aMun Magazin Nr. 56
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Ausgabe 1 / 2018 | 3,50 €<br />
20. Jahrgang / Heft <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong><br />
<strong>Magazin</strong> für die Freunde<br />
Ägyptischer Museen und Sammlungen<br />
ISSN 2196-8942<br />
<strong>56</strong>
E D I T O R I A L<br />
Horst<br />
Creutz<br />
Dr. Hartmut<br />
Häger<br />
Hartwig<br />
Löger<br />
Dr. Jürgern<br />
Kroneberg<br />
Rainer<br />
Fineske<br />
Dr. Angela<br />
Onasch<br />
Margot<br />
Rathenow<br />
Verehrte Freunde und Förderer der Ägyptischen Museen und Sammlungen,<br />
Klaus<br />
Suckow<br />
heute halten Sie das neue Heft unseres <strong>Magazin</strong>s in den Händen. Ihre Reaktionen<br />
und Anregungen zu den beiden letzten Ausgaben haben dazu beigetragen, die Gestaltung<br />
seit dem Redaktionswechsel von Leipzig nach Berlin ein wenig zu verbessern. Vielen Dank<br />
für Ihre aktive Teilnahme!<br />
In diesem Heft haben wir für Sie elf abwechslungsreiche Berichte und wieder zahlreiche<br />
Veranstaltungshinweise zusammengestellt. Ein großer Dank geht erneut an unsere Autorinnen<br />
und Autoren, die wieder sehr fleißig waren!<br />
Zwei Berichte widmen sich einer Rückschau auf vergangene Sonderausstellungen in<br />
Bonn und Leipzig, ein dritter der kürzlich verlängerten Ausstellung „O Isis und Osiris“<br />
in Hannover. Viele unserer Vereine unternehmen Gruppenreisen – nutzen Sie diese Gelegenheiten,<br />
um sich die Sonderausstellungen direkt vor Ort anzuschauen, es lohnt sich! So<br />
wartet beispielsweise im Kunsthistorischen Museum Wien ab dem 8. Mai die spannende<br />
Sonderausstellung „Der vergessene Papyrus“ auf Sie.<br />
Auch in dieser Ausgabe wagen wir hinsichtlich anderer Ägyptischer Museen und Sammlungen<br />
wieder einen „Blick über den Tellerrand“, dieses Mal jedoch nicht ins Ausland.<br />
Susanne Beck stellt Ihnen ab Seite 18 die Ägyptische Sammlung der Eberhard-Karls-<br />
Universität in Tübingen vor. Weitere Beiträge widmen sich Archivbeständen im Berliner<br />
Ägyptischen Museum sowie Fragen der Konservierung und Restaurierung von Kunst- und<br />
Kulturgütern sowie neuster Untersuchungs- und Präsentationsmethoden in Zusammenhang<br />
mit Mumien.<br />
Ihnen wünsche ich nun viel Vergnügen mit der neuen<br />
Ausgabe!<br />
Ihr Horst Creutz<br />
Unsere Museen im Internet:<br />
http://www.smb.museum<br />
http://www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de<br />
http://www.museum-august-kestner.de<br />
http://www.rpmuseum.de<br />
http://www.gko.uni-leipzig.de/aegyptisches-museum<br />
http://www.khm.at<br />
2
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .02<br />
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 03<br />
Nadja Braun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 05<br />
Onkel Georg führt durchs alte Ägypten<br />
Schülerführer für das Ägyptische Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig<br />
Jana Helmbold-Doyé / Thomas L. Gertzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
Entdeckungen im Fotoarchiv des Ägyptischen Museums Berlin<br />
Bildband zu Heinrich Schäfers Nubienreise um 1900 in Kooperation mit dem DAI Kairo<br />
Susanne Beck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18<br />
Ägyptische Sammlung<br />
Eberhard-Karls-Universität Tübingen<br />
Isabelle Lange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26<br />
Von Angesicht zu Angesicht<br />
Konservatorische Arbeiten an hölzernen Gesichtern im Ägyptischen Museum Bonn<br />
Frank Förster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31<br />
Ringer im Museum<br />
Ein sportlicher Rückblick auf eine Sonderausstellung im Ägyptischen Museum Bonn<br />
Oliver Gauert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40<br />
Holographische Rekonstruktion des Inneren einer ägyptischen Mumie<br />
Veranstaltungskalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
Caroline Böhme / Franziska Naether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
Bekriegt. Besetzt. Bereichert.<br />
Ägypten zwischen Spätzeit und Spätantike<br />
Christian E. Loeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
O Isis und Osiris<br />
die Mysterien in Hannover gehen in die nächste Runde … und „online“<br />
Regine Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .67<br />
Nachruf auf Prof. Dr. Nicole Riedl-Siedow<br />
Peter Uhrbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69<br />
Ist Gustav Seyffarth wirklich gescheitert?<br />
Christina Hanus / Anne Schorneck / Klaus Finneiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .71<br />
Die Archivbestände des Berliner Ägyptischen Museums<br />
Thomas Staemmler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79<br />
Restaurierungstheorie und Restaurierungspraxis<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87<br />
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S<br />
3
Schülerführer<br />
durch das<br />
Ägyptische Museum<br />
– Georg Steindorff –<br />
der Universität Leipzig<br />
Ein Projekt des Hochfranken-Gymnasiums Naila
Onkel Georg führt durchs<br />
alte Ägypten<br />
Schülerführer für das Ägyptische Museum<br />
– Georg Steindorff – der Universität Leipzig<br />
Seit einiger Zeit empfängt an der Museumskasse<br />
eine Figur namens Onkel Georg<br />
insbesondere die jungen Besucherinnen und<br />
Besucher und weist auf die Möglichkeit hin,<br />
sich von ihm und seinen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern durch die Sammlung führen<br />
zu lassen (Abb. 1).<br />
Onkel Georg ist Teil eines Kooperationsprojekts<br />
zwischen dem Leipziger Museum,<br />
dem Ägyptologischen Institut der Universität<br />
Leipzig, dem Freundeskreis des Ägyptischen<br />
Museums e. V. und dem Hochfranken-Gymnasium<br />
Naila. Unter meiner Leitung haben<br />
Nadja Braun<br />
Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit<br />
den Partnern in Leipzig einen einzigartigen<br />
Schülerführer für die Sammlung erstellt.<br />
Informativ, kreativ und abwechslungsreich<br />
eröffnet er gerade jungen Museumsgästen<br />
in altersgerechter Sprache einen Zugang<br />
zum alten Ägypten und zu ausgewählten<br />
Objekten. Interesse weckt er dabei durch<br />
Katalogaufnahmen ganz besonderer Art.<br />
Dank des großen Einsatzes der Sammlungsfotografin<br />
Marion Wenzel sind nämlich alle<br />
31 enthaltenen Stücke jeweils zusammen<br />
mit einer Schülerin bzw. einem Schüler oder<br />
einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter<br />
Abb. 1: Onkel Georg empfängt gemeinsam mit der Museumsaufsicht Barbara Merkel die Besucher an der<br />
Museumskasse<br />
© Foto: Nadja Braun<br />
5
des Museums oder des Ägyptologischen<br />
Instituts abgelichtet. In beeindruckender<br />
Weise ist es der Fotografin gelungen, vor<br />
Ort im Museum oder in ihrem Fotostudio<br />
die Personen mit ihren selbst ausgewählten<br />
Stücken in Szene zu setzen (Abb. 2). Im<br />
dazugehörigen Text werden dann Informationen<br />
über das jeweilige Objekt und darüber<br />
hinaus vermittelt. Beispielsweise erzählt die<br />
14-jährige Dalia über die Kalksteinstatue des<br />
Senenu und seiner Frau aus dem Alten Reich<br />
(Inv.-<strong>Nr</strong>. 2559; Abb. 3), dass die Familie der<br />
Grundstein der ägyptischen Gesellschaft war,<br />
wir aber nicht wissen, wie eine Ehe damals<br />
geschlossen wurde. Sie hat auch herausgefunden,<br />
dass solche Statuen nach Vorstellung<br />
der alten Ägypter als „Ersatzkörper“ dienten<br />
und Opfergaben der Verwandten am Grab<br />
entgegennehmen sollten. Von der 17-jährigen<br />
Eva-Maria erfährt man, was ein 4 000<br />
Jahre altes hölzernes Boot aus der Grabausstattung<br />
des Herischef-hotep (Inv.-<strong>Nr</strong>. 38;<br />
Abb. 4) über die ägyptischen Jenseitsvorstellungen<br />
verrät. Sie erklärt, dass die Menschen<br />
an ein Weiterleben im Jenseits glaubten,<br />
welches sie den „schönen Westen“ nannten,<br />
und überzeugt waren, sich dort genauso<br />
fortzubewegen wie im irdischen Leben – auf<br />
dem Wasser eben.<br />
Auch die beteiligten Expertinnen und<br />
Experten bringen ihre Stücke zum Reden.<br />
Dr. Marc Brose legt dar, was Scherben alles<br />
erzählen können (Inv.-<strong>Nr</strong>. 1891; Abb. 5):<br />
Vorarbeiter aus Deir el-Medina haben<br />
auf Ostraka beispielsweise Fehltage ihrer<br />
Arbeiter zusammen mit dem Grund des<br />
Fernbleibens notiert. Daher wissen wir, dass<br />
Bierbrauen für ein Fest ein triftiger Grund<br />
war, der Arbeit fernzubleiben.<br />
Gerade der individuelle Zugang zu den<br />
Objekten über die jeweilige Person macht<br />
die Originalität dieses Museumsführers aus.<br />
So ist das Lieblingsstück der Institutssekretärin<br />
Annette Kunze ein fast 2 500 Jahre altes<br />
Abb. 2: Sammlungsfotografin Marion Wenzel bei Aufnahmen in ihrem Fotostudio<br />
© Foto: Nadja Braun<br />
6
Abb. 3: Dalia vor der Kalksteinstatue des Senenu und seiner Frau im Ägyptischen Museum<br />
© Foto: Marion Wenzel<br />
Abb. 4: Eva-Maria mit einem Bootsmodell aus der Grabausstattung des Herischefhotep<br />
© Foto: Marion Wenzel<br />
7
Abb. 5: Dr. Marc Brose präsentiert ein<br />
Ostrakon der Leipziger Sammlung<br />
© Foto: Marion Wenzel<br />
Abb. 6: Annette Kunze mit ihrem Lieblingsstück, dem Igel-Gefäß<br />
© Foto: Marion Wenzel<br />
8
Igel-Gefäß aus hellgrün glasierter Kieselkeramik<br />
(Inv.-<strong>Nr</strong>. 8302; Abb. 6); das Stück zählt<br />
übrigens auch zu den Favoriten der jungen<br />
Museumsbesucherinnen und -besucher. Der<br />
kleine Ohrenigel erinnert Annette Kunze<br />
an Besuche von Igeln an Sommerabenden<br />
im eigenen Garten und sie hat in Erfahrung<br />
gebracht, dass diese Igel beim Zusammenrollen<br />
ihre auffallend großen Ohren zusammenfalten<br />
und dank dieser nicht nur sehr<br />
gut hören, sondern außerdem scharfe Augen<br />
haben, mit denen sie sogar in der Nacht<br />
sehen können. Das Gefäß diente zur Aufbewahrung<br />
von schwarzer Augenschminke,<br />
berichtet sie weiter, und der Igel war für die<br />
Ägypter ein Schutzsymbol vor dem Bösen.<br />
Aus seinen Stacheln wurde sogar ein Heilmittel<br />
gegen Haarausfall hergestellt.<br />
Doch was hat es eigentlich mit Onkel<br />
Georg auf sich? Die Teilnehmerinnen des<br />
Kurses „Die Erforschung Ägyptens am Beispiel<br />
von Georg Steindorff“ im Rahmen der<br />
Regionalen Begabtenförderung für Gymnasien<br />
in Oberfranken haben sich ein Jahr<br />
lang mit dem Leben und Wirken von Georg<br />
Steindorff, dem Namensgeber des Ägyptischen<br />
Museums, beschäftigt und dabei zahlreiche<br />
Archivfotos studiert. Anschließend<br />
wurden gemeinsam mit der Leipziger Grafikerin<br />
Susann Hesselbarth während eines<br />
Workshops im Museum Entwürfe für Figuren<br />
des berühmten Ägyptologen gezeichnet.<br />
Dabei entstand Onkel Georg (Abb. 7). Der<br />
Name kommt nicht von ungefähr; Kerstin<br />
Seidel M. A. hatte den Schülerinnen zuvor<br />
verraten, dass sich Professor Steindorff Onkel<br />
Abb. 7: Lena entwirft Onkel Georg beim Workshop mit Suann Hesselbarth<br />
© Foto: Nadja Braun<br />
9
Georg nennen ließ. Eine dieser Onkel-Georg-Figuren<br />
steht in Form eines kleinen<br />
Aufstellers inzwischen auf der Theke der<br />
Museumskasse (vgl. Abb. 1) und ist auf der<br />
Begrüßungsseite des Schülerführers abgedruckt.<br />
Im Heft informiert er zunächst über<br />
die Geschichte der Sammlung und seinen<br />
persönlichen Beitrag zu ihrer Vergrößerung.<br />
Wer den Text nicht selbst lesen möchte oder<br />
dazu noch zu jung ist, kann den auf dieser<br />
Seite abgebildeten QR-Code mit seinem<br />
Smartphone einscannen und wird auf eine<br />
Internetseite geleitet, wo der bekannte Radiojournalist<br />
Claus Fischer Onkel Georg seine<br />
Stimme leiht und die Besucherinnen und<br />
Besucher begrüßt.<br />
Kleinere Aufsteller der Onkel-Georg-Figur<br />
wurden entweder in den Vitrinen neben den<br />
Stücken platziert (Abb. 8), die im Schülerführer<br />
zu finden sind, oder an den jeweiligen<br />
Sockeln angebracht. Da alle Figuren jeweils<br />
mit einer eigenen Nummer versehen sind,<br />
kann im Heft leicht die entsprechende<br />
Objektseite gefunden werden, sodass Onkel<br />
Georg die jungen Museumsgäste auch auf<br />
diese Weise durch seine Sammlung begleitet.<br />
Auf der von einem Schüler entworfenen<br />
Ägyptenkarte kann man überdies in Erfahrung<br />
bringen, wo überall Georg Steindorff<br />
selbst gegraben hat und woher viele der<br />
Objekte aus dem Museum stammen. Außer-<br />
Abb. 8: Karl Heinrich von Stülpnagel platziert gemeinsam mit Klara Dietze, Anna Grünberg, Alexa Thüsing<br />
M. A. und Museumspraktikantin Karoline Böttcher die Onkel-Georg-Aufsteller in den Vitrinen<br />
© Foto: Nadja Braun<br />
10
dem haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
des Projekt-Seminars „Schülerführer<br />
durch das alte Ägypten“ Informationsseiten<br />
zu zentralen Themen wie Geografie, Pharaonen,<br />
Gesellschaft, Religion, Schrift und<br />
Architektur verfasst. Ein weiteres Highlight<br />
ist ein von ihnen entwickelter Bastelbogen<br />
für ein Segelboot, der aus der Heftmitte<br />
entnommen werden kann, und für Rätselfreunde<br />
gibt es eine Seite zum Knobeln sowie<br />
eine Hieroglyphentabelle, mit deren Hilfe<br />
man den eigenen Namen in den Schriftzeichen<br />
der alten Ägypter schreiben kann.<br />
Bevor der Schülerführer seinen letzten<br />
Schliff bekam, wurde natürlich noch ein<br />
Praxistest im Museum durchgeführt. Dazu<br />
reiste extra eine 6. Klasse des Hochfranken-Gymnasiums<br />
aus dem Frankenwald<br />
an, um den Museumsführer auf Herz und<br />
Nieren zu prüfen. Nachdem dieser Testlauf<br />
erfolgreich absolviert war, ging es an die<br />
letzten Überarbeitungsschritte. Einen entscheidenden<br />
Beitrag leistete dabei Studienrat<br />
Jochen Schubert, der mit seinem Einsatz für<br />
das professionelle Layout sorgte. Dank des<br />
Freundeskreises des Ägyptischen Museums<br />
e. V., der in finanzielle Vorleistung getreten<br />
ist, konnte das Heft letztlich in Druck gehen.<br />
Möglich war die Realisierung dieses<br />
aufwendigen Projekts nur durch die Unterstützung<br />
zahlreicher Museums- und Institutsmitglieder<br />
– namentlich Prof. Hans-W.<br />
Fischer-Elfert und Kustos PD Dietrich Raue.<br />
Einen großen Anteil am Erfolg des Projekts<br />
haben aber vor allem Alexa Thüsing M. A.<br />
und Restaurator Karl Heinrich von Stülpnagel.<br />
Ein großer Dank gebührt außerdem<br />
Dr. Angela Onasch, die als Vorsitzende des<br />
Abb. 9: Verleihung des P-Seminarpreises der Unternehmerinitiative Hochfranken an der Hochschule Hof, von<br />
links Dr. Nadja Braun, Carmen Stöcker, Ina Jungkunz und Schulleiter Oberstudiendirektor Lothar Braun<br />
© Foto: Jochen Schubert<br />
11
Freundeskreises mehrfach zusammen mit<br />
den Schülerinnen und Schülern an den Texten<br />
gearbeitet hat. Sie alle haben die vielfältigen<br />
Einzelaktionen von Anfang an tatkräftig<br />
sowie mit zahlreichen Ideen unterstützt und<br />
dabei immer wieder erleben dürfen, wie viel<br />
Freude die Zusammenarbeit mit Schülerinnen<br />
und Schülern machen kann.<br />
Das Projekt hat nach Fertigstellung auch<br />
über Leipzig hinaus Beachtung gefunden.<br />
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung zur<br />
Contacta 2017 wurde der Schülerführer<br />
an der Hochschule Hof von Dr. Dorothee<br />
Strunz mit dem Preis der Unternehmerinitiative<br />
Hochfranken ausgezeichnet (Abb. 9)<br />
– ein Erfolg, den die Lokalpresse mit der<br />
Artikelüberschrift „Mit Ägypten die Nase<br />
vorn“ würdigte.<br />
Zusätzlich zum Schülerführer können<br />
junge Besucherinnen und Besucher an der<br />
Kasse ein Aufgabenblatt für eine Museumsrallye<br />
bekommen, um damit eigenständig<br />
die Sammlung zu erkunden und dabei Fragen<br />
zu einzelnen Stücken zu beantworten.<br />
Die Museumspädagoginnen Klara Dietze<br />
und Anna Grünberg haben überdies einzelne<br />
Textseiten aus dem Schülerführer laminiert<br />
und in den Holzkästen für die Taschentexte<br />
für alle Museumsgäste bereitgestellt. Denn in<br />
der Praxis hat sich schnell gezeigt, dass der<br />
neue Leipziger Museumsführer nicht nur die<br />
jungen Besucherinnen und Besucher begeistert.<br />
Ab Herbst 2018 Jahres wird sich dann<br />
ein weitere Gruppe des Hochfranken-Gymnasiums<br />
an die Erarbeitung eines auf dem<br />
Schülerführer aufbauenden Audioguides für<br />
Schülerinnen und Schüler machen.<br />
Abb. 10: Die am Projekt beteiligten Schülerinnen und Schüler des Hochfranken-Gymnasiums Naila mit<br />
Projektleiterin StRin Dr. Nadja Braun und Schulleiter OStD Lothar Braun<br />
© Foto: Jochen Schubert<br />
12
Entdeckungen im Fotoarchiv des<br />
Ägyptischen Museums Berlin<br />
Bildband zu Heinrich Schäfers Nubienreise um<br />
1900 in Kooperation mit dem DAI Kairo<br />
Als vor nunmehr drei Jahren das Tagebuch<br />
einer Nubienreise des späteren<br />
Direktors des Ägyptischen Museums Berlin,<br />
Heinrich Schäfer (1868–1957), in der wissenschaftsgeschichtlichen<br />
Publikationsreihe<br />
des DAI Kairo (Menschen - Reisen - Forschungen<br />
Bd. 2) veröffentlicht wurde, galt<br />
die fotografische Dokumentation dieser<br />
Reise als verschollen. Zwar konnten einzelne<br />
im Familienbesitz oder in den Archiven des<br />
Schweizerischen Institutes für Ägyptische<br />
Bauforschung und Altertumskunde in Kairo<br />
sowie dem Ägyptischen Museum – Georg<br />
Steindorff – in Leipzig erhalten gebliebene<br />
Fotoaufnahmen zur Illustration herangezogen<br />
und durch die Bleistiftskizzen Schäfers<br />
und des mitreisenden klassischen Archäologen<br />
Hermann Thiersch (1874–1939)<br />
ergänzt werden. Die zahlreichen Aufnahmen<br />
der Tempel, Festungsbauten und des Alltagslebens<br />
des inzwischen in den Fluten des<br />
Nasser-Stausees versunkenen Nubiens, die<br />
der Ägyptologe erwähnt, schienen für immer<br />
verloren.<br />
Jana Helmbold-Doyé / Thomas L. Gertzen<br />
konnten diese nicht nur als Aufnahmen aus<br />
der Region (neben weiteren, vornehmlich<br />
aus Saqqara, Memphis und Amarna) identifiziert,<br />
sondern auch der besagten Expedition<br />
eindeutig zugeordnet werden.<br />
Im Zuge der Sichtung und Aufbereitung<br />
der Fotobestände des Ägyptischen Museums<br />
Berlin, stieß die Leiterin des Fotoarchivs<br />
Caris-Beatrice Arnst im Jahr 2015 auf ein<br />
Konvolut von ca. 340 Fotos in sechs unbeschrifteten<br />
Aufbewahrungsboxen. Nach<br />
Rücksprache mit der Kuratorin der Abteilung<br />
nubischer Altertümer Jana Helmbold-Doyé<br />
Abb. 1: Heinrich Schäfer vor den Ruinen der Festung<br />
von Mirgissa.<br />
© SMB Ägyptisches Museum und Papyrussammlung,<br />
Fotoarchiv, Ph. 5973<br />
13
Im März und April 1900 unternahm<br />
Heinrich Schäfer in Begleitung des schon<br />
erwähnten Hermann Thiersch sowie der<br />
beiden Ägyptologen Ludwig Borchardt<br />
(1863–1938) und Georg Steindorff (1861–<br />
1951) zusammen mit dem Diplomaten Curt<br />
von Grünau (1871–1939) eine Reise in das<br />
Gebiet zwischen dem Ersten und Zweiten<br />
Nilkatarakt. Ziel waren die pharaonischen<br />
Grenzfestungen des Mittleren und Neuen<br />
Reiches (etwa 2040 bis 1070 v. Chr.). Nach<br />
der umfassenden Dokumentation dieser<br />
Baudenkmäler, welche Borchardt noch Jahrzehnte<br />
später zur Abfassung wissenschaftlicher<br />
Abhandlungen diente, kehrte die<br />
Reisegruppe nach Assuan zurück.<br />
Abb. 2: Karte des Gebietes zwischen dem 1. und 2. Nilkatarakt<br />
aus: F. Hintze (Hrsg.), Africa in antiquity. The arts of ancient Nubia and the Sudan, proceedings of the symposium<br />
held in conjunction with the exhibition, Brooklyn, September 29 – October 1, 1978, Berlin 1979.<br />
14
Finanziert wurde die Unternehmung aus<br />
Mitteln der Ernst von Sieglin-Expedition,<br />
benannt nach dem Stuttgarter Unternehmer<br />
Ernst von Sieglin (1848–1927), welcher der<br />
Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften<br />
1899 Gelder für eine Erkundung<br />
der Oase Siwa im Nordwesten Ägyptens<br />
zur Verfügung gestellt hatte. Hinzu kamen<br />
Mittel der Carl-Ritter Stiftung des Leipziger<br />
Vereins für Erdkunde und zwei Zuschüsse<br />
der Kommission zur Herausgabe des Ägyptischen<br />
Wörterbuches. Ursprünglich sollten<br />
nach der Oase Siwa auch die Oasen der<br />
ägyptischen Westwüste Farafra, Dachla und<br />
Charga besucht werden. Stattdessen begab<br />
sich die Expedition nur in die westlich des<br />
Niltales gelegene Flussoase Fajjum. Dadurch<br />
wurden die benötigten Mittel gewonnen,<br />
eine Reise nach Nubien zu unternehmen.<br />
Nachdem die Gruppe sich mit dem Zug<br />
von Kairo aus anreisend – mit einem kurzen<br />
Zwischenstopp in Luxor – in Assuan versammelt<br />
hatte, gingen die Teilnehmer an Bord<br />
der für die Expedition gecharterten Dahabije<br />
mit Namen „Kebêki“, welche auch sogleich<br />
unter deutsche Flagge gesetzt wurde. Die<br />
Raumaufteilung und auch die Dunkelkammer,<br />
in der die auf der Reise gemachten<br />
Fotoaufnahmen belichtet wurden, sind von<br />
Schäfer in einer Skizze dokumentiert worden.<br />
Auf einigen der jetzt wiederentdeckten Bilder<br />
sind auch die Fotografen bei der Arbeit<br />
abgelichtet worden, was darauf hindeutet,<br />
dass der Reisegruppe zumindest zeitweilig<br />
zwei Kameras zur Verfügung standen. Den<br />
Ausführungen Schäfers zu Folge war v. a. von<br />
Grünau für die Fotoaufnahmen zuständig,<br />
was durch Steindorff, welcher gleichfalls ein<br />
Tagebuch der Reise hinterlassen hat, auch so<br />
dokumentiert worden ist.<br />
Die Auswahl der Motive bzw. der zu dokumentierenden<br />
Befunde geschah wohl durch<br />
Abb. 3: Schäfers Skizze mit der Raumaufteilung der Dahabije „Kebêki“.<br />
© DAI, Kairo.<br />
15
die Ägyptologen, die von Grünau entsprechende<br />
Anweisungen erhielten. Dabei gehen<br />
die Aufnahmen der zeitgenössischen Kulturlandschaft<br />
Nubiens wohl auf Schäfers Initiative<br />
zurück, der darüber hinaus einige Szenen<br />
des Alltagslebens mit Darstellungen aus der<br />
altägyptischen Kunst vergleichen wollte.<br />
Borchardt wird v. a. auf die fotografische<br />
Dokumentation der Festungsbauten und<br />
freigelegter Grundrisse oder von Mauerwerk<br />
geachtet haben. Steindorff nutzte die Fotografien<br />
zur Aufnahme größerer Inschriften.<br />
Dabei erschwerten die Lichtverhältnisse mitunter<br />
den Einsatz der modernen Technik.<br />
Andererseits erlaubte es die fotografische<br />
Dokumentation bei kürzerer Verweildauer<br />
an bestimmten Monumenten größere<br />
Textmengen aufzunehmen, wenn die Zeit<br />
nicht für eine Abschrift reichte. Nicht alle<br />
Aufnahmen jedoch dienten streng wissenschaftlichen<br />
Interessen. Mitunter wurden<br />
auch Nubier fotografiert, die die Reisenden<br />
bei ihrer Arbeit beobachtet hatten und mit<br />
denen man ins Gespräch gekommen war.<br />
Die Reiseteilnehmer selbst sind eher selten<br />
auf den Fotos zu sehen, allerdings wurden<br />
sie gelegentlich zum Maßstab vor einigen<br />
Gebäuderesten aufgenommen, wobei hierzu<br />
auch Einheimische herangezogen wurden.<br />
Verknüpft mit Auszügen aus dem bereits<br />
edierten Tagebuch, sollen diese Fotoaufnahmen<br />
nun in einem eigenen Bildband<br />
veröffentlicht und durch kurze Essaybeiträge<br />
in ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung<br />
erläutert werden. Nach Erscheinen der Publikation<br />
ist eine Fotoausstellung in der nubischen<br />
Abteilung des Ägyptischen Museums<br />
Berlin geplant.<br />
Abb. 4: Nach Heinrich Schäfer: „Kornreibende Frau zum Vergleich mit den alten Figuren photographiert“.<br />
© SMB Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv, Ph. 5869.<br />
16
Abb. 5: Blick über den Zweiten Katarakt.<br />
© SMB Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv, Ph. 6148.<br />
Abb. 6: Kinder vor den Ruinen des Tempels von Dendur.<br />
© SMB Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv, Ph. 5880.<br />
17
Ägyptische Sammlung<br />
Eberhard-Karls-Universität Tübingen<br />
Die Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen umfasst rund 2 100<br />
Objekte. Etwa die Hälfte der Stücke werden<br />
in der Schausammlung in Museum Schloss<br />
Hohentübingen gezeigt. Der andere Teil<br />
wird in der sogenannten Lehrsammlung<br />
verwahrt und dient der Ausbildung der<br />
Studenten. Die meisten Aegyptiaca sind<br />
kleinformatig. Allerdings befinden sich in<br />
der Tübinger Sammlung auch größerer<br />
Objekte wie Stelen, Statuen, Särge und eine<br />
Opferkammer.<br />
Susanne Beck<br />
In den 1950ern ist der Lehrstuhl für<br />
Ägyptologie an der Eberhard-Karls-Universität<br />
Tübingen begründet worden. Zeitgleich<br />
wurde begonnen, eine Sammlung aufzubauen,<br />
die der Lehre und somit der Ausbildung<br />
der Studenten dienen sollte. Etwa<br />
ein Viertel der Objekte ist von dem Institut<br />
für Klassische Archäologie der Universität<br />
Tübingen übernommen worden. Diese<br />
bildeten die Grundlage der Sammlung, die<br />
1961 an das ägyptologische Institut durch<br />
seinen Begründer, Helmut Brunner, ange-<br />
Abb. 1: „Südwestecke der Opferkammer des Seschemnefer III.”<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: V. Marquardt<br />
18
gliedert wurde. Darunter befanden sich u. a.<br />
Stiftungen des Stuttgarter Fabrikbesitzers<br />
Ernst von Sieglin, wie die Opferkammer<br />
Seschemnefers III., der Sarg des Idy, kleinere<br />
Objekte wie Statuetten, Uschebtis, Amulette<br />
und Gefäße verschiedenster Materialien,<br />
sowie der Doppelsarg mit Mumie der Taditiajna,<br />
der ein Geschenk des Konsuls Daniel<br />
Dumreichers war. In den 1960ern wurde<br />
die Kollektion durch rund 550 Stücke des<br />
Landesmuseum Württemberg erweitert, die<br />
dem Haus als Dauerleihgaben zur Verfügung<br />
gestellt worden sind. 1964 konnten die<br />
Aegyptiaca des Linden-Museums Stuttgart<br />
akquiriert werden, welches als damaliges<br />
Privatmuseum die Objekte veräußern durfte.<br />
Die Gelder wurden vom Kultusministerium<br />
in Stuttgart bereitgestellt. Auf der Grundlage<br />
der Stücke dieser drei Sammlungen, d. h. der<br />
des Instituts für Klassische Archäologie, des<br />
Linden-Museums Stuttgarts und des Landesmuseums<br />
Württembergs, konnte zumindest<br />
ein Fundament für die Ägyptische Sammlung<br />
der Universität Tübingen geschaffen<br />
werden, wobei die Lücken in den Beständen<br />
durch gezielte Ankäufe im Kunsthandel<br />
Abb. 2: „Nordwand der Opferkammer<br />
des Seschemnefer III.“,<br />
© Ägyptische Sammlung der<br />
Universität Tübingen, Museum<br />
Schloss Hohentübingen<br />
Foto: V. Marquardt<br />
19
geschlossen werden konnten. Dabei wurde<br />
darauf geachtet, dass sich diese Aegyptiaca<br />
schon mindestens seit 30 Jahren außerhalb<br />
von Ägypten befanden. Die Gelder sind<br />
großzügig von verschiedenen Sponsoren<br />
zur Verfügung gestellt worden. Zusätzlich<br />
konnte die Sammlung in den 1990ern durch<br />
die Dauerleihgaben aus dem Nachlass Dr.<br />
Hans Alexander Winklers, einem Orientalisten,<br />
Religionswissenschaftler und Ethnologen<br />
der Universität Tübingen, sowie durch<br />
Schenkungen über die Jahre hinweg aus der<br />
Sammlung Helmut Brunners und seiner<br />
Gemahlin Emma Brunner-Trauts, ebenfalls<br />
einer Ägyptologin, systematisch erweitert<br />
werden. Die ägyptische Sammlung stellt<br />
einen geschlossenen Sammlungsfundus dar.<br />
Lediglich Altbestände, die noch nicht näher<br />
bearbeitet worden sind, werden noch in die<br />
Sammlung eingegliedert.<br />
Die Provenienz der einzelnen Stücke der<br />
ägyptischen Sammlung ist kompliziert, da<br />
die Objekte aus anderen Kollektionen –<br />
Institut für Klassische Archäologie Universität<br />
Tübingen, Landesmuseum Württemberg<br />
Abb. 3: „Scheintür des Seschemnefer II.“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: S. Beck<br />
20
(Dauerleihgaben), Linden-Museum Stuttgart<br />
– übernommen oder im Kunsthandel<br />
angekauft worden sind. Ein Teil der Stücke<br />
stammen beispielsweise aus Abusir wie die<br />
Naqada-Gefäße oder aus Abu Gurôb wie die<br />
Relieffragmente aus dem altreichszeitlichen<br />
Sonnenheiligtum des Niuserre. Bei anderen<br />
Musealien kann die Herkunft mit Hilfe von<br />
Inschriften verifiziert werden wie bei dem<br />
Stelophor des Chaui (s. u.).<br />
Zu den Glanzpunkten der Ägyptischen<br />
Sammlung gehört die Opferkammer des<br />
Sechemnefer III. (Inv. <strong>Nr</strong>. 3, Abb. 1–2),<br />
die im Frühjahr 1910 von Ernst von Sieglin<br />
in Giza käuflich erworben worden ist und<br />
sich seit 1911 in Tübingen befindet. Die<br />
Kalksteinblöcke mit Reliefen, deren farbige<br />
Fassung sich ausgezeichnet erhalten hat,<br />
sind im Museum aufgebaut und können<br />
zur Besichtigung begangen werden. Die<br />
Wände zeigen den verstorbenen Grabherrn<br />
mit seiner Familie sowie die Dinge, die er als<br />
Totenopfer erhielt bzw. sich erhoffte. Durch<br />
Schlachtszenen und Gabenbringer sollte die<br />
Versorgung Seschemnefers III. im Jenseits<br />
sichergestellt werden. Die Opferkammer<br />
datiert in die fünfte Dynastie des Alten<br />
Reichs (ca. 2700–2160 v. Chr.) und stammt<br />
aus der Mastaba G 5170 Giza.<br />
Neben der Opferkammer des Seschemnefer<br />
III. befindet sich ferner eine der<br />
Scheintüren seines Vaters, Seschemnefer II.,<br />
aus der Mastaba G 5080 in Giza (Inv. <strong>Nr</strong>. 4,<br />
Abb. 3) in der Tübinger Sammlung, von<br />
der ein Parallelstück (Inv. <strong>Nr</strong>. 2555) im<br />
Ägyptischen Museum – Georg Steindorff –<br />
der Universität Leipzig gezeigt wird.<br />
Der Kastensarg des Idy (Inv. <strong>Nr</strong>. 6, Abb. 4)<br />
ist einer der siebzehn weltweit bekannten<br />
Särge, die eine Sternenuhr aufweisen. Mit<br />
Hilfe dieser diagonalen Sternenuhr, die sich<br />
im Deckel befindet, konnte man den zeitlichen<br />
Verlauf der Nacht bestimmen. Die<br />
Inschriften auf der Außen- und Innenwand<br />
des Sargs geben das typische Opferformu-<br />
Abb. 4: „Sargdeckel des Idy mit der Sternenuhr“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: H. Jensen<br />
21
lar mit dem Wunsch nach Versorgtsein im<br />
Totenreich wieder. Der Sarg des Idy, der in<br />
das Mittlere Reich (ca. 2040–1797 v. Chr.)<br />
datiert, stammt aus Assiut.<br />
Die Kniestatue des Chaui (Inv. <strong>Nr</strong>. 303,<br />
Abb. 5) befindet sich seit den 1960er in der<br />
Ägyptischen Sammlung. Sie stammt wohl<br />
aus Theben-West von der Ziegelpyramide<br />
des Grabs TT 214, dessen Besitzer Chaui (ii)<br />
war. Aus zahlreichen Inschriften ist bekannt,<br />
dass er ein Wächter am Platz der Wahrheit,<br />
d. h. im Tal der Könige, gewesen ist und<br />
in Deir el-Medineh zu Zeiten Ramses II.<br />
im Neuen Reich (ca. 1550–1070 v. Chr.)<br />
lebte. Der Stelophor (griech. „Stelenträger“)<br />
zeichnet sich durch eine feine Reliefierung<br />
aus und weist Reste von Farbspuren auf.<br />
Auf dem Denkstein wird ein Hymnus an Re<br />
wiedergegeben, in dem verschiedene Erscheinungsformen<br />
des Sonnengotts angesprochen<br />
werden und Chaui um die Aufnahme in sein<br />
Gefolge bittet.<br />
Das Sargensemble der Tadjtiana (Inv.<br />
<strong>Nr</strong>. 150a–b, Abb. 6–7), bestehend aus<br />
einem inneren und einem äußeren Sarg,<br />
datiert in die beginnende 26. Dynastie der<br />
Spätzeit (ca. 664–332 v. Chr.) und stammt<br />
wahrscheinlich aus der thebanischen<br />
Nekropole. Es wurde zwischen 1823 bis<br />
1835 in Alexandria, Ägypten, durch Daniel<br />
Abb. 5: „Stelophor des Chaui (ii)“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: F. Albrecht, nachgearbeitet von<br />
S. Beck<br />
22
Abb. 6: „Innensarg der Taditiajna“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: C. Teotino<br />
Abb. 7: „Außensarg der Taditiajna“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: C. Teotino<br />
23
Dumreicher erworben. Beide anthropomorphen<br />
Särge sind farbig gefasst und prächtig<br />
ausgestaltet. Die Inschriften sollen die<br />
Verstorbene im Jenseits schützen und ihre<br />
Versorgung sicherstellen.<br />
Die Stele des Ramose (Inv. <strong>Nr</strong>. 1716,<br />
Abb. 8) besteht aus Kalkstein und ist im<br />
versenkten Relief gearbeitet. Spuren der<br />
ursprünglichen Bemalung haben sich noch<br />
erhalten. Als eine Besonderheit weist die<br />
kleine Stele eine Einlegearbeit aus blauer<br />
Fayence in der Form einer Kuh in einem<br />
Schrein auf, die die ursprünglich reliefierte<br />
Hathordarstellung ersetzte. Der Denkstein<br />
ist der Göttin Hathor, der Herrin des<br />
Westens und aller Götter, geweiht und nennt<br />
den bekannten Schreiber Ramose (i) aus Deir<br />
el-Medineh zusammen mit seinem Diener<br />
Ptahsanch (i), die beide unter Ramses II.<br />
lebten und Zeitgenossen von Chaui (ii)<br />
gewesen sind.<br />
Neben den erwähnten Stücken sei noch<br />
auf den Torso von Echnaton (Inv. <strong>Nr</strong>. 1685,<br />
Abb. 9), einem Bruchstück einer überlebensgroßen<br />
Statue, die wahrscheinlich im<br />
Atontempel stand, sowie auf den Würfelhocker<br />
des Mentuhotep (Inv. <strong>Nr</strong>. 1734 +<br />
ML 14607, MMA New York, Abb. 10),<br />
dem Obersten der königlichen Schreiber,<br />
verwiesen.<br />
Abb. 8: „Stele des Ramose“<br />
© Ägyptische Sammlung der<br />
Universität Tübingen, Museum<br />
Schloss Hohentübingen<br />
Foto: F. Albrecht<br />
24
Abb. 9: „Torso Echnatons“<br />
© Ägyptische Sammlung<br />
der Universität Tübingen,<br />
Museum Schloss Hohentübingen<br />
Foto: H. Jensen<br />
Abb. 10: „Würfelhocker Mentuhoteps“<br />
© Ägyptische Sammlung der Universität<br />
Tübingen, Museum Schloss Hohentübingen-<br />
Foto: T. Zachmann<br />
25
Von Angesicht zu Angesicht<br />
Konservatorische Arbeiten an hölzernen<br />
Gesichtern im Ägyptischen Museum Bonn<br />
Im Sommer 2016 kamen die Universität<br />
Bonn und die Technische Hochschule<br />
Köln für ein gemeinsames Projekt zusammen.<br />
Als Master-Studierende des Cologne Institute<br />
of Conservation Sciences (CICS) fand ich für<br />
mein projektbezogenes Studium im Fachbereich<br />
„Konservierung und Restaurierung<br />
von Kunst- und Kulturgut” einen Kooperationspartner<br />
im Ägyptischen Museum<br />
der Universität Bonn, wo Museumswesen,<br />
Ägyptologie und Restaurierungswissenschaften<br />
zusammenfinden sollten. Die Exponate<br />
des 2001 eröffneten Museums reichen<br />
von Schriftgut auf verschiedenen Trägern<br />
über Keramik, Stein- und Bronzeplastiken,<br />
Schmuck und Werkzeug bis hin zu Särgen,<br />
Sargfragmenten, Mumienteilen, Amuletten<br />
und vielen anderen Objekten.<br />
Isabelle Lange<br />
Der Fokus des Masterprojektes liegt auf der<br />
Untersuchung und Erfassung der Objektgruppe<br />
der gesichtsförmigen Sargdeckelelemente.<br />
Hierbei handelt es sich um<br />
Bestandteile hölzerner, anthropomorpher<br />
Särge, die als Gesichtspartie separat hergestellt<br />
und in die Konstruktion des Sargdeckels<br />
verbaut worden waren. Allen Objekten<br />
gemein ist die Ausgestaltung menschlicher,<br />
stilisierter Züge. Obwohl sie in älteren<br />
Dokumentationen des Museums gelegentlich<br />
als ‚Masken‘ bezeichnet werden, erfüllen<br />
sie nur im übertragenen Sinn diese<br />
Funktion: Die Sargdeckelelemente imitieren<br />
eine Maske, ein idealisiertes Gesicht<br />
für die Ewigkeit. Doch wie gelangten die<br />
Gesichter der Toten nach Bonn? Vermutlich<br />
kamen viele von ihnen nach vorangegangener<br />
Grabräuberei über den Tourismus und<br />
Antikenhandel nach Deutschland. Gerade<br />
Gesichter und Augen ziehen die Aufmerksamkeit<br />
des Betrachters auf sich – und sind<br />
wesentlich handlicher und leichter zu trans-<br />
Abb. 1: Masterstudentin Isabelle Lange und Dipl. Rest.<br />
Andreas Krupa bei der Arbeit an hölzernen Gesichtern<br />
im Ägyptischen Museum Bonn.<br />
Foto: Frank Förster<br />
26
Abb. 2: Zusammenstellung der 16 ausgewählten, im Ägyptischen Museum der Bonner Universität aufbewahrten<br />
Holzgesichter.<br />
Fotos: Isabelle Lange<br />
27
portieren als größere Sargbestandteile. Viele<br />
der Sammlungsstücke entstammen privaten<br />
Schenkungen Ägyptenreisender oder<br />
sind Funde familiärer Dachböden-Schätze.<br />
Andere wiederum erreichten das Museum<br />
nach einer kuriosen Reise im Postpaket. Dies<br />
alles führte dazu, dass oftmals die Provenienz<br />
intransparent wird und es zu einem eklatanten<br />
Informationsverlust kommt. Neben der<br />
oftmals nebulösen Objektgeschichte zeigen<br />
die hölzernen Gesichter weder Schriftzeichen<br />
noch anderer Kennzeichnungen, so dass die<br />
Ägyptologen in ihren Nachforschungen auf<br />
die Ikonografie zurückgreifen.<br />
Der Blickwinkel der Restauratoren wendet<br />
sich einem ganz anderen Sprachrohr der<br />
archäologischen Funde zu: ihrer Materialität.<br />
Unter der Betreuung von Diplom-Restaurator<br />
Andreas Krupa, Dozent am CICS<br />
in der Fachrichtung „Holz und Werkstoffe<br />
der Moderne“, und Dr. Frank Förster, dem<br />
Kurator des Museums, begebe ich mich mit<br />
sechzehn ausgewählten Holzgesichtern aus<br />
verschiedenen Dynastien auf die Reise.<br />
Die kunsttechnologische Untersuchung soll<br />
die Gesichter als „Gruppe“ erfassen und<br />
sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten<br />
herausarbeiten. Ausgerüstet mit einem<br />
Stereomikroskop und einer UV-Lampe<br />
erforsche ich vor Ort die Werkprozesse.<br />
Wurde die einheimische Sykomore oder ein<br />
importiertes Holz verwendet? Besteht die<br />
Grundierung aus Kreide oder Nilschlamm?<br />
Mit welchen Pigmenten der ägyptischen<br />
Abb. 3: Die Rückseite dieses Sargdeckelgesichts<br />
(vgl. Abb. 2, oben links) wurde<br />
in einer bereits älteren Maßnahme durch<br />
den Vorbesitzer mit Heißkleber gefestigt<br />
und dadurch die Oberfläche geschädigt.<br />
Foto: Isabelle Lange<br />
28
Farbpalette wurde das Gesicht gefasst?<br />
Wurde das Holz zuvor mit Messern und<br />
Beiteln bearbeitet? Wie breit war der Pinsel,<br />
der die Augen zeichnete? Wurde das hölzerne<br />
Gesicht auf den Sargdeckel genagelt,<br />
geleimt oder gesteckt? Die einzelnen Gesichter<br />
berichten von ihrem Ursprung, von den<br />
Menschen, die sie herstellten. Doch erzählen<br />
sie ihre Geschichte noch bis heute weiter und<br />
zeigen einen spezifischen, durch Geschichte<br />
und Zeit gezeichneten Erhaltungszustand.<br />
Alterungsspuren und Schäden in Form<br />
von Rissen und Ausbrüchen im Holz, Termitenbefall,<br />
Verlusten in der Farbfassung<br />
und Verschmutzungen prägen die meisten<br />
Exponate. Eine genaue Beobachtung solcher<br />
Phänomene verrät Genaueres über die<br />
Reise der Sargdeckelelemente: So können<br />
beispielsweise Rückschlüsse über die klimatischen<br />
Bedingungen gezogen werden, d. h.<br />
ob sie unter Sand lagen oder in Kontakt mit<br />
Wasser kamen. Sogar die Spuren von Grabräubern<br />
sind nachweisbar – zweifelsohne<br />
auch die Gebrauchsspuren privater Sammler,<br />
mit Aufhängungen und Beschriftungen, aber<br />
auch Reparaturen und Festigungen.<br />
All diese Informationen sollen im Rahmen<br />
der Masterarbeit gesammelt und durch<br />
eine restauratorische Erfassung strukturiert<br />
werden, um ein Konservierungskonzept<br />
zu erstellen und abschließende Konservierungsmaßnahmen<br />
an den hölzernen Gesichtern<br />
durchzuführen. Auf dieser Grundlage<br />
werden die hölzernen Gesichter in Zukunft<br />
von Besuchern aus aller Welt in ihrer ganzen<br />
vielfältigen Faszination weiterhin erlebbar<br />
sein.<br />
Abb. 4: Der mit Stuck in Form gebrachte Kopfschmuck dieser ‚Maske’ (vgl. Abb. 2, zweites Bild in dritter Reihe<br />
von oben) wurde mit fünf Farben bemalt, wobei vom leuchtenden Blau nur noch schwach anhaftende Reste<br />
erkennbar sind.<br />
Foto: Isabelle Lange<br />
29
Sonderausstellung<br />
11.10.2017 bis 1.2.2018<br />
Ägyptisches Museum Bonn<br />
Regina-Pacis-Weg 7<br />
53113 Bonn<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di-Fr 13-17 Uhr<br />
Sa, So 13-18 Uhr<br />
re:animation<br />
Aegyptiaca im Dialog<br />
mit Arbeiten von Ruth Tauchert<br />
Foto: © Thilo Beu
Ringer im Museum<br />
Ein sportlicher Rückblick auf eine<br />
Sonderausstellung im Ägyptischen Museum Bonn<br />
Sportliche Darbietungen sind in Museen<br />
eher ungewöhnlich, jedenfalls in solchen,<br />
wo sehr alte, sehr wertvolle und oft sehr fragile<br />
Objekte ausgestellt sind. Im Ägyptischen<br />
Museum der Universität Bonn kam es – ganz<br />
im Sinne seiner Konzeptionierung als ein<br />
„Laboratorium der Aneignung” (M. Fitzenreiter)<br />
– im Rahmen der Sonderausstellung<br />
„re:animation”, die vom 11. Oktober 2017<br />
bis zum 01. Februar 2018 gezeigt wurde,<br />
in dieser Hinsicht zu einer interessanten<br />
Versuchsanordnung. Die Ausstellung im<br />
ehemaligen Fechtsaal (!) der Universität<br />
kreiste um Zeichnungen und Skulpturen<br />
der Bonner Künstlerin Ruth Tauchert, deren<br />
Frank Förster<br />
Inszenierung mit altägyptischen Exponaten<br />
eine Art Dialog zwischen pharaonischer und<br />
moderner Kunst in Gang setzen und so den<br />
Besuchern neue Sichtweisen und Denkanregungen<br />
eröffnen sollte, spielte dabei aber<br />
auch viel mit Ästhetik, Irritation und Humor.<br />
Als besonderes Stil- und Kontrastmittel<br />
gegenüber den bekanntermaßen meist recht<br />
starr, aspektivisch und streng achsensymmetrisch<br />
aufgebauten ägyptischen Bildwerken<br />
kam eine künstlerische Fokussierung zum<br />
Tragen, die sich wie ein roter Faden durch<br />
das bisherige Werk Taucherts zieht: die Erfassung<br />
von Bewegung in Momentaufnahmen,<br />
wie sie in früheren Arbeiten beispielsweise<br />
Abb. 1: Ringer im Ägyptischen Museum der Universität Bonn. — Foto: Ole Lentfer<br />
31
anhand „live” gezeichneter Tänzer, Reiter<br />
oder Fechter umgesetzt worden war. So lag<br />
es nicht nur nahe, ausgewählte Exponate<br />
wie etwa Uschebtis und andere Dienerfiguren<br />
von Verstorbenen, Darstellungen des<br />
Horus in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen<br />
vom Kind zum König (erst der<br />
Lebenden, dann als Osiris auch der Toten)<br />
sowie mumifizierte Körper oder Körperteile<br />
durch die Zusammenstellung mit modernen,<br />
bewegten Variationen aus der Sicht der<br />
Künstlerin gleichsam wiederzubeleben und<br />
so dem ewigen Thema von Leben, Tod und<br />
Wiedergeburt neuen Ausdruck zu verleihen.<br />
In der Schnittmenge zwischen persönlichen<br />
Interessen, Erfahrungen und kreativen Ideen<br />
von Künstlerin und Kurator fand sich rasch<br />
auch das Thema Sport – genauer gesagt: der<br />
altägyptische bzw. moderne Ringkampf. Dieser,<br />
freilich nicht immer ganz spannungsfreie<br />
Prozess, gemeinsam nach und in solchen<br />
Schnittmengen zu suchen anstatt dem oder<br />
der Kunstschaffenden einfach freie Hand<br />
zu lassen beim – böse formuliert – Herrichten<br />
einer „altägyptischen Bühne” für die<br />
eigenen Werke, erwies sich im Übrigen für<br />
beide Seiten als über die Ausstellung hinaus<br />
bereichernd.<br />
Abb. 2: Bewegte Gips-Uschebtis<br />
der Künstlerin neben eher steifen<br />
altägyptischen Arbeitskollegen<br />
aus Fayence.<br />
Foto: Thilo Beu<br />
Abb. 3: Dreimal Isis mit dem<br />
Horuskind: links zwei altägyptische<br />
Vor-Bilder, rechts eine<br />
moderne Bronze von R. Tauchert.<br />
Foto: Thilo Beu<br />
32
Der sportliche Ringkampf hatte im pharaonischen<br />
Ägypten eine lange Tradition, ist<br />
über alle Epochen hinweg gut belegt und<br />
kann sogar bis zu den Anfängen der dynastischen<br />
Zeit zurückverfolgt werden. Von der<br />
hohen Wertschätzung dieser Kampfsportart<br />
zeugen zahlreiche flachbildliche Darstellungen<br />
in Gräbern und Tempeln, aber auch<br />
eine Handvoll kleiner Ringerplastiken,<br />
von denen zumindest einige ebenfalls aus<br />
Gräbern stammen. Berühmt sind die Ringkampfmotive<br />
auf den Grabwänden mehrerer<br />
Gaufürsten in Beni Hasan in Mittelägypten<br />
(um 2000 v. Chr.), wo bis zu 220 Ringerpaare<br />
detailliert in verschiedenen Griffen<br />
dargestellt sind. Angesichts dieser Materialfülle<br />
ist es aus ägyptologischer wie sporthistorischer<br />
Sicht reizvoll, in Zusammenarbeit<br />
mit modernen Ringern die verschiedenen<br />
Griffansätze, Techniken und Bewegungsab-<br />
Abb. 4: Mumienportrait<br />
mit Selbstportrait der<br />
Künstlerin. Mischtechnik<br />
auf Papier<br />
Abb. 5: Moderne<br />
Bronzeskulptur<br />
einer Schwangeren<br />
zwischen bandagierten<br />
Tiermumien.<br />
Foto: Thilo Beu<br />
33
Abb. 6: Ausschnitt aus dem sog. „Großen Ringplatz” mit insg. 220 Ringerpaaren, aufgemalt auf einer Wand im<br />
Grab des Gaufürsten Bakti III. in Beni Hasan, um 2000 v. Chr. Umzeichnung: P.E. Newberry, Beni Hasan II,<br />
London 1894, Taf. V<br />
läufe zu rekonstruieren, die sich aus diesen –<br />
teilweise offenbar auch kinematographische<br />
Reihungen umfassenden – altägyptischen<br />
„Standbildern” ableiten lassen, und damit<br />
die pharaonische Ringkampfkunst wiederauferstehen<br />
zu lassen.<br />
Die Chance hierzu bot sich durch das<br />
große Interesse, das Ruth Tauchert diesen<br />
faszinierenden alten Darstellungen sofort<br />
entgegenbrachte und insbesondere der<br />
Frage, wie die Ägypter die Herausforderung<br />
der Wiedergabe solcher eng umschlungenen<br />
Körper und komplizierten Griffe und Haltungen<br />
meisterten (u. a. durch Verwendung<br />
verschiedener Farbtöne für die Hautfarbe<br />
der Kontrahenten) – vor allem aber, wie<br />
sie als moderne Künstlerin einer solchen<br />
Herausforderung selbst begegnen würde. So<br />
führte sie ihr Weg im Vorfeld der Ausstellung<br />
zu den erfahrenen Ringern vom Turn- und<br />
Kraftsportverein (TKSV) 1906 e.V. Duisdorf<br />
in die Bonner Hardtberg-Halle, wo sie mit<br />
Stiften und Papier mehrmals dem Training<br />
beiwohnen durfte und ihre Ringkampf-Impressionen<br />
festhalten konnte. Diese Begegnungen<br />
führten nicht nur zu persönlichen<br />
Erfahrungen bezüglich der Möglichkeiten<br />
und Grenzen, wie sich prägnante Positionen<br />
und Bewegungsabläufe während eines Ringkampfes<br />
verständlich darstellen lassen, und<br />
damit zu einer entsprechenden Wertschätzung<br />
der altägyptischen Künstler (O-Ton<br />
Tauchert: „Anfangs war ich leicht verzweifelt,<br />
denn Ringer sind nicht zuschauerorientiert,<br />
wie beispielsweise Tänzer auf der Bühne. Die<br />
Athleten bewegen sich nicht nur erstaunlich<br />
schnell, sondern auch um ihre eigene Achse,<br />
was für mich als Zeichnerin eine besondere<br />
Herausforderung bedeutet”; Ausstellungskatalog,<br />
S. 21). Die Begegnungen führten auch<br />
auf Seiten der Ringer zu Neugier und einer<br />
34
Abb. 7: Farbige Wiedergabe eines der Ringerpaare aus<br />
Abb. 6. Umzeichnung: H. Wilsdorf, Ringkampf im<br />
alten Ägypten, Würzburg-Aumühle 1939, Abb. 1<br />
Abb. 8: Momentaufnahme eines Ringkampfes beim<br />
TKSV Duisdorf von R. Tauchert. Mischtechnik auf<br />
Papier<br />
Abb. 9: Der „Ringkampf-Bereich” der Ausstellung mit Zeichnungen der Künstlerin sowie der Brüsseler Ringerplastik<br />
(vgl. Abb. 10) im Zentrum. — Foto: Frank Förster<br />
35
ersten Auseinandersetzung mit den überlieferten<br />
uralten Griffansätzen und Techniken,<br />
von denen viele rasch als heute noch praktiziert,<br />
einige als nach heutigen Maßstäben<br />
nicht regelkonform und gefährlich und<br />
einige als eher rätselhaft oder unmöglich eingestuft<br />
wurden (wobei letzteres teilweise der<br />
ungewohnten altägyptischen Darstellungsweise<br />
ohne perspektivische Verkürzungen<br />
etc. geschuldet sein mag).<br />
Abb. 10: Zwei Ansichten einer von den Musées Royaux d’Art et d’Histoire in Brüssel ausgeliehenen, nur knapp<br />
10 cm großen Ringerplastik aus bemaltem Kalkstein, um 2000 v. Chr. (MRAH Inv.-<strong>Nr</strong>. E.6846).<br />
Fotos: Frank Förster<br />
Abb. 11: Zusätzliche Ringer-Vitrine<br />
mit Monitor, auf<br />
dem – vor dem Hintergrund<br />
der 220 Ringerpaare aus Beni<br />
Hasan (vgl. Abb. 6) – das<br />
Resultat einer photogrammetrischen<br />
3D-Aufnahme der<br />
Brüsseler Ringerplastik als<br />
Video gezeigt wurde.<br />
Foto: Frank Förster<br />
36
Damit war klar, dass das Thema „Ringkampf”<br />
ein fester Bestandteil der Ausstellung<br />
werden sollte, wofür auch ein eigener<br />
Bereich reserviert wurde. Dank des freundlichen<br />
Entgegenkommens von Dr. Luc Delvaux,<br />
dem Kurator der Abteilung Ägyptische<br />
Altertümer in den Musées Royaux d’Art et<br />
d’Histoire in Brüssel, konnte von dort kurzfristig<br />
und unbürokratisch eine der seltenen<br />
kleinen Ringerplastiken ausgeliehen werden,<br />
Abb. 12: Iba Mavua-<br />
Kazai und Goran<br />
Izadi vom Turn- und<br />
Kraftsportverein 1906<br />
e. V. Duisdorf stellen<br />
am 15. Oktober 2017<br />
bei einer gut besuchten<br />
Sonderveranstaltung im<br />
Museum anhand ausgewählter<br />
flachbildlicher<br />
Darstellungen altägyptische<br />
Ringergriffe und<br />
Wurftechniken nach.<br />
Fotos / Standbilder aus<br />
Filmaufnahmen: Ole<br />
Lentfer<br />
37
die sich aus dem Alten Ägypten erhalten<br />
haben – eine sehr wertvolle Bereicherung,<br />
da die Sammlung des Ägyptischen Museums<br />
über keine eigenen Objekte zum Thema verfügt<br />
und die altägyptische Ringkampfkunst<br />
nicht nur durch Fotos, Umzeichnungen oder<br />
andere Reproduktionen repräsentiert werden<br />
sollte. So ergab sich in diesem Bereich<br />
eine reizvolle Zusammenstellung von alter<br />
und moderner Flachbildkunst und ihren<br />
Gemeinsamkeiten und Unterschieden in<br />
der Wiedergabe von Ringkampfmotiven,<br />
verbunden durch eine originale Kleinplastik,<br />
von der David Sabel und Beryl Büma zudem<br />
eine photogrammetrische 3D-Aufnahme<br />
machten, so dass sie, in Gestalt eines Videos<br />
animiert, in überdimensionaler Größe in<br />
einer zusätzlichen Vitrine von allen Seiten<br />
erlebbar werden und so gebührend zur<br />
Geltung kommen konnte.<br />
Vorläufiger Höhepunkt dieser ungewöhnlichen<br />
Zusammenarbeit war aber eine<br />
Sonderveranstaltung, die schon bald nach<br />
der Ausstellungseröffnung stattfand: Zwei<br />
der Vereinsringer des TKSV Duisdorf, Ibrahim<br />
„Iba” Mavua-Kazai und Goran Izadi,<br />
hatten sich bereiterklärt, einige von ihnen<br />
ausgewählte Ringkampfszenen unter den<br />
220 Darstellungen im Grab des Gaufürsten<br />
Bakti III. in Beni Hasan vor Publikum im<br />
Museum nachzustellen, die sie zuvor mit<br />
ihrem Trainer Hans Willi Hieronymi einstudiert<br />
hatten. Die von einem Filmteam<br />
von uni-bonn.tv begleitete Veranstaltung<br />
(siehe http://bit.ly/2IlAdO7) traf auf großes<br />
Interesse, das sich am Ende noch steigerte,<br />
als die Zuschauer Gelegenheit bekamen, die<br />
beiden Ringer mit der Nachstellung nicht<br />
einstudierter anderer Motive aus diesem<br />
„Ringkampf-Almanach” herauszufordern<br />
– was diese mit Bravour lösten. Unter den<br />
Zuschauern befand sich mit Prof. Wolfgang<br />
Decker, der bis zu seiner Pensionierung rund<br />
30 Jahre am Institut für Sportgeschichte der<br />
Deutschen Sporthochschule Köln gelehrt<br />
und geforscht hat, auch der weltweit wohl<br />
beste Kenner des altägyptischen Sports, der<br />
sich nach der Veranstaltung noch angeregt<br />
mit den beiden Protagonisten unterhielt.<br />
re:animation<br />
Aegyptiaca im Dialog mit<br />
Zeichnungen und Skulpturen<br />
von Ruth Tauchert<br />
Ägyptisches Museum Bonn<br />
Abb. 13: Cover des<br />
Ausstellungskatalogs.<br />
Foto: Thilo Beu<br />
38
Was nun nach Ende der Ausstellung<br />
bleibt, ist nicht nur ein reich bebilderter<br />
Begleitkatalog, dessen Druck dankenswerterweise<br />
von der Bonner Universitätsstiftung<br />
und dem Förderverein des Museums finanziert<br />
wurde, und von dem noch Restexemplare<br />
erhältlich sind (zu bestellen per Mail<br />
an aegyptisches-museum@uni-bonn.de).<br />
Geplant sind weitere Begegnungen in der<br />
Schnittmenge von Atelier, Sporthalle und<br />
Museum, um durch das Zusammenspiel<br />
von künstlerischer, sportlich-technischer<br />
und ägyptologischer Perspektive vielleicht<br />
Antworten auf einige noch offene Fragen zu<br />
erhalten: Lässt sich eine Systematik hinter<br />
der Anordnung der 220 Ringerpaare von<br />
Beni Hasan erkennen und was waren die<br />
Kriterien? Gibt es Reihungen, die Kampfabläufe<br />
wiedergeben und möglicherweise auf<br />
spezielle Techniken, ja vielleicht sogar auf<br />
Wettkampfregeln schließen lassen? Inwieweit<br />
verunklären altägyptische Darstellungskonventionen<br />
unseren Blick auf gezeigte Griffansätze,<br />
Körperhaltungen und Bewegungen?<br />
Gab es Musterbücher? Was war überhaupt<br />
der Grund für eine derart ausführliche und<br />
detaillierte Darstellung von Ringenden in<br />
den Gräbern der lokalen Elite vor rund 4000<br />
Jahren? Und welche Funktion besaßen die<br />
zeitgenössischen kleinen Ringerplastiken, bei<br />
denen es sich zumindest teilweise ebenfalls<br />
um Grabbeigaben handelt?<br />
Dass unser kleines Ägyptisches Museum<br />
auch weiterhin (dezenten) sportlichen Veranstaltungen<br />
offensteht, erwies sich übrigens<br />
noch während der Laufzeit der Ausstellung:<br />
Für eine großangelegte, an Studierende wie<br />
Mitarbeiter gerichtete Gesundheitskampagne<br />
der Bonner Universität mit Schwerpunkt<br />
auf Sport und gesunder Ernährung<br />
wurde auch ihr ehemaliger Fechtsaal als<br />
Bühne für ein Fotoshooting ausgewählt.<br />
Naheliegenderweise war es diesmal eine<br />
andere Disziplin, die hier praktiziert wurde,<br />
und wer weiß, was noch alles folgen wird …<br />
Abb. 14: Fechten im ehemaligen Fechtsaal.<br />
Foto: Frank Förster<br />
39
Holographische Rekonstruktion<br />
des Inneren einer ägyptischen Mumie<br />
Mumien sind wertvolle historische<br />
Quellen, in denen vielfältige Informationen<br />
über das Leben der Verstorbenen und<br />
ihre Herkunftsepoche verborgen sind. Eine<br />
zentrale Rolle bei ihrer Erforschung spielt<br />
die Computertomographie, die es erlaubt,<br />
die inneren Körperstrukturen schichtweise<br />
sichtbar zu machen, ohne die Mumien zu<br />
beschädigen. Die reinen CT-Daten sind<br />
nicht leicht zu interpretieren. Aus diesen<br />
Daten ermittelte digitale Rekonstruktionen<br />
bieten hingegen einen plastischen, lebensnahen<br />
und zugleich optisch ansprechenden<br />
Eindruck von den anatomischen Strukturen<br />
und werden daher in Ausstellungen verwendet,<br />
um Besuchern einen Einblick in das<br />
Innere des menschlichen Körpers zu geben.<br />
Oliver Gauert<br />
Im Rahmen des Hildesheimer Mumienforschungsprojektes<br />
hat das Roemer- und<br />
Pelizaeus-Museum Hildesheim am 2. Februar<br />
2018 gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern<br />
– den Universitäten Aberdeen<br />
und Göttingen sowie dem St. Bernward<br />
Krankenhaus Hildesheim, dem Heidelberger<br />
Radiologen PD Dr. Roman Sokiranski und<br />
dem Ulmer Prof. Dr. Wolfgang Pirsig – eine<br />
Untersuchung der Mumie der Ta-cheru aus<br />
dem 4. Jhdt. v. Chr. mit einem besonders<br />
hoch auflösenden Computertomographen<br />
vorgenommen. Bei Ta-cheru handelte es sich<br />
um eine vornehme Ägypterin, die im vierten<br />
vorchristlichen Jahrhundert in der Region<br />
von Theben (heute Luxor) in Oberägypten<br />
verstarb. Sie war älter als 60 Jahre und führte<br />
Abb. 1: Mumie der Ta-cheru (University Museums, Aberdeen). Gesamtansicht in bandagiertem Zustand<br />
40
Abb. 2: 3D-Rekonstruktion. Ansicht von oben.<br />
Erkennbar sind das Perlennetz und Balsamierungsharze,<br />
die in die Sargwanne gelaufen sind.<br />
den Titel einer ‚Herrin des Hauses’. Ihr Körper<br />
war auffällig sorgfältig mumifiziert worden.<br />
Die inneren Organe und das Gehirn<br />
hatten die Balsamierer entfernt, doch waren<br />
sie bei der Gehirnentnahme so sorgfältig<br />
vorgegangen, dass der Zugangsweg zur Schädelhöhle<br />
bei einer ersten CT-Untersuchung<br />
in Hildesheim im Januar 2017 nicht mehr<br />
auffindbar war. Schon damals war festgestellt<br />
worden, dass die Augen durch künstliche<br />
Augäpfel ersetzt worden waren. Aus diesen<br />
Manipulationen an den Augenhöhlen<br />
hatte man auf eine Entnahme des Gehirns<br />
über natürliche, sehr enge Durchtrittsstellen<br />
zwischen Augen- und Schädelhöhle<br />
geschlossen. Die neuerliche Untersuchung in<br />
Heidelberg konnte eindrucksvoll den Beleg<br />
erbringen, dass im Bereich der Nase – dem<br />
im Alten Ägypten üblichen Zugangsweg<br />
zur Entfernung des Gehirns – tatsächlich<br />
keinerlei Zerstörungen vorliegen. Es wurde<br />
hingegen eindeutig nachgewiesen, dass das<br />
Abb. 3: 3D-Rekonstruktion der Wirbelsäule mit<br />
anliegender Luftröhre<br />
Gehirn über einen Nackenschnitt durch<br />
das Foramen occipitale magnum (großes<br />
Hinterhauptsloch), durch das das Rückenmark<br />
in die Schädelhöhle eintritt, entfernt<br />
wurde. Diskutiert wird ein möglicher weiterer<br />
Zugangsweg über die Fissura orbitalis<br />
superior im Bereich der Augen.<br />
Der enorme Aufwand, der bei der Balsamierung<br />
der Ta-cheru betrieben wurde,<br />
beschränkt sich nicht auf die Organentnahme.<br />
Der Körper wurde stellenweise mit<br />
bis zu fünfzig Lagen Bandagen umwickelt<br />
und ist mit einem aufwendig gestalteten<br />
Perlennetz bedeckt. Aus dem Zustand der<br />
Schädelnähte und dem Zahnstatus lässt<br />
sich das Sterbealter der Ta-cheru ableiten,<br />
die erst jenseits des sechzigsten Lebensjahres<br />
verstorben ist. Der insgesamt gute Zustand<br />
des Skeletts, das vergleichsweise geringe<br />
Abnutzungserscheinungen erkennen lässt,<br />
belegt die Herkunft der Verstorbenen aus der<br />
41
gehobenen Gesellschaftsschicht. Ta-cheru<br />
musste sicher keine schweren Arbeiten verrichten<br />
Die in Heidelberg gewonnenen extrem<br />
hochauflösenden CT-Daten erlaubten es,<br />
einen Schritt weiterzugehen und verschiedene<br />
Perspektiven von Rekonstruktionen,<br />
die aus den tomographischen Rohdaten<br />
ermittelt wurden, in einem Prisma zu einem<br />
dreidimensionalen Bild zusammenzusetzen.<br />
Dieses Hologramm schwebt im Raum und<br />
kann von allen Seiten betrachtet werden.<br />
Dabei ist es sogar möglich, mittels Animationen<br />
das Gewebe Schicht für Schicht<br />
abzutragen. So lassen sich alle Strukturen<br />
des Körperinneren – von der Haut über die<br />
Weichteile bis zum Skelett – in lebensechten<br />
3D-Strukturen visualisieren.<br />
Das Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />
Hildesheim wird anlässlich dieser spektakulären<br />
Untersuchungsergebnisse vom 30.<br />
Juni bis zum 30. September 2018 in einer<br />
Sonderausstellung die Mumie der Ta-cheru<br />
und das Hologramm zeigen. Dabei handelt<br />
es sich um eine Weltpremiere, da noch<br />
niemals zuvor im musealen Kontext ein<br />
frei schwebendes Hologramm einer Mumie<br />
gezeigt worden ist. Die Sonderausstellung<br />
„Ta-cheru – Eine Reise ins Innere der<br />
Mumie” wird anhand weiterer menschlicher<br />
und tierischer Mumien modernste Methoden<br />
der Mumienforschung und das enorme<br />
Erkenntnispotential dieser Untersuchungen<br />
aufzeigen. Zugleich wird die Ausstellung<br />
den Besucher mit den faszinierenden Techniken<br />
der Computertomographie und der<br />
Holographie vertraut machen.<br />
Abb. 4: Hologramm in einem kleinen Prisma. Testlauf vom 02.02.2018<br />
42
Abb. 5: Semitransparente Ansicht der Mumie<br />
Abb. 6: Übersichtsaufnahmen der Mumie aus verschiedenen Perspektiven<br />
43
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
BERLIN<br />
Sonderausstellungen<br />
Alten Museum<br />
01. Juni 2018 – 31. August 2018<br />
Di, Mi, Fr, Sa, So: 10:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />
Do: 10:00 Uhr – 20:00 Uhr<br />
Mo: geschlossen<br />
Fleisch<br />
Fleisch: Gerade noch bewegliche Grundlage<br />
des Lebens, plötzlich verwesende Substanz<br />
– für die einen abstoßend, für die anderen<br />
Nahrung oder Opfergabe an die Götter. Fleisch<br />
offenbart den allgegenwärtigen Konflikt<br />
zwischen Leben und Tod in der menschlichen<br />
Kultur. Die Position des Fleisches im<br />
Spannungsfeld zwischen Entstehen und<br />
Vergehen ist dabei paradox. Die Ausstellung<br />
fragt, wie dieses Paradoxon die Bereiche<br />
Ernährung, Kult und Körper beeinflusst und<br />
damit auch unser heutiges Verhältnis zum<br />
Fleisch prägt.<br />
Im Zuge der thematisch übergreifenden<br />
Ausstellung, in der insgesamt zwölf<br />
Sammlungen der Staatlichen Museen zu<br />
Berlin pointiert Objekte aus ihren universellen<br />
Beständen einander gegenüberstellen,<br />
entleiht auch das Ägyptische Museum und<br />
Papyrussammlung 11 Objekte, darunter<br />
Amulette und Rundbilder.<br />
Kunstwerk des Monats 2018<br />
Neues Museum<br />
Pädagogikraum im 3. OG<br />
Anschließend Führung am Objekt im Raum<br />
1.09 („Dreißig Jahrhunderte“)<br />
In unserer neuen Veranstaltungsreihe<br />
„Kunstwerk des Monats“ werden in diesem<br />
Jahr ganz besondere Objekte des Ägyptischen<br />
Museums und Papyrussammlung vorgestellt,<br />
die ansonsten nicht in der Dauerausstellung zu<br />
sehen sind.<br />
06. Mai 2018 – 11:00 Uhr<br />
„Machtsymbol“<br />
Fragment einer Königsstatue<br />
aus dem Alten Reich<br />
Dr. Olivia Zorn<br />
03. Juni 2018 – 11:00 Uhr<br />
„Rätselhaftes Wesen“<br />
Gott oder Göttin?<br />
Jalina Tschernig M.A.<br />
02. September 2018 – 11:00 Uhr<br />
„Lichte Gestalten“<br />
Stele mit den Erscheinungsformen<br />
des Sonnengottes<br />
Prof. Dr. Friederike Seyfried<br />
Die Veranstaltung ist frei.<br />
Der Eintritt in das Museum muss von<br />
Nichtmitgliedern entrichtet werden.<br />
Vorträge<br />
Brugsch-Pascha-Saal<br />
17. April 2018 – 19:00 Uhr<br />
Bericht über die Winterkampagne<br />
2017/18 auf der Qubbet<br />
el-Hawa (Nord)<br />
Prof. Dr. Friederike Seyfried<br />
15. Mai 2018 – 19:00 Uhr<br />
Meroitische Neuigkeiten<br />
Josefine Kuckertz M.A.<br />
19. Juni 2018 – 19:00 Uhr<br />
1000+1 Nacht – Ergebnisse einer<br />
deutsch-arabischen Kooperation<br />
Prof. Dr. Verena Lepper<br />
17. Juli 2018 – 19:00 Uhr<br />
KV 11 – Das Grab Ramses‘ III.<br />
im Tal der Könige. Zum Zustand<br />
und Stand der Aufarbeitung<br />
Anke Weber, M.A.<br />
18. September 2018 – 19:00 Uhr<br />
„Harre nur aus, und du wirst [bessere]<br />
Zeiten sehen‘‘: Ein Fragment eines<br />
koptischen Orakelbüchleins und<br />
andere „Entdeckungen‘‘ in der<br />
Berliner Papyrussammlung<br />
Joost Hagen, M.A.<br />
44
BONN<br />
Sonderausstellungen<br />
Verlängert bis zum 01. Juli 2018<br />
Di – Fr: 13:00 Uhr – 17:00 Uhr<br />
Sa + So: 13:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />
Wadi Ameyra<br />
Ein proto- und frühdynastisches<br />
Inschriftentableau im Südwest-Sinai<br />
– Eine interaktive Sonderausstellung –<br />
(Siehe Beitrag im Heft <strong>Nr</strong>. 55)<br />
21. März – 01. Juli 2018<br />
Di – Fr: 13:00 Uhr – 17:00 Uhr<br />
Sa + So: 13:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />
„Der Weg zum ewigen Leben“<br />
Eine Ausstellung zum Jenseitsglauben<br />
der Alten Ägypter<br />
Die neue Sonderausstellung widmet sich dem<br />
Jenseitsglauben und den Bestattungssitten<br />
im Alten Ägypten und entstand in<br />
Zusammenarbeit mit Studierenden der<br />
Abteilung für Ägyptologie der Universität<br />
Bonn. Tod und Jenseits sind Themen, mit<br />
denen sich bereits die Alten Ägypter intensiv<br />
auseinandergesetzt haben. Die zahlreichen<br />
Grabbeigaben, die aufwändige Grabarchitektur<br />
und die vielfältige, sich über die Jahrhunderte<br />
immer weiter entwickelnde Jenseitsliteratur<br />
bis hin zum Totenbuch unterstreichen die<br />
Wichtigkeit dieser Themen. Die Studierenden<br />
der Arbeitsgemeinschaft beschäftigten sich<br />
daher im Laufe des vergangenen Semesters<br />
unter anderem mit Themen wie Grabbeigaben,<br />
Mumifizierung, Jenseitsliteratur,<br />
Glaubensvorstellungen und Grabarchitektur.<br />
Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden nun in<br />
den Vitrinen im Mittelgang des Museums<br />
präsentiert.<br />
Ausstellungseröffnung:<br />
Mittwoch, 21. März 2018 um 18:30 Uhr<br />
Vorträge<br />
18. April 2018 – 18:30 Uhr<br />
Die Bonner Forschungskampagne auf<br />
der Qubbet el-Hawa im Dezember 2017<br />
Prof. Dr. Ludwig D. Morenz et al.<br />
16. Mai 2018 – 18:30 Uhr<br />
Writing Truth in the Mansion of<br />
Gold: an enigmatic ‚new‘ nomarchal<br />
text from Hatnub quarry P<br />
Dr. Roland Enmarch<br />
20. Juni 2018 – 18:30 Uhr<br />
4. Hans-Bonnet-Gedenkvortrag:<br />
Reading the Unwritten: how<br />
ancient Egyptian texts invite<br />
inferences beyond what is written<br />
Prof. Dr. Mark Collier<br />
Dauerausstellung<br />
Drei Wege nach Ägypten<br />
Die Dauerausstellung ist in drei Bereiche<br />
gegliedert, die drei Wege beschreiben, das<br />
Alte Ägypten zu erkunden: Reichtum und<br />
Vielfalt der pharaonischen Kultur werden in<br />
Vitrinen zu den Themen Keramik, Werkzeuge,<br />
Leben und Luxus, Schrift, Pharao, Götter,<br />
Mythen und Tod sowie Kunst gezeigt, die<br />
gemeinsam ein Kulturhistorisches Panorama<br />
des Alten Ägypten entwerfen. In der<br />
Studiensammlung werden Amulette, Gefäße,<br />
Uschebtis und zahlreiche weitere Objekte<br />
nach Material, Form und Funktion geordnet<br />
präsentiert. Dadurch lassen sich Formen und<br />
Gattungen unterschiedlicher Herkunft aus<br />
verschiedenen Epochen vergleichen. In der<br />
Studiensammlung befinden sich auch die<br />
Grabausstattungsobjekte aus den Bonner<br />
Ausgrabungen auf der Qubbet el-Hawa<br />
bei Assuan. Das Kabinett des Sammelns<br />
schließlich stellt einzelne Kollektionen und<br />
ihre Sammler vor. Sie stehen beispielhaft<br />
für die Auseinandersetzung mit und<br />
Aneignung der pharaonischen Kultur im<br />
Heute. In der Dauerausstellung finden sich<br />
zudem in der neuen „Forschungsvitrine“<br />
Informationen zu Objekten, die Gegenstand<br />
von Abschlussarbeiten, von Aufsatzund<br />
Buchprojekten oder von laufenden<br />
Forschungsarbeiten sind.<br />
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
45
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
HANNOVER<br />
Sonderausstellungen<br />
Noch bis zum 24. Juni 2018<br />
O Isis und Osiris - Ägyptens<br />
Mysterien und die Freimaurerei<br />
(Siehe Beitrag im Heft <strong>Nr</strong>. 55)<br />
Noch bis zum 19. August 2018<br />
Beziehungskiste. Über Kommunikation.<br />
Vorträge<br />
11. April 2018 – 18:30 Uhr<br />
Visionen vom Alten Ägypten im 19.<br />
Jahrhundert<br />
Bilder vom Leben zur<br />
Zeit der Pharaonen<br />
Dr. Ernst Czerny<br />
20. Juni 2018 – 18:30 Uhr<br />
Freimaurerei „original“ aus<br />
Ägypten: Ein Isis-Kult im Paris<br />
des frühen 19. Jahrhunderts<br />
Prof. Dr. Darius A. Spieth<br />
Themenführungen<br />
Noch bis zum 24. Juni 2018<br />
jeden Freitag um 16:00 Uhr<br />
Führung durch ein Mitglied der<br />
hannoverschen Freimaurerlogen<br />
Noch bis zum 24. Juni 2018<br />
jeden Sonnabend um 15:00 Uhr<br />
(außer am 02. und 23. Juni 2018)<br />
ägyptologisch-freimaurerische<br />
Tandem-Führungen<br />
18. April 2018 – 17:30 Uhr<br />
23. Mai 2018 – 17:30 Uhr<br />
13. Juni 2018 – 17:30 Uhr<br />
Kuratoren-Tandemführung<br />
Dr. Siegfried Schildmacher (Freimaurer)<br />
und Dr. Christian E. Loeben (Ägyptologe)<br />
Im Dialog<br />
03. Mai 2018 – 18:00 Uhr–20:00 Uhr<br />
Von der Erfindung und dem<br />
Nutzen der Alphabetschrift – sind<br />
einzelne Buchstaben heutzutage<br />
eigentlich noch „in“?<br />
Erst neueste Forschung zeigte: Die<br />
Alphabetschrift ist ein Resultat von Multi-<br />
Kulti – 2000 v. Chr. auf dem Sinai! Mit<br />
Gefühle ausdrückenden Emojis, modernen<br />
Hieroglyphen, kehren wir heutzutage zur<br />
Bilderschrift zurück. Man darf sich also<br />
fragen: Sind Bilder nicht doch den Buchstaben<br />
überlegen? Es diskutieren: der Ägyptologe<br />
und Autor des Buches „Ägypten und die<br />
Geburt der Alphabetschrift“ Prof. Dr. Ludwig<br />
D. Morenz (Universität Bonn), der Grafik-<br />
Designer und Schrifttypen-Fan Sebastian<br />
Moock (IQ Studio Hannover) und Dr.<br />
Christian E. Loeben.<br />
Eintritt: 5,00 €, erm. 4,00 €<br />
(ohne Anmeldung)<br />
24. Mai 2018 – 18:00 Uhr–20:00 Uhr<br />
Variationen von<br />
Zauberflöteninszenierungen<br />
– ein Blick in die Zukunft<br />
Der erst 17-jährige Ruben Michael ist sicher<br />
der jüngste Opernregisseur Deutschlands.<br />
Seine erste Zauberflöteninszenierung hat er mit<br />
15 Jahren in Playmobil realisiert. Seine Ideen<br />
zukünftiger Inszenierungen diskutiert er mit<br />
dem Musikjournalisten Dr. Stefan Mauß und<br />
dem Ägyptologen Dr. Christian E. Loeben.<br />
Zauberflöten-Musik „live“ bietet der Pianist<br />
Daniel Rudolph.<br />
Eintritt: 5,00 €, erm. 4,00 €<br />
(ohne Anmeldung)<br />
Konzert<br />
17. Juni 2018 – 19:30 Uhr–20:25 Uhr<br />
Der Liederabend — Treue<br />
Gesang: Jean-Christophe Fillol<br />
Flügel: Daniel Rudolph<br />
Karten an der Abendkasse im Museum ab<br />
18:15 Uhr (nur Barzahlung möglich)<br />
Eintritt: 20,00 €, erm. 15,00 €<br />
46
Literatur-Führung<br />
22. April 2018 – 15:00 Uhr–16:30 Uhr<br />
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!<br />
Der Großteil der Werte der Freimaurer<br />
entstammt dem Zeitalter der Aufklärung – so<br />
auch die fünf Grundpfeiler der Freimaurerei:<br />
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz<br />
und Humanität. Viele berühmte Schriftsteller<br />
aus der Zeit des 18. bis in die Mitte des letzten<br />
Jahrhunderts waren selbst Freimaurer, ihre<br />
Werke hatten diese Tugenden zum Inhalt. In<br />
welchen literarischen Zeugnissen können wir<br />
ihrem ethischen Selbstverständnis begegnen<br />
und welche Botschaft vermitteln sie uns heute?<br />
Eintritt: 5,00 €, erm. 4,00 €<br />
(ohne Anmeldung)<br />
Marie Dettmer<br />
Sonstige Veranstaltungen<br />
24. Juni 2018 – 18:00 Uhr<br />
Große Finissage-Soirée der Ausstellung<br />
„O Isis und Osiris – Ägyptens<br />
Mysterien und die Freimaurerei“<br />
Ein literarisch-musikalischer Vortrag mit<br />
Buch-Vorstellung:<br />
„Zauberflöte - die unbekannte Bekannte.<br />
Freimaurerische Symbole, Strukturen und<br />
Musik in Mozarts letzter Oper“<br />
mit viel Mozart-Musik „live“<br />
Prof. Ekhart Wycik<br />
Logenhaus, Lemförder Str. 7, 30169 Hannover<br />
14. Juni 2018 – 19.30 Uhr<br />
Kestner im „Außendienst“:<br />
Freimaurerei in Hannover heute<br />
Dass die heutige Freimaurerei überhaupt<br />
nichts mehr mit einer „Mysterienreligion“ zu<br />
tun hat, sondern – ganz im Gegenteil – sich<br />
den Idealen der Aufklärung verpflichtend den<br />
Zielen Toleranz, Humanität, Brüderlichkeit<br />
und Wohltätigkeit verschreibt, wird bei<br />
einem Besuch des Logenhauses in Hannover<br />
erläutert werden. Dabei wird deutlich, dass<br />
die Freimaurerei über 270 Jahre lang einen<br />
lebendigen Beweis der zeitlosen Attraktivität<br />
des Gedankenguts der Freimaurer in Hannover<br />
darstellt.<br />
(ohne Anmeldung)<br />
Historischer Kochkurs<br />
Lehrküche der Ada- und-Theodor-Lessing-<br />
Volkshochschule, Burgstraße 14, Hannover<br />
11. Juni 2018 – 17:30 Uhr<br />
Pasteten und Ragouts selbst gekocht<br />
und genossen:<br />
Authentische Gerichte aus der Zeit der<br />
Freimaurereigründung vor 300 Jahren<br />
Bezeichnenderweise war es in einem<br />
Wirtshaus, dem Pub „Goose and Gridiron<br />
Ale-House“ neben der St. Paul’s Kathedrale in<br />
London, wo die moderne Freimaurerei am 24.<br />
Juni 1717 durch die Zusammenlegung von vier<br />
Logen zur ersten Großloge begründet wurde.<br />
Gemeinsam Essen und Trinken bestimmt<br />
seitdem nicht unwesentlich das Logenleben<br />
der Freimaurer in aller Welt. Machen Sie<br />
mit uns eine kulinarische Zeitreise in das 18.<br />
Jahrhundert, die Epoche der Aufklärung.<br />
Probieren Sie unter historisch korrekter<br />
Anleitung selbst doch einmal originale Rezepte<br />
aus dieser Zeit aus! Nach dem gemeinsamen<br />
Kochen muss dann natürlich auch gleich<br />
probiert werden, welche Köstlichkeiten den<br />
Bürgern denn damals so schmeckten …<br />
Dipl. Ing. Sven Kappel<br />
Kosten: 18,00 € p/P (inkl.<br />
Informationsmaterial und Rezepte; ohne<br />
Getränke, die individuell mitzubringen sind);<br />
bar und möglichst passend zu zahlen am<br />
Veranstaltungsabend (bei Rücktritt nach dem<br />
28. Mai 2018 oder Nicht-Erscheinen wird<br />
dieser Betrag in Rechnung gestellt!)<br />
Wichtig: Eigene Getränke (nach Wunsch) und<br />
eine Schürze bitte mitbringen<br />
Achtung: Teilnehmerbegrenzt!!! Verbindliche<br />
Anmeldung bis zum<br />
28. Mai 2018 (falls bestehend, unbedingt<br />
unter Nennung von Lebensmittelallergien und<br />
Nichtverträglichkeiten)<br />
Anmeldung und weitere Informationen:<br />
Besucherservice Museum August Kestner<br />
(Frau Petra Distler) museumspaedagogik.<br />
kestner@hannover-stadt.de<br />
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
47
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
HILDESHEIM<br />
Sonderausstellungen<br />
Noch bis zum 22. April 2018<br />
STÄDTE - BURGEN - PYRAMIDEN<br />
Kulturwelten im LEGO® Format<br />
Nehmen Sie Ihre ganze Familie mit auf eine<br />
Zeitreise der besonderen Art! Neun aufwändig<br />
und detailliert gestaltete Kulturwelten laden<br />
große und kleine Besucher zum Staunen und<br />
Entdecken ein. Auf rund 600 Quadratmetern<br />
heißt es dann: Aufgepasst und hingeschaut!<br />
Gebaut aus Tausenden von LEGO® Steinen,<br />
werden Hunderte kleine Geschichten erzählt.<br />
Noch bis zum 20. Mai 2018<br />
Werner Koch 100 + 1 = 80<br />
Retrospektive und dada ist dada ist dada<br />
30. Juni 2018 – 30. September 2018<br />
Ta-Cheru –<br />
Eine Reise ins Innere der Mumie<br />
Sonderausstellung zu modernen Methoden<br />
der Mumienforschung, die erstmals das<br />
Hologramm einer Mumie zeigt<br />
Themenführungen<br />
Noch bis zum 22. April 2018<br />
jeden Sonntag um 15:30 Uhr<br />
STÄDTE - BURGEN - PYRAMIDEN<br />
Jeden Sonntag um 14:00 Uhr<br />
Dauerausstellung „ÄGYPTEN“<br />
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich,<br />
wir weisen jedoch darauf hin, dass die<br />
Teilnehmerzahl bei großer Nachfrage ggf.<br />
begrenzt werden muss.<br />
Führungsgebühr:<br />
pro Person 2,00 € zzgl. Museumseintritt<br />
IPHOFEN<br />
Sonderausstellungen<br />
Noch bis zum 27. Mai 2018<br />
Highlights aus dem<br />
Schwarzenberg Archiv<br />
Sonderausstellung in Zusammenarbeit<br />
mit dem Staatsarchiv Nürnberg anlässlich<br />
der Rückkehr des Herrschaftsarchives<br />
Schwarzenberg<br />
Kabinettausstellung<br />
Noch bis zum 04. November 2018<br />
Frauen Alt Amerikas<br />
In Kult und Alltag<br />
Ergänzung zur Dauerausstellung<br />
„Reliefsammlung der großen Kulturepochen“<br />
Knauf-Museum Ausstellungsbau und evtl.<br />
Marktplatz Iphofen<br />
15. Juni 2018 – 04. November 2018<br />
Heinrich Schliemann<br />
Troja<br />
Große Sonderausstellung anlässlich 35 Jahre<br />
Knauf-Museum Iphofen<br />
In Zusammenarbeit mit den Staatlichen<br />
Museum Berlin – Museum für Vor- und<br />
Frühgeschichte<br />
Dauerausstellungen<br />
Die Reliefsammlung –<br />
Kultur lebendig erleben<br />
Weitere Infos unter: www.knauf-museum.de<br />
Jeden 1. Sonntag im Monat um 15:30 Uhr<br />
„Museum der Sinne“<br />
Aktiver Gang durch die Ausstellung für<br />
Menschen mit und ohne Behinderung!<br />
Führungsgebühr:<br />
pro Person 2,00 € zzgl. Museumseintritt<br />
48
LEIPZIG<br />
Sonderausstellungen<br />
Noch bis zum 27. Mai 2018<br />
In Stein gemeißelt – In Gips<br />
gegossen. Historische Gipsabgüsse<br />
des Altorientalischen Instituts<br />
der Universität Leipzig<br />
14. Juni bis 18. Oktober 2018<br />
Hohe Zeit – Gemäldeausstellung der<br />
Leipziger Künstlerin Britta Schulze<br />
Vorträge<br />
Campus Augustusplatz<br />
05. April 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
Das Gohlis von Amarna<br />
Kerstin Seidel M.A., Leipzig<br />
19. April 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 12<br />
Life and death on the Egyptian-<br />
Nubian frontier.<br />
Recent excavations at Hisn al-Bab, Aswan<br />
Dr. Pamela Rose, Wien<br />
26. April 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
Heliopolis und das Ende des<br />
Sonnentempels. Ägyptischdeutsche<br />
Ausgrabungen in<br />
Heliopolis im Frühjahr 2018.<br />
C. Breninek B.A. / K. Dietze M.A. / PD<br />
Dr. Dietrich Raue<br />
03. Mai 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
Prunk am Bau. Die Priester<br />
und ihre Tempel.<br />
Dr. Peter Dils, Leipzig<br />
17. Mai 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 16<br />
The Founding of New Hermopolis. A<br />
quest to retrieve the lost soul of Egypt.<br />
Dr. Mervat Abdel Nasser<br />
24. Mai 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 10<br />
Von roten, weisen und gelben<br />
Gewändern. Chemische Rezepturen<br />
in koptischen Texten.<br />
29. Siegfried-Morenz-<br />
Gedächtnisvorlesung<br />
Prof. Dr. Tonio Sebastian Richter, Berlin<br />
Nach dem Vortrag findet ein Empfang im<br />
Ägyptischen Museum statt<br />
07. Juni 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
Prestige-Ikonographie zwischen großen<br />
Königen während der 18. Dynastie?<br />
Dr. Andrea Sinclair, Leipzig<br />
05. Juli 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
Als die Steine sprechen lernten.<br />
Von Menschen und Materialien.<br />
PD Dr. Dietrich Raue, Leipzig<br />
11. Juli 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal 12<br />
Das Gold der Nubier. Goldgewinnung<br />
im antiken Sudan.<br />
Rosemarie Klemm M.A., München<br />
02. August 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
„Hergestellt aus kostbarem Gestein und<br />
geboren aus Kupfer“<br />
Prunkvolle Gottheiten.<br />
Jana Raffel M.A., Leipzig<br />
06. September 2018, 18:15 Uhr, Hörsaal 8<br />
„Thronende Herrscher –<br />
hockende Völker“<br />
Karl Heinrich von Stülpnagel, Leipzig<br />
Führungen<br />
08. April 2018, 11:00 Uhr<br />
Führung durch die Sonderausstellung<br />
„In Stein gemeißelt – In Gips gegossen“<br />
Melanie Mohr<br />
14. April 2018, 14:00 Uhr<br />
Führung durch die Dauerausstellung<br />
Kerstin Seidel M.A.<br />
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
49
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
LEIPZIG<br />
(Fortsetzung)<br />
29. April 2018, 11:00 Uhr<br />
Führung durch die Sonderausstellung<br />
„In Stein gemeißelt – In Gips gegossen“<br />
Tommaso Scarpelli<br />
29. April 2018, 14:00 Uhr<br />
Fest und Alltag im Alten Ägypten<br />
PD Dr. Dietrich Raue<br />
12. Mai 2018, 14:00 Uhr<br />
4000 Jahre später: Was bleibt<br />
von einer alten Kultur?<br />
PD Dr. Dietrich Raue<br />
19. Mai 2018, 14:00 Uhr<br />
Leben im Dies- und Jenseits<br />
im Alten Ägypten<br />
PD Dr. Dietrich Raue / Erik Reske M.A.<br />
19. Mai 2018, 15:30 Uhr<br />
Life and Death in Ancient Egypt.<br />
Prof. Dr. Hans-W. Fischer-Elfert<br />
20. Mai 2018, 11:00 Uhr<br />
Führung durch die Sonderausstellung<br />
„In Stein gemeißelt – In Gips gegossen“<br />
Sophia Ziannis<br />
20. Mai 2018, 14:00 Uhr<br />
Leben im Dies- und Jenseits<br />
im Alten Ägypten<br />
PD Dr. Dietrich Raue / Lara Galow B.A.<br />
27. Mai 2018, 14:00 Uhr<br />
Leih dir Geld auf Zinsen und<br />
feiere Deinen Geburtstag!<br />
Feste im Alten Ägypten.<br />
Dr. Franziska Naether<br />
09. Juni 2018, 14:00 Uhr<br />
Führung durch die Dauerausstellung<br />
Dr. Franziska Naether<br />
24. Juni 2018, 14:00 Uhr<br />
Zeitreise ins Alte Ägypten<br />
Führung speziell für Kinder von 7-13 Jahren.<br />
Lara Galow B.A.<br />
14. Juli 2018, 14:00 Uhr<br />
Best of the Rest – Objekte, die sonst<br />
nicht im Rampenlicht stehen<br />
Dr. Marc Brose<br />
29. Juli 2018, 14:00 Uhr<br />
Fashion im Land am Nil – Ägyptische<br />
Mode vor 4000 Jahren<br />
Dr. Franziska Naether<br />
11. August 2018, 14:00 Uhr<br />
Führung durch die Dauerausstellung<br />
PD Dr. Dietrich Raue<br />
26. August 2018, 14:00 Uhr<br />
Meine Glieder bestehen ewig.<br />
nicht geeignet für Kinder unter 14 Jahren<br />
Kerstin Seidel M.A.<br />
08. September 2018, 14:00 Uhr<br />
Nichts, außer Topfscherben & Mörteltöpfen.<br />
Ausgrabungsalltag vor 100 Jahren<br />
Anna Grünberg B.A.<br />
23. September 2018, 14:00 Uhr<br />
Führung durch die Dauerausstellung<br />
Erik Reske M.A.<br />
Sonstige Veranstaltungen<br />
Goethestr. 2<br />
05. Mai 2018, ab 18:00 Uhr<br />
Museumsnacht Halle + Leipzig<br />
Thema: Kult<br />
22. Juni 2018<br />
Lange Nacht der Wissenschaften<br />
Thema: Digital total? – Die Universität<br />
Leipzig und die Vorbereitung auf die<br />
digitale Arbeitswelt von morgen<br />
50
WIEN<br />
Sonderausstellungen<br />
Kunsthistorisches Museum Wien<br />
08. Mai 2018 – 16. September 2018<br />
„Der vergessene Papyrus“<br />
Thematisiert wird in dieser kleinen<br />
Sonderausstellung der Fund eines Papyrus<br />
im Kellerdepot der Ägyptisch-Orientalischen<br />
Sammlung<br />
(Siehe Beitrag „Der Ibis und sein Papyrus“<br />
im Heft <strong>Nr</strong>. 52)<br />
Noch bis zum 08. April 2018<br />
Fokus Denkmal: Das Haus der Medusa<br />
Römische Wandmalerei aus Enns<br />
Eine Ausstellung in Kooperation mit dem<br />
Bundesdenkmalamt<br />
Stiegenaufgang – 1. Stock<br />
Noch bis zum 02. September 2018<br />
Stairway to Klimt<br />
Mit Klimt auf Augenhöhe<br />
Gemäldegalerie – 1. Stock<br />
Noch bis zum 08. Juli 2018<br />
The Shape of Time<br />
Bassano Saal – 2. Stock<br />
Noch bis zum 31. Dezember 2018<br />
The Last Day<br />
Fotoausstellung von Helmut Wimmer<br />
Kunstkammer Wien<br />
Hochparterre – Raum XXXIV<br />
Münzkabinett<br />
2. Stock, Raum III<br />
Noch bis zum 28. April 2019<br />
Zuhanden Ihrer Majestät<br />
Medaillen Maria Theresias<br />
Theseustempel<br />
Noch bis zum 07. Oktober 2018<br />
Felix Gonzalez-Torres<br />
Kuratorenführungen<br />
09. Mai 2018 – 16:00 Uhr<br />
23. Mai 2018 – 16:00 Uhr<br />
12. September 2018 – 16:00 Uhr<br />
„Der vergessene Papyrus“<br />
Dr. Regina Hölzl und<br />
Mag. Michael Neumann<br />
Symposium<br />
KHM Vortragsraum<br />
13. Juni 2018 – 14:00 Uhr–18:00 Uhr<br />
„Der vergessene Papyrus“<br />
Keynote lecture: Prof. Dr. Robert Demarée<br />
(Universität Leiden) über den neu entdeckten<br />
Papyrus ÄS 10321<br />
Dr. Regina Hölzl und Mag. Michael Neumann<br />
(beide Wien) über den Fund und seine<br />
Provenienz<br />
Mag. Vanessa Novak (Restauratorin der ÄOS)<br />
über das Ausrollen und die Restaurierung des<br />
Papyrus<br />
Anmeldung zum Symposium erforderlich<br />
unter info.aeos@khm.at<br />
V E R A N S T A L T U N G E N<br />
Noch bis zum 30. Juni 2018<br />
Flandern zu Gast - Madonna mit Kind<br />
Dieric Bouts (um 1415–1475), Nachfolge<br />
aus dem M – Museum Leuven,<br />
Inv.-<strong>Nr</strong>. S/47/B<br />
51
BEKRIEGT.<br />
BESETZT.<br />
BEREICHERT.<br />
ÄGYPTEN ZWISCHEN SPÄTZEIT<br />
UND SPÄTANTIKE<br />
08.09. -<br />
10.12.2017<br />
ÄGYPTISCHES MUSEUM<br />
Goethestraße 2 · 04109 Leipzig<br />
ÖFFNUNGSZEITEN<br />
Di - Fr: 13 - 17 Uhr · Sa/So: 10 - 17 Uhr<br />
www.aegyptisches-museum.uni-leipzig.de
Bekriegt. Besetzt. Bereichert.<br />
Ägypten zwischen Spätzeit und Spätantike<br />
Im September 2017 kamen die Demotisten<br />
nach Leipzig – die Erforscher der demotischen<br />
Sprache und Schrift – laut spitzzüngigen<br />
Journalisten (Bild) auch die „schlechteste<br />
Schrift der Welt“. Es stimmt, die Entzifferung<br />
des Demotischen ist nicht nur Freud’, sondern<br />
auch ein hartes Brot: man hat es nicht<br />
immer mit Schönschrift, sondern manchmal<br />
mit einer „Sauklaue“ zu tun. Dieser Arbeitsschritt<br />
ist oft Teamwork. Über Ländergrenzen<br />
hinweg tüfteln Novizen und erfahrene<br />
Wissenschaftler an den Übersetzungen und<br />
Caroline Böhme / Franziska Naether<br />
Interpretationen der Papyri, Inschriften und<br />
Graffiti. Aus Anlass der 13. Internationalen<br />
Konferenz für demotische Studien (ICDS)<br />
kuratierten Caroline Böhme von der Leipziger<br />
Sammlungsinitiative (LSI) und Franziska<br />
Naether vom Ägyptischen Museum Leipzig<br />
die Sonderausstellung „Bekriegt, Besetzt,<br />
Bereichert. Ägypten zwischen Spätzeit und<br />
Spätantike”. Die Schau thematisierte die<br />
Epochen der altägyptischen Geschichte, in<br />
denen Demotisch verwendet wurde, also<br />
vom 7. Jh. v. Chr. bis zum 5. Jh. n. Chr. Es<br />
Abb. 1: Blick in die Sonderausstellung im Vestibül des Ägyptischen Museums<br />
Foto: M. Wenzel<br />
53
ist die Zeit der Fremdherrscher in Ägypten,<br />
die Zeit der Perser, der griechisch-stämmigen<br />
Ptolemäer und der Römer. Sie alle führten<br />
Krieg um Ägypten, besetzten das Land und<br />
bereicherten Ägypten bzw. bereicherten sich<br />
an ihm (Abb. 1).<br />
Aus diesem zeitlichen Rahmen wurden<br />
die Objekte für die Ausstellung ausgesucht.<br />
Es handelte sich um eine „Ausstellung in<br />
der Ausstellung“, bei der ein Großteil der<br />
Objekte in ihren angestammten Vitrinen<br />
blieb und durch ein spezielles Logo hervorgehoben<br />
wurde. Die Besucher konnten so<br />
in einem eigens konstruierten Rundgang<br />
durch die Dauerausstellung und mit Hilfe<br />
eines Begleitheftes Altbekanntes neu entdecken<br />
und teilweise Neues bestaunen. An der<br />
Vorbereitung und Realisierung waren neben<br />
erfahrenen Fachwissenschaftlern aus nah und<br />
fern vor allem Studierende der Ägyptologie<br />
und anderer Fachbereiche maßgeblich beteiligt.<br />
Sie lernten in einem Seminar Theorien<br />
und Praxis des Museumsmanagements und<br />
Kulturmarketing kennen und gestalteten<br />
das Ausstellungsprojekt von der Idee bis<br />
zur Vernissage mit. Exponatauswahl, Titel,<br />
Logo, Objekttexte im Begleitheft und Werbemittel<br />
wurden teilweise eigenständig oder<br />
in studentischer Gruppenarbeit bzw. mit<br />
den Dozierenden erarbeitet. Einige der Studierenden<br />
haben nach den Prüfungen selbst<br />
Museumsbesucher durch „Bekriegt. Besetzt.<br />
Bereichert.“ geführt oder mit unseren kleinen<br />
Gästen Terrakotten geformt und Papyri<br />
auf Demotisch beschriftet – in Schönschrift!<br />
Abb. 2: Bildnis Alexanders des Großen<br />
Foto: M. Wenzel<br />
54
Neben Objekten des Ägyptischen Museums<br />
wurden in der Ausstellung auch Leihgaben<br />
aus dem Antikenmuseum der Universität<br />
Leipzig und dessen Gipsabgusssammlung<br />
gezeigt. So konnten beispielsweise großformatige<br />
Gipsabgüsse antiker Herrscher- und<br />
Götterbildnisse präsentiert werden. Eine<br />
von diesen Persönlichkeiten war Alexander<br />
der Große (332-323 v. Chr. Herrscher über<br />
Ägypten) (Abb. 2). Ungewöhnlich viele seiner<br />
Bildnisse wurden in Ägypten gefunden.<br />
Eine dieser Darstellungen – als maßstabsgetreue<br />
Kopie in Gips (Original im British<br />
Museum London) zeigt den jugendlichen<br />
Herrscher bartlos mit wallender Löwenmähne<br />
und verwegener Anastole-Locke, den<br />
Kopf energisch nach links gewandt und die<br />
weit geöffneten Augen nach oben gerichtet.<br />
Viele Herrscher nach ihm orientierten sich<br />
in ihren offiziellen Bildnissen an diesen<br />
Darstellungskonventionen. Wir wissen, dass<br />
Alexander schon zu Lebzeiten durch seine<br />
Krönung als ägyptischer Pharao göttliche<br />
Ehren zuteil wurden. Kurz nach seinem Tod<br />
mit gerade einmal 32 Jahren fand er Eingang<br />
in Legenden und Erzählungen.<br />
Einen weiteren Publikumsmagnet der<br />
Ausstellung stellten sicherlich die ptolemäerbzw.<br />
römerzeitlichen Mumien und Mumienmasken<br />
aus dem Bestand des Ägyptischen<br />
Museum dar. Eine von ihnen zierte als<br />
Abb. 3: Stelenfragment<br />
Foto: M. Wenzel<br />
55
„Covergirl“ das Plakat der Ausstellung. Die<br />
kastenartige Maske einer jungen Frau veranschaulicht<br />
eindrucksvoll die Vermischung<br />
von Kunststilen und Darstellungskonventionen.<br />
Sie kombiniert hellenistisch-römische<br />
Motive (Ohrringe, Tunika) mit pharaonisch-ägyptischen<br />
Elementen (Korkenzieherlocken,<br />
Perlenkette). Mumienmasken wie<br />
diese, die für die Ewigkeit auf den Gesichtern<br />
der Mumien verbleiben sollten, dienten<br />
durch ihre magische Kraft dem Schutz der<br />
Verstorbenen.<br />
Neben diesen auffälligeren Exponaten<br />
wurden jedoch auch bewusst solche Artefakte<br />
thematisiert, die für den Besucher<br />
meist eher unscheinbar sind. So fanden<br />
z.B. römisch-kaiserzeitliche Münzen und<br />
griechisch-ptolemäische Gebrauchskeramik<br />
ihren Platz in der Sonderausstellung und<br />
konnten dem Besucher einen Eindruck von<br />
der Bandbreite der materiellen Kultur dieser<br />
Zeit vermitteln. Einige Objekte wurden im<br />
Rahmen der vorbereitenden studentischen<br />
Recherchen für das Ausstellungsbegleitheft<br />
Abb. 4: Kindgott mit Gans<br />
Foto: M. Wenzel<br />
<strong>56</strong>
zum ersten Mal intensiver wissenschaftlich<br />
untersucht, so z. B. das Fragment einer<br />
bemalten Stele (Abb. 3). Es zeigt einen Verstorbenen,<br />
der Opfergaben vor einem falkenköpfigen<br />
Gott (Harachte oder Sokar?) und<br />
der Göttin Isis mit ihren beeindruckenden<br />
Flügeln darbringt. Der mit dem Fragment<br />
betraute Student konnte durch den Vergleich<br />
des heutigen Erhaltungszustandes mit alten<br />
Inventareinträgen Vorschläge zur Ergänzung<br />
der Darstellung und des Textes auf der Stele<br />
machen.<br />
Ein deutlicher inhaltlicher Schwerpunkt<br />
lag auf den aus Ton gefertigten Öllämpchen<br />
und figürlichen Darstellungen der Kleinkunst,<br />
die für den thematisierten Zeitraum<br />
eine wichtige Objektgattung darstellen.<br />
Obwohl die Ägypter natürlich auch schon<br />
vorher ähnliche tönerne Objekte meist als<br />
Unikate per Hand herstellten, kam es erst in<br />
ptolemäischer Zeit mit dem zunehmenden<br />
Einsatz von Abdruckformen (Matrizen) bei<br />
der Terrakottenherstellung zu einem regelrechten<br />
‚Boom‘ dieser Gattung. Der Bestand<br />
Abb. 5: Blick in den Schriftenraum<br />
Foto: M. Wenzel<br />
57
der griechisch-römischen Terrakotten im<br />
Ägyptischen Museum Leipzig wird derzeit<br />
wissenschaftlich aufgearbeitet und für eine<br />
Publikation vorbereitet. Erste Ergebnisse<br />
dieser Arbeit konnten in die Ausstellung und<br />
das Begleitheft mit einbezogen werden.<br />
Das Leipziger Repertoire an figürlichen<br />
Terrakotten reicht von Götter- und Tierdarstellungen,<br />
Kult- und Festteilnehmern hin<br />
zu teilweise grotesken Darstellungen von<br />
Dienern, Schauspielern und Menschen mit<br />
körperlichen Missbildungen. Sie wurden<br />
mit ins Grab gegeben, aber auch in Tempeln<br />
den Göttern geweiht oder zu Hause in kleinen<br />
Altären aufgestellt, um die Liebsten vor<br />
Gefahren zu schützen. Weit verbreitet war<br />
der Typus der Kindgötter, deren Verehrung<br />
im griechisch-römischen Ägypten einen<br />
Höhepunkt fand. Sie galten als Heilsbringer,<br />
die Nahrung, Fruchtbarkeit und Schutz<br />
für Familie und Land sichern sollten. Diese<br />
Funktion wird bei der hier gezeigten Terrakotte<br />
(Abb. 4) durch den ägyptischen Speisetopf<br />
und das überlange Glied des Kindgottes<br />
symbolisiert. Auch das eher aus hellenistischen<br />
Kinderdarstellungen bekannte Motiv<br />
der Gans kann in diesem Zusammenhang<br />
gedeutet werden.<br />
Natürlich wurden auch Textträger mit<br />
demotischer Schrift in der Ausstellung<br />
thematisiert. Das Ägyptischen Museum<br />
der Universität Leipzig besitzt davon nicht<br />
allzu viele (im Gegensatz zur Universitätsbibliothek<br />
Leipzig), da einiges im Zweiten<br />
Weltkrieg verloren ging. Von manchen der<br />
insgesamt 20 Objekte existieren zum Teil<br />
nur noch Inventareinträge, die belegen,<br />
dass es sie einmal gegeben hat. So beschränken<br />
sich die Studien auf das, was physisch<br />
noch vorhanden ist. (Abb. 5) Die Mehrzahl<br />
dieser Artefakte sind Ostraka, beschriftete<br />
Scherben aus Ton und Kalkstein. Darunter<br />
befinden sich Quittungen, eine Personenliste<br />
mit griechischen Namen in ägyptischer<br />
Schreibung, eine Liste von Schuldnern, aber<br />
auch religiöse Texte wie ein Fluch auf einer<br />
Holztafel und ein Tempeleid. Diese Textsorte<br />
ist gut bekannt, da davon mittlerweile<br />
über 800 Belege existieren: dabei schworen<br />
Personen im Tempel vor den Göttern,<br />
bestimmte Taten nicht begangen oder sich<br />
an bestimmte Richtlinien gehalten zu haben.<br />
In unserem Fall handelt es sich dabei um<br />
eine Frau namens Apollonia. Was ihr genau<br />
vor Gericht zur Last gelegt worden ist, wissen<br />
wir leider nicht, denn – wie immer im<br />
spannendsten Moment – ist die Scherbe an<br />
dieser Stelle abgebrochen.<br />
Sie möchten gerne mehr über die Objekte,<br />
die historischen Hintergründe und das<br />
Zustandekommen von „Bekriegt. Besetzt.<br />
Bereichert.“ erfahren? Nichts leichter als<br />
das! Zum Vertiefen der Ausstellung und<br />
für alle, die es nicht bis Mitte Dezember<br />
nach Leipzig geschafft haben, gibt es das<br />
Begleitheft hier kostenlos zum Download:<br />
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:15-qucosa2-161898.<br />
Dort sind alle<br />
Objekte kurz erklärt und abgebildet und<br />
zu einigen ausgewählten Exponaten finden<br />
Sie Links zu einfachen 3D-Modellen und<br />
Audioguides zum Nachlesen, Nachhören<br />
und Ausprobieren.<br />
58
Hohe Zeit<br />
Ausstellung<br />
Malerei<br />
von<br />
Britta Schulze<br />
vom 13. 06. - 18. 10. 18<br />
Vernissage 13. 06.,<br />
18 Uhr<br />
Ägyptisches Museum "Georg Steindorff"<br />
der Universität Leipzig<br />
Goethestraße 2, 04109 Leipzig<br />
+49(0)341-9737008<br />
www.aegyptisches-museum.uni-leipzig.de<br />
KUNST<br />
KONZIL
verlängert bis 24. Juni 2018<br />
Di, Do bis So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr<br />
geschlossen: montags sowie 30. März; 01. und 10. Mai 2018<br />
www.freimaurerei-und-aegypten.de<br />
Museum August Kestner<br />
Trammplatz 3, 30159 Hannover<br />
Telefon 0511 – 168 42730<br />
museum-august-kestner.de<br />
getragen von:<br />
Kunst- und Kulturstiftung Hannover<br />
In Kooperation mit den<br />
12 hannoverschen<br />
Freimaurerlogen
O Isis und Osiris<br />
die Mysterien in Hannover<br />
gehen in die nächste Runde … und „online“<br />
Mit diesem Erfolg hatte niemand gerechnet:<br />
Die aktuelle Ägypten-Ausstellung<br />
in Hannover ist ein solcher Besuchermagnet,<br />
dass man sich zu einer langen Verlängerung<br />
und damit zu einem weiteren attraktiven<br />
Begleitprogramm entschlossen hat. Verlängert<br />
wird jetzt bis zum Johannistag, also dem<br />
24. Juni 2018, an dem die institutionalisierte<br />
Freimaurerei ihren 301. Geburtstag feiern<br />
wird! Obwohl mit zweimal in der Woche<br />
ungewöhnlich viele öffentliche Führungen<br />
Christian E. Loeben<br />
angeboten werden – freitags durch Mitglieder<br />
der hannoverschen Freimaurerlogen<br />
und samstags als „Tandem“ zusammen mit<br />
Ägyptologie-Studierenden – sind diese stets<br />
sehr gut besucht. Mit diesen sowie aus allen<br />
Teilen Deutschlands und sogar aus dem<br />
europäischen Ausland gebuchten individuellen<br />
Führungen bekommt diese Sonderausstellung<br />
überregionale Beachtung, wie sie das<br />
Museum August Kestner bisher selten erleben<br />
konnte. An diesem Erfolg haben ganz<br />
Abb. 1: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
61
Abb. 2: Thronende Isis, Bronze, frühe Spätzeit, um 600<br />
v. Chr., Museum August Kestner, Inv.-<strong>Nr</strong>. 1935.200.724<br />
Foto: Christian Tepper (MusAK)<br />
besonders die hannoverschen Freimaurer<br />
Anteil, denn durch Artikel in bundesweiten<br />
und internationalen Freimaurerzeitschriften<br />
wurde in außergewöhnlicher Form und Verbreitung<br />
auf die Ausstellung in Hannover<br />
aufmerksam gemacht.<br />
Mit der Verlängerung ist das erste Mal<br />
auch eine Ausstellung im Museum August<br />
Kestner mit einem attraktiven Internet-Auftritt<br />
„online“ gegangen. Unter www.freimaurerei-und-aegypten.de<br />
bietet er das aktuelle<br />
Begleitprogramm und Impressionen aus der<br />
Ausstellung in Bild, Film sowie Wort und<br />
Ton, letzteres durch Beiträge des beliebten<br />
Abb. 3: Osiris, Bronze, Spätzeit, um 500 v. Chr.,<br />
Museum August Kestner, Inv.-<strong>Nr</strong>. 2493<br />
Foto: Christian Tepper (MusAK)<br />
Regionalsenders „radio leinehertz 106.5“.<br />
Viele Informationen, so auch der aktuelle<br />
Ausstellungsflyer und das Plakat zur Verlängerung<br />
sowie ein Presse-Kit sind direkt<br />
herunterladbar. In diversen Organen erschienene<br />
Rezensionen der Ausstellung und des<br />
Begleitbandes sind ebenso nachlesbar wie die<br />
in der Ausstellung zu findenden Texte. Mit<br />
diesem Service soll der Besucher die Möglichkeit<br />
bekommen, bequem und in Ruhe<br />
nochmals zuhause nachlesen zu können. Aus<br />
diesem Grund findet sich auch der Film über<br />
die hannoverschen Freimaurer auf der neuen<br />
Webseite, der in der Ausstellung zu sehen ist.<br />
62
Abb. 4: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
Abb. 5: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
63
Abb. 6: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
Abb. 7: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
64
Abb. 8: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
Aus dem neuen Begleitprogramm sind<br />
besonders die „Im Dialog“-Veranstaltung am<br />
24. Mai und der historische Kochkurs am<br />
11. Juni hervorzuheben. Am erstgenannten<br />
Abend stellen wir den wohl jüngsten Opernregisseur,<br />
den erst 17jährigen Ruben Michael<br />
vor, der seine erste „Zauberflöten“-Inszenierung<br />
in Playmobil dargeboten, inzwischen<br />
aber auch „richtige“ Inszenierungen realisiert<br />
hat. Was mögen die Freimaurer als sie sich<br />
am 24. Juni 1717 im Londoner Pub „Goose<br />
and Gridiron Ale-House“ zur ersten Großloge<br />
zusammengeschlossen haben wohl dabei<br />
gegessen haben? Dieser Frage wird Sven<br />
Kappel in der Lehrküche der hannoverschen<br />
Volkshochschule mit seinem historischen<br />
Koch- und natürlich auch Genießer-Kurs<br />
nachgehen.<br />
Und zu guter Letzt: Trotz seines stolzen<br />
Preises von € 34,80 ist der 517-seitige<br />
Begleitband sowohl im Museum als auch<br />
beim Verlag Marie Leidorf fast vergriffen. Bei<br />
Interesse nicht zu lange warten …<br />
65
Abb. 9: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
Abb. 10: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
Abb. 11: Blick in die Ausstellung<br />
Foto: Christian Rose (MusAK)<br />
66
Nachruf auf<br />
Prof. Dr. Nicole Riedl-Siedow<br />
* 11.03.1971 † 31.08.2017<br />
Die Mitglieder des Vereins Echnaton<br />
Museum Minia e. V. und die Kolleginnen<br />
und Kollegen des Roemer- und<br />
Pelizaeus-Museums Hildesheim (RPM) sind<br />
über den viel zu frühen Tod von Prof. Dr.<br />
Nicole Riedl-Siedow mit nur 46 Jahren tieftraurig.<br />
Nicole Riedl war nicht nur Vorsitzende<br />
des Hildesheimer Echnaton Vereins, sondern<br />
eine immer verlässliche, innovative Partnerin<br />
bei vielen gemeinsamen Projekten, wie<br />
z. B. der Ausbildung von ägyptischen und<br />
deutschen Restauratoren der Universität<br />
Regine Schulz<br />
Minia (Ägypten) und der Hochschule für<br />
angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen<br />
(HAWK) in<br />
Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum<br />
Hannover und dem RPM. Dazu gehörten<br />
z. B. die Field School in der Petosiris-<br />
Nekropole von Tuna el-Gebel sowie die Summer<br />
Schools in Hildesheim und Hannover.<br />
Nicole Riedl studierte an der Fachhochschule<br />
Köln, wo sie 1998 ihr Diplom in der<br />
Studienrichtung Restaurierung und Konservierung<br />
von Wandmalerei und Objekten<br />
aus Stein erhielt. Ein Aufbaustudium für<br />
67
Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität<br />
Bamberg schloss sie 2001 ab und<br />
erstellte dann noch eine Dissertation, für die<br />
sie die Bestnote summa cum laude erhielt.<br />
Seit 2009 war sie Professorin für Konservierung<br />
und Restaurierung von Wandmalerei<br />
und Architekturoberfläche an der Fakultät<br />
Erhaltung von Kulturgut der HAWK in<br />
Hildesheim. Nicole Riedl war außerdem in<br />
zahlreiche nationale sowie internationale<br />
Forschungs- und Konservierungs-/Restaurierungsprojekte<br />
eingebunden, z. B. in Mexiko-City,<br />
Pompeij und Rom. Darüber hinaus<br />
engagierte sie sich in zahlreichen Gremien<br />
vom International Council on Monuments<br />
and Sites (ICOMOS) und im Internationalen<br />
Museumsrat (ICOM).<br />
Für das Roemer- und Pelizaeus-Museum<br />
in Hildesheim, war sie stets eine kompetente<br />
Partnerin, die eng mit uns zusammengearbeitet<br />
hat. Als Vorsitzende des Vereins Echnaton<br />
Museum Minia e.V. sowie Vorstandsmitglied<br />
im Kuratorium der Schafhausen Stiftung<br />
Hildesheim ging es ihr stets um die Unterstützung<br />
der kulturellen Zusammenarbeit<br />
zwischen Deutschland und Ägypten.<br />
Wir werden sie sehr vermissen.<br />
Im Namen des Vereins Echnaton Museum<br />
Minia e. V. und des Roemer- und Pelizaeus-<br />
Museums Hildesheim<br />
Prof. Dr. Regine Schulz<br />
(Direktorin des RPM)<br />
Foto: Heike Pfund<br />
68
Ist Gustav Seyffarth wirklich<br />
gescheitert?<br />
Auf einer Italienreise gelang es dem Ägyptologen<br />
Gustav Seyffarth, den Königspapyrus<br />
Turin zu rekonstruieren. Ist aber<br />
sein Versuch, in Leipzig die Ergebnisse seiner<br />
Studienreise zu veröffentlichen, wirklich<br />
gescheitert? Als Versuch einer eigenständigen<br />
Veröffentlichung vielleicht – aber keinesfalls<br />
im populärwissenschaftlichen Sinne!<br />
Dazu drei Literaturstellen. Die erste<br />
berichtet davon, wie Seyffarth das von<br />
Friedrich August Wilhelm Spohn zuerst<br />
aufgefundene und von ihm selbst weiter ausgeführte<br />
System der Hieroglyphik gegen die<br />
Einwürfe, welche von einem anderen seines<br />
Faches, Jean-François Champollion kamen,<br />
verteidigen musste. Darüber wird berichtet<br />
in einer Besprechung der Schrift: Brevis<br />
defensio Hieroglyphices inventae a Fr. Aug.<br />
Abb. 1: Bildnis Gustav Seyffarths, 1837<br />
© Gustav Adolph Hennig - Renate Krauspe (Ed.)<br />
Ägyptische Museum der Universität Leipzig.<br />
Peter Uhrbach<br />
Guil. Spohn et G. Seyffarth. Scripsit G. Seyffarth.<br />
Leipzig, bey Barth. 1827. 21 S. Quart,<br />
die am 04.09.1827 in der „Leipziger Literaturzeitung“<br />
(<strong>Nr</strong>. 225, Spalten 1795–1798)<br />
erschienen ist.<br />
Das zweite Fundstück findet man im<br />
„Intelligenz-Blatt“ der „Leipziger Literaturzeitung“<br />
vom 05.01.1928 (<strong>Nr</strong>. 5, Spalten<br />
33–39) als „Correspondenz-Nachricht aus<br />
Turin“. Dort steht ein von Seyffarth sehr<br />
ausführlich geschriebener Bericht, dessen<br />
kürzere Fassung, hier als drittes Fundstück<br />
bezeichnet, für das allgemein interessierte<br />
Publikum im Leipziger Tageblatt vom<br />
05.02.1828 (<strong>Nr</strong>. 36, S. 185/186) veröffentlicht<br />
worden ist mit folgendem Wortlaut:<br />
„Egyptische Carikaturen. Unser Hr.<br />
Prof. Seyffarth aus Leipzig, Spohns<br />
vertrauter Schüler in der Hieroglyphenschrift,<br />
hat aus Turin einen weitläufigen<br />
Bericht in <strong>Nr</strong>. 5 der diesjähr. Leipz.<br />
Litzt. mitgetheilt, der seine neuen Entdeckungen<br />
in den Papyrusrollen enthält,<br />
welche im dortigen Museum von ihm<br />
untersucht worden sind. Unter andern<br />
macht er uns darin mit einer Menge<br />
Bilder bekannt, die sich durch Umrisse.<br />
Färbung, Bewegung der Figuren,<br />
Inschriften, und ächt komische Darstellung<br />
auszeichnen, und wahrscheinlich<br />
aus dem Zeitalter der Ptolomäer sind,<br />
69
(wo dies Volk nun freilich einen großen<br />
Theil seines ursprünglichen Charakters<br />
mag verloren gehabt haben.) Es finden<br />
sich diese Bilder auf einem Papyrus<br />
von 16–20 Fuß Länge, (warum er ihn<br />
nicht gemessen hat, finden wir nicht<br />
bemerkt) und einen Fuß Höhe (Ist hier<br />
kein Druckfehler: Höhe statt Breite,<br />
so muß man sich das Ganze wie eine<br />
in der Quere hinlaufende Tapete denken).<br />
Rechter Hand ist zunächst die<br />
Abbildung der Wirthschaft eines Affen.<br />
Der Hausherr trägt Wein und andere<br />
Gefäße in den Keller. Oben im Speicher<br />
lauern zwei Katzen den Mäusen<br />
auf, welche nach der Kornkammer mit<br />
possirlichen Sprüngen laufen. Vor der<br />
Thüre stehen vier reisende Musiker, von<br />
denen der Esel die Harfe, der Löwe die<br />
Lyra singend, spielen, während das Krokodill<br />
andächtig auf seinem Schwanze<br />
sitzend, mit der Janitscharenmusik,<br />
und die Meerkatze mit der Sackpfeife<br />
beschäftigt sind. Weiter links bringt<br />
jemand als Esel mit Rock und Schürze<br />
ein kleines Opfer dar, als: ein paar<br />
Schinkenbeine, eine gebratene Ente,<br />
einen Stierkopf, Brode, Zwiebeln u. d.<br />
m. Der gegenüberstehende Götze oder<br />
Priester, als Katze in heiliger Tracht,<br />
mit Rock und Schürze, läßt sich dies<br />
gefallen, und langt von der – Oblation<br />
mit Vergnügen zu. Man sieht, daß der<br />
Papyrus von einem egyptischen Atheisten<br />
herrührt. Dann wird die Weinbereitung<br />
dargestellt, wobei Gazellen,<br />
Katzen und ein Hase beschäftigt sind.<br />
Das folgende ist wahrscheinlich eine<br />
egyptische Apotheke, oder ein chemisches<br />
Laboratorium. Da wird im<br />
Mörser gestoßen, filtrirt, gekocht, wobei<br />
eine Menge Personen, welche Retorten,<br />
Filtrirsäcke, Tuten, Probirgläschen herbeitragen,<br />
beschäftigt sind, als Katzen,<br />
Schweine, der Adler, der geschwänzte<br />
Affe. In der unteren Abtheilung von<br />
diesem Papyrus rechts, ist vorzüglich<br />
komisch zu sehen, wie sich ein junges<br />
Nilpferd mit dickem Bauche auf einen<br />
Opferaltar geschlichen hat und daselbst<br />
die Feigen wegfrißt. Die diebische Elster,<br />
welche von der Gelegenheit profitiren<br />
will, aber nicht gut fliegen kann,<br />
holt sich eine Leiter, und steigt ebenfalls<br />
auf den Altar, welchen das gemästete<br />
Nilpferd jedoch mit grimmigem Blicke<br />
bewacht. Daneben ist der Krieg<br />
zwischen den Affen und Katzen. Die<br />
Affen liefern den Katzen eine Schlacht.<br />
Alle sind bewaffnet. Den linken Flügel<br />
bilden die Bogenschützen, den rechten<br />
das schwere Fußvolk mit Schilden und<br />
Lanzen.<br />
Hinten fährt der Feldherr der Affen<br />
auf einem Streitwagen, mit zwei<br />
keuchenden Hunden bespannt, auf<br />
das Schlachtfeld, welches natürlich die<br />
Katzen mit Hinterlassung vieler Todten<br />
und Verwundeten räumen müssen.<br />
Indessen retriren die Katzen in die Festung,<br />
auf deren Mauern sie sich tapfer<br />
mit den Krallen verteidigen, bis die<br />
Affen Leitern nehmen und Sturm laufen.<br />
Diese Kühnheit versetzt die Katzen<br />
in große Schrecken. – Viele von diesen<br />
Bildern hat Seyffarth nicht mittheilen<br />
oder nur kurz berühren können, weil<br />
sie gegen unsere Sitten zu sehr verstoßen.<br />
Auch schon aus dem Mitgetheilten<br />
aber geht hervor, daß wenigstens zu der<br />
Zeit, wo dieser Papyrus gemalt wurde,<br />
die Egypter zum Theil doch ein lustiges<br />
und witziges Völkchen waren.”<br />
70
Die Archivbestände des Berliner<br />
Ägyptischen Museums<br />
Christina Hanus / Anne Schorneck / Klaus Finneiser<br />
Das Ägyptische Museum und Papyrussammlung<br />
sammelt, bewahrt und<br />
betreut Kulturgut von unschätzbarem Wert.<br />
Neben den archäologischen Objekten und<br />
Schriftträgern gehört dazu auch eine große<br />
Anzahl z.T. bedeutender dokumentarischer<br />
und fotografischer Archivalien. Historisch<br />
bedingt erfuhren die Archivbestände während<br />
ihrer wechselvollen Geschichte wenig<br />
Aufmerksamkeit. Vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
wurde der größte Teil der Dokumente<br />
hauptsächlich als Verwaltungsdokumentation<br />
eingestuft. Lediglich die alten Grabungsunterlagen<br />
fanden für Forschungszwecke<br />
Beachtung. Das stetig erweiterte Fotoarchiv<br />
hingegen nutzte man u.a. für Lehrzwecke<br />
oder Publikationsvorhaben.<br />
Nach der Teilung Deutschlands – in diesem<br />
Zuge auch des Ägyptischen Museums<br />
– lag der Arbeitsschwerpunkt an den Standorten<br />
Museumsinsel und Charlottenburg<br />
zwangsläufig auf der Bergung, Neuordnung,<br />
Revision, Restaurierung (vornehmlich von<br />
Abb. 1: Originalzeichnung (um 1827) von Joseph Passalacqua: Funde aus dem Grab des Mentuhotep: Die drei<br />
Särge des Mentuhotep (Inv.<strong>Nr</strong>. 9,10, 11).<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv<br />
71
kriegsbeschädigten Objekten) sowie der<br />
öffentlichen Neupräsentation der archäologischen<br />
Objekte und Schriftzeugnisse<br />
Altägyptens.<br />
Trotz der administrativen Wiedervereinigung<br />
des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung<br />
1991 konnten die Depots,<br />
Restaurierungs- und Fotowerkstätten, Fachbibliotheken,<br />
Archive und Mitarbeiterbüros<br />
erst 17 Jahre später auf der Museumsinsel<br />
zusammengeführt werden. So war auch die<br />
Konzipierung eines separaten Dokumenten-<br />
und Fotoarchivs für das an beiden<br />
Standorten lagernde Archivmaterial erst mit<br />
Planungsbeginn für einen gemeinsamen Verwaltungsstandort<br />
möglich.<br />
Was bewahren die Archive?<br />
Die Archivalien zur Geschichte des Museums<br />
sind derzeit auf zwei Hauptstandorte verteilt.<br />
Etwa 50 laufende Meter Archivgut lagern im<br />
sammlungseigenen Dokumentenarchiv.<br />
Darunter finden sich Grabungstagebücher<br />
der Kampagnen der Berliner Königlichen<br />
Museen der Jahre 1898 bis 1914, historische<br />
Inventarverzeichnisse der Jahre 1828<br />
bis 1900 sowie Expeditionstagebücher der<br />
Preußischen Expedition (1842–1845) unter<br />
Carl Richard Lepsius (diese befinden sich als<br />
Dauerleihgabe und zur wissenschaftlichen<br />
Bearbeitung in der Berlin-Brandenburgischen<br />
Akademie der Wissenschaften). Zu<br />
dem Bestand gehören ferner Korrespondenzen,<br />
Pläne, Landkarten und Nachlässe<br />
Abb. 2: Grabungs-Tagebuch der D.O.G.-Kampagne in Tell el-Amarna 1913/14, S. 28: Grundriss und Erläuterung<br />
des Hauses P 47.<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv<br />
72
zw. Teilnachlässe ehemaliger Ägyptologen<br />
am Berliner Museum wie z. B. Heinrich<br />
Brugsch oder Rudolf Anthes. Einen weiteren<br />
wichtigen Bereich bilden die Inventarbücher<br />
aufgrund ihrer Bedeutung für die tägliche<br />
Museumsarbeit.<br />
Das Zentralarchiv als zweiter Hauptstandort<br />
bewahrt insgesamt 733 Akteneinheiten<br />
über das Ägyptische Museum und Papyrussammlung,<br />
verteilt auf den sogenannten<br />
„historischen Bestand, Altakten“ mit einer<br />
Laufzeit von 1826 bis 1945 und den Bestand<br />
„Verwaltungsarchiv“ mit einer Laufzeit ab<br />
1945.<br />
Die Archivalien beider Archivstandorte<br />
bilden ein einzigartiges Zeugnis zur<br />
Geschichte des Museums, seiner Sammlung<br />
sowie der deutschen Ägyptologie.<br />
In einem vollklimatisierten Fotoarchiv<br />
sind die Bildträger überwiegend adäquat<br />
untergebracht. In dem sogenannten Papierarchiv<br />
lagern Positive (Papierabzüge) bei 15<br />
bis 18° Celsius, während in der sogenannten<br />
Kühlzelle Negative, Farbfilmmaterial (Farbnegative<br />
und Ektachrome) sowie CT- und<br />
Röntgenaufnahmen bei 5 bis 8° Celsius im<br />
Hinblick auf fotochemische Aspekte (z. B.<br />
Schwarz-Weiß/Farbe) aufbewahrt werden.<br />
Insgesamt umfasst der Bestand circa 117 000<br />
Bildträger.<br />
Abb. 3: „Topfkatalog Krönig-Bothmer<br />
1932–34“ mit Zeichnung des Gefäßes ÄM<br />
17819 (im Zweiten Weltkrieg nach Schloss<br />
Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches<br />
Museum und Papyrussammlung,<br />
Dokumentenarchiv<br />
73
Die ersten großformatigen Fotografien<br />
wurden 1886 in Kairo erworben und als<br />
Anschauungsmaterial für Forschung und<br />
Lehre genutzt. Es handelt sich bei den<br />
zwischen 1852 und 1900 aufgenommenen<br />
künstlerischen Fotografien (sog. Reise- und<br />
Studiofotografie) überwiegend um Albuminpapiere,<br />
die meist auf Karton aufgezogen<br />
sind. Sie zeigen altägyptische Monumente,<br />
einige wenige islamische Bauwerke, Landschaftsansichten<br />
und arrangierte Alltagsszenen.<br />
Ein zweiter Bereich umfasst frühe<br />
wissenschaftliche Fotografien, die Grabungen<br />
und Expeditionen zwischen 1886 und<br />
1914 dokumentieren. Sie gelten heute historisch<br />
und künstlerisch als überaus wertvoll.<br />
Ein großer, für den Museumsalltag wichtiger<br />
Teil des Positivbestandes bildet die<br />
Objektfotografie, die Aufnahmen der Berliner<br />
Sammlung, des Vereins zur Förderung<br />
des Ägyptischen Museums Berlin e.V., aber<br />
auch von anderen Museen und Privatsammlungen<br />
beinhaltet. Letztere wurden für<br />
vergleichende Studien zusammengetragen.<br />
Fotografien zur Geschichte des Berliner<br />
Museums, die hauptsächlich Raumansichten<br />
früherer Ausstellungen zeigen, sind gleichermaßen<br />
vorhanden.<br />
Der Negativbestand umfasst ebenfalls<br />
Aufnahmen von Objekten des Museums,<br />
von Stücken, die durch den Förderverein<br />
Abb. 4: Auszug aus dem Inventarverzeichnis mit Objekten aus der Berliner Grabung in Theben/West von 1911<br />
(ÄM 20196 bis ÄM 20202).<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Dokumentenarchiv<br />
74
erworben wurden, CT- und Röntgenaufnahmen,<br />
einige wenige Dokumentarfilme, aber<br />
auch Aufnahmen von wissenschaftlichen<br />
Foto-Expeditionen, durchgeführt zwischen<br />
1900 und 1926.<br />
Bedeutend sind außerdem sechs Inventarbücher<br />
(1886‒1914), in denen die frühen<br />
künstlerischen und wissenschaftlichen Fotografien,<br />
aber auch Reprofotografien und die<br />
ersten Objektfotografien verzeichnet sind.<br />
Das Ägyptische Museum besitzt ferner<br />
eine Großbild- und Kleinbilddiathek, die<br />
für die Lehre sowie öffentliche Vorträge<br />
genutzt wurden. Die Großbilddiathek aus<br />
dem frühen 20. Jahrhundert umfasst schätzungsweise<br />
7 200 Glasplattendias und die<br />
moderne Kleinbilddiathek circa 10 000<br />
Diapositive.<br />
Wie ist der Erschließungsstand?<br />
Der Bestand des Dokumentenarchivs<br />
besitzt derzeit eine grobe Gliederung und<br />
ist nur oberflächlich erschlossen. Inhaltlich<br />
wurden bislang lediglich einzelne Bereiche<br />
des Archivs wissenschaftlich bearbeitet.<br />
Im Zuge vergangener Projekte konnten<br />
ausgewählte Konvolute der Archive gesichtet<br />
und aufgearbeitet werden. Hier zu nennen<br />
wären: die Gemeinschaftspublikation des<br />
Zentralarchivs, welche die Themenbereiche<br />
Objekt-Auslagerungen während des Zweiten<br />
Weltkrieges sowie das Ägyptische Museum<br />
Abb. 5: Mustertafel für Amulette, ÄM 20600; Holz, Blattgold, verschiedene Halbedelsteine (im Zweiten<br />
Weltkrieg nach Schloss Sophienhof ausgelagert, gilt als vermisst).<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv<br />
75
zur Zeit des Dritten Reiches berühren; die<br />
Kooperation mit dem Giza Archive Project<br />
in Boston/USA zur Erfassung aller Informationen<br />
über den Grabungsort Giza in<br />
Ägypten; das Projekt „Wissenschaftliche<br />
Aufarbeitung der Amarna-Grabungen Ludwig<br />
Borchardts (1911–1914)”, das Projekt<br />
„Otto Rubensohn in Ägypten. Vergessene<br />
Grabungen: Funde und Archivalien aus den<br />
Grabungen der Königlichen Museen zu Berlin<br />
(1901–1907/8)“, eine Publikation über<br />
den jüdischen Mäzen Rudolf Mosse sowie<br />
ein aktuelles Museumsprojekt, welches die<br />
wissenschaftliche Erschließung der Berliner<br />
Grabung auf der Westseite von Theben zum<br />
Inhalt hat.<br />
Hinsichtlich der strukturellen Erschließung<br />
wird der Bestand des Fotoarchivs<br />
fachgerecht nach Positiven und Negativen<br />
getrennt aufbewahrt. Während die<br />
Objektfotografie nutzungsgerecht nach<br />
Inventarnummern geordnet ist, folgt der<br />
historische Bestand bislang nur einer groben<br />
Systematisierung. Für die Großbilddiathek<br />
existiert ein „Dia-Positiv-Katalog“ genanntes<br />
Verzeichnis, das auf eine ursprüngliche<br />
Gliederung der Bestände der Vorkriegszeit<br />
schließen lässt. Bislang sind etwa ein Drittel<br />
der Fotografien in der museumseigenen<br />
Datenbank erfasst. Durch Ausstellungen,<br />
wissenschaftliche Publikationen, studentische<br />
Arbeiten konnten bisher Teilbereiche<br />
bearbeitet werden.<br />
Wie sieht die Zukunft der Archive aus?<br />
Nach der Zusammenführung und räumlichen<br />
Unterbringung eines Dokumentenund<br />
Fotoarchivs erfolgten bereits 2013<br />
erste Überlegungen und Vorarbeiten für ein<br />
künftiges Projektvorhaben, um diese außer-<br />
Abb. 6: Historische Fotografie von Pascal Sébah (um 1875): Portikus des Hathor-Tempels in Dendera. Albuminpapier,<br />
aufgezogen auf Karton (nicht abgebildet), Inv.-<strong>Nr</strong>. Ph.P.77.<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv<br />
76
gewöhnlich umfangreichen Wissens- und<br />
Bildressourcen durchgängig nach aktuellen<br />
Archivstandards fachgerecht zu archivieren,<br />
zu digitalisieren, wissenschaftlich zu bearbeiten,<br />
öffentlich zugänglich zu machen und<br />
verstärkt nach außen zu präsentieren.<br />
Da das Zentralarchiv der Staatlichen<br />
Museen zu Berlin nicht nur wertvolle Hinweise<br />
zur archivgerechten Lagerung sondern<br />
auch zur wissenschaftlichen Erschließung<br />
von Archivbeständen geben kann, soll das<br />
Projekt in Kooperation mit dem Zentralarchiv<br />
verwirklicht werden. In Ergänzung dazu<br />
ist für das Fotoarchiv, insbesondere für die<br />
Bestände der künstlerischen Fotografie des<br />
Abb. 7: Historische Fotografie von Edition Schroeder<br />
& Cie Zürich (um 1890): Esna, Säulensaal des<br />
Chnum-Tempels. Albuminpapier, aufgezogen auf<br />
Karton, Inv.-<strong>Nr</strong>. Ph.P.3167.<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum<br />
und Papyrussammlung, Fotoarchiv<br />
19. Jahrhunderts, eine fachliche Unterstützung<br />
seitens der Sammlung Fotografie<br />
der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen<br />
zu Berlin gewünscht.<br />
Im Zuge der Projektvorarbeiten gilt unser<br />
besonderer Dank den Kolleginnen Claudia<br />
Saczecki, Jana Helmbold-Doyé und<br />
Caris-Beatrice Arnst für ihre fachkundige<br />
und umfangreiche Unterstützung.<br />
Wie sollen die Ergebnisse veröffentlicht<br />
werden?<br />
Es ist geplant alle relevanten Daten in eine<br />
bereits vorliegende Datenbankstruktur –<br />
dem Museumsdokumentationssystem MuseumPlus<br />
– einzupflegen. Aus dieser können<br />
bei Bedarf die Daten in der Online-Datenbank<br />
der Staatlichen Museen zu Berlin<br />
SMB-digital freigeschaltet werden.<br />
Die umfangreiche Sammlungs- und Museumsgeschichte<br />
vom 17. bis ins späte 20.<br />
Jahrhundert soll in einer Publikationsreihe<br />
veröffentlicht werden. Vor dem Hintergrund<br />
der gesellschaftspolitischen Entwicklungen<br />
betrachtet, lassen sich zeitliche Zäsuren<br />
entlang dieser Entwicklungen setzen: Beginnend<br />
im 17. Jahrhundert (als die ersten<br />
Aegyptiaca nach Berlin gelangten), über das<br />
18. und 19. Jahrhundert, die Zeit des Kaiserreichs,<br />
die Weimarer Republik bis zum<br />
Nationalsozialismus sowie zu der Teilung des<br />
Museums in Berlin-Ost und Berlin-West.<br />
Das Ägyptische Museum versucht auf diese<br />
Weise sowohl den Anforderungen eines<br />
stetig wachsenden öffentlichen Interesses an<br />
den Dokumenten zur Sammlungsgeschichte<br />
und Provenienzforschung Rechnung zu<br />
tragen, als auch den Anschluss zu finden an<br />
die wissenschaftshistorische Auseinanderset-<br />
77
zung mit der eigenen Vergangenheit, wie sie<br />
von anderen wissenschaftlichen Institutionen<br />
im Bereich der Ägyptologie längst geleistet<br />
wurde.<br />
Im Hinblick auf die Vermittlungs- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit kann im Zuge des<br />
Projektes eine Sonderausstellung zur Sammlungs-<br />
und Museumsgeschichte im Neuen<br />
Museum konzipiert werden, die auch als<br />
Ergänzung zu der bisherigen Gestaltung in<br />
die Dauerausstellung integriert werden kann.<br />
Abschließend kann festgehalten werden,<br />
dass die Einmaligkeit der Bestände des<br />
Dokumenten- und Fotoarchivs das Projektvorhaben<br />
zwingend notwendig macht, um<br />
die Fülle der Archivalien als Zeitzeugnisse<br />
der Museums- und Sammlungsgeschichte<br />
einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu<br />
machen sowie weiterführende Forschungen<br />
anzustoßen und zu ermöglichen.<br />
Abb. 8: Historische Fotografie von C. u. G. Zangaki (um 1880): Die Pyramiden als Dreiergruppe von Süden.<br />
Albuminpapier, aufgezogen auf Karton (nicht abgebildet), Inv.-<strong>Nr</strong>. Ph.P.8002.<br />
© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Fotoarchiv<br />
78
Restaurierungstheorie und<br />
Restaurierungspraxis<br />
Thomas Staemmler<br />
„Ich habe das Gestern gesehen, ich<br />
kenne das Morgen.”<br />
Inschrift auf dem inneren Schrein des<br />
Tutanchamun<br />
Menschen stellen als Individuen oder<br />
als Gruppen die Frage nach einem<br />
Halt in Raum und Zeit. Sie suchen Antwort<br />
auf diese Frage in den Religionen,<br />
in den verschiedenen Ideologien oder in<br />
den Naturwissenschaften. Die Antworten<br />
sind unterschiedlich, die Frage stellt sich<br />
jedoch immer neu und muss immer wieder<br />
neu beantwortet werden. Individuum und<br />
Gesellschaft der Neuzeit haben die Antwort<br />
auf diese Frage in ihrer Geschichte gefunden<br />
und die Zeugnisse der Geschichte als<br />
identitätsstiftend erkannt. Darin liegt die<br />
Bedeutung des historischen Kunst- und<br />
Kulturgutes. Daher werden die Gegenstände,<br />
in denen Geschichte materialisiert<br />
ist, betrachtet, bewahrt und erforscht.<br />
Abb. 1: Scheintür des Senschemnofer II.;<br />
Bestand vor der Zerstörung infolge des<br />
2. Weltkrieges<br />
© Ägyptisches Museum Leipzig<br />
79
Archäologisches Kunst- und Kulturgut<br />
Das archäologische Kunst- und Kulturgut<br />
kann als Teilmenge des historischen Kunstund<br />
Kulturgutes verstanden werden. Es wird<br />
von der Wissenschaft der Archäologie als<br />
materieller Beleg für historische Ereignisse,<br />
Prozesse und Entwicklungen gesehen und<br />
evtl. auch als Bestätigung der schriftlichen<br />
Quellen betrachtet. Dazu wird es nach geistes-<br />
und naturwissenschaftlichen Methoden<br />
interpretiert. Die interessierenden Informationen<br />
werden aus der Gestalt und aus den<br />
Materialien des einzelnen Gegenstandes<br />
gewonnen. Die Gestalt ist hier gleichzusetzen<br />
mit Erscheinung und Ästhetik des Gegenstandes.<br />
Die Archäologie beschäftigt sich also<br />
mit allem, was am historischen Kunst- und<br />
Kulturgut kognitiv erkannt werden kann.<br />
Beim Bewahren und Erforschen des<br />
archäologischen Kunst- und Kulturgutes<br />
bedient sich die Archäologie der Restaurierung.<br />
Diese ist dafür zuständig, die materielle<br />
Substanz der historischen Gegenstände<br />
zu erhalten und evtl. die eine oder andere<br />
Erkenntnis zu werktechnischen Details zu<br />
liefern. Doch ist die Restaurierung heute<br />
mehr als eine Hilfsdisziplin der Archäologie.<br />
Sie ist inzwischen eine eigenständige Wissen-<br />
Abb. 2: Scheintür des Senschemnofer<br />
II.; Analyse des fragmentarischen<br />
Bestandes hinsichtlich des<br />
erhaltenen Volumens<br />
© FH Erfurt<br />
Foto: Pierre Zwetkow<br />
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schaft, die man als praktische Geisteswissenschaft<br />
bezeichnen kann, deren Aufgabe darin<br />
besteht, die identitätsstiftenden Bedeutungen<br />
der historischen Kunst- und Kulturgüter<br />
in die Zukunft zu überliefern.<br />
Authentizität<br />
Beide, Archäologie und Restaurierung<br />
fordern die Authentizität des historischen<br />
Kunst- und Kulturgutes. Dessen Authentizität<br />
ist allerdings eine zweifache, nämlich<br />
eine historische und eine ästhetische. In der<br />
Archäologie liegt der Schwerpunkt auf der<br />
historischen Authentizität: Das archäologische<br />
Kunst- und Kulturgut wird als Zeugnis<br />
der Vergangenheit betrachtet. Es bleibt damit<br />
Teil der Vergangenheit von der es Zeugnis<br />
ablegt. Es ist Gegenstand des Wissens um<br />
Geschichte im Allgemeinen und um Archäologie<br />
im Besonderen.<br />
Im Zusammenhang mit seiner identitätsstiftenden<br />
Bedeutung kommt beim historischen<br />
Kunst- und Kulturgut insgesamt<br />
noch ein weiterer Aspekt hinzu: Durch seine<br />
unmittelbare Gegenwart wird Geschichte<br />
über alles kognitive Erfassen hinaus sinnlich-sensuell<br />
erlebbar. Das historische Kunstund<br />
Kulturgut zeigt diesen Aspekt seiner<br />
Abb. 3: Scheintür des Senschemnofer<br />
II.; Analyse des fragmentarischen<br />
Bestandes hinsichtlich der erhaltenen<br />
steinmetztechnisch bearbeiteten<br />
Oberfläche<br />
© FH Erfurt<br />
Foto: Pierre Zwetkow<br />
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historischen Authentizität in einer Ästhetik<br />
des Vergehens und der Vergänglichkeit – in<br />
einer gewordenen Ästhetik. Der gewordenen<br />
Ästhetik steht die Ästhetik des ursprünglichen<br />
Gegenstandes gegenüber – die gewollte<br />
Ästhetik. Der historische Prozess, in dessen<br />
Ergebnis die gewordene Ästhetik entsteht,<br />
lässt diese regelmäßig in einen Widerspruch<br />
zur gewollten Ästhetik geraten. Die<br />
Bedeutungen des historischen Kunst- und<br />
Kulturgutes werden im Spannungsfeld<br />
von gewollter und gewordener Ästhetik<br />
sinnlich-sensuell wahrnehmbar und zwar<br />
unabhängig von den kognitiv zu erfassenden<br />
Aspekten.<br />
Das schon erwähnte sinnlich-sensuelle<br />
Erleben von Vergangenheit setzt allerdings<br />
voraus, dass der Betrachter den Gegenstand<br />
als einen historischen Gegenstand erkennt.<br />
Dies gelingt nur, wenn der historische<br />
Gegenstand im Spannungsfeld von gewollter<br />
und gewordener Ästhetik präsentiert wird.<br />
Die Präsentation des archäologischen Kunstund<br />
Kulturgutes findet üblicherweise im<br />
Museum statt. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:<br />
Der Gegenstand kann als Dokument<br />
präsentiert werden, das Geschichte belegt,<br />
womit der kognitive Aspekt hervorgehoben<br />
würde, oder der Gegenstand wird wegen der<br />
ihm eigenen Ästhetik präsentiert. Letzteres<br />
Abb. 4: Scheintür des Senschemnofer<br />
II.; Integration der<br />
Fehlstellen durch Einbindung<br />
der Fragmente in die der<br />
ursprünglichen Form der<br />
Werksteine angenäherten Kuben<br />
bei gleichzeitiger Reduktion<br />
der Binnenformen und vom<br />
erhaltenen Bestand unterscheidbarer<br />
Farbigkeit. Durch die<br />
Integration der Fehlstellen bleibt<br />
die Spannung zwischen gewollter<br />
und gewordener Ästhetik<br />
erhalten und der Betrachter kann<br />
die Scheintür als historischen<br />
Gegenstand wahrnehmen.<br />
© Ägyptisches Museum Leipzig<br />
Foto: Karl-Heinrich von<br />
Stülpnagel<br />
82
wird wohl am ehesten bei Kunstwerken<br />
erfolgen, darf jedoch auch dem einfachen<br />
handwerklichen Gebrauchsgegenstand<br />
zugestanden werden. Damit würde der sinnlich-sensuelle<br />
Aspekt betont. Man wird sich<br />
wohl über diese beiden Aspekte nicht immer<br />
Rechenschaft ablegen, doch sind sie im<br />
Zusammenhang mit der Präsentation durchaus<br />
von Bedeutung, nämlich wenn die Frage<br />
nach der Restaurierung des Gegenstandes<br />
gestellt wird.<br />
Restaurierungstheorie<br />
Nach Cesare Brandi stellt die Restaurierung<br />
„… den methodischen Moment des<br />
Erkennens eines Kunstwerkes […], in<br />
seiner materiellen Beschaffenheit und in<br />
seiner ästhetischen und historischen Bipolarität,<br />
in Hinsicht auf seine Vermittlung<br />
an die Zukunft dar”. Entscheidend ist hier<br />
zunächst die Vermittlung des historischen<br />
Kunstwerkes bzw. des einzelnen historischen<br />
Gegenstandes an die Zukunft: Die Restaurierungstheorie<br />
geht davon aus, dass das<br />
historische Kunst- und Kulturgut nicht nur<br />
einfach aufbewahrt wird, sondern quasi in<br />
die Zeit gestellt bleibt. Der Gegenstand ist<br />
damit nicht nur Dokument sondern Teil<br />
eines lebendigen kulturellen Erbes. Restaurierung<br />
befasst sich daher mit der dialektischen<br />
Aufhebung des Widerspruchs von gewollter<br />
und gewordener Ästhetik, um den Betrachter<br />
in genau dieses Spannungsfeld zu stellen.<br />
Abb. 5: Keramikschale, Scherben des fragmentarischen Bestandes<br />
© FH Erfurt<br />
Foto: Lisa Thomet<br />
83
Indem die sinnlich-sensuelle Wahrnehmung<br />
des Betrachters angesprochen wird, kann die<br />
gewünschte intellektuelle Neugierde für die<br />
historische Dimension des Gegenstandes<br />
geweckt werden.<br />
Restaurierung im engeren Sinne ist die<br />
dialektische Aufhebung der störenden<br />
Wirkungen der Schäden auf die Wahrnehmbarkeit<br />
der potentiellen Einheit des<br />
fragmentarischen Bestandes. Restaurierung<br />
ist daher eine Interpretation des historischen<br />
Gegenstandes durch Behandlung seiner<br />
gewordenen Ästhetik. Diese Behandlung<br />
erfolgt durch die Reinigung und durch die<br />
Integration von Fehlstellen. Insbesondere<br />
bei der Integration von Fehlstellen wird die<br />
Dialektik der Restaurierung deutlich: Die<br />
störenden Wirkungen der Fehlstellen auf<br />
die Wahrnehmbarkeit der potentiellen Einheit<br />
des fragmentarischen Bestandes wird<br />
aufgehoben, die Fehlstelle bleibt jedoch<br />
gleichzeitig, wenn auch sekundär erkennbar.<br />
Dies wird durch die gestalterische Verfremdung<br />
von Form, Oberfläche oder Farbigkeit<br />
der Ergänzung erreicht. Durch diese Art<br />
und Weise der dialektischen Aufhebung des<br />
Widerspruches von gewollter und gewordener<br />
Ästhetik kann der Betrachter den<br />
historischen Prozess in der verbliebenen<br />
ästhetischen Spannung zwischen integrierter<br />
Fehlstelle und fragmentarischem Bestand<br />
sinnlich-sensuell wahrnehmen und den historischen<br />
Gegenstand als solchen erleben.<br />
Abb. 6: Keramikschale, Bestand nach der Festigung und Klebung der Fragmente sowie Integration der Fehlstellen<br />
mit einem Ergänzungsmaterial, das sich vom Bestandsmaterial durch eine homogene Struktur unterscheidet, die<br />
allerdings die Rauigkeit der Oberfläche des Bestandsmaterials aufnimmt<br />
© FH Erfurt<br />
Foto: Lisa Thomet<br />
84
Darüber hinaus werden Oberfläche und<br />
Form der integrierten Fehlstelle zu einer Fläche,<br />
auf die der Betrachter das sich bei ihm<br />
unter seinen individuellen Voraussetzungen<br />
einstellende Bild der potentiellen Einheit<br />
und evtl. sogar der ursprünglichen Ganzheit<br />
des Kunstwerkes projizieren kann.<br />
Restaurierungspraxis<br />
Die Ausführungen zur Restaurierungstheorie<br />
sollen im Folgenden anhand zweier Beispiele<br />
konkretisiert werden:<br />
Scheintür aus der Mastaba des Senschemnofer<br />
II.<br />
Die hier behandelte Scheintür stammt aus<br />
der Mastaba des Senschemnofer II. auf dem<br />
Westfriedhof neben der Cheops-Pyramide in<br />
Giza. Sie wurde im Ergebnis der 1910 von<br />
Georg Steindorf durchgeführten Grabung<br />
nach Leipzig gebracht und wurde Bestandteil<br />
der Sammlung des Ägyptischen Museums<br />
(Abb. 1). Infolge der Zerstörung des<br />
Leipziger Museums im Zweiten Weltkrieg<br />
wurde auch die Scheintür stark beschädigt.<br />
Von den ursprünglich vier Werksteinen<br />
Abb. 7: Keramikschale, Bestand nach der Farbretusche der Ergänzungen. Durch die angewendete Punktretusche<br />
wird die Farbigkeit der Ergänzungen an die des Bestandsmaterials angenähert, die Ergänzungen bleiben für den<br />
Betrachter als Ergänzungen wahrnehmbar. Durch die Integration der Fehlstellen bleibt die Spannung zwischen<br />
gewollter und gewordener Ästhetik erhalten und der Betrachter kann die Schale als historischen Gegenstand<br />
wahrnehmen.<br />
© FH Erfurt<br />
Foto: Lisa Thomet<br />
85
lieben nur drei fragmentarisch erhalten.<br />
Nach einer Analyse des Schädigungsgrades<br />
(Abb. 2 und Abb. 3) wurden die erhaltenen<br />
Fragmente in einen gegenüber seiner<br />
ursprünglichen Form leicht reduzierten<br />
Kubus eingefügt, dessen Binnenformen<br />
lediglich angedeutet wurden (Abb. 4). Die<br />
Farbigkeit der ergänzten Flächen wurde<br />
gegenüber dem Bestandsmaterial etwas<br />
heller gewählt. Durch die Integration der<br />
Fehlstellen bleibt die Spannung zwischen<br />
gewollter und gewordener Ästhetik erhalten.<br />
Der Betrachter kann auf diese Weise die<br />
ursprüngliche Form der Scheintür wahrnehmen<br />
und gleichzeitig die Zerstörung sehen.<br />
Dies könnte ihn dazu veranlassen, sich nicht<br />
nur an der Ästhetik eines ägyptischen Architekturelements<br />
zu erfreuen, sondern auch<br />
die Frage nach dem Grund der Zerstörung<br />
zu stellen.<br />
Keramikschale aus dem Fundkomplex des<br />
Friedhof N von Aniba<br />
Die Keramikschale zeigt neben den Herstellungspuren<br />
auch Spuren, die sie als<br />
Gebrauchsgegenstand kennzeichnen. Insbesondere<br />
die Verschwärzungen auf der Innenwand<br />
und die Störungen an der Gefäßlippe<br />
legen diese Interpretation nahe. Die Schale<br />
wurde möglicherweise schon im Ergebnis<br />
des Gebrauchs beschädigt oder auch erst<br />
in Folge der Bodenlagerung zerstört. Von<br />
dem Gefäß sind vier größere und mehrere<br />
kleinere Fragmente erhalten (Abb. 5). Nach<br />
einer Festigung des Scherbens und der Klebung<br />
der Fragmente wurden die verbliebenden<br />
Fehlstellen in Form und Farbe in den<br />
erhaltenen Bestand integriert (Abb. 6 und<br />
7). Im Ergebnis der Restaurierung bleiben<br />
die Fehlstellen für den Betrachter erkennbar,<br />
wenn auch ihre störende Wirkung aufgehoben<br />
wurde. Im Moment der Betrachtung<br />
wird die Schale als historischer Gegenstand<br />
in seinem Widerspruch von gewollter und<br />
gewordener Ästhetik sinnlich-sensuell wahrnehmbar.<br />
Von dieser Wahrnehmung ausgehend<br />
kann sich auch die Frage nach den<br />
sachlichen Informationen einstellen.<br />
Die Restaurierung wird inzwischen auch von<br />
den anderen an der Bewahrung und Überlieferung<br />
des historischen Kunst- und Kulturgutes<br />
beteiligten Wissenschaften als eigenständige<br />
Disziplin wahrgenommen, so dass der interdisziplinäre<br />
Dialog gelingen kann.<br />
Literaturverzeichnis<br />
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In: ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees<br />
XLI, München 2006<br />
Choay, Francoise: Das architektonische<br />
Erbe, eine Allegorie; Braunschweig, Wiesbaden,<br />
1997<br />
Lipp, W. (Hrsg.): Denkmal – Werte – Gesellschaft:<br />
Zur Pluralität des Denkmalbegriffs,<br />
Frankfurt, M., New York 1993<br />
Paul Philippot, Paolo und Laura Mora: Die<br />
Behandlung von Fehlstellen in der Wandmalerei,<br />
in: Beiträge zur Kunstgeschichte<br />
und Denkmalpflege, Walter Frodl zum 65.<br />
Geburtstag gewidmet, Wien 1975, S. 204-<br />
217<br />
Philippot, Paul: Die Restaurierung im Lichte<br />
der Geschichtlichkeit des Kunstwerkes; in:<br />
Beiträge zur Erhaltung von Kunstwerken,<br />
Heft 7; Berlin 1997, S. 7–9<br />
86
<strong>Magazin</strong> für die Freunde<br />
Ägyptischer Museen und Sammlungen<br />
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