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In Phase Zwei auf Weltniveau

Beim Bau von Großbiogasanlagen in der DDR betraten die Entwickler oft technologisches Neuland und erzielten trotz widriger Umstände beachtliche Erfolge

Beim Bau von Großbiogasanlagen in der DDR betraten
die Entwickler oft technologisches Neuland
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AUS DER PRAXIS<br />

FOTOS: CARMEN RUDOLPH<br />

Der Trockengasspeicher und die drei Fermenter der Biogasanlage in Zobes<br />

gingen in den 80er Jahren in Betrieb.<br />

eines städtischen Einwohners. <strong>In</strong> der DDR<br />

passte Biogas zudem zur ideologischen Programmatik.<br />

Von Anfang an war ja geplant,<br />

die zum Überleben viel zu klein zugeschnittenen<br />

Neubauernhöfe und später alle weiteren<br />

Einzelbetriebe zu landwirtschaftlichen<br />

Produktionsgenossenschaften (LPG) zu -<br />

sammen zu schließen. Bis Ende 1955 waren<br />

aus 77.392 Bauernwirtschaften 6.047 LPG<br />

gebildet worden, die meisten davon vom Typ<br />

III mit gemeinsamer Viehwirtschaft. <strong>In</strong> einer<br />

durchschnittlichen LPG hätten sich täglich<br />

über 200 Kubikmeter Biogas erzeugen lassen,<br />

die pro Jahr 42.000 Liter Diesel ersetzen<br />

könnten. Das überzeugte die staatliche Plankommission.<br />

Sie stellte finanzielle Mittel<br />

und Material für Gärversuche im Laboratorium<br />

der Akademie für Landwirtschaftswissenschaften<br />

in Jena-Zwätzen bereit, um die<br />

Einflüsse von Temperatur, Druck und TS-<br />

Anteil <strong>auf</strong> die Biogaserzeugung zu ermitteln.<br />

Die Versuchsergebnisse schienen einen thermophilen<br />

Betrieb nahezulegen. Die erste<br />

großtechnische Versuchsanlage der DDR<br />

wurde von 1953 bis 1957 <strong>auf</strong> dem Gut Freienbessingen<br />

in Thüringen folgerichtig im<br />

thermophilen Temperaturbereich betrieben.<br />

Die Berichte klangen zunächst auch vielversprechend.<br />

Aber die Anlage wies zu hohe<br />

Wärmeverluste <strong>auf</strong>, die auch durch bessere<br />

Dämmung nicht in den Griff zu bekommen<br />

waren. Im kalten Winter 1956/57 froren<br />

dann schließlich noch die Wasserbecken der<br />

Gasspeicher ein. Weitere Biogas-Versuchsanlagen<br />

arbeiteten mit besseren Ergebnissen<br />

<strong>auf</strong> dem Gelände der technischen Hochschule<br />

Dresden und in Potsdam-Bornim.<br />

Forschungsarbeiten zur Biogaserzeugung<br />

gab es auch in der Landwirtschaftlichen<br />

Fakultät in Jena.<br />

Mit der 1955 einsetzenden „Erdölschwemme“<br />

fiel die Biogasforschung nach und nach<br />

in eine Art Dornröschenschlaf. Bei Heizölpreisen<br />

von umgerechnet zehn Cent pro<br />

Liter, die sich bis 1970 sogar noch einmal<br />

halbierten, war die Wirtschaftlichkeit von<br />

Biogas kaum noch nachzuweisen. Zudem<br />

hatten technische Pannen einige Kratzer am<br />

Image hinterlassen. Aufgrund dieser Entwicklung<br />

wurden nahezu alle Biogasanlagen<br />

stillgelegt.<br />

Rückbesinnung durch<br />

Ölkrise und Güllestau<br />

Es gab einige Gründe, warum Biogas ab<br />

Mitte der siebziger Jahre in der DDR doch<br />

wieder ein Thema wurde. Einer davon stank<br />

im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel.<br />

Aus den ungefähr 300 typisierten Anlagen<br />

zur Tierhaltung mit je bis zu 190.000 Tieren<br />

in kombinierten Schweinemast- und Zuchtanlagen<br />

oder 2.000 Kuh- und 4.000 Jungrindplätzen<br />

flossen insgesamt jährlich 50<br />

Millionen Tonnen Gülle.<br />

Die Aufbereitung von solchen Mengen, insbesondere<br />

unter dem Aspekt der Nutzung<br />

darin enthaltener Bodennährstoffe, wurde<br />

zum wachsenden Problem. Je größer die<br />

Tierbestände an einem Ort, desto größer war<br />

der Transport<strong>auf</strong>wand zum Ausbringen der<br />

Gülle. Pro Kubikmeter musste ungefähr ein<br />

Liter Diesel eingesetzt werden. So wurde<br />

nicht selten <strong>auf</strong> bequemer erreichbaren Feldern,<br />

Wiesen und sogar im Wald zuviel<br />

Gülle ausgebracht und die Flächen regelrecht<br />

„tot gedüngt“.<br />

Der sprunghafte Anstieg des Erdölpreises<br />

Mitte der 70er führte außerdem zu Engpässen<br />

in der Energieversorgung. Zugleich<br />

eröffneten die dünnflüssigen Güllemengen<br />

aus der industriemäßigen Tierproduktion<br />

neue Möglichkeiten, diese Situation zumindest<br />

teilweise zu entschärfen. Die mögliche<br />

Biogas-Produktion aus dem Gülle<strong>auf</strong>kommen<br />

der Massentierhaltung schätzte man in<br />

der DDR <strong>auf</strong> jährlich etwa 200 Millionen<br />

Kubikmeter mit einem Energieäquivalent<br />

von 4.500 Terajoule. Damit hätten sämtliche<br />

LPG und Volksgüter die Hälfte ihres Ener-<br />

F<br />

BIOGAS Journal | 1_2012<br />

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