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Arbeitswelt<br />
Zeitarbeitsbranche<br />
schrumpft<br />
und hofft auf die positiven<br />
Effekte der Digitalisierung<br />
Die Konjunktur in Deutschland<br />
kühlt ab und das bekommt auch<br />
die Zeitarbeitsbranche zu spüren:<br />
Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist<br />
in der zweiten Jahreshälfte 2018<br />
um fast 10 Prozent eingebrochen.<br />
Für 2019 rechnet die Branche mit<br />
einem zusätzlichen Rückgang des<br />
Marktvolumens um drei Prozent.<br />
Erst ab 2020 könnte sich die Anzahl<br />
der Zeitarbeiter wieder stabilisieren,<br />
wobei sie aber nicht<br />
mehr an das Niveau von 2017 anknüpfen<br />
wird, als über eine Million<br />
Menschen in Deutschland als Zeitarbeitnehmer<br />
beschäftigt waren.<br />
Zu diesen Ergebnissen kommt eine<br />
Studie der Wirtschaftsprüfungsund<br />
Beratungsgesellschaft PwC, für<br />
die aktuellen Daten der Bundesagentur<br />
für Arbeit ausgewertet und<br />
36 deutsche Zeitarbeitsfirmen ab<br />
1 Mio. Euro Jahresumsatz befragt<br />
wurden. „Die negative gesamtwirtschaftliche<br />
Entwicklung und<br />
der Druck auf deutschen Schlüsselindustrien<br />
wie die Automobilbranche<br />
machen sich in der Zeitarbeitsbranche<br />
bereits bemerkbar“,<br />
kommentiert PwC-Experte Dr.<br />
Ralph Niederdrenk die Ergebnisse.<br />
Konjunktur, Fachkräftemangel und<br />
Regulierung dämpfen Wachstum<br />
Tatsächlich nennt mehr als die<br />
Hälfte der befragten Firmen (53<br />
Prozent) die konjunkturelle Abschwächung<br />
als Grund für ihren zurückhaltenden<br />
Blick in die Zukunft.<br />
Bei der Befragung aus dem Vorjahr<br />
lag dieser Anteil noch bei lediglich<br />
8 Prozent. Gleichzeitig spielen<br />
aber weiterhin auch strukturelle<br />
Themen wie der Fachkräftemangel<br />
und die strengere Regulierung<br />
von Zeitarbeit in Deutschland eine<br />
Rolle: 58 Prozent sehen in der Beschränkung<br />
der Überlassungsdauer<br />
von Arbeitnehmern einen wachstumshemmenden<br />
Faktor, 56 Prozent<br />
führen die weiterhin schlechte<br />
Verfügbarkeit von Fachkräften an.<br />
Nur jeder Zweite will Geschäftsmodell<br />
anpassen<br />
Die beste Schutzmaßnahme, um<br />
sich gegen die wirtschaftliche Abkühlung<br />
und damit verbundene Umsatzeinbußen<br />
zu wappnen, sehen<br />
vier von fünf der befragten Zeitarbeitsfirmen<br />
(78 Prozent) in einer<br />
Spezialisierung auf nicht-zyklische<br />
Nischen mit hoher Nachfrage, etwa<br />
die Bereiche Pflege und IT. 56 Prozent<br />
halten flexible Kostenstrukturen<br />
für eine gute Prävention. Eine<br />
Anpassung des Geschäftsmodells,<br />
etwa die Reduktion der Standorte,<br />
plant hingegen nicht einmal die<br />
Hälfte der Befragten (47 Prozent).<br />
Wer eine Veränderung beim Geschäftsmodell<br />
in Betracht zieht,<br />
will sich auf bestimmte Nischen<br />
und Berufsgruppen spezialisieren<br />
(54 Prozent) oder setzt auf disruptive<br />
Geschäftsmodelle (43 Prozent).<br />
Auch Fusionen und Übernahmen<br />
sowie strategische Allianzen sind<br />
für viele (43 Prozent) eine Option.<br />
„Zeitarbeitsfirmen brauchen<br />
eine klare strategische Ausrichtung,<br />
um sich in einem schwierigen<br />
Marktumfeld zu positionieren.<br />
Dies kann durch den Fokus auf<br />
ein innovatives Geschäftsmodell<br />
wie eine Online-Plattform erfolgen,<br />
aber auch durch eine Branchenspezialisierung<br />
oder die<br />
Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette“,<br />
so Niederdrenk.<br />
Sechs von zehn Unternehmen<br />
sehen die Digitalisierung als<br />
Chance<br />
Die Digitalisierung sehen 58 Prozent<br />
der Unternehmen in der aktuellen<br />
Situation als Chance. Das sind 10 Prozentpunkte<br />
mehr als im Vorjahr. Gut<br />
drei Viertel der Befragten (77 Prozent)<br />
sehen in der digitalen Transformation<br />
vor allem eine gute Möglichkeit,<br />
um ihre internen Prozesse<br />
zu vereinfach und zu beschleunigen.<br />
Zwei Drittel erhoffen sich dadurch<br />
eine steigende Kundenzufriedenheit,<br />
da sie offene Stellen schneller<br />
und passender mit geeigneten Kandidaten<br />
besetzen können. Die Hälfte<br />
der Befragten spricht von der Möglichkeit,<br />
die Margen zu erhöhen<br />
und die Profitabilität zu verbessern.<br />
Lokale Standorte bleiben unverzichtbar<br />
Trotz fortschreitender Digitalisierung<br />
geht die große Mehrheit<br />
der Befragten (85 Prozent) davon<br />
aus, dass sie auch künftig nicht auf<br />
lokale Standorte verzichten kann.<br />
Online-Modelle werden nach Ansicht<br />
der Befragten nur eine komplementäre<br />
Rolle einnehmen, denn<br />
die Nähe zu den Zeitarbeitnehmern<br />
ist und bleibt ein wichtiges Kriterium,<br />
um sich vom Wettbewerb abzuheben.<br />
PwC-Experte Niederdrenk<br />
rät: „Zeitarbeitsfirmen sollten ihr<br />
traditionelles Geschäftsmodell mit<br />
einer hohen lokalen Präsenz kritisch<br />
prüfen und gezielt um digitale<br />
Möglichkeiten ergänzen. Das<br />
Ziel sollte weniger darin bestehen,<br />
den Umsatz zu maximieren als vielmehr<br />
für stabile Profitabilität zu<br />
sorgen und in die nachhaltige Beziehung<br />
zu Zeitarbeitnehmern<br />
und Kunden zu investieren.“ (idw)<br />
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