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Dezember

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Arbeitswelt<br />

Zeitarbeitsbranche<br />

schrumpft<br />

und hofft auf die positiven<br />

Effekte der Digitalisierung<br />

Die Konjunktur in Deutschland<br />

kühlt ab und das bekommt auch<br />

die Zeitarbeitsbranche zu spüren:<br />

Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist<br />

in der zweiten Jahreshälfte 2018<br />

um fast 10 Prozent eingebrochen.<br />

Für 2019 rechnet die Branche mit<br />

einem zusätzlichen Rückgang des<br />

Marktvolumens um drei Prozent.<br />

Erst ab 2020 könnte sich die Anzahl<br />

der Zeitarbeiter wieder stabilisieren,<br />

wobei sie aber nicht<br />

mehr an das Niveau von 2017 anknüpfen<br />

wird, als über eine Million<br />

Menschen in Deutschland als Zeitarbeitnehmer<br />

beschäftigt waren.<br />

Zu diesen Ergebnissen kommt eine<br />

Studie der Wirtschaftsprüfungsund<br />

Beratungsgesellschaft PwC, für<br />

die aktuellen Daten der Bundesagentur<br />

für Arbeit ausgewertet und<br />

36 deutsche Zeitarbeitsfirmen ab<br />

1 Mio. Euro Jahresumsatz befragt<br />

wurden. „Die negative gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung und<br />

der Druck auf deutschen Schlüsselindustrien<br />

wie die Automobilbranche<br />

machen sich in der Zeitarbeitsbranche<br />

bereits bemerkbar“,<br />

kommentiert PwC-Experte Dr.<br />

Ralph Niederdrenk die Ergebnisse.<br />

Konjunktur, Fachkräftemangel und<br />

Regulierung dämpfen Wachstum<br />

Tatsächlich nennt mehr als die<br />

Hälfte der befragten Firmen (53<br />

Prozent) die konjunkturelle Abschwächung<br />

als Grund für ihren zurückhaltenden<br />

Blick in die Zukunft.<br />

Bei der Befragung aus dem Vorjahr<br />

lag dieser Anteil noch bei lediglich<br />

8 Prozent. Gleichzeitig spielen<br />

aber weiterhin auch strukturelle<br />

Themen wie der Fachkräftemangel<br />

und die strengere Regulierung<br />

von Zeitarbeit in Deutschland eine<br />

Rolle: 58 Prozent sehen in der Beschränkung<br />

der Überlassungsdauer<br />

von Arbeitnehmern einen wachstumshemmenden<br />

Faktor, 56 Prozent<br />

führen die weiterhin schlechte<br />

Verfügbarkeit von Fachkräften an.<br />

Nur jeder Zweite will Geschäftsmodell<br />

anpassen<br />

Die beste Schutzmaßnahme, um<br />

sich gegen die wirtschaftliche Abkühlung<br />

und damit verbundene Umsatzeinbußen<br />

zu wappnen, sehen<br />

vier von fünf der befragten Zeitarbeitsfirmen<br />

(78 Prozent) in einer<br />

Spezialisierung auf nicht-zyklische<br />

Nischen mit hoher Nachfrage, etwa<br />

die Bereiche Pflege und IT. 56 Prozent<br />

halten flexible Kostenstrukturen<br />

für eine gute Prävention. Eine<br />

Anpassung des Geschäftsmodells,<br />

etwa die Reduktion der Standorte,<br />

plant hingegen nicht einmal die<br />

Hälfte der Befragten (47 Prozent).<br />

Wer eine Veränderung beim Geschäftsmodell<br />

in Betracht zieht,<br />

will sich auf bestimmte Nischen<br />

und Berufsgruppen spezialisieren<br />

(54 Prozent) oder setzt auf disruptive<br />

Geschäftsmodelle (43 Prozent).<br />

Auch Fusionen und Übernahmen<br />

sowie strategische Allianzen sind<br />

für viele (43 Prozent) eine Option.<br />

„Zeitarbeitsfirmen brauchen<br />

eine klare strategische Ausrichtung,<br />

um sich in einem schwierigen<br />

Marktumfeld zu positionieren.<br />

Dies kann durch den Fokus auf<br />

ein innovatives Geschäftsmodell<br />

wie eine Online-Plattform erfolgen,<br />

aber auch durch eine Branchenspezialisierung<br />

oder die<br />

Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette“,<br />

so Niederdrenk.<br />

Sechs von zehn Unternehmen<br />

sehen die Digitalisierung als<br />

Chance<br />

Die Digitalisierung sehen 58 Prozent<br />

der Unternehmen in der aktuellen<br />

Situation als Chance. Das sind 10 Prozentpunkte<br />

mehr als im Vorjahr. Gut<br />

drei Viertel der Befragten (77 Prozent)<br />

sehen in der digitalen Transformation<br />

vor allem eine gute Möglichkeit,<br />

um ihre internen Prozesse<br />

zu vereinfach und zu beschleunigen.<br />

Zwei Drittel erhoffen sich dadurch<br />

eine steigende Kundenzufriedenheit,<br />

da sie offene Stellen schneller<br />

und passender mit geeigneten Kandidaten<br />

besetzen können. Die Hälfte<br />

der Befragten spricht von der Möglichkeit,<br />

die Margen zu erhöhen<br />

und die Profitabilität zu verbessern.<br />

Lokale Standorte bleiben unverzichtbar<br />

Trotz fortschreitender Digitalisierung<br />

geht die große Mehrheit<br />

der Befragten (85 Prozent) davon<br />

aus, dass sie auch künftig nicht auf<br />

lokale Standorte verzichten kann.<br />

Online-Modelle werden nach Ansicht<br />

der Befragten nur eine komplementäre<br />

Rolle einnehmen, denn<br />

die Nähe zu den Zeitarbeitnehmern<br />

ist und bleibt ein wichtiges Kriterium,<br />

um sich vom Wettbewerb abzuheben.<br />

PwC-Experte Niederdrenk<br />

rät: „Zeitarbeitsfirmen sollten ihr<br />

traditionelles Geschäftsmodell mit<br />

einer hohen lokalen Präsenz kritisch<br />

prüfen und gezielt um digitale<br />

Möglichkeiten ergänzen. Das<br />

Ziel sollte weniger darin bestehen,<br />

den Umsatz zu maximieren als vielmehr<br />

für stabile Profitabilität zu<br />

sorgen und in die nachhaltige Beziehung<br />

zu Zeitarbeitnehmern<br />

und Kunden zu investieren.“ (idw)<br />

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