STADTJournal November 2019
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<strong>STADTJournal</strong> Heimat<br />
Auf den Spuren des Johann Claudius von Lassaulx<br />
Der Weißenthurmer Heimatkundler<br />
Hermann Dötsch hatte eine Idee. Die<br />
Volkshochschule der Verbandsgemeinde<br />
Weißenthurm organisierte die Spurensuche<br />
nach dem berühmten preußischen Baumeister.<br />
Oswald Senner trug Spuren aus dem<br />
Stadtteil Kärlich mit dazu bei. Rund 40<br />
Personen machten bei der Rundfahrt mit.<br />
Spuren von Lassaulx gibt es heute noch<br />
in der Umgebung von Weißenthurm.<br />
Er plante und baute doch in der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts die erste Kirche<br />
der aufstrebenden Tochter-Filiale von Kettig<br />
in Weißenthurm und plante und baute die<br />
Kapelle am Guten Mann, die seit Menschengedenken<br />
zur Kärlicher Pfarrei St. Mauritius<br />
gehörte. Schließlich haben er mit seiner<br />
Frau und Tochter auf dem Friedhof in Weißenthurm<br />
ihre letzte Ruhestätte gefunden.<br />
Historisches Foto der Kapelle am Guten Mann –typisch Lassaulx - vor dem heute nicht<br />
mehr vorhandenen Kühlturm.<br />
Die erste Station startete an der Kapelle am<br />
Guten Mann, denn hier an dieser historischen<br />
Stelle steht seit rund 180 Jahren unter dem<br />
Schutz des Grundsteines aus Basalt mit dem<br />
Segensspruch “Gott mit uns bauet im Jahre<br />
Christi 1838“ eine Kapelle im typischen<br />
Lassaulx`schen Stil. Es wurden, wie bei<br />
allen seinen Werken, Baumaterialien aus der<br />
Umgebung, so schwarze Basalt-Lavasteine,<br />
hellgrauer Tuff und dunkelgrauer Basalt verarbeitet.<br />
Typisch auch die Rundbogenfenster,<br />
der vorkragende Rundbogenfries und die<br />
Lisenen in Form der senkrechten Baustreifen.<br />
Historisch ist der Standort der Kapelle am<br />
Guten Mann, weil er vor rund 5000 Jahren<br />
am Rand eines Erdwerkes lag, in dem Menschen<br />
in einem halbmondförmigen Gelände<br />
gewohnt haben, das vom Rhein, von Altarmen<br />
des Rheines, Wällen, Gräben und<br />
Palisaden geschützt war. Auch die Römer<br />
errichteten hier Heeres-Lager und Cäsar<br />
soll von hier aus lt. seinem Kriegsbericht<br />
„de bello gallico“ zweimal eine hölzerne<br />
Brücke über den Rhein habe schlagen lassen,<br />
um die Germanen jenseits des Rheins<br />
zu beeindrucken. Die Römer unterhielten<br />
ferner in der Gemarkung am Guten Mann,<br />
heute links und rechts der Hafenstraße und<br />
zu Weißenthurm gehörig, ein römisches<br />
Dorf mit einem dazu gehörenden Töpferzentrum,<br />
deren Produkte sie über den<br />
Transportweg Rhein vertrieben. Ausgegrabene<br />
Keramik findet man heute im Stadtmuseum<br />
Mülheim-Kärlich. Schließlich ist<br />
der Standort der Kapelle am Guten Mann<br />
seit dem Jahre 1162 urkundlich belegt. Hier<br />
standen über Jahrhunderte Siechenhäuser,<br />
in denen Leprakranke lebten, weil sie wegen<br />
ihrer ansteckenden Krankheit nicht unter<br />
gesunden Menschen leben durften. „Guter<br />
Mann“ war der Ruf der Kranken, wenn sie<br />
sich Gesunden näherten, sich zu erkennen<br />
gaben und um Lebensmittel bettelten.<br />
Der Vortrag an der Kapelle am Guten Mann<br />
gab auch Gelegenheit, über Johann Claudius<br />
von Lassaulx zu informieren. Schon zu Lebzeiten<br />
galt er als hervorragender Baumeister<br />
am Mittelrhein. „Künstlerisch hoch begabt<br />
und doch von der Ausbildung her Dilettant,<br />
hat er Bauwerke geschaffen, die heute wie<br />
damals den Betrachter fesseln“, meinte Albrecht<br />
Mann im Vorwort eines Buches über<br />
den Architekten und Denkmalpfleger. Johann<br />
Claudius war eigentlich zum geistlichen Stand<br />
bestimmt. Er erhielt die niederen Weihen und<br />
wurde Kanonikus am Koblenzer Florinsstift.<br />
1798 ging er nach Würzburg, um dort Jura zu<br />
studieren, wechselte aber nach drei Semestern<br />
zur Medizin über. Ohne ein Examen gemacht<br />
zu haben, kehrte er nach elf Semestern Medizin<br />
nach Koblenz zurück und heirate seine<br />
Verlobte Anna Maria Müller aus Würzburg,<br />
mit der er schließlich neun Kinder hatte. Er<br />
gründete eine Essigsiederei. Dann fand er<br />
Arbeit in einer Blechwarenfabrik in Koblenz.<br />
Seit seiner Kindheit hatte er Neigung und<br />
Talent zu mechanischen Arbeiten. Dies führte<br />
ihn in die Werkstätten der Schreiner, Schlosser,<br />
auf die Bauplätze der Maurer, Steinhauer<br />
und Zimmerleute, denen er über die Schulter<br />
schaute. Auch im Münzenschlagen betätigte<br />
er sich in Ehrenbreitstein. Schließlich wurde<br />
ihm das Amt des Kreisbaumeisters im preußischen<br />
Koblenz angetragen. Er sträubte sich<br />
gegen die Annahme der Stellung, weil er kein<br />
Baumeister sei. Sein angeheirateter Onkel<br />
Josef von Görres konnte ihn aber bewegen,<br />
den Posten anzunehmen. Und er wurde ein<br />
begnadeter Baumeister und Architekt. Davon<br />
zeugen heute noch Kirchen in Vallendar, Güls<br />
und Nickenich, Pfarrhäuser und Schulen<br />
in vielen Orten an Rhein und Mosel. Sein<br />
Baustil zeigte sich auch in vielen Nachfolgeprojekten<br />
an Wohnhäusern, wenn man mit<br />
offenen Augen durch die Gemeinden geht.<br />
Modell der Weißenthurmer Kirche von Lassaulx<br />
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