Basel_Live_Spezial_03-2019_ES
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Eine der seltenen, erhaltenen Malereien im<br />
Münster. Ein Weihekreuz neben einem Sarkophag<br />
in einer spätromanischen Grabkammer.<br />
DIE WEIHEKREUZE<br />
Ramon Keller öffnet mit etwas Kraftund<br />
Werkzeugeinsatz eine schwere<br />
Abdeckung im Fussboden des nördlichen<br />
Querhauses. Sie gibt den Blick<br />
frei in eine spätromanische Grabkammer<br />
mit Sarkophag aus dem 13. Jahrhundert.<br />
Das Besondere sind drei noch<br />
gut erhaltene Malereien von Weihekreuzen.<br />
«Malereien sind im Münster<br />
nur noch wenige vorhanden, viele<br />
gingen nach der Reformation verloren»,<br />
sagt Andreas Hindemann. Wer in<br />
diesem Grab erstmals bestattet wurde,<br />
ist nicht bekannt. In Zweitverwendung<br />
lag darin ein gewisser Domdekan<br />
Johann von Hohenstein. Im Basler<br />
Münster mit dem Kreuzgang sind rund<br />
300 Grabplatten und Epitaphien vorhanden.<br />
Bestattet wurden Geistliche,<br />
Adlige und Menschen aus dem Basler<br />
Bürgertum, aber auch einzelne Handwerker<br />
und Bedienstete.<br />
ALTE MAUERN HINTER DER EMPORE<br />
Schon der Weg auf die südliche Seitenempore<br />
eröffnet eine ganz neue Perspektive.<br />
Von der Galerie im südlichen<br />
Querhaus gesehen, ist der Blick in die<br />
Vierung des Münsters mit deren Bündelpfeiler<br />
und die wunderbare Glasmalerei<br />
wohl am imposantesten. Ein alter<br />
Hinweis an einer Tür bei der Empore<br />
hatte wohl seinen Hintergrund: «Knaben,<br />
die nicht in Begleitung von<br />
älteren Personen dem Gottesdienst<br />
beiwohnen, dürfen nicht in den oberen<br />
Gängen sich aufhalten. Ihnen werden<br />
Plätze in der Nähe des Altars angewiesen».<br />
In der Mitte führt eine Luke in<br />
einen aussergewöhnlichen Bereich.<br />
Hier sind noch die originalen Aussenwände<br />
des spätromanischen Münsters<br />
(Fertigstellung 1220/30) zu sehen, mit<br />
dem das Münster – bis zum grossen<br />
Erdbeben – noch fünf Türme aufwies.<br />
Gut zu sehen sind noch alte Farbspuren<br />
und Putz, aber auch Steinmetzzeichen<br />
(die Steinmetze wurden früher<br />
nach gefertigten Stücken bezahlt und<br />
kennzeichneten diese mit einem<br />
Symbol) oder das zierende Würfelfries.<br />
Diese Mauern verschwanden ab 1270<br />
hinter den damals an die dreischiffige<br />
Basilika hinzukommenden Seitenkapellen.<br />
Ein verborgener Blick auf die damalige<br />
Aussenmauer des spätromanischen Münsters<br />
mit Würfelfries.<br />
Das Münsterdach wird seit dem Ende des<br />
19. Jahrhunderts von einer eindrücklichen<br />
Stahlkonstruktion getragen.<br />
EIN STÜCK EIFFEL IM MÜNSTERDACH<br />
Das Münsterdach mit den charakteristischen<br />
Farbziegeln von Villeroy &<br />
Boch ist noch aus einem ganz anderen<br />
Grund ein Blickfang: 1887/88 wurde<br />
der bisherige hölzerne Dachstuhl durch<br />
eine Metallkonstruktion ersetzt, dies<br />
vor allem vor dem Hintergrund, die<br />
Brandlast zu reduzieren. Und natürlich<br />
war in jener Zeit Metall ein moderner<br />
Baustoff geworden. Die Nieten an den<br />
Verbindungsstücken erinnern ein<br />
wenig an frühere Brückenkonstruktionen<br />
oder den Eiffelturm in Paris, wie<br />
es Andreas Hindemann erläutert. 108<br />
Tonnen Stahl wurden damals verbaut.<br />
Selbst die Lattung für den Ziegelaufbau<br />
ist aus Metall gefertigt. Als in<br />
diesem Frühjahr die Kathedrale Notre<br />
Dame in Paris brannte, kamen auch<br />
Fragen um den Brandschutz im Basler<br />
Münster auf. «Ich konnte die Leute<br />
entsprechend beruhigen», so Hindemann.<br />
<strong>Basel</strong> <strong>Live</strong> 23