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KULTUR | VERANSTALTUNGEN | KOLUMNE<br />
„ABENTEUER – RAUS AUF’S LAND“<br />
Erlebnisbericht von Alice Les Landes (Teil 52)<br />
Männer und Selbstversorger<br />
Am ersten November wurde unter<br />
den uns mittlerweile vertrauten<br />
Schwierigkeiten unsere Telefonanlage<br />
installiert, was diesmal jedoch<br />
nur einen Tag dauerte, da<br />
weniger Kabel verlegt<br />
werden mussten. Während<br />
also die beiden<br />
Männer von der Telecom<br />
im Schweiße ihres Angesichts<br />
mit der modernen<br />
Technik kämpften, räumten<br />
wir die alten Ölöfen<br />
aus dem Haus, anschließend<br />
setzte mein Mann<br />
unsere Holz- und Kohleöfen,<br />
während ich versuchte,<br />
sein Wirkungsfeld<br />
frei von Kisten und Möbeln<br />
zu räumen.<br />
Am Nachmittag, um siebzehn<br />
Uhr, fuhren wir<br />
klopfenden Herzens zum<br />
Übergabetermin auf unseren<br />
alten, schweigend<br />
dastehenden Hof. Da standen wir<br />
dann und warteten, aber vergeblich,<br />
es kam niemand. Etwas ratlos<br />
zogen wir nach eineinhalb Stunden<br />
wieder ab.<br />
Tags darauf klärte ein Telefongespräch,<br />
dass der Verpächter aus<br />
Termingründen erst am siebenundzwanzigsten<br />
des Monats zur Übergabe<br />
erscheinen werde. Dafür hatten<br />
wir nun diesen fliegenden<br />
Wechsel veranstaltet! Nun gut, der<br />
Umzug jedenfalls war überstanden.<br />
In den folgenden Tagen sortierten<br />
wir so lange hin und her, bis endlich<br />
alles am richtigen Fleck stand, was<br />
bei mir allerdings nicht viel heißen<br />
will, da mir nach einiger Zeit immer<br />
noch bessere „richtige“ Flecke einfallen,<br />
was meinen Mann nach anfänglichen<br />
Wutausbrüchen nur noch<br />
zu einer fatalistischen Haltung bewegen<br />
konnte.<br />
Im Durcheinander dieser ersten<br />
Tage geschah es auch oft, dass Felix<br />
und Ilka mit ihrem Sohn Theo außerhalb<br />
der Hofumzäunung bei<br />
uns herumtollten, während wir gerade<br />
im Garten arbeiteten oder<br />
Falläpfel auflasen. Dabei erwischte<br />
ich Theo einmal, wie er aus dem<br />
Hühnerstall schlich und gut sichtbar<br />
ein Ei im Maul trug. Ich lief auf<br />
ihn zu und sagte in vorwurfsvollem<br />
Ton: „Aber Theo!“ Reuig stand er<br />
da und ließ sich das Ei aus dem<br />
Maul nehmen. Keine zwei Tage<br />
später erwischte ich ihn wieder in<br />
der gleichen Situation. Aber er war<br />
ja lernfähig, der Strolch! Als er sah,<br />
wie ich schimpfend auf ihn zu<br />
rannte, stutzte er einen Moment,<br />
dann machte es „kracks“, hastig<br />
schluckte er das zermalmte Ei samt<br />
Schale hinunter und weg war’s.<br />
Schimpfen durfte ich ihn jetzt ruhig,<br />
aber das Ei konnte ich ihm<br />
nicht mehr abnehmen.<br />
Auch Ilka stibitzte ein Ei aus dem<br />
Hühnerstall. Als sie ihre Beute in<br />
Sicherheit bringen wollte, wurde<br />
sie von meinem Mann entdeckt<br />
und noch ehe der etwas sagen<br />
konnte, ließ sie das Ei, ohne im<br />
Laufen innezuhalten, an<br />
der ihm abgewandten<br />
Seite aus dem Maul fallen<br />
– sie hatte kein Ei – nein –<br />
nie eins gehabt!<br />
Ein paar Monate später im<br />
Frühjahr sah ich, wie ein<br />
Huhn ga ckernd aus Ilkas<br />
Hütte schlüpfte. Ich schaute<br />
nach. Tatsächlich – da<br />
lag in der Heueinstreu der<br />
Hüte, ganz hinten, im dunkelsten<br />
Eck, ein warmes Ei. Drumherum lagen<br />
jede Menge zerknurpselter Eierschalen.<br />
Ilka hielt sich ein Huhn!<br />
Dies ist vorerst die letzte Folge im<br />
Land & Leben, wer weiterlesen<br />
möchte erhält das Buch unter der<br />
ISBN-Nummer: 978-3-440-<strong>12</strong>276-1.<br />
GESCHICHTEN VERTELLT OP PLATT<br />
Lögen gehört to`n Leben<br />
Jawoll, mit goen Lögen kann man<br />
sik un sine Ümwelt glücklicher<br />
moken. Dat behauptet enige<br />
Psychologen, un denn well dat<br />
woll stimmen. Dat givt goe un<br />
schlechte Lögen, Erwassene möt<br />
foken lögen, aver Kinner dröft<br />
nich lögen.<br />
As ik Kind wör, hebbt mine Öllern<br />
mi siker foken wat vörlogen von<br />
Wiehnachsmann, Osterhosen un<br />
Klapperstorch. Doran hebb ik lange<br />
glövt, bet ik inschoolt wör. Dor<br />
hebb ik de bittere Wohrheit to wäten<br />
krägen, dat dat keenen Wiehnachsmann<br />
un Osterhosen geevt.<br />
Und dat Märchen vonnen Klapperstorch,<br />
dat wör jo woll lachhaft!<br />
Dat wör’n Kulturschock för mi,<br />
kannste glöben! Aver hüte noch<br />
bün ik minen Öllern dankbor, dat<br />
se mi solange in minen kindlichen<br />
Globen loten hebbt. Wat hebb ik<br />
mi up Wiehnachsmann un Osterhosen<br />
freit! Woväl Phantastereen<br />
güngen mi dör den Kopp, un wat<br />
hebb ik mi beschützt föhlt ünner<br />
Obhut von de Öllern! Vandage glöve<br />
ik fast, dat de Tiet vör de Upklärung<br />
de schönere wör.<br />
De Tieten hebbt sik mächtig ännert.<br />
Väle Kinner glövt nich mehr<br />
an Wiehnachsmann, aver se glövt,<br />
dat sik de Disch alleen afrümt, de<br />
Wäsche in de Waschmaschine<br />
flügt, de Müll as von Zauberee alleen<br />
in de Mülltunne landet, un<br />
de Schoolarbeiten sik von sülmst<br />
erledigt.<br />
Kinner vertellt di glatt: ,,Ik schall<br />
nich lögen. Min Kommentar dorto:<br />
Wiehnachsmann, Osterhose, Klapperstorch,<br />
Zahnfee!“ Wenn de<br />
Wiehnachsmann dat Kind frogt:<br />
„Na Kind? Wer war denn immer<br />
lieb und hast gemacht, was Mutti<br />
gesagt hat?“ „Der Papi!“ De Vadder<br />
well sinen Jungen upklären: „Also,<br />
min Jung, du musst nu endlich de<br />
Wohrheit to wäten kriegen – de<br />
Wiehnachsmann un de Osterhose,<br />
dat wör jümmer ik!“ De Junge<br />
winkt lässig af: „Papa, dat weet ik<br />
doch längst! Du, bloß de Klapperstorch,<br />
dat wör Onkel Emil!“<br />
Ja, ja, as Kinner hebbt wi siker alle<br />
an den Wiehnachsmann glövt.<br />
Hüte glövt wi an de groode Leeve,<br />
an de Politik un an Geld un Macht.<br />
Also is alles as jümmer! (ah)<br />
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