11.11.2019 Aufrufe

STADTJournal November 2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>STADTJournal</strong> Heimat<br />

Auf den Spuren des Johann Claudius von Lassaulx<br />

Der Weißenthurmer Heimatkundler<br />

Hermann Dötsch hatte eine Idee. Die<br />

Volkshochschule der Verbandsgemeinde<br />

Weißenthurm organisierte die Spurensuche<br />

nach dem berühmten preußischen Baumeister.<br />

Oswald Senner trug Spuren aus dem<br />

Stadtteil Kärlich mit dazu bei. Rund 40<br />

Personen machten bei der Rundfahrt mit.<br />

Spuren von Lassaulx gibt es heute noch<br />

in der Umgebung von Weißenthurm.<br />

Er plante und baute doch in der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts die erste Kirche<br />

der aufstrebenden Tochter-Filiale von Kettig<br />

in Weißenthurm und plante und baute die<br />

Kapelle am Guten Mann, die seit Menschengedenken<br />

zur Kärlicher Pfarrei St. Mauritius<br />

gehörte. Schließlich haben er mit seiner<br />

Frau und Tochter auf dem Friedhof in Weißenthurm<br />

ihre letzte Ruhestätte gefunden.<br />

Historisches Foto der Kapelle am Guten Mann –typisch Lassaulx - vor dem heute nicht<br />

mehr vorhandenen Kühlturm.<br />

Die erste Station startete an der Kapelle am<br />

Guten Mann, denn hier an dieser historischen<br />

Stelle steht seit rund 180 Jahren unter dem<br />

Schutz des Grundsteines aus Basalt mit dem<br />

Segensspruch “Gott mit uns bauet im Jahre<br />

Christi 1838“ eine Kapelle im typischen<br />

Lassaulx`schen Stil. Es wurden, wie bei<br />

allen seinen Werken, Baumaterialien aus der<br />

Umgebung, so schwarze Basalt-Lavasteine,<br />

hellgrauer Tuff und dunkelgrauer Basalt verarbeitet.<br />

Typisch auch die Rundbogenfenster,<br />

der vorkragende Rundbogenfries und die<br />

Lisenen in Form der senkrechten Baustreifen.<br />

Historisch ist der Standort der Kapelle am<br />

Guten Mann, weil er vor rund 5000 Jahren<br />

am Rand eines Erdwerkes lag, in dem Menschen<br />

in einem halbmondförmigen Gelände<br />

gewohnt haben, das vom Rhein, von Altarmen<br />

des Rheines, Wällen, Gräben und<br />

Palisaden geschützt war. Auch die Römer<br />

errichteten hier Heeres-Lager und Cäsar<br />

soll von hier aus lt. seinem Kriegsbericht<br />

„de bello gallico“ zweimal eine hölzerne<br />

Brücke über den Rhein habe schlagen lassen,<br />

um die Germanen jenseits des Rheins<br />

zu beeindrucken. Die Römer unterhielten<br />

ferner in der Gemarkung am Guten Mann,<br />

heute links und rechts der Hafenstraße und<br />

zu Weißenthurm gehörig, ein römisches<br />

Dorf mit einem dazu gehörenden Töpferzentrum,<br />

deren Produkte sie über den<br />

Transportweg Rhein vertrieben. Ausgegrabene<br />

Keramik findet man heute im Stadtmuseum<br />

Mülheim-Kärlich. Schließlich ist<br />

der Standort der Kapelle am Guten Mann<br />

seit dem Jahre 1162 urkundlich belegt. Hier<br />

standen über Jahrhunderte Siechenhäuser,<br />

in denen Leprakranke lebten, weil sie wegen<br />

ihrer ansteckenden Krankheit nicht unter<br />

gesunden Menschen leben durften. „Guter<br />

Mann“ war der Ruf der Kranken, wenn sie<br />

sich Gesunden näherten, sich zu erkennen<br />

gaben und um Lebensmittel bettelten.<br />

Der Vortrag an der Kapelle am Guten Mann<br />

gab auch Gelegenheit, über Johann Claudius<br />

von Lassaulx zu informieren. Schon zu Lebzeiten<br />

galt er als hervorragender Baumeister<br />

am Mittelrhein. „Künstlerisch hoch begabt<br />

und doch von der Ausbildung her Dilettant,<br />

hat er Bauwerke geschaffen, die heute wie<br />

damals den Betrachter fesseln“, meinte Albrecht<br />

Mann im Vorwort eines Buches über<br />

den Architekten und Denkmalpfleger. Johann<br />

Claudius war eigentlich zum geistlichen Stand<br />

bestimmt. Er erhielt die niederen Weihen und<br />

wurde Kanonikus am Koblenzer Florinsstift.<br />

1798 ging er nach Würzburg, um dort Jura zu<br />

studieren, wechselte aber nach drei Semestern<br />

zur Medizin über. Ohne ein Examen gemacht<br />

zu haben, kehrte er nach elf Semestern Medizin<br />

nach Koblenz zurück und heirate seine<br />

Verlobte Anna Maria Müller aus Würzburg,<br />

mit der er schließlich neun Kinder hatte. Er<br />

gründete eine Essigsiederei. Dann fand er<br />

Arbeit in einer Blechwarenfabrik in Koblenz.<br />

Seit seiner Kindheit hatte er Neigung und<br />

Talent zu mechanischen Arbeiten. Dies führte<br />

ihn in die Werkstätten der Schreiner, Schlosser,<br />

auf die Bauplätze der Maurer, Steinhauer<br />

und Zimmerleute, denen er über die Schulter<br />

schaute. Auch im Münzenschlagen betätigte<br />

er sich in Ehrenbreitstein. Schließlich wurde<br />

ihm das Amt des Kreisbaumeisters im preußischen<br />

Koblenz angetragen. Er sträubte sich<br />

gegen die Annahme der Stellung, weil er kein<br />

Baumeister sei. Sein angeheirateter Onkel<br />

Josef von Görres konnte ihn aber bewegen,<br />

den Posten anzunehmen. Und er wurde ein<br />

begnadeter Baumeister und Architekt. Davon<br />

zeugen heute noch Kirchen in Vallendar, Güls<br />

und Nickenich, Pfarrhäuser und Schulen<br />

in vielen Orten an Rhein und Mosel. Sein<br />

Baustil zeigte sich auch in vielen Nachfolgeprojekten<br />

an Wohnhäusern, wenn man mit<br />

offenen Augen durch die Gemeinden geht.<br />

Modell der Weißenthurmer Kirche von Lassaulx<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!