszination Vogelflug – Eine<br />

spannende Bionik-Bildpräsentation<br />

Sven Achtermann – OVH Hildesheim<br />

18. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

Die Geschichte des historischen<br />

Markplatzes in Hildesheim<br />

Dr. Stefan Bölke<br />

RPM und Stadtmuseum<br />

25. November 2019 – 18:30 Uhr<br />

Neuigkeiten aus dem Leiden-Turiner<br />

Grabungsprojekt in Saqqurra<br />

Lara Weiss – Universität Leiden<br />

13. Januar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Im Land der lebenden Toten – Zombies<br />

und Zombifikation in Haiti<br />

Oliver Gauert – M.A. RPM<br />

20. Januar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Günther Roeder – Die<br />

archäologischen Ausgrabungen des<br />

Museums um 1930 in Ägypten<br />

Dr. Christian Bayer – Dr. Sven Kielau –<br />

RPM<br />

27. Januar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Jüdische Mitglieder im<br />

Hildesheimer Museumsverein<br />

Dr. Hartmut Häger –<br />

Museumsverein Hildesheim<br />

3. Februar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Das Roemer-Museum – Sammlungen<br />

im Dornröschen Schlaf<br />

Antje Spiekermann – M.A. – RPM<br />

10. Februar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Die Welt der einheimischen Insekten<br />

Burkhard Rasche – OVH Hildesheim<br />

17. Februar 2020 – 18:30 Uhr<br />

Taiwanesisches Schattentheater – ein<br />

Projekt der Kooperaration des Centers<br />

for World Music und des RPM<br />

Pei-Shan Wu – M.A.<br />

RPM und CWM Hildesheim<br />

2. März 2020 – 18:30 Uhr<br />

Benin und Haiti – Berichte über<br />

Forschungsreisen des RPM im<br />

Vorfeld der Voodoo-Ausstellung<br />

Oliver Gauert – M.A. und<br />

Kristin Kschuk – M.A.<br />

9. März 2020 – 18:30 Uhr<br />

Cosmos in Motion – The gods of the<br />

Yoruba-Religion in Westafrika,<br />

Irene Hübner – M.A. – Nijmegen<br />

16. März 2010 – 18:30 Uhr<br />

Johannes Leunis – Geistlicher und<br />

Lehrer – Botaniker und Museumsdirektor<br />

Benno Haunhorst – OStDr. i.R.<br />

Josephinum<br />

V E R A N S T A L T U N G E N<br />

29


V E R A N S T A L T U N G E N<br />

IPHOFEN<br />

Sonderausstellungen<br />

Noch bis zum 10. November 2019<br />

Di–Sa: 10:00 Uhr – 17:00 Uhr<br />

So: 11:00 Uhr – 17:00 Uhr<br />

Mo: geschlossen<br />

ELEFANT<br />

Graue Riesen in Natur und Kultur<br />

Der Elefant ist das gewaltigste und großartigste<br />

Landtier – und steht auf der Liste der<br />

bedrohten Tierarten. Seine Ahnenreihe<br />

reicht rund 7 Millionen Jahre zurück.<br />

Wissenschaftler sind bis heute fasziniert von<br />

seinen Fähigkeiten, sich große Wegenetze zu<br />

merken und zählen zu können. Trotz ihrer<br />

großen Kräfte sind Elefanten ihrem Wesen<br />

nach sanftmütige Geschöpfe, sie setzen ihre<br />

Stärke gegen andere Lebewesen nur bei Gefahr<br />

ein, missbrauchen sie aber nicht.<br />

Kabinettausstellung<br />

Noch bis zum 10. November 2019<br />

Klänge Alt Amerikas<br />

Musikinstrumente in Kunst und Kult<br />

Dauerausstellungen<br />

Die Reliefsammlung –<br />

Kultur lebendig erleben<br />

Das Kunstschaffen der alten Weltkulturen<br />

erleben - dazu wäre eine Reise zu den<br />

Stätten der antiken Weltkunst oder zu den<br />

Museen Europas und Amerikas nötig, denn<br />

keine Publikation kann den Eindruck des<br />

Kunstwerks in Originalgröße ersetzen, kein<br />

Bild die Griffigkeit einer Reliefwand oder<br />

Dreidimensionalität einer Statue vermitteln.<br />

Das Knauf-Museum bietet jedoch eine<br />

einmalige Alternative: Meisterwerke des alten<br />

Ägypten, Mesopotamiens, Persiens und des<br />

Hethiterreiches, weltberühmte Spitzenwerke<br />

griechischer und römischer Kunst, des<br />

alten Indien und der dem Europäer wenig<br />

bekannten Kulturen Altamerikas und der<br />

Osterinsel sind in den weitläufigen Räumen<br />

und dem großen Innenhof des historischen,<br />

ehemaligen Amtshauses in meisterlichen<br />

Abformungen ausgestellt.<br />

Weitere Infos unter: www.knauf-museum.de<br />

LEIPZIG<br />

Sonderausstellungen<br />

Noch bis zum 17. November 2019<br />

„Landschaft“ von Marion Wenzel<br />

Gezeigt werden Fotografien, die Landschaften<br />

in ihrem zeitlichen und räumlichen Wandel<br />

abbilden. Es handelt sich dabei einerseits<br />

um industrielle Tagebaulandschaften<br />

in Deutschland (Leipzig, Lausitz)<br />

und andererseits um den ägyptischen<br />

Tempelkomplex von Heliopolis in Matariya/<br />

Kairo, der seit 2012 von einem ägyptischdeutschen<br />

Grabungsteam unter der Leitung<br />

von Dr. Aiman Ashmawy und PD Dr. Dietrich<br />

Raue freigelegt wird.<br />

16. Januar 2020 – 3. Mai 2020<br />

„Heliopolis – Kulturzentrum<br />

unter Kairo“<br />

Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des<br />

größten religiösen Zentrums Ägyptens sowie<br />

die Geschichte seiner Erforschung bis heute.<br />

Vorträge<br />

Campus Augustusplatz<br />

10. Oktober 2019 – 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

Übersetzerische Stilblüten –<br />

Vom Grünen Leiden, Hebungen des<br />

Hustens und vom Bohren in der Nase<br />

Dr. Susanne Radestock<br />

17. Oktober 2019 – 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

The Powers of Hell: The Pharaonic<br />

Landscape in Christian Magic<br />

Dr. Korshi Dosoo<br />

7. November 2019 – 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

„Weiße Pharaonen“ - Ägyptologische<br />

Migrationstheorien im 20. Jahrhundert<br />

Dr. Susanne Voss<br />

5. Dezember 2019 – 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

Von der Nacktschnecke zur Hornviper<br />

– Entwirrungen der Hieroglyphen<br />

Josephine Hensel M.A.<br />

30


19. Dezember 2019 – 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

Kharga Oasis: An Edge of Empire<br />

Dr. Salima Ikram<br />

Führungen<br />

12. Oktober 2019 – 14:00 Uhr<br />

Ideal & Wirklichkeit – Ägypten, wie<br />

es sein soll und wie es wirklich war<br />

Dr. Marc Brose<br />

27. Oktober 2019 – 14:00 Uhr<br />

Wiedergänger, Dämonen &<br />

in Vergessenheit geraten –<br />

Angst im Alten Ägypten<br />

Klara Dietze M.A.<br />

9. November 2019 – 14:00 Uhr<br />

Führung durch die Dauerausstellung<br />

Celine Rose<br />

24. November 2019 – 14:00 Uhr<br />

Fest und Alltag im Alten Ägypten<br />

PD Dr. Dietrich Raue<br />

14. Dezember 2019 – 14:00 Uhr<br />

Führung durch die Dauerausstellung<br />

PD Dr. Dietrich Raue<br />

22. Dezember 2019 – 16:00 Uhr<br />

Taschenlampenführung für<br />

Kinder von 6 bis 13 Jahren<br />

Anna Grünberg M.A.<br />

Aufgrund begrenzter Teilnehmerzahl bitte mit<br />

vorheriger Anmeldung unter 0341-9737015<br />

Sonstige Veranstaltungen<br />

13. November 2019, ab 14:15 Uhr, Hörsaal 8<br />

9. Steindorff-Tag zu Ehren des 158.<br />

Geburtstages von Georg Steindorff<br />

Am Nachmittag finden Vorträge zu<br />

verschiedenen aktuellen Forschungen an<br />

Objekten des Leipziger Museums statt.<br />

Abendvortrag (18:15 Uhr): Himmlisch! Die<br />

Eisenobjekte aus dem Grab des Tutanchamun,<br />

Katja Broschat<br />

WIEN<br />

Sonderausstellungen<br />

Kunsthistorisches Museum Wien<br />

Noch bis zum 6. Oktober 2019<br />

Maurizio Cattelan<br />

In Fortsetzung unserer Reihe von<br />

Ausstellungen zeitgenössischer Kunst im<br />

Theseustempel zeigen wir heuer ein Werk des<br />

italienischen Künstlers Maurizio Cattelan.<br />

Noch bis zum 13. Oktober 2019<br />

Zuhanden Ihrer Majestät<br />

Medaillen Maria Theresias<br />

Das Münzkabinett des Kunsthistorischen<br />

Museums bewahrt sowohl in quantitativer<br />

als auch qualitativer Hinsicht die exquisiteste<br />

Sammlung an Medaillen Maria Theresias.<br />

Noch bis zum 20. Oktober 2019<br />

grey time – Bruchteile aus dem Museum<br />

Eine künstlerische Auseinandersetzung von<br />

Jeremias Altmann und Andreas Tanzer<br />

Mein König, die Welt ist nicht mehr.<br />

Zeugen der Vergangenheit und Trümmer<br />

unserer Zukunft.<br />

Ein verfrühtes Resümee, solange es noch<br />

Menschen gibt.<br />

Noch bis zum 20. Oktober 2019<br />

Jan van Eyck – „Als Ich Can“<br />

Die Kabinettausstellung zeigt drei von rund<br />

zwanzig erhaltenen Werken Jan van Eycks<br />

und bietet BesucherInnen einen Einblick<br />

in die Kunst zur Zeit Herzog Philipps des<br />

Guten, als die Burgundischen Niederlande im<br />

15. Jahrhundert eine einmalige Blütezeit der<br />

höfischen und städtischen Kultur erlebten.<br />

15. Oktober 2019 bis 19. Januar 2020<br />

Caravaggio & Bernini<br />

Die international angelegte Ausstellung<br />

präsentiert erstmals ein großes und<br />

überwältigendes, visuelles Barockspektakel im<br />

Kunsthistorischen Museum. Im Zentrum steht<br />

dabei das bahnbrechende Werk des Malers<br />

Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571–<br />

1610) und des Bildhauers Gian Lorenzo<br />

Bernini (1<strong>59</strong>8–1680).<br />

V E R A N S T A L T U N G E N<br />

31


Ein Rum-Baron und seine Mumie<br />

Neukonzeption der Ägyptenausstellung im<br />

Bacardí-Museum Santiago de Cuba<br />

Im Jahr 1912 begab sich Don Emilio<br />

Bacardí-Moreau mit seiner Gattin Elvira<br />

Capé nach Ägypten, um im Land der Pharaonen<br />

eine Mumie und diverse altägyptische<br />

Objekte zu kaufen. Bacardí hatte die Rumfabrik<br />

seines Vaters geerbt und war in seiner<br />

Heimatstadt Santiago de Cuba zum Bürgermeister<br />

aufgestiegen. Nun, als Mittfünfziger,<br />

zog er sich aus den ihm übertragenen<br />

Ämtern zurück und reiste nach Kairo und<br />

Luxor. Die auf einem Markt in Luxor erworbenen<br />

Stücke sollten das von ihm geplante<br />

Dina Faltings / Anna-Maria Begerock<br />

Museum in Santiago de Cuba bereichern.<br />

Zunächst aber bereitete insbesondere der<br />

Erhalt aller erforderlichen Ausfuhrpapiere<br />

große Schwierigkeiten und finanziellen Aufwand,<br />

wie Bacardí umfangreich und recht<br />

humorvoll dem zukünftigen Museumsdirektor<br />

Bofill brieflich berichtete.<br />

Zahlreiche Stempel und Telegramme<br />

später konnten Mumie und Objekte über<br />

Hamburg und New York nach Santiago<br />

de Cuba, in die Heimatstadt Bacardís ver-<br />

Abb. 1: Das Museo Bacardí in Santiago de Cuba beherbergt in seiner untersten Etage ethnologische Schätze, die<br />

in unserem Seminar teilweise gehoben werden konnten, und die einzige ägyptische Mumie Kubas.<br />

© Foto: Anna-Maria Begerock<br />

32


schifft werden. Sie werden heute im Museo<br />

Provincial Don Emilio Bacardí-Moreau im<br />

Herzen Santiagos ausgestellt, und sogar im<br />

Lonely Planet ist die Mumie als must-see<br />

verzeichnet – sie ist eben die einzige ägyptische<br />

Mumie in ganz Kuba. Bacardí selbst<br />

hat die Eröffnung des (von ihm finanzierten)<br />

imposanten Baus nicht mehr erlebt.<br />

Das Museum beherbergt neben europäischer<br />

Malerei und Reliquien von Revolutionsführern<br />

einen ethnographischen Saal mit<br />

den von Bacardí gekauften Ägyptiaca sowie<br />

zahlreichen Objekten aus anderen Kulturen,<br />

die von Weltreisenden gestiftet worden sind,<br />

und zwar auf Bacardís Aufruf hin.<br />

In einem der letzten Jahrzehnte hat man<br />

das Museum aufwändig renoviert und sich<br />

dabei für eine minimalistische Präsentation<br />

entschieden. Ein Teil des Ethnographie-Saales<br />

erhielt weiße Wände und beherbergt den<br />

ägyptischen Fundus. Der andere Teil wurde<br />

hellgrün gestrichen und enthält die übrigen<br />

Ausstellungsstücke. Dieser gegenwärtige<br />

Zustand wird aber dem kulturhistorischen<br />

Wert der Objekte nicht gerecht. Die jeweilige<br />

Objektbeschreibung ist oft begrenzt auf<br />

ein Wort oder fehlt ganz. Die einleitenden<br />

großen Bilder zu den beiden Bereichen des<br />

Saales sind ebenfalls nur spärlich mit Text<br />

versehen. Auf Unterbereiche und kulturspezifische<br />

Thematiken wird ganz verzichtet.<br />

Zu einem Teil mag dies einer gewollten<br />

Konzeption entsprechen, zum anderen<br />

aber ist es wohl auch der prekären wirtschaftlichen<br />

und finanziellen Lage Kubas<br />

geschuldet, die sich seit den 1990er Jahren<br />

deutlich verschärft hat. Der Austausch mit<br />

ausländischen Wissenschaftlern ist auf ein<br />

Minimum begrenzt, was den Zufluss an<br />

Abb. 2: Der Blick in die derzeitige Ausstellungssituation zeigt den spärlichen Informationsgehalt, der dem Alten<br />

Ägypten mit all seinen Facetten und auch den von Bacardí gekauften Objekten nicht gerecht wird.<br />

© Foto: Anna-Maria Begerock<br />

33


Informationen, insbesondere Büchern und<br />

Wissen über neue Erkenntnisse zu alten<br />

Kulturen der Welt einschränkt. Ein großer<br />

Teil der vorhandenen Bücher ist auf Russisch<br />

abgefasst und spiegelt den Wissensstand der<br />

1970er Jahre wider. Russisch versteht jedoch<br />

kaum einer der kubanischen Wissenschaftler<br />

und Museologen aus der heute heranwachsenden<br />

Generation. Auch im Internet<br />

sind neue Erkenntnisse zu den ausgestellten<br />

Stücken kaum zu gewinnen. Es ist wegen<br />

des US-amerikanischen Embargos nicht<br />

umfänglich nutzbar, überdies ist es sehr langsam<br />

und enorm teuer. Hinzu kommt die<br />

Ungunst der geografisch-meteorologischen<br />

Bedingungen vor Ort. Im Jahr 2012 tobte<br />

der tropische Wirbelsturm Sandy über der<br />

Bucht von Santiago. Große Teile der Stadt<br />

wurden zerstört und auch die Museen Santiagos<br />

erlitten schweren Schaden, vor allem<br />

ihre Archive. Viele Archivalien und damit<br />

Informationen zu den einzelnen Ausstellungsstücken<br />

sind seither unwiederbringlich<br />

verloren.<br />

Für das Museum Bacardí schien die Lage<br />

damals hoffnungslos. Aber aufgrund des<br />

international gestiegenen Interesses an der<br />

Erforschung von Mumien in musealen<br />

Sammlungen entstand 2015 eine kubanisch-spanische<br />

Kooperation zur Erforschung<br />

der in Kuba befindlichen Mumien.<br />

2017 wurden die Mumien im Ethnographie-Saal<br />

des Bacardí-Museums in Santiago<br />

de Cuba von der Forschergemeinschaft des<br />

Instituto des Estudios Científicos en Momias<br />

(IECIM) in Spanien untersucht. Bei dieser<br />

Gelegenheit baten die kubanischen Museumsleute<br />

auch um Hilfe bei der Bestimmung<br />

der weiteren Objekte und bei der Konzipierung<br />

einer moderneren, dem aktuellen Stand<br />

angepassten Ausstellung.<br />

So wurde im Herbst 2017 in einem<br />

Gespräch zwischen den Autorinnen dieses<br />

Berichts die Idee geboren, gemeinsam die<br />

Ägyptenabteilung neu zu konzipieren und<br />

umzugestalten. Da das Heidelberg Center<br />

for Cultural Heritage (HCCH) u.a. zum<br />

Ziel hat, die museale Präsentation von kulturellem<br />

Erbe zu verbessern und die diesbezüglichen<br />

Fähigkeiten auch Studierenden<br />

zu vermitteln, kamen wir überein, das im<br />

Rahmen eines dort angesiedelten Seminars<br />

zu tun. Studierende der Ägyptologie und<br />

verwandter Fächer sollten lernen, ihr Wissen<br />

für ein Museumspublikum interessant aufzubereiten.<br />

Dabei gingen wir schrittweise vor. Die vorhandenen<br />

Objekte wurden vorbestimmt in<br />

Bezug auf Alter, Echtheit und einstige Funktion.<br />

Die Studenten bekamen die Aufgabe,<br />

Ausstellungsthemen zu entwickeln, Unterthemen<br />

zu formulieren und die Objekte<br />

darin zu verorten. Darüber hinaus sollten die<br />

Texte auf Englisch konzipiert werden, damit<br />

die Ausstellung zukünftig zweisprachig (Englisch<br />

und Spanisch) präsentiert werden kann.<br />

Vor allem die finanziellen Einschränkungen<br />

in Kuba erschienen uns Dozentinnen als<br />

eine besondere, aber doch sehr praxisnahe<br />

Herausforderung - auch deutsche Museen<br />

sind oft genug von Geldknappheit betroffen,<br />

sodass die vorhandenen Vitrinen ausreichen<br />

müssen, weil unter solchen Zwängen<br />

keine neuen gebaut werden können.<br />

Außerdem entfallen teure Installationen. In<br />

Kuba kommt erschwerend der Mangel an<br />

Druckereien und Druckmaterialien hinzu,<br />

sodass alle Träger, Raumteiler etc. zur Not in<br />

Europa zu drucken und leicht transportierbar<br />

sein müssen, damit sie als Fluggepäck<br />

nach Kuba gebracht werden können. Dem<br />

34


abgewandelten Ausspruch „Wir sind arm,<br />

aber kreativ” folgend, gestaltete sich das in<br />

Blockveranstaltungen durchgeführte Seminar<br />

am HCCH überraschend erfolgreich.<br />

Hier einige Auszüge aus dem Seminar-Tagebuch:<br />

Block-Tag 1 (20.10.018):<br />

Besuch der Ägypten-Ausstellung in den<br />

Reiss-Engelhorn-Museen in der Nachbarstadt<br />

Mannheim. Anhand eines vorher<br />

gemeinsam erarbeiteten Fragebogens sollen<br />

die Studierenden Denkanstöße bekommen<br />

und auf Konzeption, Design, Ausdrucksmöglichkeiten,<br />

Präsentationsebenen sowie<br />

die damit verbundenen Chancen der Informationsübertragung<br />

achten.<br />

Triumph, Triumph! Sie bleiben bereits im<br />

Vorraum stehen und diskutieren schon dort<br />

ca. 40 Minuten lang über Farben, Grafik,<br />

Licht und Schriften! So war es zwar nicht<br />

gemeint und erwartet, aber schon das ist ein<br />

voller Erfolg. Der Gang durch den Rest des<br />

Museums muss immer wieder mal „angeschubst“<br />

werden, weil die Diskussionen sehr<br />

hohe Wellen schlagen und nicht enden wollen.<br />

Es scheint großen Spaß zu bringen und<br />

über den Umweg der Fragen viele Erkenntnisse<br />

zum Thema Museumsdesign zu bewirken.<br />

We are delighted.<br />

Nach der Mittagspause geht es in die<br />

Ausstellung „Musikwelten“ – in ein völlig<br />

anderes Ausstellungskonzept, ganz ohne<br />

Einleitung oder Hinführung zum Thema<br />

und ausschließlich als Audio-Führung angeboten<br />

- was zumindest bei einigen von uns<br />

helle Begeisterung auslöst. Hausaufgabe ist,<br />

eine vergleichende Bewertung dieser beiden<br />

Konzepte zu erstellen, die beim nächsten<br />

Mal (in einer Woche) diskutiert werden soll.<br />

Block-Tag 2 (27.10.2018):<br />

Oha, verpennt! Das fängt ja gut an! Schnell<br />

frühstücken und los. Die Studis stehen<br />

schon unten vor der Glastür zu den Seminarräumen,<br />

die samstags natürlich zu ist.<br />

Immerhin sind wir genau pünktlich! Anfangs<br />

werden die Museumseindrücke von letzter<br />

Woche besprochen und verglichen. Heute<br />

soll es zunächst um die Themen Konzeption<br />

(innerer Zusammenhang, Szenografie, Vitrinenaufbau),<br />

Raumgestaltung (Raumfarben,<br />

Besucherführung, Leitsysteme) und Textgestaltung<br />

(Schriften, Textinhalt, Grafiken)<br />

gehen, später noch um Besonderheiten, wie<br />

die Einbeziehung von Minderheiten (Kindund<br />

Behindertengerechtigkeit). Es geht<br />

heiß her, u.a. auch beim Thema Ethik, und<br />

wir müssen irgendwann leider abbrechen.<br />

Anschließend bekommen die Studis noch<br />

etwas Input von uns zu diesen Themen, mit<br />

Bildbeispielen aus anderen Museen.<br />

Unser Hauptziel in Santiago soll sein:<br />

Interesse wecken und dadurch „nebenbei“<br />

Information vermitteln. Dann geht es nach<br />

kurzer Pause an die Stücke selbst:<br />

Zuerst werden die in Santiago de Cuba<br />

vorhandenen Objekte einmal „durchgekaut“<br />

– Jedes Stück wird bildlich vorgestellt und<br />

diskutiert - was es ist, ob es echt ist und ob<br />

man es aus konservatorischen oder ethischen<br />

Gründen überhaupt ausstellen kann. So vergehen<br />

die Stunden wie im Flug. Nach der<br />

Kaffeepause: Auftritt Marc Schumacher, seines<br />

Zeichens langjährig museumserfahrener<br />

Grafiker. Er erklärt uns, welche Druckmaterialien<br />

sich wofür am besten eignen, wie teuer<br />

35


und stabil oder auch wie leicht im Koffer sie<br />

über den Ozean zu transportieren sind und<br />

geht dann vor allem auf die Textgestaltung<br />

ein: semantische Optimierung, Anschläge<br />

pro Zeile, Textgröße, Fonts, Farben usw. Wir<br />

nehmen alle viel Neues mit.<br />

Am Schluss: Vorstellung der Gegebenheiten,<br />

Räumlichkeiten und Vitrinen vor<br />

Ort sowie Aufteilung der Objekte zwecks<br />

Recherche entsprechend der vorhandenen<br />

Interessen. Wir haben einen L-förmigen<br />

Raum, 5 kleine ca. würfelförmige Vitrinen<br />

und 2 große, in denen die Mumie und der<br />

Kartonagesarg liegen müssen. Eine weitere,<br />

hängende ist fest an der Wand installiert.<br />

Es bilden sich ganz ohne unser Zutun<br />

anhand der Stücke 4 Themengruppen heraus:<br />

1. Einleitung (Ägypten – Nil, Land und<br />

Leute, Bacardí als Reisender und Sammler,<br />

auf dem Basar), 2. Tägliches Leben (Soziale<br />

Struktur, Lebensbedingungen, Berufe und<br />

Einzelthemen wie Kosmetik, Magie und<br />

Medizin etc.), 3. Religion (Götter, Tempel,<br />

Tierkult) sowie 4. Bestattung und Jenseits<br />

(Mumie, Sarg, Grabausstattung).<br />

Die Arbeit kann losgehen. Hausaufgabe ist<br />

eine erste Recherche zu den übernommenen<br />

Objekten und (als Übung gedacht:) ein erster,<br />

beispielhafter, übergreifender Text zum<br />

Themenbereich Totenkult sowie Bildrecherche<br />

nach gemeinfreien Abbildungen dazu,<br />

die wir benutzen könnten.<br />

4 Wochen später, Block-Tag 3<br />

(24.11.2018):<br />

Termin im IWR (Institut für Wissenschaft-<br />

Abb. 3: Die Seminargruppe diskutiert angeregt und manche Idee ruft Erstaunen hervor. © Foto: Dina Faltings<br />

36


liches Rechnen in Heidelberg) bei Hubert<br />

Mara, der schon mehrfach mit der Sammlung<br />

und dem Ägyptologischen Institut<br />

kooperiert hat und unseren Studierenden<br />

auch schon im Rahmen eines anderen Seminares<br />

das Scannen mit dem 3-D-Scanner<br />

beigebracht hat.<br />

Wir wollen zwecks Ergänzung der teilweise<br />

schwach besetzten Themen (Bacardí<br />

war schließlich kein Ägyptologe) Objekte aus<br />

der Heidelberger Sammlung in 3-D scannen,<br />

um diese evtl. als Kunststoff-Ausdrucke auf<br />

Kuba auszustellen – als hands-on-Objekte.<br />

Noch haben wir Hoffnung auf die Bewilligung<br />

unseres Vorhabens als VW-Teilprojekt.<br />

Das würde 3-D-Ausdrucke finanziell möglich<br />

machen und auch so einiges Andere,<br />

das schön zu haben wäre. Das 3-D-Scannen<br />

wird uns in 2 Gruppen in Theorie und Praxis<br />

beigebracht (sehr interessant und alles kein<br />

Hexenwerk!).<br />

Nach der Mittagspause, die im beneidenswert<br />

schick und teuer eingerichteten<br />

Pausenraum der hier angestellten Mathematiker<br />

verbracht wird: Geplant ist eine erste<br />

Vorstellung und Diskussion der Hausaufgaben<br />

sowie die Verteilung der Bereiche in<br />

dem (leider knapp bemessenen) Raum des<br />

Museums Don Emilio Bacardí-Moreau in<br />

Santiago de Cuba (kleiner als der Pausenraum<br />

der Mathematiker im IWR!).<br />

Leider hat kein einziger die Hausaufgabe<br />

gemacht, so dass man an keinem Beispiel die<br />

Abb. 4: Die Objekte müssen während des 3D-Scans immer wieder gedreht werden, sodass der Scanner sie von<br />

allen Seiten erfassen kann. Am Bildschirm werden die Scans und mögliche Fehlstellen überprüft.<br />

© Fotos: Dina Faltings<br />

37


Praxis der Texte üben bzw. demonstrieren<br />

kann. Das Semester läuft auf Hochtouren<br />

und jede/r hat eine andere „Ausrede“ parat.<br />

Dann muss es eben ohne Übung gehen und<br />

alle eben gleich ins kalte Wasser springen.<br />

Mit Fehlerbesprechung und Korrekturen ist<br />

sowas eigentlich leichter – naja.<br />

Nach einer kleinen Kaffeepause gehen wir<br />

in die letzte Runde – die Raumverteilung.<br />

Interessant! Man sieht, wer Teamplayer<br />

ist und wer die Ellenbogen ausfährt. Stille<br />

Wasser sind tief und sogar die eher Ruhigen<br />

lassen sich mit dem Funken der Begeisterung<br />

anstecken…<br />

Das Raumdesign und damit der Parcours<br />

durch die Ausstellung werden – in den eng<br />

gesteckten finanziellen und räumlichen<br />

Grenzen – festgelegt. Auch dieses ergibt sich<br />

mehr oder weniger von selbst, denn die Einleitung<br />

muss an den Eingang. An die Gegebenheiten<br />

wie Nil und Jahreszeiten schließt<br />

sich das Tägliche Leben fast schon von allein<br />

an, danach gibt es noch ein wenig Gerangel<br />

um die größere Fläche bei der Entscheidung,<br />

wer dann kommt – die Religion mit Tempeln<br />

und Göttern oder das Thema Grab und Jenseits.<br />

Die Größe der Vitrinen für Mumie und<br />

Sarg sowie die unverrückbare, an der Wand<br />

hängende Vitrine geben den Ausschlag, denn<br />

sie müssen dort bleiben, wo sie schon jetzt<br />

Abb. 5: Detailbesprechungen am<br />

Grundrissplan.<br />

© Fotos: Dina Faltings<br />

38


stehen bzw. hängen. Es folgt also im hinteren<br />

Teil des Langraumes die Religion mit dem<br />

Thema Tempel, Götter und Tierkulte und<br />

dann am Ende das Thema Jenseits.<br />

Erschöpft machen wir mit ca. 1 Stunde<br />

Überziehung Schluss und geben jeder<br />

Gruppe schon mal als Hausaufgabe die<br />

Bereichstexte auf.<br />

Block-Tag 4 (01.12.2018):<br />

Als erstes wird am Morgen ein korrekter<br />

Raumplan im Maßstab 1:20 gezeichnet und<br />

an die Tafel gehängt, danach in verschiedenen<br />

Farben die Planungen der einzelnen<br />

Gruppen in Form von beschrifteten Kärtchen<br />

an den Plan geheftet, vorgestellt und<br />

mit allen diskutiert, ob das ausstellungstechnisch<br />

gut oder schlecht ist, was das erwartete<br />

Ziel ist und ob das Ergebnis dann so auch zu<br />

erreichen ist. Es kommen gute und sehr gute<br />

Vorschläge – wir müssen sehen, wie wir diese<br />

Idealvorstellungen dann realisieren.<br />

Mittagspause - und wir beginnen mit der<br />

Besprechung der unter der Woche erstellten<br />

Bereichs-Texte. Die Gruppen stellen ihre<br />

Ergebnisse vor, indem sie ihre Texte vorlesen.<br />

Sie sind noch eher mittelprächtig, aber es ist<br />

ja noch kein Meister vom Himmel gefallen<br />

und Übung macht den nun mal. Wir einigen<br />

uns darauf, zumindest hier und da etwas<br />

Lustiges einzuflechten, um die Besucher<br />

vom Einschlafen abzuhalten. Z.B. soll der<br />

erste, faktenträchtige Textentwurf zu dem<br />

Götterpaar Isis und Osiris, der sich extrem<br />

trocken liest, in eine Gelbe-Seiten-Anzeige<br />

umgeschrieben werden. Später bekommt<br />

sogar jeder erwähnte Gott eine humorvolle<br />

Gelbe-Seiten-Anzeige.<br />

Hier die beiden Textentwürfe: links die erste, noch deutsche Version, rechts die neue,<br />

Gelbe-Seiten-Version:<br />

Osiris:<br />

Wichtige Kultorte: Heliopolis, Athribis,<br />

Abydos, Busiris,<br />

Hauptverehrungszeit: Neues Reich<br />

Ein Fruchtbarkeitsgott, dem Mythos nach<br />

von seinem eifersüchtigen Bruder Seth<br />

ermordet, zerstückelt und über das ganze<br />

Land verteilt, von seiner Gemahlin Isis<br />

und deren Schwester Nephtys aufgesammelt,<br />

zusammengesetzt und wiederbelebt<br />

und daraufhin zum König der Unterwelt<br />

gemacht. Es war auch üblich, den verstorbenen<br />

König mit Osiris gleichzusetzen.<br />

Außerdem wurde er als Gegenstück des Re<br />

in der Unterwelt gesehen.<br />

Osiris:<br />

You think you’ve got problems?<br />

I was killed by my brother Seth, dismembered<br />

and thrown all over Egypt.<br />

Then my wife Isis and her sister Nephtys<br />

brought me back to life and after that I was<br />

made king of the underworld and incarnation<br />

of deceased rulers.<br />

I’ve been judging billions of men for ages<br />

and ages.<br />

So if you ever need an experienced lawyer,<br />

I’m your man.<br />

Call me when you’re lost in the mazes of<br />

the netherworld.<br />

39


Isis:<br />

Wichtige Kultorte: Dendera, Behbeit<br />

el-Hagar,Philae, Deir el-Shelwit<br />

Hauptverehrungszeit: Spätere Perioden<br />

Obwohl Isis lange Zeit kein spezifischer,<br />

eigener Kultort geweiht war, wurde sie<br />

später zu einer der wichtigsten ägyptischen<br />

Gottheiten überhaupt. Zu ihren zahlreichen<br />

Teilaspekten gehörten vor allem die<br />

Zauberei, für die sie noch heute bekannt<br />

ist, aber auch als Schwester des Osiris und<br />

Mutter des Horus erlangte sie Bekanntheit.<br />

Diese Verwandtschaften machten<br />

sie außerdem symbolisch zur Mutter des<br />

Königs. Die enge Verbindung zu ihrem<br />

Gatten Osiris ließ sie bald auch als Beschützerin<br />

der Verstorbenen eine wichtige<br />

Rolle in den Jenseitsvorstellungen der<br />

Menschen spielen.<br />

Isis:<br />

Abracadabra! I´m the sorceress of your<br />

choice!<br />

As mother of Horus people worship me as<br />

the mother of all kings.<br />

If you ever find yourself in a situation and<br />

don´t know what to do, maybe a little magic<br />

can help save the day (or your dismembered<br />

husband).<br />

Abb. 6: Im Maßstab 1:1 wird der Aufbau innerhalb der Vitrinen simuliert. Was ist optisch interessant? – keine<br />

leichte Aufgabe. © Foto: Dina Faltings<br />

40


Die Gruppen stellen auch nach der Mittagspause<br />

zunächst weiterhin ihre Ergebnisse<br />

vor. Parallel dazu läuft übers Internet die Bildrecherche.<br />

Auch hier gilt wieder zu bedenken:<br />

wir sind in Kuba und haben kein Geld. Sind<br />

die Bilder gemeinfrei und dort nutzbar? Im<br />

letzten Block nach der Kaffeepause: konzentrierte<br />

Gruppenarbeit an den Texten.<br />

Etwas Input zum Thema Didaktik in<br />

Museen wie z. B. Sonderführungen, Sonderausstellungen,<br />

Einsatz von Filmen und Interaktivität<br />

rundet am Ende das Bild noch ab.<br />

Block 5, letzter Termin (15.12.2018):<br />

Endspurt! In der ersten Stunde werden die<br />

bisher gelieferten, teilweise auch schon die<br />

neu geänderten Texte vorgelesen. Vortrag<br />

Gelbe Seiten der Götterwelt: Wir sind highly<br />

amused! Die 2. Textvariante ist so lustig, dass<br />

man immer mehr hören will.<br />

Die Fakten zum Tätigkeitsbereich des<br />

Gottes XYZ kommen genauso gut rüber,<br />

sind aber so verpackt, dass man auch noch<br />

den nächsten und den nächsten Gott kennenlernen<br />

möchte. Wir beömmeln uns alle<br />

über die Reklametexte und von allen Seiten<br />

hagelt es weitere Vorschläge für Gelbe-(Götter-)<br />

Seiten.<br />

Am Nachmittag herrscht bei hochkonzentrierter<br />

Gruppenarbeit eine gute und<br />

ruhige Arbeitsatmosphäre: Die Vitrinen<br />

werden in 1:1 mit selbstgebastelten Dummies<br />

aus Pappe bestückt, um die Wirkung<br />

der Objekte und ihrer Platzierung innerhalb<br />

der Vitrinen vorab ausprobieren und begutachten<br />

zu können. Wir müssen die Zweisprachigkeit<br />

bedenken und entscheiden uns<br />

für jeweils einen Textblock in Spanisch links<br />

und einen auf Englisch rechts. Das verringert<br />

den möglichen zu schreibenden Objekt-Text<br />

und macht die Vitrinen extrem voll. Erste<br />

Objekttexte werden fertig und gleich parallel<br />

zur Gruppenarbeit in den einzelnen Gruppen<br />

von uns begutachtet und diskutiert.<br />

Nach der Kaffeepause: Überlegungen<br />

dafür, wie wir Kindern die Informationen<br />

spielerisch verpackt übermitteln können,<br />

führen zu verschiedenen Auswahlmöglichkeiten.<br />

Unser Heidelberger Anubis aus Holz,<br />

der in 3-D gescannt wurde, wird zu unserem<br />

Maskottchen erkoren, der den Kindern am<br />

Sockel jeder Vitrine lustige Fragen stellen<br />

und fun facts vermitteln soll. Das Spielerische<br />

kommt uns ansonsten zu kurz, aber wir<br />

müssen es leider dem Platzmangel und der<br />

Tatsache, dass es in Kuba nichts gibt und<br />

alles Lose bald weg wäre, opfern. Immerhin<br />

kriegen wir noch eine Pappfigur mit<br />

Gesichtsausschnitten unter, wo man sich zu<br />

dritt als Mykerinostriade fotografieren lassen<br />

kann.<br />

Anhand der gebastelten 1:1-Vitrinen wird<br />

den jeweils anderen Gruppen am Schluss das<br />

eigene Ergebnis vorgestellt.<br />

Am Schluss sind wir noch nicht ganz<br />

durch, manche Gruppe hat noch nicht<br />

alle Objekttexte und gewünschten Bilder<br />

geliefert, verspricht aber, bis zum Ende des<br />

Semesters alles zu schicken. So gehen wir mit<br />

einem Gefühl, etwas geschafft zu haben, auseinander.<br />

Leider kommt einige Wochen später die<br />

Nachricht von VW, dass das Projekt, zu dem<br />

wir gehörten, abgelehnt wurde. Nun müssen<br />

wir andere Wege finden, unsere guten Ideen<br />

in die Wirklichkeit umzusetzen….<br />

41


Arbeiter – Künstler – Pharaonen<br />

Die 12. Tage der Ägyptologie im<br />

koptischen Kloster Brenkhausen<br />

Die diesjährigen Tage der Ägyptologie<br />

standen unter dem Motto „Arbeiter –<br />

Künstler – Pharaonen“. Bereits zum 12. Mal<br />

fand die Tagung im koptischen Kloster statt,<br />

zu der wieder Ägyptologen, Studierende und<br />

Ägyptenfreunde aus ganz Deutschland und<br />

der Schweiz angereist waren. Zwei Monate<br />

vor der diesjährigen Veranstaltung zeichnete<br />

sich bereits ein neuer Besucherrekord<br />

ab. Nun ist das Kloster Brenkhausen alles<br />

andere als klein, doch der größere der beiden<br />

Tagungsräume im koptischen Südflügel<br />

bietet nur Platz für maximal 100 Besucher,<br />

bisher war das ausreichend, doch in diesem<br />

Jahr sollten es 140 Besucher werden. Im Vorfeld<br />

der Tagung begann deshalb die Suche<br />

nach einem neuen Veranstaltungsraum. Die<br />

Daniela Rutica<br />

Lösung kam schließlich von der katholischen<br />

Gemeinde St. Johannes Baptist, die ihren<br />

großen Saal im Pfarrheim, im gotischen<br />

Ostflügel des Klosters, zur Verfügung stellte.<br />

Bei der ersten Besichtigung des Raumes entstand<br />

dann sofort die Idee, Ausstellerbereich,<br />

Bühne und Vortragsraum zu kombinieren<br />

und den Saal passend zum diesjährigen<br />

Thema zu dekorieren. Die Umsetzung übernahmen<br />

Daniela Rutica M.A. (Ägyptologin<br />

und Künstlerin, koptisches Kloster Brenkhausen)<br />

und Angela Kaiser (Dipl. Designerin,<br />

Himmelsmalerin und Kulissenbauerin)<br />

aus Potsdam. Beide Künstlerinnen arbeiten<br />

gemeinsam an zahlreichen Malereiprojekten<br />

rund um das koptische Kloster und stellten<br />

für die Dekoration des Raumes Arbeiten aus<br />

Abb. 1: Gruppenfoto mit Bischof Damian vor dem koptischen Kloster, © Foto: Maxime Armgardt<br />

42


Abb. 2: Angela Kaiser bei der Aufhängung der geflügelten<br />

Sonnenscheibe, © Foto: Daniela Rutica<br />

ihrem Fundus zur Verfügung. Tatkräftig<br />

unterstützt wurden die beiden von Maxime<br />

Armgardt, die gerade ein Freiwilliges Soziales<br />

Jahr im Kloster bzw. in der koptischen Akademie<br />

in Bad Grund absolviert. Die Anbringung<br />

der Bühnenbilder erforderte einiges an<br />

Vorbereitung: Allein um die 9 m lange und<br />

1,5 m hohe geflügelte Sonnenscheibe über<br />

dem Bühnenvorhang anzubringen, musste<br />

mit Hilfe eines Rollgerüstes in 4 m Höhe eine<br />

eigens dafür entworfene Lattenkonstruktion<br />

montiert werden. Hinter dem Vorhang entstand<br />

eine Theaterbühne, die als Kulisse für<br />

das künstlerische Rahmenprogramm der<br />

Gruppe Ebers‘ Erben aus Leipzig dienen<br />

sollte. Tatkräftige Unterstützung erhielt das<br />

Aufbauteam von den freiwilligen Tagungshelfern,<br />

die extra deshalb schon am Donnerstag<br />

angereist waren. Auch ein Basarbereich rund<br />

ums Alte Ägypten wurde vorbereitet. Mit<br />

dabei waren in diesem Jahr: Carina Felske<br />

(Selket-Shop), Begga Rolfsmeyer (Ägyptenreisen<br />

mit Begga-Tours), Silvia Kreye (Buchkunst-Werkstatt),<br />

Orell Witthuhn M.A. mit<br />

dem Büchertisch der göttinger Ägyptologie<br />

und Ausstellungs-Stände der Künstlerinnen<br />

Angela Kaiser (Kaiserhimmel), Daniela<br />

Rutica und Anne Hesmer.<br />

Am Freitagmorgen war dann alles vorbereitet<br />

und viele ehrenamtliche Tagungshelfer<br />

standen bereit, um die Besucher in<br />

Empfang zu nehmen oder vom Bahnhof<br />

Höxter abzuholen. Bischof Anba Damian<br />

hatte es sich nicht nehmen lassen, mit<br />

seinem Küchenteam ein festliches Begrüßungsbuffet<br />

im schattigen Klostergarten<br />

vorzubereiten und so begann die Tagung<br />

mit einem kulinarischen Meeting auf der<br />

Klosterwiese. Danach begaben sich die Gäste<br />

in den neuen Vortragsraum, der zu Beginn<br />

der Tagung, trotz des heißen Wetters, dank<br />

der dicken Klostermauern noch angenehm<br />

kühl war. Die Äußerungen der Freude und<br />

des Erstaunens über den geschmückten Saal<br />

gaben der Idee des Planungsteams recht –<br />

der Aufwand hatte sich gelohnt. Nach der<br />

Begrüßung durch die Veranstalter Bischof<br />

Anba Damian (Diözesanbischof der kopt.<br />

Kirche in Norddeutschland) und Prof. Dr.<br />

Rainer Hannig (Ägyptologie Marburg)<br />

stellte sich das Organisationsteam vor<br />

(Daniela Rutica, Angela Kaiser und Maxime<br />

Armgardt). Außerdem wurden die Gäste von<br />

Matthias Goeken MdL und Pastor Tobias<br />

Spittmann begrüßt, dessen Gemeinde den<br />

Raum für das Wochenende zur Verfügung<br />

gestellt hatte; beide betonten dabei die gute<br />

ökumenische Zusammenarbeit im Kloster<br />

43


Brenkhausen, das aus einem koptischen<br />

und katholischen Teil besteht. Thematisch<br />

begann das Programm mit einem Vortrag<br />

von Alexandra Küffer lic. phil. (Historisches<br />

und Völkerkundemuseum St. Gallen). In<br />

ihrem Vortrag „7 Mumien für den Bundesrat”<br />

referierte die Ägyptologin über die Särge<br />

aus dem Versteck von Bab-Gasus, die im späten<br />

19. Jahrhundert in die Schweiz gelangt<br />

waren und berichtete über die anschließende<br />

Präsentation und Bearbeitung in den jeweiligen<br />

Sammlungen. Dabei machte sie auf<br />

Innovationen bei der Gestaltung von Privatsärgen<br />

während der 21. und 22. Dynastie<br />

aufmerksam und stellte ihre Forschungen zu<br />

dieser Blütezeit der ägyptischen Sargmalerei<br />

vor. Im anschließenden Vortrag von Joachim<br />

Willeitner M.A. (München) ging es ebenfalls<br />

um kunstgeschichtliche Aspekte. Der<br />

Ägyptologe, Archäologe und Sachbuchautor<br />

referierte über die Stilistik der Amarnazeit<br />

und den langen Schatten des Atonkults,<br />

der sich bis in die ramessidische Zeit und<br />

später nachverfolgen lässt. In der Pause vor<br />

dem Abendessen bestand die Möglichkeit<br />

zu einer Führung mit dem Holzbildhauer<br />

Gunter Schmidt-Riedig, der den Besuchern<br />

viele Neuerungen im koptischen Kloster<br />

zeigte. Von den Wappenpflanzen Ägyptens<br />

handelte der Vortrag von Ulrike Jungnickel<br />

M.A. (Universität Mainz). Ein Schwerpunkt<br />

lag dabei auf der botanischen Identifikation<br />

der sogenannten Südpflanze, die bis heute<br />

nicht eindeutig geklärt werden konnte. Den<br />

thematischen Abschluss des Abends bildete<br />

der Vortrag von Dr. Helmut Brandl (Roemer-<br />

und Pelizaeus-Museum, Hildesheim).<br />

Der Ägyptologe nahm die Besucher mit<br />

auf eine virtuelle Reise ins archäologische<br />

Museum von Ismaelia (Ägypten) und zeigte<br />

dabei viele herausragende, aber hierzulande<br />

weitgehend unbekannte Exponate. Viele<br />

der Teilnehmer ließen den Abend bei einem<br />

Umtrunk im neuen, ägyptisch gestalteten<br />

Restaurant St. Markus gemütlich ausklingen.<br />

Nach dem optionalen Morgenweihrauchgebet<br />

und dem Frühstück im Speisesaal des<br />

Klosters startete das Programm am Samstagmorgen<br />

mit dem Thema „Spuren des Alten<br />

Ägypten in Mozarts Zauberflöte – wieviel<br />

Ägypten steckt in der Oper“ von Volker<br />

Semmler M.A. (Museum August Kestner,<br />

Hannover). Der Ägyptologe und Musiker<br />

untersuchte die ursprüngliche Inszenierung<br />

auf ihre ägyptischen Einflüsse und kam<br />

Abb. 3: Der Vortrag von<br />

Alexandra Küffer „7 Mumien<br />

für den Bundesrat” handelte<br />

von Särgen aus dem Versteck<br />

von Bab-Gasus in der Schweiz<br />

© Foto: Daniela Rutica<br />

44


dabei zu teilweise überraschenden Ergebnissen.<br />

Um die Wiedererweckung des Alten<br />

Ägypten in der Literatur ging es im Vortrag<br />

von Judith Mathes. Die Autorin der hochgelobten<br />

Ägypten-Romane „Tage des Ra“ und<br />

„Tage des Seth“ referierte über das Thema<br />

„Erforschtes lebendig machen, Unbekanntes<br />

erschließen“ und ging dabei auf die Frage<br />

ein, inwieweit historische Romane zum Verständnis<br />

einer weit entfernten Vergangenheit<br />

beitragen können. Anhand von ausgewählten<br />

Textpassagen zeigte die Referentin dabei<br />

auf, wie der Balanceakt zwischen ägyptologischen<br />

Fakten und künstlerischer Fiktion<br />

und Dramaturgie gelingen kann. Der Vortrag<br />

von Karin Stephan M.A. (Universität<br />

Mainz) handelte von Ramses II. und dem<br />

Parfümeur Bichara. Die Ägyptologin berichtete<br />

dabei über einen neuzeitlichen Flakon<br />

im Hessischen Landesmuseum Darmstadt<br />

und die kriminalistische Suche nach dem<br />

Ursprung der dort verwendeten Hieroglyphentexte.<br />

Nach der Mittagspause referierte<br />

die Ägyptologin Dr. Heidi Köpp-Junk (Universität<br />

Trier) über das Thema „Wasser“ und<br />

erläuterte die Funktion von Wasserver- und<br />

Entsorgungssystemen in Pyramidenbezirken,<br />

Tempeln und Wohnkomplexen in pharaonischer<br />

Zeit. Nach einem Überblick über<br />

ägyptische Ableitungssysteme von der Zeit<br />

des Alten Reiches bis in die griechisch-römische<br />

Zeit stellte die Referentin ihre aktuellen<br />

Forschungen zu Wasserentsorgungssystemen<br />

im Tempelbezirk von Athribis vor und zog<br />

einen Vergleich zu modernen Umsetzungen.<br />

Im Vortrag „Per Anhalter durchs Mittelmeer<br />

– Wenamun als komischer Held“ präsentierte<br />

Dr. Katharina Stegbauer (Universität<br />

Leipzig) ihre Forschungen zum Reisebericht<br />

des Wenamun (pMoskau 120). Der Papyrus<br />

berichtet von der Reise des Tempelbeamten<br />

Wenamun, der von Smendes und Tanutamun<br />

nach Byblos geschickt wurde, um<br />

Zedernholz einzukaufen, was sich jedoch<br />

als schwierig erweisen sollte. Die Referentin<br />

machte in ihrem Vortrag auf die im Text enthaltene<br />

Ironie und Satire aufmerksam und<br />

zeigte auf, inwieweit sich daraus Anspielungen<br />

auf die politischen Veränderungen zu<br />

Beginn der 3. Zwischenzeit ableiten lassen.<br />

In seinem Vortrag „Die Erfindung der Farbherstellung<br />

in der Antike“ referierte Prof. Dr.<br />

Robert Fuchs (Technische Hochschule Köln)<br />

über Farbmittel und Maltechniken im Alten<br />

Ägypten. Der Chemiker und Ägyptologe<br />

präsentierte dabei eigene Forschungsergeb-<br />

Abb. 4: „Sound of Silence“, das abendliches Konzert<br />

von Heidi Köpp, © Foto: Daniela Rutica<br />

Abb. 5: Anne Hesmer entwarf und fertigte die Geierhaube<br />

der Nefertari, © Foto: Begga Rolfsmeyer<br />

45


nisse in Bezug auf die Herkunft der zur pharaonischen<br />

Zeit verwendeten Pigmente und<br />

zeigte innovative Maltechniken, die bei der<br />

Papyrusmalerei im Alten Ägypten von einzelnen<br />

Künstlern erprobt wurden. Das Vortragsprogramm<br />

am Samstag endete mit der<br />

Präsentation „Nicht nur zu Gast in der Ramses-Stadt<br />

- Internationale Beziehungen einer<br />

Altägyptischen Residenz” von Dr. Edgar<br />

Pusch (Roemer-und Pelizaeus Museum, Hildesheim).<br />

Der Ägyptologe und langjährige<br />

Grabungsleiter von Piramesse gab einen Einblick<br />

in seine 36jährige Forschungstätigkeit<br />

über die Rekonstruktion der Ramses-Stadt,<br />

referierte über den internationalen Charakter<br />

der antiken Metropole und zeigte Funde,<br />

die auf ausländische Besucher, Botschafter<br />

und Würdenträger hinweisen. Nach dem<br />

Abendessen begann das künstlerische Rahmenprogramm<br />

mit dem vergnüglichen<br />

Theaterstück „Der kurze Weg zum Frieden“,<br />

das die Gruppe Ebers‘ Erben (Universität<br />

Leipzig) exklusiv für die Tagung einstudiert<br />

hatte. Das Stück handelt von einem geheimen<br />

Treffen zwischen Pharao Ramses II.<br />

(Joost Hagen) und dem hethitischen Großkönig<br />

Hattusilis III. (Helmar Wodtke) nach<br />

der Schlacht von Kadesh und präsentiert<br />

in erfrischend frechen Dialogen eine alternative<br />

Variante der Geschichte, nach der es<br />

in Wirklichkeit die beiden Königsgemahlinnen,<br />

Nefertari (Ursula Selzer) und Puduchepa<br />

(Katharina Stegbauer) waren, die den<br />

ersten Friedensvertrag der Menschheitsgeschichte<br />

schlossen. Ein optischer Hingucker<br />

war dabei die golden glänzende Krone der<br />

Königin Nefertari – eine Geierhaube, die in<br />

monatelanger Feinarbeit von Anne Hesmer<br />

aus 220 echten Messing- und Bronzeplättchen<br />

entworfen und angefertigt worden war.<br />

Der Abend endete mit dem stimmungsvollen<br />

musikalischen Entertainment-Programm<br />

von Heidi Köpp. Die aus Funk und Fernsehen<br />

bekannte Sängerin, Ägyptologin und<br />

Musikarchäologin nahm das Publikum mit<br />

auf eine Reise durch die Musikgeschichte.<br />

Ihr abendliches Konzert „Sound of Silence<br />

– Musik im Alten Ägypten und heute“<br />

begeisterte das Publikum mit antiken Instrumenten<br />

und altägyptischen Texten bis zu<br />

modernen Chansons mit Gitarrenbegleitung<br />

bis tief in die Nachtstunden.<br />

Abb. 6: Die Gruppe Ebers‘<br />

Erben (Universität Leipzig)<br />

zeigte am Samstag abend<br />

ihr neues Stück „Ramses II.<br />

und Hattusilis - Der kurze<br />

Weg zum Frieden“<br />

© Foto: Daniela Rutica<br />

46


Am Sonntagmorgen bestand die Möglichkeit<br />

zur Teilnahme am koptisch-orthodoxen<br />

Gottesdienst. Nach dem anschließenden<br />

Agape-Mahl und Mittagessen begann das<br />

Vortragsprogramm mit dem Thema „Die<br />

verlorene Mumie von Alexander dem Großen“<br />

von Dr. Michael E. Habicht (Universität<br />

Zürich). Der schweizer Ägyptologe<br />

referierte in seinem spannenden Vortrag<br />

über die Spurensuche nach dem Verbleib der<br />

Mumie des großen Makedonenkönigs und<br />

zeigte auf, welche Rolle dabei koptische und<br />

mittelalterliche Heiligenlegenden spielen<br />

könnten und was Alexander den Großen<br />

mit dem Hl. Markus verbindet. Dr. Irmtraut<br />

Munro (Universität Bonn) präsentierte in<br />

ihrem Vortrag.„Ein nützliches Puzzle: Das<br />

Zusammenführen von Totenbuch-Fragmenten”<br />

ihre langjährige Forschungsarbeit am<br />

Bonner Totenbuchprojekt und berichtete<br />

über die Suche nach weltweit verstreuten<br />

Papyrusfragmenten. In der anschließenden<br />

Diskussion wurden von Seiten der Besucher<br />

großes Bedauern und Bestürzung über die<br />

Einstellung des Projektes geäußert. Den<br />

Abschluss der Tagung bildeten traditionell<br />

zwei koptologische Vorträge. Joost Hagen<br />

M.A. (Universität Leipzig) stellte in seinem<br />

Vortrag „Einzigartig, doppelt und dreifach“<br />

die koptischen Texte aus Kasr Ibrim vor und<br />

im Anschluss referierte Julien Delhez M.A.<br />

(Universität Göttingen) zum Thema „Schenute,<br />

Mönch und Lehrer“ über die Klosterregeln<br />

in den Aufzeichnungen des bekannten<br />

koptischen Autors und Klostervorstehers aus<br />

dem 5. Jahrhundert. Die Tagung endete mit<br />

Kaffee und Kuchen im Klostergarten, zu<br />

dem Bischof Damian die Besucher herzlich<br />

einlud. Einige Gäste nutzten die Gelegenheit<br />

und verbrachten noch ein paar Urlaubstage<br />

länger in Brenkhausen oder besuchten<br />

die ägyptische Sammlung im Roemer-und<br />

Pelizaeus Museum in Hildesheim. Und die<br />

Gespräche und kreativen Ideen beim abendlichen<br />

Ausklang im Restaurant St. Markus<br />

drehten sich bereits um die nächste Tagung<br />

und weitere ägyptologische Veranstaltungen<br />

und Themen-Events im Kloster. Geplant<br />

sind die nächsten Tage der Ägyptologie<br />

unter dem Motto „Helden, Heilige und Hieroglyphen“<br />

übrigens für das Wochenende<br />

31.07.–02.08.2020.<br />

Abb. 7: Angela Kaiser (Kaiserhimmel) zeigte an ihrem<br />

Stand in den Pausen Mal- und Vergoldungstechniken<br />

© Foto: Daniela Rutica<br />

Abb. 8: Künstlerstand von Daniela Rutica und Angela<br />

Kaiser bei den Tagen der Ägyptologie<br />

© Foto: Daniela Rutica<br />

47


Toutânkhamon<br />

le Trésor du Pharaon<br />

Reise des Vereins zur Förderung des Ägyptischen<br />

Museums in Berlin nach Paris zur Ausstellung<br />

Die vom 16. Februar 1980 bis zum 26.<br />

Mai 1980 im heutigen Bröhan-Museum<br />

durchgeführte Tutanchamun-Ausstellung war<br />

und ist schon allein im Blick auf die damaligen<br />

655 900 Besucher eines der prägenden<br />

Großereignisse in der Geschichte des Fördervereins<br />

des Ägyptischen Museums Berlin.<br />

Thomas Ritter / Daniela Vandersee-Geier<br />

und Gäste – geführt von Frau Dr. Zorn – auf<br />

den Weg nach Paris, um sich die Ausstellung<br />

anzusehen. In Paris kamen 2 Mitglieder zum<br />

Besuch der Ägyptischen Abteilung des Louvre<br />

hinzu. Die Gruppe umfasste dabei alle<br />

Generationen. Die jüngste Mitreisende war<br />

11 Jahre alt.<br />

Nunmehr fand 2019 die Ausstellung „Tutanchamun.<br />

Der Schatz des Pharao“ in Paris<br />

statt. Ausgestellt wurden darin 150 Objekte,<br />

wobei 60 dieser Objekte erstmals außerhalb<br />

Ägyptens zu sehen waren. Anfang August<br />

2019 machten sich 26 Vereinsmitglieder<br />

Das Reise- und Besuchsprogramm in Paris<br />

umfasste nicht nur die dortige Tutanchamun-<br />

Ausstellung, sondern auch einen Besuch in<br />

der Ägyptischen Abteilung des Louvre sowie<br />

den Besuch der Hethiter-Ausstellung, die<br />

ebenfalls im Louvre stattfand.<br />

Abb. 1: Die Pyramide am Vorabend des Louvre-Besuchs © Foto: Bettina Ritter<br />

48


Die Reisenden trafen sich am Samstag,<br />

den 3. August 2019, zur Mittagszeit, an der<br />

großen Glaspyramide im Hof des Louvre.<br />

Die Besuchermassen waren immens, aber<br />

unter besonderem Einsatz der Leitung<br />

bekam die Gruppe den Zutritt über einen<br />

Nebeneingang, so dass die Führung beginnen<br />

konnte. Diese dauerte dann zum einen<br />

wegen der unzähligen interessanten Ausstellungsstücke<br />

aber auch wegen der bereichernden<br />

und inspirierenden Erläuterungen von<br />

Frau Dr. Zorn bis zum Schließungszeitpunkt<br />

des Louvre an. Der zur freien Gestaltung<br />

stehende Samstagabend klang für einen Teil<br />

der Gruppe in einem sehr guten und gediegenen<br />

Restaurant in der Nähe des Boulevard<br />

Haussmann aus, während andere Reisende<br />

sich für einen individuellen Abend in Paris<br />

entschieden.<br />

Am Sonntag, den 4. August 2019, traf die<br />

Gruppe wieder zusammen und ging – nach<br />

einem gemeinsamen Stadtrundgang – wieder<br />

in den Louvre zum Besuch der Ausstellung<br />

„Vergessene Königreiche – Die Erben des<br />

Hethitischen Reiches”. Mit dem Besuch dieser<br />

Ausstellung und der kompetenten Führung<br />

durch den Kurator dieser Ausstellung,<br />

Herrn Dr. Vincent Blanchard, wurde das<br />

Verständnis für die Hethiter als große rivalisierende<br />

Macht des alten Ägypten sowie die<br />

Bemühungen des Louvres für die Erhaltung<br />

und den Schutz des Kulturerbes in Konfliktgebieten<br />

vertieft. Der Sonntagabend klang<br />

bei einem gemeinsamen Abendessen aus.<br />

Am Montag, den 5. August 2019, ging<br />

es dann zur Ausstellung „Toutânkhamon,<br />

le Trésor du Pharaon”, die nicht im Louvre,<br />

Abb. 2: Frau Dr. Zorn bei der Führung im Louvre © Foto: Bettina Ritter<br />

49


sondern in der Grande Halle in La Villette<br />

im Norden von Paris stattfand. Es handelt<br />

sich um die ehemalige Große Halle des<br />

Schlachthofes von Paris. Durch die Ausstellung,<br />

die das ägyptische Antikenministerium<br />

mit der Eventfirma IMG Exhibitions unter<br />

fachlicher Beratung des Louvre bis 2022 auf<br />

eine Weltreise schickte, um an Carters Jahrhundertfund<br />

zu erinnern, sollte wieder Frau<br />

Dr. Zorn führen. Nicht zuletzt aufgrund der<br />

Besuchermassen, die durch die Ausstellung<br />

– wohl gemäß dem Ausstellungskonzept –<br />

hindurchorganisiert wurden bzw. hindurchorganisiert<br />

werden mussten, erwies sich<br />

das Vorhaben einer Führung allerdings als<br />

nicht realisierbar. Die Führung hat Frau Dr.<br />

Zorn, der an dieser Stelle nochmals herzlich<br />

gedankt wird, unter Verwendung der von<br />

Herrn Schröder gemachten Bilder nach der<br />

Rückkehr nach Berlin in einer „Paris-Nachlese“<br />

in dem den „Berlinern“ vertrauten<br />

Museumsformat im Brugsch-Pascha-Saal<br />

nachgeholt.<br />

Die Reise nach Paris war für alle – nicht<br />

zuletzt wegen der zahlreichen menschlichen<br />

Begegnungen und der guten Gespräche<br />

– vielfältig und insbesondere für das Vereinsleben<br />

bereichernd und hat einen tiefen<br />

Einblick in die oben dargestellten Themen<br />

gegeben. Unmittelbar erfahrbar wurde<br />

dabei auch, wie eine „moderne“ und von<br />

Event-Firmen mitorganisierte Museumsund<br />

Ausstellungsorganisation abläuft.<br />

Abb. 3: Ägyptische Abteilung des Louvre<br />

© Foto: Daniela Vandersee-Geier<br />

50


<strong>Magazin</strong> für die Freunde<br />

Ägyptischer Museen und Sammlungen<br />

V.I.S.D.P.:<br />

Mike Berger, Berlin<br />

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Herausgeber und Redaktion:<br />

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10117 Berlin<br />

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(Mi 09:30 – 14:30 Uhr)<br />

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Regina-Pacis-Weg 7<br />

53113 Bonn<br />

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E-Mail: info@verein-ägyptisches-museum.de<br />

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301<strong>59</strong> Hannover<br />

Tel.: +49 511 168-42120<br />

Freundeskreis Ägyptisches Museum<br />

Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e.V.<br />

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Hildesheim GmbH<br />

Am Steine 1–2<br />

31134 Hildesheim<br />

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E-Mail: freundeskreis@rpmuseum.de<br />

Echnaton Museum Minia e.V.<br />

c/o Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

Hildesheim GmbH<br />

Am Steine 1–2<br />

31134 Hildesheim<br />

Tel.: +49 5121 9369-0<br />

E-Mail: echnaton-minia@rpmuseum.de<br />

Ausgabe Oktober 2019<br />

Heft-<strong>Nr</strong>. <strong>59</strong> / 21. Jahrgang<br />

ISSN: 2196-8942 (Print)<br />

ISSN: 2513-0161 (eBook)<br />

Hildesheimer Museumsverein<br />

c/o Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />

Hildesheim GmbH<br />

Am Steine 1–2<br />

31134 Hildesheim<br />

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E-Mail: museumsverein@rpmuseum.de<br />

Freundeskreis des Ägyptischen Museums der<br />

Universität Leipzig e.V.<br />

Goethestraße 2<br />

04109 Leipzig<br />

Tel.: +49 341 9737014<br />

E-Mail: fk_aeg.mus@uni-leipzig.de<br />

Verein der Freunde des<br />

Kunsthistorischen Museums<br />

Hanuschgasse 3, Stiege 1<br />

1010 Wien, Österreich<br />

Tel.: +43 1525 24 6901<br />

E-Mail: freunde@khm.at<br />

Lektorat:<br />

Erika Böning-Feuß, Berlin<br />

erika.boening-feuss@amun-magazin.de<br />

Satz und Layout:<br />

Mike Berger, Berlin<br />

Auflage:<br />

3 000<br />

Druck:<br />

PRIMUS international printing GmbH<br />

Hochstraße 14<br />

56307 Dernbach<br />

Titelbild:<br />

Heft <strong>Nr</strong>. 1 / 1999<br />

© Foto: Daniela Vandersee-Geier<br />

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