Der_CreditManager_4-2019-HQ
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1/2019 4/2019
Der
Offizielles Organ des
Bundesverbandes Credit Management e.V.
CreditManager
Von Big Data zu Smart Data
Der Kampf um korrekte Daten
Großer Kongressrückblick
Neues zur Cybersicherheit
Blick in die Bilanz der Bayer AG
März 2020:
Start der neuen
CCM-Qualifizierung
FIRST WORDS
LIEBE KOLLEGINNEN
UND KOLLEGEN,
und schon wieder ist ein Jahr um…
Das Jahr 2019 war ein sehr interessantes
Jahr – und das in vielerlei
Hinsicht. Politisch, kirchlich, ökologisch,
ökonomisch und auch finanziell
müssen wir einen historischen
Vertrauensverlust konstatieren, und
das insbesondere als Credit Managerin
oder Credit Manager.
• Politisch steht der BREXIT immer
noch auf der Agenda in
„Good Old Europe“ und zeigt
uns allen, wie anstrengend Demokratie
ist.
• Kirchlich – die Skandale und somit
die Kirchenaustritte wollen
nicht abreißen.
• Ökologisch nehmen die Erderwärmung
und das Insektensterben
weiter an Fahrt auf.
• Ökonomisch steuern wir geradewegs
in den Abgrund eines
deflationären Schocks durch die
sich abzeichnende Rezession.
• Finanziell betrachtet die Bank
für Internationalen Zahlungsausgleich
(BIS) inzwischen 15%
aller europäischen Unternehmen
als sogenannte Zombieunternehmen.
Wir als Credit Manager wissen natürlich
damit umzugehen. So die
einhellige Meinung der 400 Teilnehmer
und Teilnehmerinnen auf unserem
diesjährigen Bundeskongress
in München. Zumindest diejenigen,
die sich weiterhin auf das, was da
kommen mag, vorbereiten. Einen
ausführlichen Rückblick lesen Sie
auf den Seiten 6-15.
Wolke (siehe Seite 16 und 17). Wir
alle können nur hoffen, dass die Kunden
nicht verschwinden werden.
Besonders lesenswert ist abermals
der „Blick in die Bilanz“ auf den Seiten
26 und 27, spiegelt die aktuelle
Situation der BAYER AG doch alle
links aufgeführten Rahmenbedingungen
wider.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim
Lesen dieser Ausgabe, besinnliche
Weihnachten im Umfeld Ihrer Liebsten
und für das Jahr 2020 den Credit
(das Vertrauen), den wir gemeinsam
managen können.
Ihr
Jan Schneider-Maessen CCM
Jan Schneider-Maessen CCM
INHALT
CM News 4-5
CM Intern
Nachbericht Bundeskongress 6-15
Cloud versus „On Premise“ 16-17
Kolumne des Präsidenten 30
Arbeitskreis Insolvenzpraxis 31
Ich unterstütze den BvCM, weil 35
CM Aktuell
PSD: Open Banking braucht
Sicherheit 24-25
Verbände befürchten Nachteile
für Gläubiger 28-29
CMI: Düsterer Ausblick in
die Zukunft 32-33
CreditFacts 20-21
CM Karikatur 28
CM Praxis
Qualifizierte Mitarbeiter
als Schlüssel zum Erfolg 18-19
Eine räumliche Perspektive
auf Insolvenzen 22-23
Blick in die Bilanz 26-27
CM CreditWer? 34
CM Last Words 36-37
CM Termine 38
Was vor zehn Jahren für die meisten
deutschen (Familien-)Unternehmen
noch undenkbar war, wird zur existenzsichernden
Maßnahme: Sie gehen
mit ihrem sakralen Heiligtum,
den Kundenstammdaten, in die
3
NEWS
NEWS
Coface stuft Chemie-Branche in Deutschland herab
Der Kreditversicherer Coface sieht höhere
Risiken für die Chemiebranche in
Deutschland und hat den Sektor von
mittleres in hohes Risiko herabgestuft.
Chemie ist damit auf der vierstufigen
Branchen-Skala des Forderungsspezialisten
in die zweitschlechteste Kategorie
abgerutscht.
In der deutschen Chemiebranche habe
sich die Stimmung seit Jahresbeginn
merklich verschlechtert, teilt Coface
mit. Auch Auftragseingang und Produktion
wiesen im Jahresvergleich seit
Oktober 2018 negative Wachstumsraten
auf, Exporte und Importe seien
rückläufig. „Im Kontext verschlechterter
BIP-Prognosen wird die Inlandsnachfrage
nach chemischen Produkten
gering sein“, erwartet Coface-Volkswirtin
Christiane von Berg.
Der deutsche Chemiesektor ist zudem
stark mit der Automobilbranche verbunden.
„Da wir keine Anzeichen für
eine nachhaltige Erholung der Automobilbranche
sehen, verschlechtern
sich auch die Aussichten für die Chemiebranche.“
Auch die Nachfrage aus
dem Ausland dürfte schwach bleiben.
„Der Rückgang der Wachstumsrate im
Welthandel drückt die Chemie-Branche
weltweit“, erklärt Christiane von Berg.
Zudem belasten die hohen Inputkosten
die Branche. „Zum einen gehören
die Strompreise in Deutschland zu den
höchsten in ganz Europa. Zum anderen
hat die Volatilität der Ölpreise speziell
nach dem Angriff auf die weltgrößte
Ölaufbereitungsanlage in Saudi-Arabien
Mitte September zugenommen. Die
großen deutschen Chemieunternehmen
haben entsprechend bereits ihre
Gewinnaussichten nach unten korrigiert“,
sagt die Coface-Volkswirtin.
Relaunch des Portals Forderungsmanagement
Relaunch: Das Portal Forderungsmanagement
ist mittlerweile unter https://
forderungsmanagement.com zu finden.
Es handelt sich dabei um eine Webseite,
die sich mit vielen relevanten Themen
rund um Lieferantenkredite, Kreditmanagement,
Forderungen und den daraus
eventuell resultierenden Problemen (wie
z. B. Forderungsausfälle, lange Forderungslaufzeiten)
befasst. Sie wird für alle
Unternehmer (insbesondere für kleine
und mittelständische Unternehmen)
und deren Mitarbeiter im Bereich Debitorenmanagement,
Kreditmanagement
und Forderungsmanagement betrieben.
Nach fast zehn Jahren wurde das Layout
der Webseite grundlegend überarbeitet
und an die technologischen
Entwicklungen angepasst. Es wurde
insbesondere sichergestellt, dass
https://forderungsmanagement.com
nun auch auf mobilen Endgeräten effektiv
und effizient genutzt werden kann.
Alle wichtigen Informationen und
Hilfsmittel werden den Besuchern der
Webseite weiterhin kostenlos zur Verfügung
gestellt.
Die ständige Aktualisierung gewährleistet
neueste Informationen und
bietet zu verschiedenen Problemstellungen
auch mögliche Hilfen und
Tools. Unter „Praxishilfen“ finden sich
viele Hilfsmittel zur Unterstützung
der praktischen Arbeit wie: Basiszinssätze,
e-Rechner, Checklisten, Glossar
der Fachbegriffe, Übersetzer etc. Die
Webseite wird durch den Inhaber der
Unternehmensberatung Rudolf Müller
betrieben, der seit annähernd 20 Jahren
erfolgreich Projekte im Forderungsmanagement
durchführt.
4
NEWS
BiZCOVERs Service
direkt bei North Data
Nach dem Erfolg auf dem Bundeskongress
des Bundesverbands Credit
Management e.V. in München plant
Maurice Emberger, der Gewinner des
CMtech Awards 2019, den nächsten
Coup. „In Zukunft werden wir uns stärker
auf die direkte Schnittstellenintegration
in CRM-Systeme konzentrieren.
Um interne Ressourcen besser nutzen
zu können, schließen wir daher ab Januar
2020 unser Portal. Unsere Kunden
können den Service direkt bei der
North Data GmbH beziehen“, erläutert
Maurice Emberger, Geschäftsführender
Gesellschafter der BiZCOVER Sales
KG, den strategischen Schritt.
Für das preisgekrönte BiZCOVER-Portal
hat Maurice Emberger mit seinem
Team in der Vergangenheit eng mit
der North Data GmbH zusammengearbeitet,
so dass dieser Schritt für
Branchenkenner keine Überraschung
und für die Kunden „eine sehr gute
Lösung“ ist. „Wir freuen uns auf die
BiZCOVER Kunden“, erklärt Frank Felix
Debatin, Gründer und Geschäftsführer
der North Data GmbH, „und wollen ihnen
mit unserem Service auch weiterhin
das Leben erleichtern, wirtschaftliche
Informationen, die sie brauchen,
einfach und übersichtlich auf einen
Blick zugänglich zu machen.“ Neben
Kennzahlen aus dem Bundesanzeiger,
Handels- und Insolvenzregister integriert
das innovative Unternehmen derzeit
Daten der Förder- und Patentregister
und hat sich auch für die Zukunft
auf die Fahnen geschrieben, weiterhin
die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt
ihrer Produktentwicklung zu
stellen.
Etwas Licht, aber noch viel Schatten
Die Zahl überschuldeter Privatpersonen
in Deutschland ist erstmals seit
2013 leicht zurückgegangen. Auch die
Überschuldungsquote, also der Anteil
überschuldeter Personen im Verhältnis
zu allen Erwachsenen in Deutschland,
sinkt geringfügig. Ein Grund dafür
ist das Wachsen der Bevölkerung
durch Zuwanderung. Zum Stichtag 1.
Oktober 2019 betrug die Überschuldungsquote
bundesweit exakt 10
Prozent. Damit sind weiterhin über
6,9 Millionen Bürger überschuldet
und weisen „nachhaltige Zahlungsstörungen“
auf. Das sind rund 10.000
Personen weniger als im vergangenen
Jahr (minus 0,1 Prozent). Das geht
aus dem aktuellen SchuldnerAtlas
Deutschland der Creditreform hervor.
Die Daten zur Überschuldungsintensität
bestätigen den Grundtrend des
Vorjahrs: Die Überschuldungsfälle
mit juristisch relevanten Sachverhalten
reduzierten sich deutlich um rund
125.000 Fälle (minus 3 Prozent gegenüber
dem Vorjahr). Fälle mit geringer
Überschuldungsintensität stiegen
hingegen um ca. 115.000 Fälle (plus
4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr).
Deutschlandweit bleiben rund vier
Millionen Menschen in einer harten
und damit tieferen Überschuldungsspirale
gefangen. Von 2006 bis 2019
stieg die Zahl der Überschuldungsfälle
insgesamt um 611.000 (plus 18
Prozent).
Osten verbessert sich
In den alten Bundesländern sind derzeit
rund 5,8 Millionen Bürger überschuldet,
in den neuen Bundesländern
gut 1,1 Millionen. Zwar liegt die
Überschuldungsquote im Osten mit
rund 10,3 Prozent zum achten Mal
in Folge über dem Vergleichswert im
Westen (9,9 Prozent), trotzdem hat
sich die Lage im Osten der Republik
über die Jahre kontinuierlich verbessert.
Abwanderungsbewegungen
und ein Rückgang der Einwohnerzahl
verhindern dort ein sichtbares Absinken
der Überschuldungsquote. Die
Zahl der absoluten Überschuldungsfälle
ging im Osten aktuell zurück (minus
11.000), im Westen stieg sie um
1.000 Fälle an. Auch ist der Rückgang
der harten Überschuldung im Westen
(minus 2,9 Prozent; 2018: minus 1,9
Prozent) schwächer ausgeprägt als im
Osten (minus 3,3 Prozent; 2018: minus
2,9 Prozent). Der Anstieg der weichen
Überschuldung dagegen liegt
im Westen (plus 4,4 Prozent; 2018;
plus 4,1 Prozent) höher als im Osten
(plus 2,7 Prozent; 2018: plus 2,9 Prozent).
North Data GmbH https://www.northdata.de/_premium
betreibt eine der
größten deutschen Firmenwebseiten
mit finanziellen Kennzahlen und bietet
Services für führende deutsche Wirtschaftsauskunfteien,
Versicherungen,
Banken, Strafverfolgungsbehörden,
FinTech Start-ups, E-Commerce-Unternehmen
und Journalisten – z. B. auch
als Partner des Investigativ-Teams der
Süddeutschen Zeitung im Fall der „Panama
Papers“.
5
BVCM-KONGRESS
VON DATENFLUT BIS DATENSCHUTZ
Der Datenschutz wird im Credit Management eher stiefmütterlich behandelt. Bald werden durch künstliche
Intelligenz mehr Falschmeldungen verbreitet als korrekte Informationen. Credit Manager sind trotz der zunehmenden
Digitalisierung der Wirtschaft wichtiger denn je. Das sind einige Beispiele für die Erkenntnisse, die der
diesjährige Bundeskongress des BvCM in München hervorbrachte. Unter dem Motto „Credit trifft Innovation“
erlebten die gut 400 Teilnehmer eine Mischung aus hochkarätigen Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops.
BvCM-Präsident Rudolf Keßler blickte bei seiner Begrüßung gleich in die Zukunft: „In der Wirtschaft
sinken die Auftragseingänge, die Zahl der Insolvenzen wird dagegen steigen. Es gibt also wieder viel zu tun für
uns Credit Manager.“
Einen sportlichen Start legte BMX-
Weltmeister und Unternehmensberater
Rick Hahne aufs Parkett. Seine
Mission: Er möchte einer Million
Unternehmern ein Werkzeug an die
Hand geben, um smarter zu arbeiten,
Zeit und Geld zu sparen, Beziehungen
zu verbessern, den perfekten Tag
zu erleben. Dazu, so der ehemalige
Leistungssportler, müsse sich vor allem
der Mindset der Unternehmer
ändern. „Planen Sie den perfekten
Tag, anstatt To-Do-Listen abzuarbeiten“,
empfahl Hahne dem Publikum.
Wenn man den Soll-Zustand definiert
und das Ziel visualisiert habe,
könne man einen entsprechenden
Trainingsplan aufstellen. Sportler
beispielsweise stellen sich vor, wie es
ist, Medaillen zu gewinnen. Diese Herangehensweise
lasse sich auch auf
die Wirtschaft übertragen. Zentraler
Bestandteil des Trainingsplans sei die
Frage: „Was hält mich am längsten
auf?“ Wer sich von lästigen und zeitaufwändigen
Routinen befreie, können
gezielt in definierten Zeitblöcken
tätig sein und somit seine Arbeitszeit
deutlich reduzieren – und dadurch
enorme Freiräume gewinnen.
Digitale Transformation
Die Brücke vom smarten Unternehmeralltag
zu einer erfolgreichen digitalen
Transformation schlug Dr. Rolf
Hollander, Vorsitzender des Kuratoriums
CEWE Stiftung & Co. KGaA. Das
Unternehmen, das 1912 gegründet
wurde, zeichnete sich von Anfang
an durch Kontinuität aus: Dr. Hollander
war ab 1992 erst der vierte CEO
in der Firmengeschichte. Inhaltlich
dagegen hat sich das Unternehmen
stetig weiterentwickelt – und als einer
der wenigen etablierten Firmen
die digitale Revolution überstanden.
Im Gegensatz zu Kodak, Agfa, Minolta
und anderen großen Namen aus
der Fotobranche.
Das Unternehmen wurde zunächst
als Fotostudio gegründet. Später
kam der Verkauf von Kameras dazu,
danach die Entwicklung von Filmen
für Dritte. Zwischen 1980 und 2002
begann eine Phase der Expansion –
die durch den parallelen Aufstieg der
Digitalkamera fast zum Scheitern des
Unternehmens geführt hätte. „Im
Jahr 2003 überholte die Digitalkamera
hinsichtlich der Anzahl Fotos erstmals
die herkömmliche Fotokamera“,
blickte Hollander zurück. Die Zahl der
verkauften Filme ist im deutschen
Markt von 191 Millionen im Jahr
2000 auf 6 Millionen im Jahr 2013
zurückgegangen.
Zu Beginn dieser Phase zeigte der
CEO unternehmerische Weitsicht:
„Uns war klar, dass wir nur überleben,
wenn wir neue Produkte und
neue Geschäftsfelder entwickeln. Dafür
mussten wir viel Geld in die Umstrukturierung
investieren.“ Das Entscheidende
war der Zeitpunkt: „Wir
mussten rechtzeitig anfangen, um
die Umstrukturierung bezahlen zu
können. Wenn man erst mal unterfinanziert
ist, hat man keine Chance
mehr.“ So wurde beispielsweise ein
Werk geschlossen, das im Vorjahr
noch fünf Millionen Euro Gewinn
gemacht hatte. Insgesamt wurden
zwischen 2004 und 2010 rund 1.200
6
BVCM-KONGRESS
Stellen abgebaut, um den Unternehmensumbau
finanzieren zu können.
„Wir haben 380 Millionen Euro in den
Digitalumbau gesteckt. Gleichzeitig
ist es uns gelungen, unsere damaligen
Investoren von einer Sonderausschüttung
abzuhalten“, erinnert sich
Hollander.
Eigene Marke
2005 wurde die Idee des heute bekanntesten
Produktes „CEWE Fotobuch“
geboren. Dabei war von Anfang
an wichtig, dieses als eigene Marke
des Unternehmens zu positionieren.
Parallel wurde kräftig in Werbung
investiert. Neben Online-Marketing
und großen Postern an Gepäckbändern
von Flughäfen werden mittlerweile
auch regelmäßig Werbespots
im Fernsehen platziert. Der Erfolg
gibt dem Unternehmen Recht: Seit
2010 steigen die Umsätze und wurde
das operative Ergebnis verfünffacht.
Und mittlerweile arbeiten über 4.000
Mitarbeiter für das Unternehmen –
mehr als vor der digitalen Transformation.
Fazit: Rechtzeitig in die Weiterentwicklung
des Unternehmens
investieren, bevor der Wettbewerb es
tut.
CM-Tech-Award
Nach dem Vortrag von Dr. Hollander
ging eine Premiere über die Bühne
des BvCM-Kongresses: Der erste
CM-Tech-Award wurde verliehen.
Fünf Unternehmen konnten sich für
jeweils wenige Minuten dem Publikum
präsentieren. Nach einigen kritischen
Fragen aus der Jury entschied
schließlich die Lautstärke des Applauses
über den Sieger. Am überzeugendsten
hatte sich offenbar BiZCO-
VER präsentiert (siehe auch Interview
auf Seite 15).
Advanced Analaytics
Vom Tech-Award zur vorausschauenden
Analyse: Björn Reitzenstein,
Corporate Finance Transformation
Team der Robert Bosch GmbH, stellte
anschließend vor, was das Unternehmen
unter „Advanced Analaytics in
Networking Capital Management“
versteht. Um die Größenordnungen
bei dem Konzern zu verdeutlichen,
nannte er zunächst einige Kennzahlen.
Das Unternehmen, das gleichzeitig
Automobilzulieferer, Hersteller
von Gebrauchsgütern, Industrie- und
Gebäudetechnik sowie Verpackungstechnik
ist, beschäftigt mehr als
400.000 Mitarbeiter, die an 268 Produktionsstandorten
einen Jahresumsatz
von 78,5 Milliarden Euro erwirtschaften.
In solchen Dimensionen kann ein
digitales Finanzwesen enorme positive
Auswirkungen haben. „Kontinuierliches
Datenmanagement, die
Verknüpfung interner und externer
Datenquellen sowie der Einsatz von
künstlicher Intelligenz ermöglichen
beispielsweise Analysen in Echtzeit –
und nicht nur wie üblich am Monatsende.“
Zudem sei es möglich, eine
Standardkonfiguration zu verwenden,
bereichsübergreifende Korrelationen
festzustellen und Verbesserungsvorschläge
automatisch zu generieren.
Im Ergebnis ließen sich Qualität, Geschwindigkeit
und Transparenz des
Finanzwesens steigern.
Eine Grundvoraussetzung für die
vorausschauende Analyse sind standardisierte
und homogenisierte
Stammdaten. Man benötige eine
„Single Source of Truth“ – und dafür
hat Bosch die Rohdaten von allen
externen Datenquellen automatisch
integriert. Zudem wurden die Daten
aus den unterschiedlichen Unternehmensbereichen
miteinander verknüpft.
Anschließend veranschaulichte Björn
Reitzenstein die Entwicklung von der
klassischen Business Intelligence
hin zu Advanced Analytics. Die klassische
Art der Business Intelligence
berücksichtigt nur Daten aus der Vergangenheit
(„Welche Daten haben
wir?“). Bei Descriptive Analytics geht
es um die Frage: Was ist passiert? Bei
Diagnostic Analaytics um das Warum?
Auf dieser Ebene der rückwärtsgewandten
Business Analytics will
Bosch aber nicht verharren. Unter
Advanced Analytics versteht der Konzern
die nächsten Schritte: Predictive
Analytics fragt: Was wird passieren?
Und Prescriptive Analytics befasst
sich mit der Königsdisziplin: Wie verwirklichen
wir unseren Plan? Nichts
weniger ist der Anspruch bei Bosch.
Potenziale und Korrelationen
„Forecasts werden üblicherweise auf
alten Daten entwickelt. Es geht aber
vielmehr um die Frage: Was muss
ich heute ändern, damit es morgen
gut ist?“, verdeutlichte Reitzenstein.
BiZCOVER-Geschäftsführer Maurice Emberger (2. von links) überzeugte die Besucher des Kongresses mit seiner Unternehmenspräsentation (Foto rechts).
7
BVCM-KONGRESS
Deshalb wurde bei Bosch vor zwei
Jahren ein Prescriptive Analytics Tool
eingeführt. Es beruht auf robusten,
aber flexiblen Algorithmen, die rund
um die Uhr einsatzfähig sind. Unter
anderem erkennt die Software selbstständig
Korrelationen und deckt somit
Potenziale auf – beispielsweise
für die Optimierung des Working
Capitals oder der Profitabilität. „Wir
können mit einem Klick Analysen erstellen.
Das System zeigt uns dann
automatisch Optimierungspotenziale
auf."
Typisches Beispiel: Die Zahlungseingänge
werden bei vielen Firmen
erst zum Monatsende geprüft. Deshalb
zahlen Kunden häufig auch erst
dann; vorher werden sie ja nicht angemahnt.
Deshalb sei ein Management
of Receivebles erforderlich, was
mithilfe der Echtzeit-Analyse möglich
sei. „Wenn beispielsweise ein international
aufgestellter Kunde bei
uns auf „grün“ steht, aber eine Niederlassung
immer zu spät bezahlt,
wäre das vorher nicht aufgefallen.“
Ebenfalls positive Auswirkungen auf
das Umlaufvermögen hat die „Crossfunctional
Analyse“. „Wir haben unsere
Lieferzuverlässigkeit gegen die
Zahlungseingänge gecheckt. Das
Ergebnis: Wenn wir die Lieferperformance
verbessern, sinkt die DSO. Das
hat dann direkt zu Maßnahmen in
der Produktion und Logistik geführt.“
Solche Erkenntnisse seien nach klassischen
Methoden nicht möglich gewesen.
Diskussionsrunde
Einen traditionellen Bestandteil des
Bundeskongresses bildet die Diskussionsrunde
am ersten Tag, moderiert
von Professor Dr. Bernd Weiß, Vorstandsbeirat
des BvCM. Seine provokante
Einstiegsfrage in diesem Jahr
lautete: „Brauchen wir eigentlich
noch Innovation?“ Die Antworten der
Diskussionsteilnehmer fielen eindeutig
aus. Dr. Gjergji Kasneci, CTO der
SCHUFA Holding AG, sagte: „Wer sich
nicht mit Innovation beschäftigt, ist
praktisch tot.“ Die Schufa entwickele
regelmäßig Innovationen Richtung
Kunden. Zurzeit leiste das Unternehmen
pro Tag eine Million Identifikationen
von Unternehmen – ohne Innovationen
wäre das nicht möglich.
Katarzyna Kompowska, CEO Northen
Europe Region bei der Coface, Niederlassung
in Deutschland, betonte:
„Als Kreditversicherer managen wir
die Risiken von Kunden in aller Welt.
Die durchschnittlichen Zahlungsziele
liegen bei 60 Tagen, da gibt es für uns
entsprechend viel zu tun. Vor zwei
Jahren brauchten wir noch vier Tage
für die Identifizierung internationaler
Unternehmen, heute sind es 1,2 Tage.
60 Prozent der Informationen sind
bereits in Echtzeit möglich. Deshalb
spielt Innovation auch für uns eine
entscheidende Rolle“.
Helge Meyer, Product Owner Receivables
Management bei SAP Deutschland
SE & Co. KGAP, ergänzte: „Neben
der Automatisierung ist vor allem
die Integration entscheidend. Die
Technologie entwickelt sich verstärkt
Richtung Machine Learning.“ Dr. Peter
Poppe, Head of Retail Risk Mgt.
& Risk Controlling BNP Paribas Lease
Group, beschrieb den Stand der Dinge
in dem Unternehmen: „Wir stecken
inmitten neuer Automatisierungsprozesse.
In Brasilien beispielsweise
erhalten wir drei Millionen Anfragen
pro Jahr. 90 Prozent mussten wir bisher
aufgrund mangelnder Daten ablehnen.
Mittlerweile konnten wir den
Anteil der angenommen Aufträge
dank innovativer Datengenerierung
auf 15 Prozent steigern.“
Schneller werden
Die zweite Frage an die Runde thematisierte
das Potenzial der Digitalisierung.
Dr. Peter Poppe: „Im B2B-
Bereich steckt noch großes Potenzial.
Gerade für kleine und mittelständische
Unternehmen. Entscheidungen
müssen vor allem schneller werden.“
Dr. Georg Schröder CCM, Managing
Partner Limesso Consulting
& Services: „Im B2C-Bereich werden
Kreditentscheidungen bereits in Sekundenschnelle
gefällt. Bei großen
Online-Händlern wie Zalando muss
alles extrem schnell laufen. Sonst
springen die Kunden ab.“ „Auch im
B2B-Bereich müssen Entscheidungen
in Sekundenschnelle möglich werden.
Allerdings hakt es oft noch an
den entsprechenden Prozessen“, fügte
Poppe an.
Um die Datensintflut ging es in einem Workshop, den BvCM-Vorstandsmitglied Bernd Bütow (links)
moderierte.
Katarzyna Kompowska: „Bei B2C-
Lösungen spielt die Digitalisierung
schon lange eine wichtige Rolle, im
B2B-Bereich gewinnt sie an Bedeutung.
Es ist wichtig, dass die Credit
Manager den Freiraum für die
wirklich relevanten Entscheidungen
8
BVCM-KONGRESS
Der "Exzellenz in Credit Management"-Award 2019 ging an das Credit Management-Team der Rational AG.
Ein weiteres Highlight des ersten
Kongresstages bildete die Verleihung
des zweiten „Exzellenz in Credit
Management“-Awards. Der Preis
2019 ging an die Rational AG mit
Sitz in Landsberg am Lech. Das Unternehmen
entwickelt und vertreibt
weltweit Geräte für Profiküchen – ein
Business mit besonderen Eigenheiten.
Die Key Accounts in Nordamerika
beispielsweise bestellen regelmäßig
ihren gesamten Jahresbedarf auf
einen Schlag. Und in Brasilien ist es
durchaus üblich, auch Händlern die
Zahlung in zwölf Monatsraten zu ermöglichen.
Solche Sonderfälle müssen
auch im Credit Management berücksichtigt
werden – und das hat die
Rational AG geschafft. „Es ist den Kollegen
gelungen, im Unternehmen ein
prozessorientiertes Credit Management
einzuführen und sukzessive zu
optimieren“, begründete die Jury die
Entscheidung für die Rational AG.
erhalten und sich nicht mit Routinetätigkeiten
aufhalten.“ Dr. Gjergji
Kasneci: „Wer in diesem Bereich aktiv
ist, muss in Data Science und Qualitätssicherung
investieren. Dafür sind
andere Kompetenzen erforderlich.
Die Schufa hat sich deshalb dazu
entschieden, einen entsprechenden
Lehrstuhl in Thübingen zu finanzieren.
Wir wollen auf diese Weise eine
Brücke von der Theorie zur Praxis
schlagen.“
Anschließend wollte Professor Dr.
Bernd Weiß wissen: „Wie wichtig ist
Machine Learning eigentlich?“ Helge
Meyer: „Standardisierte Prozesse
wie das Zuordnen von Zahlungseingängen
zu offenen Posten kann ein
Algorithmus gut lernen.“ Dr. Georg
Schröder ergänzte: „Das nützt allerdings
nichts, wenn die Mitarbeiter
die Rechnungen zu den falschen Adressaten
schicken. Ein System muss
deshalb immer die Möglichkeit für
manuelle Nachbearbeitungen bieten.“
Mensch wird gebraucht
Apropos manuell: „Wie steht es um
die Substitution des Menschen?“,
fragte Weiß in die Runde. Dr. Gjergji
Kasneci: „Man wird langfristig Experten
brauchen. Eine ,Generelle KI‘ ist
nicht absehbar. Es gibt derzeit keine
Indizien dafür, dass wir das jemals
schaffen werden.“ Katarzyna Kompowska:
„Je mehr Entscheidungsprozesse
automatisch verlaufen, desto
mehr Transparenz ist gefordert. Für
viele Fälle wird deshalb menschliche
Intelligenz noch lange erforderlich
bleiben. Die Anforderungen an Mitarbeiter
verändern sich allerdings.“
Helge Meyer: „Das hängt vom Unternehmen
ab. Wenn man schon sehr
weit in der Digitalisierung ist, wird
sich für die Mitarbeiter nicht so viel
ändern. Wer aber noch mit Exceltabellen
arbeitet, wird langfristig weniger
Leute brauchen. Die einfachen
Tätigkeiten werden wegfallen.“
Dr. Peter Poppe: „Wir haben das Team
im Credit Management nicht verkleinert.
Dafür haben sich die Aufgaben
verlagert. Wir generieren jetzt mit
der gleichen Mannschaft dreimal so
viel Neugeschäft wie vor der Automatisierung.“
Dr. Georg Schröder: „Die
Zahl der Standardjobs wird tatsächlich
sinken. Wir wachsen mit gleicher
Kopfzahl, sind also effizienter. Das
Profil der Mitarbeiter ändert sich.
Man kümmert sich heute um Sachen,
die man früher aus Zeitgründen nicht
machen konnte. Neu ist vor allem das
End-to-End-Denken im Credit Management.“
Exzellenz-Award
Geschäfte ermöglichen
„Wir haben vor gut zehn Jahren mit
einem strukturierten Credit Management
begonnen“, blickte Andreas
Schmitt, Head of Group Credit
Management, zurück. „Damals ist
uns große Skepsis entgegengeschlagen.
Mittlerweile aber haben die
Vertriebskollegen eingesehen, dass
wir sie unterstützen und Geschäfte
teilweise erst möglich machen. Teilfunktionen
des Credit Managements
haben wir dabei auf andere Unternehmensbereiche
wie den Vertrieb
ausgelagert.“
Von Anfang an musste gewährleistet
sein, dass das Credit Management
evolutionsfähig ist. Zum einen befindet
sich das Unternehmen seit
Jahrzehnten permanent auf Wachstumskurs,
zum anderen in der zunehmenden
Internationalisierung – und
zwar insbesondere in Richtung Emerging
Markets. Auf diese Entwicklun-
Professor Dr. Bernd Weiß moderierte die traditionelle
Talkrunde.
9
BVCM-KONGRESS
gen ist das Credit Management eingerichtet.
„Wichtig war uns, dass wir
in kurzer Zeit und mit überschaubarem
Aufwand Risiken absichern und
Überfälligkeiten senken konnten.
Gleichzeitig mussten wir unsere Flexibilität
bewahren. Alles mit dem Ziel
der Liquiditätssicherung“, so Schmitt.
Dabei spiele KI derzeit noch eine untergeordnete
Rolle. Man müsse genau
prüfen, was in Sachen Digitalisierung
für das jeweilige Unternehmen
wirklich sinnvoll sei. Die Rational AG
arbeite mit 6.000 Händlern weltweit
zusammen. Das Credit Management
für ein solches Volumen lasse sich im
wiederkehrenden B2B-Geschäft noch
gut mit bewährten Tools darstellen.
Bei einem Unternehmen gleicher
Größenordnung im kleinteiligen B2C
sehe das u.U. ganz anders aus.
Eigenständige Einheit
Eine andere organisatorische Maßnahme
hatte da wesentlich größeren
Impact: 2016 wurde das Group
Credit Management aus dem Group
Treasury herausgelöst und als eigenständige
Einheit im Unternehmen
etabliert. Ein Jahr später wurden die
ersten lokalen Credit Policies eingeführt.
Inzwischen sind neben dem
Stammteam in Deutschland auch die
ersten lokalen Credit Manager aktiv.
Deshalb fand vor kurzem das erste internationale
Credit Manager Meeting
der Rational AG statt. „Auch in Zeiten
von KI geht nichts über den menschlichen
Faktor“, ist auch CFO Dr. Axel
Über 400 Credit Manager nahmen an dem Kongress teil.
Kaufmann überzeugt.
Die Erfolge geben dem Unternehmen
Recht: Die DSO wurde von 50 auf 40
Tage, der Anteil der Ausbuchungen
von 0,18 auf 0,03 Prozent der Umsätze
und die Summe der Drohschäden
zum Jahresende von 1,2 Millionen auf
0,4 Millionen Euro gesenkt. Bei einem
Umsatz, der im gleichen Zeitraum von
500 auf 800 Millionen Euro gestiegen
ist, ein exzellentes Ergebnis.
„Stiefmütterlich“
Björn Reitzenstein stellte Advanced Analytics
bei Bosch vor.
Der zweite Kongresstag startete ganz
im Zeichen des Datenschutzes. Stephanie
Iraschko-Luscher, Vorsitzende
des Arbeitskreises Datenschutz, und
Christian Huth, Stellvertretender
Vorsitzender des Arbeitskreises, informierten
über den Stand der Dinge
hinsichtlich der Aktualisierung der
Mindestanforderungen an den Datenschutz
im Credit Management
(MaDiC). „30 Prozent aller Unternehmen
haben noch großen Bedarf“, betonte
die Datenschutzexpertin zum
Einstieg in die Präsentation.
Die alte BDSG sei sehr statisch gewesen
und habe die Dynamik der
Wirtschaft nicht widergespiegelt.
Die DSGVO dagegen sei ein sehr dynamisches
Gesetz. Inzwischen – anderthalb
Jahre nach dem offiziellen
Inkrafttreten der Verordnung – gehen
die ersten Behörden dazu über,
Bußgelder zu verhängen. Die französischen
Behörden beispielsweise haben
eine Strafe von 50 Millionen Euro
gegen Google verhängt, die niederländischen
Behörden gehen gegen
Microsoft vor. In Deutschland gehe
vor allem Bayern auf Bußgeldjagd.
Die Bayerischen Behörden stören sich
beispielsweise an einer weit verbreiteten
Praxis im E-Commerce-Bereich:
Viele Unternehmen führen eine Bonitätsprüfung
durch, bevor der Kunde
die Zahlungsart wählt. Das ist nicht
mehr gestattet. Wenn der Kunde beispielsweise
die Zahlungsart Vorkasse
wählt, fehlt die rechtliche Grundlage
für eine Bonitätsprüfung. Wer sich
nicht daran hält, muss mit empfindlichen
Bußgeldern rechnen.
Aber auch in anderen Bundesländern
werden die Aufsichtsbehörden aktiv.
„In Baden-Württemberg musste ein
Plattformbetreiber 50.000 Euro Strafe
zahlen, weil er die Passworte der
Nutzer nicht verschlüsselt gespeichert
hatte“, führte sie ein konkretes
Beispiel auf.
Handlungsempfehlungen
Das Ziel der angepassten MaDiC
ist klar formuliert: „Wir wollen den
zuständigen Behörden Handlungsempfehlungen
vorlegen und mit
ihnen abtstimmen. Wer die MaDiC
2 anwendet, soll keine Bußgelder
zu befürchten haben.“ Dabei kooperiert
der Arbeitskreis mit den Behörden
in Hessen, da diese für dieses
Thema zuständig sind.
Um die Handlungsempfehlungen
an den Bedürfnissen der Credit
Manager anzupassen, hat der Arbeitskreis
Datenschutz eine Umfrage
gestartet, an der rund 80
BvCM-Mitglieder teilgenommen
haben. Davon waren 66 Mitglieder
im B2B- und 14 im B2C-Bereich tä-
10
BVCM-KONGRESS
tig. „Was uns erschreckt hat, war die
Tatsache, dass wir häufig ein „nicht
bekannt“ als Antwort erhielten“, berichtete
Stephanie Iraschko-Luscher.
„Der Datenschutz scheint im Credit
Management noch nicht so ganz
angekommen zu sein.“
Ein häufig unbekannter Aspekt sei
beispielsweise der Umgang mit unstrukturierten
Daten. Dabei kann es
sich um Angebote, Anfragen oder
andere Korrespondenzen handeln,
die in unterschiedlichen Ordnern
abgelegt sind, aber Rückschlüsse
auf Kunden oder Lieferanten erlauben.
Die Aufsichtsbehörden verlangen
deshalb auch ein Konzept für
den Umgang mit diesen unstrukturierten
Daten. „Ein großer Versandhändler
zum Beispiel hat seine
IT-Abteilung gebeten, alle Daten zu
checken. Wer ist Owner der Daten?
Dabei wurden 350 lokale Ordner
gefunden, für die sich niemand zuständig
fühlte“, erklärte die Rechtsanwältin.
Ordner voller unstrukturierter
Daten.
Ein Ergebnis der Befragung sei, dass
der Arbeitskreis verstärkt Aufklärung
betreiben wolle. „Der BvCM
will Meinungsführer zu diesem Themenkomplex
werden“, verdeutlichten
die beiden Arbeitskreisleiter.
Datensintflut
Eine Ressource vervielfacht sich –
und zwar exponentiell: „Man spricht
inzwischen nicht mehr von einer Datenflut,
sondern einer Datensintflut.“
Mit dieser Aussage startete Bernd
Bütow, Geschäftsführer Verband der
Vereine Creditreform und Vorstandsmitglied
des BvCM, den Workshop
„Daten und Informationen in Zeiten
der Informationsflut“. Um die Dimension
des Themas zu verdeutlichen,
nannte er zunächst eine Größenordnung:
„Bis 2025 wird pro Jahr ein Datenvolumen
von 163 Zettabyte entstehen.
Das entspricht dem Umfang
von 163 Milliarden Festplatten mit
einem Volumen von einem Terabyte.“
Anschließend zitierte Bütow eine
Studie, wonach ab 2022 durch
künstliche Intelligenz mehr falsche
als korrekte Daten produziert werden.
Es gehe also nicht mehr darum,
möglichst viele, sondern möglichst
richtige Daten zu nutzen. Wie bei
Amazon-Bewertungen gebe es auch
viele Fakes bei Unternehmensinformationen.
Die Technik für die Produktion
falscher Daten entwickele sich
schneller als die Detektion der Fake
News. „Deshalb stellt sich die Frage:
Wie sieht unsere digitale Arche aus?“
Auf die erste Frage nach der Vervielfachung
der Daten in den vergangenen
Jahren zitierte Dirk Radetzki, Chief Regional
Officer DACH Bisnode Deutschland
GmbH, eine alte Überlieferung.
Danach wünschte sich ein Mann als
Belohnung für geleistete Dienste von
seinem König jedes Jahr die doppelte
Menge Korn. Der König war sofort
einverstanden, da er nicht im exponentiellen
Denken geübt war – was er
später bereute. Ähnlich exponentiell
wächst die Datenmenge. „Wenn man
ein Schachbrett mit 64 Feldern nimmt,
sind wir jetzt etwa auf Feld 37 angelangt“,
verdeutlichte er in Bezug auf die
Datenmenge.
Vincenz M. Behn, Senior Director Bureau
van Dijk, a Moody’s Analytics
Company, ergänzte auf sein Unternehmen
bezogen: „Wir haben die Anzahl
der Unternehmen in unserer globalen
Datenbank in den letzten beiden Jahren
um 47 Prozent gesteigert. Wenn
wir einen neuen Datenprovider z.B.
in China aufschalten, kommen rasch
weitere Mengen hinzu. Wichtiger als
die Informationsmenge in den Datenbanken
aber ist die Infotiefe, z.B. Credit-
Scores und Ratings oder Compliancerelevante
Informationen wie Daten
zum wirtschaftlichen Eigentum oder
zu komplexen Beteiligungsstrukturen.“
Best Partner Award
geht an die Schufa
Ohne zuverlässige Partner kommt auch
der beste Verband nicht weiter. Deshalb
ist es inzwischen eine Tradition, dass der
BvCM im Rahmen des Abendprogramms
einen langjährigen Kooperationspartner
auszeichnet. In diesem Jahr ging der
Best-Partner-Award an die SCHUFA Holding
AG. BvCM-Präsident Rudolf Keßler,
der stellvertretender Vorstandsvorsitzende
Andreas van Koevorden und der geschäftsführende
Vorstand Jan Schneider-
Maessen überreichten die entsprechende
Urkunde an Dr. Michael Freytag, seit zehn
Jahren Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.
Der BvCM-Vorstand dankte
Freytag für die langjährige und vertrauensvolle
Zusammenarbeit. Freytag wiederum
betonte die Bedeutung des BvCM für
die Entwicklung des Credit Managements
in Deutschland – und bekräftigte die Partnerschaft
für die kommenden Jahre.
Rudolf Keßler, Dr. Michael Freitag, Andreas van Koeverden und Jan Schneider-Maessen (v.l.n.r.).
11
BVCM-KONGRESS
Überforderung für Menschen
„Wie wirkt sich diese Entwicklung auf
den Menschen aus?“ Auf diese Frage
antwortete Benjamin Cerovac, Senior
Global Consultant EMEA, CEE und
Balkan, Experian GmbH: „Wir erwarten
2020 weltweit rund 450 Milliarden
Geschäftstransaktionen pro Tag.
Dadurch entstehen 1,7 Megabyte
Daten pro Person pro Sekunde. Diese
Datenflut können wir als Mensch
nicht verarbeiten, die Evolution hat
uns nicht darauf vorbereitet.“ Deshalb
gebe es gigantische Datenspeicher
und entsprechende Prozessoren,
die Entscheidungen in Echtzeit ermöglichten.
„Was kann man mit diesen Daten
noch anfangen?“ fragte Bütow Jens
Junak, Leiter Wachstumsmärkte
SCHUFA Holding AG: „Wir müssen
von Big Data zu Smart Data kommen.
Wir verfügen bei der Schufa etwa
über eine Milliarde Daten. Wir haben
68 Millionen Menschen abgedeckt,
geben in Deutschland eine Million
Bonitätsauskünfte pro Tag. Sechs
Millionen Unternehmen sind registriert,
von denen 90 Prozent bis zu 20
Mitarbeiter haben. Dabei herrscht
eine große Korrelation zwischen Privatpersonen
und Unternehmen. Zu
90 Prozent der Menschen, die wir
kennen, haben wir positive Daten. Zu
zehn Prozent weichere oder härtere
Negativmerkmale. In Deutschland
läuft es also gut. Man kann mit diesen
Daten also tatsächlich etwas anfangen.“
Geschwindigkeit
Diese Datenmenge wirkt sich natürlich
auch auf den Arbeitsalltag
der Credit Manager aus. „Was muss
Credit Management heute leisten?“,
lautete deshalb die folgende Frage
an Benjamin Cerovac. „Wir haben die
Aufgabenstellung, Kreditausschüttungen
in zehn Minuten zu ermöglichen.
Schließlich kann man ein Konto
schon in sieben Minuten eröffnen. Es
geht also um eine immer größere Geschwindigkeit.“
Wie sind die Auswirkungen auf das
Risikomanagement? Als Antwort
verwies Dirk Radetzki auf eine israelische
Studie. Dabei ging es um
1.000 Häftlinge, die eine vorzeitige
Haftentlassung beantragt hatten,
und deren Verhandlungen ausgewertet
wurden. Als Ergebnis stellte
sich heraus, dass die ersten Fälle am
Morgen und die ersten Fälle nach der
Mittagspause wesentlich häufiger
positiv entschieden wurden, als die
letzten vor der Pause und die letzten
vor dem Feierabend. Es gab also eine
Ungerechtigkeit aufgrund menschlicher
Bedürfnisse wie Hunger und
Müdigkeit, die in den Entscheidungen
nachgewiesen wurde. So ähnlich
sei das bei Riskentscheidungen.
Dabei diene eine gute Datengrundlage
als neutrale Entscheidungshilfe.
„Trotzdem schalten wir dabei nicht
den Kopf aus.“
Nicht mehr wegzudenken
Vincenz M. Behn erläuterte: „Automatisierte
Entscheidungen sind nicht
mehr wegzudenken. Eine Veränderung
gibt es im Wesentlichen bei der
Interpretation unstrukturierter Daten.“
„Welche Rolle spielt in diesem
Zusammenhang die Regulatorik“,
wollte Bütow anschließend wissen,
woraufhin Behn ergänzte: „Die Regulatorik
ist natürlich immens wichtig.
Sie bietet Risiko und Chance zugleich.
Einerseits muss man wissen, wer der
Kunde ist und ob der Geschäftsführer
oder Eigentümer vielleicht auf einer
Sanktionsliste (z.B. des OFAC) steht.
In unserer Datenbank ändert sich alle
zwei Sekunden ein Ownership-Link.
Eine manuelle Prüfung ist daher aus
unserer Sicht nicht mehr zu bewerkstelligen.
Die Chancen-Komponente:
Oft ist nicht ersichtlich, ob eine Kon-
12
BVCM-KONGRESS
zernzugehörigkeit besteht. Das Credit
Management kann dies über die
Datenbank feststellen und wird so
zum Wegbereiter für ein Geschäft,
beispielsweise indem es anzeigt,
dass ein höheres Limit gewährt werden
kann.“
Von der Chance zum Risiko: Damit
kam Bütow auf die eingangs erwähnten
Fake News zu sprechen. „Wie können
wir künftig zwischen falschen
und richtigen Informationen unterscheiden?“
„Alle arbeiten intensiv an
der Technologie. Wir müssen uns der
Thematik stellen, KI ist allein nicht in
der Lage, die Daten zu filtern“, antwortete
Dirk Radetzki. Dies sei eine
technologische Herausforderung.
„Und ich bin davon überzeugt, dass
wir für richtige Daten künftig mehr
Geld ausgeben müssen.“
Benjamin Cerovac ergänzte: „Die Universität
Washington hat einen Algorithmus
entwickelt, um damit Fake
News zu erstellen. Dieser wird jetzt
genutzt, um Falschmeldungen zu detektieren.
In Deutschland befasst sich
schwerpunktmäßig die TU Darmstadt
mit dem Thema. Grundsätzlich
geht es auch darum, veraltete Informationen
als Hinweise zu identifizieren.
Viele Handwerker beispielsweise
pflegen ihre Webseiten nicht. Wenn
da lange nichts aktualisiert wurde,
schauen wir genau hin, arbeiten dabei
mit Google zusammen. Wenn
Öffnungszeiten auf Webseiten verschwinden,
kann man in neun von
zehn Fällen davon ausgehen, dass
eine Insolvenz droht.“
Dies führte Bernd Bütow zu der Frage:
„Werden unsere Systeme mit noch
mehr Daten überhaupt besser?“ Für
die Schufa ist die Antwort eindeutig:
„Ja, werden sie. Unsere Kunden beispielsweise
bekommen nicht nur Informationen,
sondern können selbst
auch ihre Daten bei uns einstellen,
damit wir über korrekte Informationen
verfügen“, erklärte Jens Junak.
Zuverlässige Daten
Dirk Radetzki: „International wird es
schwieriger werden, an vertrauenswürdige
Daten zu gelangen. Gerade
für eine Exportnation mit Kunden in
aller Welt sind zuverlässige Daten
entscheidend.“ Daran schließt sich
die Frage an: „Wie gehen wir mit falschen
Daten in China um?“
Vincenz M. Behn: „Alibaba und andere
chinesische Konzerne sind Player,
deren Impact wir noch nicht abschätzen
können. Zudem gibt es große Regionen,
in denen es praktisch keine
Daten gibt, wie beispielsweise die
USA. In Schwellenländern wie Nigeria
oder verschiedenen asiatischen Staaten,
aus denen das künftige Wachstum
kommt, sind Daten ebenfalls so
gut wie nicht vorhanden.“
Beim Thema Datenflut darf der Datenschutz
natürlich nicht fehlen.
Deshalb drehte sich die abschließende
Frage um die DSGVO. „Geraten wir
damit gegenüber Ländern wie China
oder den USA ins Hintertreffen?“,
fragte Bütow.
„Einfach fragen“
Benjamin Cerovac: „Da müssen wir
zwischen B2B und B2C unterscheiden.
Für Privatpersonen ist das schon
etabliert. Im Grunde geht es nur darum,
dass die Nutzer zustimmen. Wir
alle haben Google, Apple, Facebook
und anderen die Zustimmung zur
Nutzung unserer Daten erteilt, weil
wir von den Diensten der Unternehmen
profitieren. Deshalb müssen wir
auch im B2B-Bereich einfach anfangen,
unsere Kunden zu fragen. Wenn
der Nutzer von unseren Leistungen
profitiert, stimmt er auch der Datenschutzerklärung
zu.“
Frank Wöbbeking
13
14
BVCM-KONGRESS
BVCM-KONGRESS
ALLE DATEN AUF EINEN BLICK
BiZCOVER hat den ersten CM-Tech-Award gewonnen. Aber überzeugt das Unternehmen auch in der Praxis? Im
Interview erläutert Tim Fricke, Credit Insurance Manager bei der Bibby Financial Services GmbH, wie die Zusammenarbeit
mit BiZCOVER funktioniert. Bibby Financial Services ist einer der weltweit größten bankenunabhängigen
Anbieter von internationalen Factoringlösungen und damit verbundenen Dienstleistungen. Mit einem Portfolio
aus Full Service-, Inhouse- sowie Export-Factoring unterstützt das Unternehmen mit weltweit über 1.300
Mitarbeitern in 44 eigenständigen Niederlassungen in Europa, Nordamerika und Asien mehr als 10.000 Kunden.
DCM: Was genau bietet BiZCOVER
Ihrem Unternehmen Bibby Financial
Services?
TF: BiZCOVER verknüpft viele verschiedene
öffentliche Informationsplattformen,
wie zum Beispiel das
Handels- und Insolvenzregister, den
Bundesanzeiger, Social Media und
die Homepage des Unternehmens.
Die daraus extrahierten Daten werden
gebündelt und kompakt dargestellt,
wodurch eine vollständige
Übersicht aller Informationen aus
den genannten öffentlichen Quellen
produziert wird.
DCM: Wie hat BiZCOVER Ihre Arbeitsprozesse
verändert?
TF: Im Rahmen von Unternehmensanalysen
wird von unseren
Mitarbeitern gerne auf BiZCOVER-
Auskünfte zurückgegriffen. Vor
Neukunden- und Bestandskundenterminen
erstellen wir unseren Außendienstmitarbeitern
ein Dossier,
damit sie alle wichtigen Informationen
direkt zur Hand haben. Diese
Auskunft verschafft uns einen
schnellen, groben Überblick über
die aktuelle Unternehmenssituation
und zeigt uns in dem Zusammenhang
weitestgehend potenzielle gesprächsrelevante
Themenstellungen
auf.
DCM: Konnten Sie durch BiZCOVER
zeitliche oder monetäre Einsparungen
feststellen?
TF: BiZCOVER ersetzt für uns keine
detaillierte Unternehmensanalyse,
verschafft uns jedoch einen ersten
Überblick über die Unternehmenssituation
– und das mit nur einer
Suchanfrage. Somit können wir uns
vorab über mögliche gesprächsrelevante
Faktoren informieren.
DCM: Wo liegt der größte Vorteil für
Sie?
TF: Die Daten, die uns BiZCOVER liefert,
sind aktuell und verlässlich. Diese
werden 1:1 aus öffentlichen Informationsplattformen
extrahiert und
übermittelt. Und nicht wie sonst üblich
von einer dritten Partei manuell
aufbereitet.
DCM: Und wie lassen sich diese Daten
für Ihre Tätigkeit nutzen?
TF: Neben der Aufbereitung der Informationen
informiert die Watchlist-Funktion
unverzüglich über für
uns gegebenenfalls relevante Änderungen
bei ausgewählten Unternehmen
– zeitgleich mit der Veröf-
Tim Fricke. Foto: Bibby Financial Services GmbH.
fentlichung in den oben genannten
Informationsplattformen. Zu diesen
Änderungen gehören zum Beispiel
Geschäftsführerwechsel, Adressänderungen,
Firmierungsänderungen,
Insolvenzbekanntmachungen und
Veröffentlichungen von Jahresabschlüssen.
Diese Mitteilungsänderungen
erhalten wir durch BiZCOVER
meist schneller als durch andere Informationsdienstleister.
DCM: Was ist aus Ihrer Sicht der
größte Vorteil des digitalen Informationssystems?
TF: Durch das digitale Informationssystem
findet eine schnelle
Aufbereitung verschiedener Informationsquellen
statt. Man hat einen
einfachen und übersichtlichen
Zugriff. Zudem bietet es kurze Ladezeiten
und eine kompakte Aufbereitung
der wichtigsten Informationen.
15
INTERN
CLOUD VERSUS
„ON PREMISE“
„SAP trifft Credit Manager“: In der nunmehr 17. Veranstaltung in dieser
Reihe berichteten der BvCM e.V. und die SAP SE unter anderem über
praxisrelevante Innovationen im Bereich Credit, Receivables, Cash und
Working Capital Management, die allen SAP-Anwendern zur Verfügung
stehen.
Dr. Georg Schröder
Managing Partner
Limesso
georg.schroeder@limesso.com
Dass die gewählten Themen für
alle Credit Manager, die SAP bereits
nutzen oder zukünftig nutzen
werden, relevant waren,
zeigte sich an den über 100 angemeldeten
Teilnehmern. Zudem
wurden viele Fragen gestellt, insbesondere
zu neuen Technologien
wie Machine Learning in AR Automation,
dem Praxisbericht und
der Gegenüberstellung von SAP
S/4HANA „Cloud“ und „on Premise“.
Der erste Vortrag mit dem Titel
„Machine Learning in AR Automation
– New Technology and
Features for Order to Cash Automation“
von Christian Hoppe
(Product Owner SAP SE, Walldorf)
gab einen Einblick das, was über
die heute verfügbaren flexiblen
Prozesse an Verbesserungen möglich
ist. Neben der Darstellung
der Möglichkeiten zeigte Hoppe
passend zu den jeweiligen Prozessbeispielen
eine Life-Demo.
Highlight war die Anwendung von
Machine Learning und Artificial
Intelligence im Cash Application
Prozess in der Cloud, Real Time vor
allen Credit Managern.
Der Praxisvortrag „S/4HANA
Cloud Finance – Implementierung,
Funktionen und Demo aus
der Kundensicht (DE)“ von Harald
Reith (Senior Consultant Finance
& Controlling Services Allgeier ES,
München) beschrieb die Erfahrung,
die man bei Allgeier mit der
Einführung von S4/HANA im sehr
frühen Stadium gesammelt hatte.
Hauptsächlich fehlende Spezialfunktionen
für den Einsatz in
den speziellen Anforderrungen in
einem Beratungshaus erforderten
separate ergänzende Programme.
Der Vortrag „SAP S/4 HANA Cloud
versus SAP S/4HANA on Premise
am Beispiel Receivables Management”
von Helge Meyer (Product
Owner SAP SE, Walldorf) gab einen
Überblick über alle Funktionen
im Receivables Management
und schaffte Klarheit, welche
Funktionalität in den verschiedenen
S/4 HANA Versionen, also „on
Premise“ versus „Cloud“, zur Verfügung
stehen. Ebenso relevant
waren auch die Ausführungen
zum Umstieg von ERP 6.0 FSCM
auf S/4HANA – erheblich einfacher,
da die Datenstrukturen identisch
sind und keine Migration
notwendig ist.
Die zehn Fragen zum Credit Ma-
16
INTERN
nagement der Zukunft: „Wohin
geht die Reise in den kommenden
fünf bis zehn Jahren im Zeitalter
von IoT, AI , Real Time Data,
Big Data, Automatisierung und
Standardisierung?“ von Dr. Georg
Schröder (Managing Partner,
Limesso, Offenbach) zeigten im
Online-Survey, dass die Digitalisierungsthemen
in der Credit-
Community angekommen sind:
Mit Ausnahme von „Augmented
Reality/Virtual Reality“ konnte
sich die Community zu 65% oder
mehr einen Einsatz im Credit Management
vorstellen. Die Pläne
befinden sich noch mehrheitlich
im groben Ideenstadium, lediglich
14% gaben an, die Umsetzung von
„Big Data“ und 7% die Umsetzung
von Industrie 4.0, Real Time Processing,
Internet of Things, Artificial
Intelligence, Machine Learning
und Cloud Computing mehr
oder weniger konkret zu planen.
Von Rudolf Keßler (Präsident des
Bundesverbandes Credit Management
e.V.) wurden für ihre Verdienste
und ihr Engagement für
die BvCM Veranstaltungsreihe
„SAP Trifft Credit Manager“ mit
der goldenen Ehrennadel ausgezeichnet:
Helge Meyer (Product
Owner SAP SE, Walldorf) für 17
Jahre Engagement und Dr. Georg
Schröder (Managing Partner, Limesso,
Offenbach) für 4 Jahre Engagement.
Die kompletten Präsentationen
sind im Mitgliederbereich verfügbar.
Bitte schon jetzt die 18. Veranstaltung
am 17.09.2020 in Walldorf
vormerken, wo wir wieder ein
oder zwei Praxisbeiträge zur SAP
S/4HANA Einführung und Nut-
zung aus den Bereichen Credit, Receivables,
Cash, WCM, Dispute und
Collection Management aus Kundensicht
und Vorträge zu Innovationen
der SAP SE vorstellen werden
– mit ausreichend Zeit zum Networking
mit den Referenten und Kollegen
aus anderen Unternehmen.
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PRAXIS
QUALIFIZIERTE MITARBEITER ALS
SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG
Vor mehr als 20 Jahren hat die BayWa eine Kreditrichtlinie eingeführt, vor zwölf Jahren erstmals das eigene Credit Management
vom TÜV Rheinland zertifizieren lassen. Seitdem konnte die Zahl der Forderungsausfälle deutlich gesenkt werden.
Kein Wunder also, dass die jüngste Re-Zertifizierung problemlos absolviert wurde. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor
stellt die Mitarbeiterqualifikation dar.
Die BayWa ist ein weltweit tätiger
Konzern mit den Kernsegmenten
Agrar, Energie und Bau sowie dem
Entwicklungssegment Innovation
& Digitalisierung. Als globaler Player
entwickelt sie führende Lösungen
und werthaltige Projekte für
die Grundbedürfnisse Ernährung,
Energie und Bau. Sitz der 1923 gegründeten
Muttergesellschaft ist
München. Ihren Ursprung hat sie
im genossenschaftlichen Landhandel
mit der Aufgabe, den ländlichen
Raum mit allem zu versorgen, was
die Landwirtschaft braucht. Der
genossenschaftliche Gedanke und
die regionale Verbundenheit sind
immer noch prägend für das Unternehmen.
Kreditrichtlinie
Mit der Einführung der Kreditrichtlinie
vor über 20 Jahren wurde der
Grundstein für ein erfolgreiches
Credit Management gesetzt. Diese
wurde im Laufe der Jahre immer
wieder überarbeitet und angepasst.
Heute sind in der Richtlinie die Kontoeröffnung,
Bonitätsprüfung und
Bonitätsüberwachung, Entscheidungskompetenzen,
Mahnwesen,
Kreditentscheidungen sowie Kreditüberwachung
und gegebenenfalls
Kreditsperren geregelt.
Schnell stelle man fest, dass zur
Steuerung der Prozesse und des
Kundenbestandes eine systemseitige
Unterstützung nötig war. Aus
diesem Grund führte man 1999 ein
Credit Management-System ein.
„Für uns war es damals eine elektronische
Kreditakte, über die wir die
Bonitätsprüfung zu unseren Kunden
vornehmen konnten“, so Tina
Haus-Bienerth, Leiterin Credit Management
bei der BayWa.
Horst Döller, TÜV Rheinland (ganz links) übergab Tina Haus-Bienerth und ihrem Credit Management-Team die Urkunde für die erfolgreiche Rezertifizierung.
18
PRAXIS
Anfangs wurden nur die Kontensalden
übertragen. „Mit der Weiterentwicklung
des Systems und der Aufnahme
der Bewertung der Daten
aus dem eigenen Rechnungswesen,
wie z.B. Mahnsperren und der eigenen
Zahlungserfahrung, erkannten
wir rasch, dass damit ein wichtiger
Frühindikator für Veränderung
der Bonität der Kunden geschaffen
wurde und somit ein wichtiger
Schritt in Richtung Risikoerkennung
gemacht wurde“, blickt Tina Haus-
Bienerth zurück. Das Risiko wurde
durch die Einführung der eigenen
Bonitätsklassen transparenter.
Weiterbildung
Darüber hinaus sind die Mitarbeiter
ein wichtiger Bestandteil eines gut
funktionierenden Credit Managements.
Daher wird bei der BayWa
sehr viel Wert auf die Ausbildung
der Credit Manager gelegt: Seit Jahren
gibt es Schulungsprogramme zu
Themen wie Informationsbeschaffung
und Bonitätsprüfung, Kreditentscheidung,
Haftungsfragen und
Kreditsicherheiten. Die Zusammenarbeit
zwischen Vertrieb und Credit
Management ist ebenfalls ein wichtiger
Bestandteil; auch dazu werden
regelmäßig Workshops durchgeführt.
„Wichtig war uns aber auch, unsere
Prozesse und die Kreditrichtlinie
auf den Prüfstand zu stellen.“ Somit
entschied man sich 2007, als erstes
Unternehmen die Richtline an sich
und die dazugehörigen Prozesse
überprüfen zu lassen – und die Zertifizierung
des Credit Managements
durch TÜV Rheinland unter Berücksichtigung
der MaCM des BvCM
vorzunehmen. Seitdem unterstützt
TÜV Rheinland die kontinuierliche
Weiterentwicklung des Credit Managements
durch jährliche Audits,
wobei alle drei Jahre eine Re-Zertifizierung
durchgeführt wird.
Forderungsausfälle senken
Als Ergebnis der kontinuierlichen
Verbesserung des Credit Managements
und eines wirksamen Forderungscontrollings
konnten die
Forderungsausfälle deutlich reduziert
und seit Jahren auf einem sehr
niedrigen Niveau gehalten werden.
Fazit des Credit Management Teams
der BayWa: „Erfolg ist kein Zufall. Es
ist wie im Sport: An die Spitze kommen
kann einfach sein, man kann
dabei auch Glück haben. Dass man
oben bleibt, das ist die Kunst und
Schwierigkeit.“
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19
CREDITFACTS
ZAHLUNGSMORAL GUT, ABER…
Trotz der schwachen Konjunktur
ist die Zahlungsmoral im Herbst
2019 weiterhin gut. Das melden
die deutschen Inkassounternehmen.
In ihrer aktuellen Umfrage
antworten 55 Prozent: Rechnungen
werden jetzt genauso gut wie im
vergangenen Jahr bezahlt. Grund
sind die zahlungskräftigen und konsumfreudigen
Verbraucher. Deren
Zahlungsverhalten hat sich sogar
leicht verbessert, wie 23 Prozent der
Inkassodienstleister sagen. Für gewerbliche
Schuldner bestätigen das
nur 18 Prozent.
Dennoch warten Gläubiger auf Zahlungen
von Verbrauchern etwas länger
(Durchschnitt: 80,82 Tage) als
auf das Geld von B2B-Schuldnern
(72,34 Tage). Problematisch ist vor
allem das Zahlungsverhalten jüngerer
Verbraucher zwischen 18 und 24
Jahren. Sie haben häufig Konsumschulden
bei Onlinehändlern (89
Prozent der Inkassounternehmen
bestätigen das) sowie Telekomfirmen
(80 Prozent). Ältere Schuldner
stehen dagegen eher bei Banken
und Kreditinstituten in der Kreide.
Am meisten unter laxen Zahlern leidet
derzeit der Onlinehandel – 54
Prozent der Inkassounternehmen
berichten, dass E-Commerce-Kunden
Rechnungen aktuell besonders
schlecht bezahlen. Probleme haben
ebenfalls Energieversorger (38), Vermieter
(37), das Handwerk (36), Fitnessstudios
(34) sowie die Dienstleistungsbranche
allgemein (laut 28
Prozent der Umfrageteilnehmer).
Die Gründe, warum Verbraucher
Rechnungen nicht bezahlen, haben
sich stark gewandelt. Inzwischen
beobachten nur noch 31 Prozent der
Inkassounternehmen dafür Arbeitslosigkeit
als ursächlich. Vor einigen
Jahren war das stets die Top-Antwort.
Jetzt dagegen stellen drei von
vier Inkassounternehmen (73 Pro-
zent) fest: Privatschuldner gehen zu
sorglos und oft unüberlegt Konsumverbindlichkeiten
ein. Zweithäufigster
Nichtzahlgrund (60 Prozent) ist
Überschuldung. Allerdings hatten
noch vor zwei Jahren 76 Prozent
eine entsprechende Angabe in der
Umfrage gemacht.
Bei gewerblichen Schuldnern beobachten
die Inkassounternehmen
aktuell den sogenannten Dominoeffekt:
72 Prozent melden, dass Zahlungsausfälle
bei eigenen Kunden in
dieser Gruppe der häufigste Nichtzahlgrund
sind. Überschuldung
bzw. Insolvenz fällt hier dagegen
kaum ins Gewicht. Nur 30 Prozent
beobachten dieses als Nichtzahlgrund
(letztes Jahr: 39 Prozent). Die
Zahl der Unternehmensinsolvenzen
bleibt niedrig. Sie wird sich etwa auf
dem Vorjahresniveau einpendeln.
Der BDIU erwartet bis Jahresende
rund 19.500 Fälle.
20
CREDITFACTS
Credit Daten & Fakten
Bauunternehmen
suchen Fachkräfte
Aufgrund der nach wie vor guten
baukonjunkturellen Entwicklung mit
hohen Auftragseingängen und - beständen
suchen Bauunternehmen
verstärkt Fachkräfte: In den vergangenen
sechs Monaten meldeten 87% der
Unternehmen offene Stellen, vor sechs
Jahren gaben dies noch 70% an. Dabei
haben die Probleme, diese Stellen zu
besetzen, stark zugenommen: Klagten
vor sechs Jahren „erst“ 79% der Unternehmen
über Stellenbesetzungsprobleme,
waren im August 2019 schon
92% betroffen. Dies ergab die Auswertung
einer Sonderumfrage, die das ifo
Institut im Rahmen seines Konjunkturtests
im Auftrag des Hauptverbandes
durchgeführt hat.
Chemie: Umsätze sinken
Der Abschwung in der chemisch-pharmazeutischen Industrie
hat sich im dritten Quartal 2019 fortgesetzt. Das geht
aus dem aktuellen Quartalsbericht hervor, den der Verband
der Chemischen Industrie (VCI) veröffentlicht hat. Die Produktion
im drittgrößten Industriezweig in Deutschland
sank demnach von Juli bis September im Vergleich zum
Vorquartal leicht. Der Branchenumsatz gab deutlich nach,
weil auch die Chemikalienpreise zurückgingen. Im Inland
verringerte sich die Nachfrage nach Chemieprodukten erneut
wegen der anhaltend schwierigen Geschäftslage in
der Industrie.
Dürre führt zu Insolvenzen in der Landwirtschaft
Der extreme Dürresommer 2018 hat die landwirtschaftlichen
Betriebe in Deutschland wirtschaftlich schwer belastet.
Eine Analyse des Informationsdienstleisters CRIF-
BÜRGEL zeigt, dass sich die Folgen des heißen Sommers
auch auf die Insolvenzzahlen in der Landwirtschaft negativ
ausgewirkt haben. Von Januar bis Oktober 2019 mussten
114 Unternehmen aus der Landwirtschaft eine Insolvenz
anmelden und damit 23,9 Prozent mehr als vor einem Jahr
(Oktober 2018: 92). Auf Jahressicht erwartet CRIFBÜRGEL
bis zu 140 Insolvenzen im Agrarsektor und damit circa 22
Prozent mehr als 2018 (114).
21
PRAXIS
EINE RÄUMLICHE PERSPEKTIVE
AUF INSOLVENZEN
Sollte der Standort eines Unternehmens bei der Prüfung von dessen Kreditwürdigkeit berücksichtigt werden?
Die nachfolgenden Ergebnisse einer besonderen wissenschaftlichen Studie dazu können interessierten Credit
Managern
2012
und
2013
Politikern
2014zusätzlichen 2015
Stoff
2016zum Nachdenken
2017 2018
geben. Ein Beitrag von Andreas Steinborn und
21.311 19.488 17.877 16.979 15.814 14.397 13.907
Anastasia Nosova von DELCREDA. Das Unternehmen ist Spezialist für das internationale Forderungsmanagement
auch in Hochrisiko-Ländern und - Regionen sowie zu Spezialfragen im Auslandsgeschäft.
10.265 9.794 10.391 11.213 10.063 9.592 10.025
Eröffnete Insolvenzverfahren in Deutschland und Russland
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
-
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Deutschland Russland
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Deutschland 21.311 19.488 17.877 16.979 15.814 14.397 13.907
Russland 10.265 9.794 10.391 11.213 10.063 9.592 10.025
Stellt man die räumliche Verteilung
so dar, dass die Größe einer Region
proportional zum Wert ihrer durchschnittlichen
Insolvenzzahl in den
Jahren 2014-16 in Form einer Kartenamorphose
sichtbar wird, erhält
man folgende Bilder:
Bislang wurde die räumliche Verteilung
von Unternehmensinsolvenzen vor
allem auf der Ebene von Ländern und
Bundesländern durchgeführt – wie
sich dies u.a. bei den Risiko-Karten und
Graphiken der führenden Kreditversicherer
und Auskunfteien zeigt. Uns
hat nun interessiert, wie sich die Lage
darstellt, wenn man die Daten zur Anzahl
der eröffneten Insolvenzverfahren
auf der Ebene der 402 Landkreise und
kreisfreien Städte Deutschlands sowie
in den 82 Regionen der Russischen Föderation
analysiert und mit weiteren
Parametern in Beziehung setzt.
Die methodische Herangehensweise,
die am Ende des Artikels skizziert wird,
umfasste dabei drei Schritte:
Zentrale Ergebnisse
Die Zahl der eröffneten Insolvenzverfahren
in Deutschland ist mit 13.907
PRAXIS signifikant höher als in Russland
mit 10.025 im Jahr 2018. Eine
vergleichende Analyse des Risikos von
Forderungsausfällen in beiden Ländern
ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung,
könnte aber Stoff zum Nachdenken
über einige länderbezogene
Risikobewertungen sein.
Die räumliche Verteilung der absoluten
Anzahl der Insolvenzen stellt sich
dabei wie folgt dar:
Anzahl von juristischen Personen, die im Berichtsjahr den Geschäftsbetrieb
eingestellt haben, davon aufgrund der Insolvenz
2017 – 2018
1. Kartographische Bewertung räumlicher
Disparitäten
2. Auswertung von räumlichen Autokorrelationen
3. Regressionsanalyse
im Jahresdurchschnitt
In den auf der nächsten Seite folgenden
Abbildungen ist die geographische Verteilung
des Anteils von Insolvenzen im
Verhältnis zur Gesamtanzahl von Unternehmen
je Region dargestellt – die
22
PRAXIS
Zahlen beziehen sich auf Insolvenzen je
10.000 Unternehmen. Auf der Basis der
Berechnung des Local Moran´s Index
für jede Region wurden statistisch signifikante
Ausreißer und Cluster identifiziert.
Räumliche Clusterbildungen mit
hohen Werten des Anteils von Insolvenzen
an der Betriebszahl werden in NRW
sowie im Großraum Hamburg bzw. in
südlichen Regionen Sibiriens (Teilrepublik
Chakassien, Burjatien, Altaj, Gebiet
Kemerovo, Region Transbaikalien) beobachtet.
Clustergruppierungen mit
niedrigen Werten wurden in südlichen
Teilen des Landes Baden-Württemberg
und Bayern bzw. in der Region Primorje
im russischen Fernen Osten ermittelt.
Einflussfaktoren für die räumliche
Verteilung von Insolvenzen
Die abhängige Variable „Anzahl der
Insolvenzen je 10.000 sozialversicherungsplichtigen
Beschäftigten“, wurde
in Korrelation zu folgenden unabhängigen
Variablen, Prädiktoren, gesetzt:
Durchschnittseinkommen im Verhältnis
zum Existenzminimum sowie der
Interaktion der beiden Variablen Volumenindex
des Einzelhandels und Anteil
der überfälligen Verbindlichkeiten
zu den gesamten Verbindlichkeiten.
Mit anderen Worten – der Anteil der
Insolvenzen an der Gesamtzahl der
Betriebe ist insbesondere in den Regionen
mit niedrigem Einkommen und
schwacher Dynamik des Einzelhandels
besonders hoch.
Zur Methodik
Nach der Erstellung von kartographischen
Karten wurden in einem zweiten
Schritt interregionale Einlüsse
und Abhängigkeiten ausgewertet.
Berechnet wurde der Global Moran´s
Index, der basierend auf der Nachbarschaftsmatrix
und Variablenwerten
überprüft, ob räumliche Konzentrationen
oder nur eine zufällige Verteilung
vorhanden ist. Darüber hinaus wurde
der Local Moran´s Index ermittelt, mit
Dr. Anastasia Nosova
Projektmanagerin
Repräsentanz Freistaat Bayern in Moskau
anastasia.nosova@delcreda.com
Akademischer Abschluss, Industriequote,
Kleinstbetriebe, Langzeitarbeitslosigkeit
und Steuereinnahmen. Für
Deutschland wurden dabei Langzeitarbeitslosigkeit
und Industriequote als relevante
Faktoren in Bezug auf die Insolvenzanfälligkeit
in mehreren Modellen
ermittelt.
Schaut man sich zum Beispiel das Insolvenzcluster
Ruhrgebiet an, so weist diese
Region deutschlandweit besonders
hohe Werte bei der Langzeitarbeitslosigkeit
sowie eine niedrige Industriequote
im Vergleich zu z.B. südlichen
Regionen auf.
In Russland sind die regionalen Differenzen
am besten mit den folgenden
Prädiktorvariablen zu beschreiben:
dem eine lokale Beurteilung von Autokorrelationen
vorgenommen werden
kann.
Bei der anschließenden Regressionsanalyse
wurde die nichtparametrische
Prozedur „Multivariate Adaptive
Regressions-Splines“ unter Zuhilfenahme
der Programmiersprache R verwendet.
Die Beziehung zwischen den abhängigen
und unabhängigen Variablen
wird aus einer Menge an Koefhzienten
und Basisfunktionen konstruiert, indem
die Modellgenauigkeit maximiert
wird. Diese Technik ist hilfreich, wenn
keine Annahmen über den Typ von Beziehungen
(linear, logistisch usw.) zwischen
Prädiktor- und Kriteriumsvariablen
gegeben sind, so wie es in
unserem Fall ist.
Andreas Steinborn
Geschäftsführer
DELCREDA
andreas.steinborn@delcreda.com
23 23
CMI AKTUELL
PSD2: OPEN BANKING
BRAUCHT SICHERHEIT
Banken müssen externen Finanzdienstleistern, insofern der Kunde dies wünscht, zukünftig Zugriff auf die Daten
ihrer Kunden geben. So fordert es die EU-Richtlinie PSD2, deren zweite Stufe am 14. September 2019 in Kraft
trat. Durch dieses „Open Banking“ sollen Wettbewerb und Service beim Online-Banking erhöht werden. Die neue
Schnittstelle bietet aber auch einen neuen Angriffspunkt für Hacker. Die Banken benötigen deshalb dringend
neue Sicherheitskonzepte, um die Kundendaten vor Missbrauch zu schützen. Ein Beitrag von Daniel Heck, Vice
President Marketing bei Rohde & Schwarz Cybersecurity, einem weltweit tätigen IT-Sicherheitsunternehmen.
Die zweite Zahlungsdiensterichtlinie
der EU – kurz PSD2 – öffnet mit ihrer
zweiten Stufe den Zahlungsverkehr
gegenüber Drittparteien. Durch dieses
„Open Banking“ können Kunden beispielsweise
beim Einkauf im Internet
Zahlungsauslösedienste (ZAD) beauftragen.
Das ermöglicht eine Bezahlung
per Sofort-Überweisung. Die ZAD lösen
bei dem kontoführenden Kreditinstitut
eine Überweisung aus und schicken
dem Verkäufer eine Zahlungsbestätigung.
Auch wenn er noch keinen Zahlungseingang
verbuchen kann, erhält
der Verkäufer die Gewissheit, dass die
Zahlung auf dem „Weg“ ist. Er wird
die Ware oder Dienstleistung sofort
freigeben oder versenden. Für Kunden
soll das Bezahlen im Internet dadurch
genauso schnell und einfach werden,
wie bar an der Kasse. Zudem können
Kunden, die Konten bei verschiedenen
Banken haben, durch die neuen
Regularien Kontoinformationsdienste
(KID) nutzen: Diese zeigen alle Umsätze
und Kontostände in einer zentralen
Übersicht an. Für die Kunden bedeutet
Open Banking also mehr Komfort, für
Fintechs ermöglicht es einen besseren
Zugang in den Markt.
Regulierungsstandards
Damit ZAD und KID ihre Dienstleistungen
anbieten können, benötigen
sie Zugriff auf die Daten der Kunden.
Die PSD2 definiert daher sogenannte
Application Programming Interfaces
(APIs). Mit diesen Schnittstellen lassen
sich die Online-Services verbinden und
Daten übertragen. Online-Banking soll
aber nicht nur bequemer, sondern auch
sicherer werden. Aus diesem Grund
verpflichtet die PSD2 Zahlungsdienstleister
dazu, eine sogenannte starke
Kundenauthentifizierung – abgekürzt
SCA – zu entwickeln. In den technischen
Regulierungsstandards (RTS) wird dafür
eine Kombination aus mindestens zwei
voneinander unabhängigen Elementen
vorgegeben: Kombiniert werden kann
beispielsweise etwas, das der Kunde
weiß, also ein Passwort, mit etwas, das
er besitzt – also z. B. einer Tan – oder
mit einem biometrischen Merkmal, wie
einem Fingerabdruck.
Für Banken ist die technische Umsetzung
dieser neuen Vorgaben eine
enorme Herausforderung. Sie müssen
gewährleisten, dass die neuen Au-
thentifizierungsverfahren bei der Anbindung
der Drittparteien umgesetzt
werden. Insbesondere benötigen sie
aber auch neue Schutzmechanismen,
da APIs einer Vielzahl von Angriffsszenarien
ausgesetzt sind. Einige wichtige
Aspekte beim Absichern von Open Banking
werden im Folgenden beschrieben.
Nichterreichbarkeit verhindern
Sind Online-Finanzdienste nicht erreichbar,
erleidet der Finanzdienstleister
einen enormen Imageschaden. Ausgelöst
werden kann die Verweigerung des
Dienstes durch einen Distributed Denial
of Service (DDoS)-Angriff auf die API.
Angreifer senden dabei sintflutartige
Anfragen an das Netzwerk des jeweiligen
Opfers. Die Masse eingehender
Nachrichten erzwingt ein Abschalten
des Systems und aller über dieses System
bereitgestellten Dienste. Häufig
werden diese Angriffe mit Lösegeldforderungen
verbunden. Die Hacker senden
dann zunächst eine Nachricht an
das jeweilige Finanzinstitut und drohen
mit einer Anfragenattacke, sollte ein
bestimmter Geldbetrag nicht gezahlt
werden. Eine Drohung, die ernst zu
24
CMI AKTUELL
nehmen ist. Schließlich haben DDoS-
Attacken in der Vergangenheit bereits
schwerwiegende Schäden ausgelöst.
Die Bewältigung eines solchen Ransom-
DDoS-Angriffs kann eine Bank mehrere
Hunderttausend Euro kosten.
Gegen diese Attacken können herkömmliche
Netzwerk-Firewalls wenig
ausrichten. Da Firewalls in der Regel die
erste Verteidigungslinie gegen Attacken
aus dem Internet darstellen, sollten sie
zwar beim Sicherheitskonzept auf keinen
Fall fehlen. Da APIs jedoch auf Web-
Ebene kommunizieren, sind zusätzliche
Schutzmechanismen erforderlich.
Kern dieses Schutzes ist eine sogenannte
„Web Application Firewall“. Diese
kann – im Unterschied zu herkömmlichen
Firewalls – Daten überprüfen, die
im HTTP- bzw. HTTPS-Protokoll verkehren.
Sobald bestimmte Inhalte als verdächtig
eingestuft werden, verhindert
die Web Application Firewall den Zugriff.
Im Falle von DDoS- oder DoS-Attacken
greift ein Scoring-Modell: Nimmt
man als Schwellenwert zum Beispiel die
Anzahl der Anfragen, die eine einzelne IP
innerhalb eines festgelegten Zeitraums
übermitteln darf, werden Anfragen gestoppt,
die über diese Anzahl hinausgehen.
Auf diese Weise sind Finanzinstitute
geschützt und brauchen Attacken
dieser Art nicht zu fürchten.
EU-DSGVO einhalten
Daten, die über APIs in Web- und Cloud-
Anwendungen bereitgestellt werden,
lassen sich nicht mit klassischen Sicherheitssystemen
vor Angriffen schützen.
Denn die Verarbeitung und Speicherung
der Daten verlagert sich aus dem
eigenen Netzwerk auf externe Systeme.
Die herkömmliche „Perimetersicherheit“
reicht nicht mehr aus. Hinzu
kommt, dass nicht nur Benutzer und
Administratoren Zugriff auf die Daten
haben. Auch Cloud-Provider oder Hacker
können sich Zugriff verschaffen,
wenn Daten ungeschützt und unverschlüsselt
abliegen.
Die Lösung für dieses Problem liegt in
der „datenzentrischen Sicherheit“. Dabei
werden ausschließlich die Metadaten
eines Dokuments als Platzhalter
in die Cloud geladen. Das Originaldokument
wird hingegen in einem Streaming-Verfahren
verschlüsselt.
Die Fragmentierung der Dokumente
in mehrere kleine Teile, den sogenannten
Chunks, sowie die konfigurierbare
verteilte Speicherung bieten weiteren
Schutz.
Der Vorteil: Das Originaldokument ist
nie vollständig einsehbar und nur in
Form von Fragmenten hinterlegt. Selbst
bei einem Angriff auf die Cloud oder
wenn Hacker in ein System eindringen,
bleiben die vertraulichen Inhalte für
Angreifer oder nicht befugte Personen
unlesbar. Egal, wo ein Angreifer Zugriff
erlangt: Er kann keinen großen Schaden
mehr anrichten. Zudem bleiben die Daten
bei dieser Methode in Deutschland
und ihre Speicherung entspricht den
strengen Datenschutz- und Sicherheitsvorgaben
der EU-DSGVO.
Ressourcen schonen
Die vor allem mittelständisch aufgestellten
Banken und Sparkassen benötigen
IT-Sicherheitsstrategien, die auf die
vorhandenen Ressourcen zugeschnitten
sind. IT-Sicherheitsanwendungen
dürfen daher nicht zu komplex sein,
sodass auch ein kleines Team mit wenig
Manpower sie bedienen kann. Zudem
sollten die Lösungen nicht zu viel interne
Rechenleistung belegen – denn das
kann teuer werden. Besonders effizient
sind Software as a Service-Lösungen.
Web Application Firewall as a Service-
Lösungen ermöglichen Finanzinstituten,
ihre Webanwendungen zu schützen,
ohne die gesamte erforderliche
Back-end-Infrastruktur verwalten und
neue Fähigkeiten erlernen zu müssen.
Eine solche IT-Security aus der Cloud ist
besonders nutzerfreundlich und skalierbar:
Je nach Bedarf lassen sich Features
an die Bedürfnisse einer Bank anpassen.
Entscheidend dabei ist allerdings, dass
die Daten innerhalb der EU gespeichert
und so die europäischen Datenschutzvorschriften
erfüllt werden.
Banken sollten jetzt aktiv werden und
sich hinsichtlich der Absicherung der
neuen Schnittstellen beraten lassen.
Denn nur, wenn Open Banking sicher
ist, kann es sich bei den Kunden durchsetzen
– und damit zum Erfolg werden,
für etablierte Banken und neue Dienstleister
gleichermaßen.
Daniel Heck
Vice President Marketing
Rohde & Schwarz Cybersecurity
info@rohde-schwarz.com
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BLICK IN DIE BILANZ
HAT DIE BAYER AG DIE RISIKEN DER
MONSANTO-ÜBERNAHME UNTERSCHÄTZT?
Im Oktober 2014 gab der damalige Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers bekannt, den Bayer-Konzern zukünftig auf den Bereich
Life-Science auszurichten. Hierfür wurde der Fokus auf den Gesundheitsbereich für Menschen, Tiere und Pflanzen gelegt. Umgesetzt
wurde dies insbesondere durch die Übernahme von Algeta und der Consumer-Care-Sparte von Merck & Co., Inc., wodurch
man zum zweitgrößten Anbieter rezeptfreier Medikamente und Gesundheitsprodukte aufstieg. Gleichzeitig wurde die als Bayer
MaterialScience bekannte Kunststoffsparte ausgegliedert. Der Börsengang des heute als Covestro bekannten Kunststoffspezialisten
erfolgte im Oktober 2015. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch bekannt, dass der promovierte Chemieingenieur Dekkers im
Mai 2016 frühzeitig aus dem Konzern ausscheiden würde. Auf ihn folgte mit Werner Baumann der vorherige Strategievorstand.
Im Bereich Saatgut und Pflanzenschutz
wurde im September 2016 die Übernahme
des amerikanischen Agrarchemiekonzerns
Monsanto für 62 Mrd.
USD angestoßen, die im Frühjahr 2018
abgeschlossen wurde. Hierdurch stieg
Bayer zum Marktführer in den Bereichen
Saatgut und Pflanzenschutz auf.
Der historisch hohe Kaufpreis spiegelt
sich auch in den Verbindlichkeiten wider,
die seit 2011 um 140% auf 80 Mrd.
€ angestiegen sind. So wuchsen die
langfristigen Verbindlichkeiten auf 57,3
Mrd. € und die kurzfristigen Verbindlichkeiten
auf 22,8 Mrd. € an.
Das Eigenkapital konnte proportional
erhöht werden, sodass die Eigenkapitalquote
bei 40% konstant gehalten werden
konnte. Durch die Zukäufe wuchs
die Bilanzsumme um 140% (+75 Mrd.
€) auf 126 Mrd. € an. Auf der Aktivseite
der Bilanz spiegelt sich die gestiegene
Bilanzsumme vor allem in den, die
Geschäfts- und Firmenwerte enthaltenden,
immateriellen Vermögensgegenständen
wider, die sich seit 2011
auf 95,3 Mrd. € verdreifacht haben. Der
durchschnittliche Umsatz lag im betrachteten
Zeitraum bei 43 Mrd. €, wobei
im Jahr 2018 ein Umsatz von 39,6
Mrd. € erreicht werden konnte.
Schadensersatz
Als Risiko stellt sich für Bayer der Glyphosat-Prozess
gegen das ehemalige
Monsanto-Produkt „RoundUp“ heraus,
weshalb die Übernahme nicht nur positiv
bewertet wurde. Im August 2018
wurde in den USA das erste Urteil gefällt,
an dessen Ende eine Schadensersatzzahlung
von 29 Mio. USD stand.
26
Zwar legte Bayer Berufung gegen das
Urteil ein, allerdings erhöhte das symbolkräftige
Urteil die Gesamtzahl der
Klagen, die seit Jahresbeginn auf 42.700
gestiegen ist. Zur Absicherung dieser
Risiken, wurden insbesondere im Jahr
2018 die Rückstellungen um 1 Mrd. €
auf 1,4 Mrd. € erhöht. Dies entspricht
dem höchsten Wert seit 2012.
Analysten erwarten im Falle einer außergerichtlichen
Einigung allerdings
eine finanzielle Belastung zwischen 5
Mrd. und 20 Mrd. USD. Insbesondere
die öffentliche Debatte über das Produkt
RoundUp hat auch Auswirkungen
in Europa. Zwar ist die Nutzung innerhalb
der EU noch bis Ende 2023 genehmigt,
allerdings besteht die Gefahr, dass
es mindestens zu einer stärkeren Reglementierung
kommt. Positiv könnte
sich für Bayer auswirken, dass 90% des
RoundUp-Umsatzes in Nordamerika
erzielt werden, wo ein liberaleres Vorgehen
der Gesetzgeber erwartet wird.
Bei der Bewältigung der finanziellen
Lasten wirkt sich für Bayer die aktuelle
Niedrigzinsphase positiv aus, die bei der
Refinanzierung der Kredite zur Übernahme
hilft. Zudem konnte der Konzern im
Zeitraum von 2011 bis 2018 seinen operativen
Cashflow um 56% auf 7,9 Mrd.
€ steigern, wobei Analysten bis 2021
einen Anstieg auf 10,2 Mrd. € erwarten.
Mehr offene Forderungen
Nachdem der Wert der offenen Forderungen
zwischen 2011 und 2013 durchschnittlich
bei 9,3 Mrd. € lag, stiegen diese
für den Zeitraum von 2014 bis 2018
auf durchschnittlich 12,5 Mrd. € an. Im
Jahr 2018 betrugen die Forderungen
hierbei 14,5 Mrd. €. Bei der Absicherung
dieser Forderungen greift das Unternehmen
auf ein globales Kreditversicherungsprogramm
zurück. Durch eine
sogenannte „Excess of Loss-Policy“ sind
über 80% der Forderungen abgesichert.
Die maximale jährliche Entschädigungszahlung
beträgt hierbei in den Segmenten
Pharmaceuticals, Consumer Health
und Animal Health 150 Mio. € und im
Segment Crop Science 300 Mio. €.
Für die Bayer-Aktionäre haben sich bisher
keine Vorteile durch die Übernahme
ergeben. Zwar konnte der Aktienkurs
seit Jahresbeginn um 7% auf 65,28 €
zulegen, allerdings notiert die Aktie
weiterhin 33% niedriger als zum Zeitpunkt
der Bekanntgabe der Monsanto-
Übernahme. Dies führte dazu, dass
dem CEO Werner Baumann auf der
Hauptversammlung 2019 mit 55,5%
Gegenstimmen die Entlastung verweigert
wurde. In einer Telefonkonferenz
im Oktober 2019 konnte Baumann zumindest
die Jahresziele für das aktuelle
Geschäftsjahr bestätigen. Inwiefern
diese allerdings ausreichen, um die finanziellen
Risiken zu bedienen und Bayer
handlungsfähig zu halten, wird sich
in Zukunft noch zeigen müssen.
BLICK IN DIE BILANZ
Bilanz (in Millionen €) / nach IFRS 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Anlagevermögen 32.697 32.350 32.289 48.007 50.096 51.791 45.014 95.352
Immaterielle Vermögensgegenstände 19.455 18.757 18.776 31.821 31.274 29.879 26.425 74.892
Sachanlagen 9.823 9.863 10.015 11.428 12.375 13.114 7.633 12.944
sonstiges Anlagevermögen 3.419 3.730 3.498 4.758 6.447 8.798 10.956 7.516
Umlaufvermögen 18.298 17.291 17.366 20.374 21.962 28.548 22.492 26.881
Vorräte 6.368 6.980 7.129 8.478 8.550 8.408 6.550 10.961
Forderungen 9.062 9.455 9.458 11.173 12.459 13.855 10.332 14.520
sonstige Vermögensgegenstände 2.868 856 779 723 953 6.285 5.610 1.400
Zahlungsmittel 1.770 1.695 1.662 1.853 1.859 1.899 7.581 4.052
Eigenkapital 19.271 18.569 20.804 20.218 25.445 31.897 36.861 46.148
Verbindlichkeiten 33.494 32.767 30.513 50.016 48.472 50.341 38.226 80.137
langfristige Verbindlichkeiten 20.104 19.668 16.490 34.513 31.492 31.804 24.633 57.314
davon Rückstellungen (Rechtsstreitigkeiten) 687 1.664 934 770 663 512 393 1.414
kurzfristige Verbindlichkeiten 13.390 13.099 14.023 15.503 16.980 18.537 13.593 22.823
Bilanzsumme 52.765 51.336 51.317 70.234 73.917 82.238 75.087 126.285
Gewinn- und Verlustrechnung
(in Millionen €) / nach IFRS
2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Umsatzerlöse 36.528 39.760 40.157 42.239 46.085 46.769 35.015 39.586
Herstellkosten -17.975 -19.059 -19.516 -20.266 -21.040 -20.295 -11.382 -17.010
Weitere Kosten zur Umsatzerzielung -13.603 -14.866 -15.430 -16.333 -18.638 -19.396 -17.646 -20.725
sonstige Betriebserträge 859 1.083 887 716 1.109 898 864 5.057
sonstige Betriebsaufwendungen -1.660 -2.958 -1.164 -850 -1.275 -934 -948 -2.994
Betriebsgewinn/-verlust 4.149 3.960 4.934 5.506 6.241 7.042 5.903 3.914
Finanzerträge 586 502 389 343 371 151 309 978
Finanzaufwendungen -1.372 -1.214 -1.116 -1.324 -1.376 -1.306 -1.635 -2.574
Finanzgewinn/-verlust -786 -712 -727 -981 -1.005 -1.155 -1.326 -1.596
Gewinn/Verlust vor Steuern 3.363 3.248 4.207 4.525 5.236 5.887 4.577 2.318
Steuern -891 -752 -1.021 -1.082 -1.223 -1.329 -1.329 -607
Gewinn/Verlust nach Steuern 2.472 2.496 3.186 3.443 4.013 4.558 3.248 1.711
außerordentlicher und sonstiger
Gewinn/Verlust
0 0 0 0 85 268 4.846 0
Jahresüberschuss/-fehlbetrag 2.472 2.496 3.186 3.443 4.098 4.826 8.094 1.711
Cashflow 5.060 4.532 5.832 6.820 6.890 9.089 6.611 7.917
27
AKTUELL
VERBÄNDE BEFÜRCHTEN NACHTEILE
FÜR GLÄUBIGER
Der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) erarbeitete „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ beinhaltet zahlreiche neue rechtliche Pflichten, mit deren Hilfe Verbraucherinnen
und Verbraucher vor überhöhten Inkassoforderungen geschützt werden sollen. In einer gemeinsamen Stellungnahme
reagieren der BvCM und sechs andere Wirtschaftsverbände auf den Entwurf.
Neben der Einführung neuer Hinweisund
Aufklärungspflichten für Gläubiger
gegenüber Verbrauchern bzw. Privatpersonen
sieht der Entwurf nahezu
eine Halbierung der erstattungsfähigen
Gebühren für Inkassodienstleistungen
im außergerichtlichen Bereich
vor. Das hätte erhebliche Folgen für die
Realisierungsquoten, für die Zahlungsmoral
und damit für die Wirtschaft als
Ganzes.
Aus Sicht der unterzeichnenden Wirtschaftsverbände
sollten im weiteren
Gesetzgebungsverfahren folgende
Überlegungen berücksichtigt werden.
Hinweispflichten
Der Gesetzentwurf sieht im Wege eines
neuen § 288 Absatz 4 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs in der Entwurfs-
fassung (BGB-E) vor, dass Verbraucher
gegenüber einem Unternehmer wegen
der Verzögerung der Leistung nur
noch dann zum Ersatz der Kosten eines
Inkassodienstleisters beziehungsweise
eines Rechtsanwalts verpflichtet sind,
wenn sie vom Unternehmer rechtzeitig
auf diese Rechtsfolge hingewiesen
worden sind.
Die Unterzeichner lehnen diese Neuregelung
ab. Eine typische ins Inkasso
übergebene Forderung ist bereits drei
bis vier Monate alt, der Schuldner hat
neben der Rechnung zwei bis drei zusätzliche
Mahnungen vom Gläubiger
erhalten und befindet sich seit zwei
bis drei Monaten in Verzug. Üblicherweise
hat der Schuldner also nicht nur
hinreichend Zeit erhalten, die Forderung
zu begleichen, sondern er ist auch
schon mehrfach auf die ausstehende
Zahlung hingewiesen worden. Die Eta-
blierung einer – in vielen Fällen zusätzlichen
– Hinweispflicht auf mögliche
Rechtsverfolgungskosten ist nicht angemessen.
Das gilt umso mehr, weil die
Beweislast in Bezug auf den Zugang
des Hinweises beim Gläubiger läge,
was obstruktiven Schuldnern zusätzliche
Möglichkeiten böte, die Zahlung
weiter zu verzögern.
Zumindest sollte im Gesetz festgehalten
werden, dass der Hinweis
gegebenenfalls auch bereits im Vertragsdokument,
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
oder der Rechnung
enthalten sein kann.
Datumsangabe
Der Gesetzesentwurf sieht in § 13a
Abs. 1 Nr. 2 RDG-E für Inkassodienstleister
die Verpflichtung vor, mit der
ersten Geltendmachung der Forderung
28
AKTUELL
gegenüber einer Privatperson dieser
unter anderem das Datum des Vertragsschlusses
zu übermitteln. Diese
Informationspflicht betrifft auch die
Gläubiger, da diese die Informationen
dem Inkassodienstleister bei Auftragserteilung
zusammen mit der jeweiligen
Forderung übermitteln müssten.
Die unterzeichnenden Verbände sehen
diese Informationspflicht als nicht zielführend
an: Sie führt zu einem deutlichen
Verwaltungsmehraufwand für
die Gläubiger, sorgt aber beim Schuldner
nicht unbedingt für mehr Klarheit.
So ist gerade bei mehrjährigen Dauerschuldverhältnissen
dem Schuldner
das Datum des Vertragsabschlusses
nicht mehr unbedingt bekannt, so
etwa bei langjährigen Telefonieverträgen.
In diesen Fällen wird für den
Schuldner beispielsweise ein Bezug auf
die letzte Rechnung oder Bestellung
besser nachvollziehbar sein. Wir plädieren
daher dafür, die Pflicht zur Angabe
des Datums des Vertragsschlusses
durch eine weitere Formulierung zu
ersetzen, die alternativ die Angabe von
Rechnung, Lieferung oder ähnlichem
erlaubt. Sollte der Schuldner darüber
hinaus das Datum des Vertragsschlusses
benötigen, so gewährt ihm § 13a
Abs. 2 Nr. 3 RDG-E das Recht, diese auf
Anfrage vom Inkassodienstleister zu
erhalten.
Halbierung
Der Gesetzentwurf sieht bezüglich
der Inkassokosten vor, zusätzlich zur
in Nummer 2300 VV RVG bereits bestimmten
allgemeinen Schwellengebühr
(1,3) auch eine besondere
Schwellengebühr für die Einziehung
unbestrittener Forderungen festzulegen.
Die Schwelle soll dabei bei einem
Gebührensatz von 0,7 liegen. Die vorgesehene
Gebührendeckelung beträfe
rund 85 Prozent der Inkassoverfahren.
Die Unterzeichner dieses Papiers erkennen
ausdrücklich das Ziel des Gesetzgebers
an, die Inkassokosten für
diejenigen Schuldner zu reduzieren, die
als Verbraucher „versehentlich“ bzw.
„einmalig“ in Zahlungsverzug geraten
sind. Mit der komplett undifferenzierten
Gebührensenkung verfehlt der Entwurf
dieses Ziel.
Im Gesetzentwurf wird festgestellt,
dass ein Missverhältnis zwischen Inkassokosten
und Hauptforderung bei
geringen Forderungen augenfällig wird
(S. 18). Anstatt die Inkassokosten konsequent
und ausschließlich in diesem
Bereich zu regulieren, sieht der Gesetzentwurf
eine Deckelung über alle
Streitwertklassen/Forderungshöhen
vor. Das ist nicht verhältnismäßig.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel
gesetzt, Verbraucher zu schützen. Anstatt
die Gebührendeckelung konsequent
auf Forderungen von Unternehmen
gegenüber Verbrauchern (b2c)
zu beschränken, gälte die Gebührendeckelung
aber auch für gewerbliche
Schuldner (b2b). Das ist nicht nur inkonsequent
und unverhältnismäßig; es
konterkariert auch völlig die Ziele, die
der europäische Richtlinien-Gesetzgeber
und der deutsche Gesetzgeber bei
der Bekämpfung von Zahlungsverzug
im Geschäftsverkehr verfolgen.
Der Gesetzentwurf unterscheidet
nicht zwischen Verbrauchern und
Schuldnern und ignoriert im Übrigen
unterschiedliches Schuldnerverhalten.
So werden alle Schuldner durch die (de
facto) Halbierung der erstattungsfähigen
Inkassokosten bessergestellt. Konsequent
und nachvollziehbar wäre aber
ausschließlich eine Privilegierung derjenigen
Schuldner, die auf das erste Inkassoschreiben
unmittelbar zahlen. Stattdessen
profitieren von der Regelung
auch zahlungsunwillige Schuldner, die
sich ihren vertraglichen Pflichten auch
nach Einschaltung eines Inkassounternehmens
beharrlich entziehen wollen.
Auch ist nicht ersichtlich, warum keine
Differenzierung zwischen den unterschiedlichen
Schutzbedürfnissen verschiedener
Schuldnergruppen erfolgt.
Dass auch „deliktische“ Schuldner
(Eingehungsbetrüger, Schwarzfahrer)
privilegiert werden sollen, liegt auf jeden
Fall weit außerhalb des legitimen
Regelungsbedarfs.
In dieser undifferenzierten Betrachtung
gefährdet der Gesetzentwurf die
Funktionalität des Forderungseinzugs
durch Inkassodienstleister und Rechtsanwälte.
Die nahezu Halbierung der erstattungsfähigen
Inkassokosten würde
zu einer drastischen Einschränkung des
außergerichtlichen Dienstleistungsangebots
im Forderungseinzug führen.
Belastung der Gerichte
Zunächst darunter leiden würden die
Auftraggeber und damit die Gläubiger.
Denn entweder bliebe eine höhere
Anzahl der außergerichtlichen
Inkassoverfahren ohne Erfolg oder der
Forderungseinzug träte unter massiver
Zuhilfenahme (und Belastung) der
Gerichte verzögert und mit einer erheblichen
Steigerung von Rechtsverfolgungskosten
ein.
Die Folgen einer undifferenzierten
Inkassoregulierung müssten aber
letztlich die Verbraucher tragen, also
die Gruppe, die eigentlich geschützt
werden soll: Denn längere Dauer des
Verzugs, sinkende außergerichtliche
Beitreibungsquoten und ein Anstieg
der Zahlungsausfälle würden von der
Wirtschaft in vielen Sektoren durch
steigende Konsumentenpreise kompensiert.
29
PRAXIS KOLUMNE DES PRÄSIDENTEN
Liebe Leserin, lieber Leser,
Gewinnwarnung! Ein seltsames Wort,
das ja bedeuten könnte, dass ein Unternehmen
davor warnt, Gewinne zu
erzielen. Wir wissen aber alle, dass
börsennotierten Unternehmen damit
über den Umstand informieren, dass
ein geplantes Ergebnis wohl nicht erreicht
werden wird.
Wegen dieser inhaltlichen „Falschaussage“
wurde Gewinnwarnung vor gut
zehn Jahren schon zum Börsenunwort
des Jahres gewählt (und in Österreich
zum Unwort des Jahres).
Warum befasse ich mich dann heute
mit diesem Begriff?
Ganz einfach: In den letzten Wochen
hat uns dieses Wort wieder häufiger
erreicht und u.a. in Handelsblatt und
FAZ für Schlagzeilen gesorgt, wie „Zahl
der Gewinnwarnungen auf Zehnjahreshoch“
oder „So viele Gewinnwarnungen
gab es zuletzt vor der Finanzkrise“.
Die Meldungen kamen dabei
von Unternehmen aus unterschiedlichsten
Branchen und von durchaus
bekannten Firmen.
Gleichzeitig lesen wir Meldungen wie
„Zahlungsausfälle verdreifachen sich
innerhalb eines Jahres“ (Atradius) oder
„Zeitenwende für die deutsche Wirtschaft“
(coface). Die Wünsche nach
längeren Zahlungszielen nehmen offenbar
zu, insbesondere in den Branchen
Chemie und Maschinenbau. Die
Unsicherheit im Automobilsektor mit
30
allen Zulieferbereichen ist ja schon
sprichwörtlich. Audis Ankündigung
eines massiven Stellenabbaus und
BMWs Kürzung der Boni für die Mitarbeiter
wurden erst vor ein paar Tagen
veröffentlicht.
Andererseits prosperiert die Baubranche
weiterhin, der Konsum der Bürger
nimmt immer noch zu; für beide Entwicklungen
ist vermutlich das nach
wie vor niedrige („Null“) Zinsniveau
ursächlich. Wenn Banken inzwischen
auch bei kleineren Guthaben Minuszinsen
verlangen, bleibt ja kaum eine
andere Wahl, als Geld auszugeben
oder in Immobilien zu investieren. Liquidität
stellt also eigentlich nicht das
Problem dar?
Ich meine doch, denn es gibt inzwischen
wegen der billigen Zinsen Unternehmen,
die bei einer „normalen“
Zinssituation längst den Gang zum
Insolvenzgericht hätten antreten
müssen. Stattdessen wursteln sie als
„Zombieunternehmen“ weiter, bremsen
die Produktivität und verhindern
die natürliche Bereinigung in der Wirtschaft.
Für die exportorientierte deutsche
Wirtschaft spielt zudem der weltweite
Konjunkturrückgang eine bedeutsame
Rolle. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut
prognostiziert, dass der
Weg gerade „from omnipotenz 2012
to ineffectivness 2019“ führt und wir
am „beginning global donwturn“ stehen.
Diese Themen führen wohl auch
dazu, dass der vbw-Konjunkturindex
„auf dem tiefstem Stand seit neuneinhalb
Jahren“ liegt.
Auch wenn sich die Insolvenzen in
Deutschland weiter auf einem niedrigen
Niveau bewegen und die Zufriedenheit
mit der Zahlungsweise
der Kunden noch weit verbreitet ist,
müssen wir uns als Credit Manager
deshalb jetzt (!) mit den negativen
Tendenzen befassen und uns Strategien
für die weitere Vorgehensweise
überlegen, bevor unsere Unternehmen
womöglich massiv betroffen sein
werden. Wir haben dazu viele Möglichkeiten
mit und bei den Dienstleistungsunternehmen
rund ums Credit
Management und weit bessere technische
Voraussetzungen als noch vor
zehn Jahren.
Außerdem bietet Ihnen unser BvCM
jederzeit Unterstützung bei allen Fragen,
die sich bei Ihnen ggf. stellen, sowie
den Informationsaustausch über
das große Netzwerk des Verbandes.
Werden Sie aktiv, auch wenn die Zahlen
in Ihrem Bereich vielleicht noch
„super“ sind – zeigen Sie, dass Credit
Manager unternehmerisch vorausdenken
und wichtige Impulse zur Werterhaltung
der Unternehmen geben.
Herzliche Grüße, ein frohes Weihnachtsfest
und einen guten Start in
ein erfolgreiches Jahr 2020.
Ihr Rudolf Keßler CCM
INTERN
AK INSOLVENZPRAXIS
ZU GAST BEI DORMAKABA
Ausgesprochen freundschaftlich
begrüßte Oliver Squar, Geschäftsführer
der dormakaba Deutschland
GmbH, die über 30 Teilnehmer des
Arbeitskreises Insolvenzpraxis zu
ihrem jüngsten Treffen. Nach einer
kurzen Vorstellung der mehr als
150-jährigen Firmengeschichte sowie
der Jahresergebnisse zum 30.
Juni 2019 übergab er das Wort an
unsere Kollegin Sabine Richter. Als
Credit Managerin übernahm sie im
Jahre 2006 die Debitorenbuchhaltung
mit statischer Kreditprüfung,
die sie im Laufe der Jahre schrittweise,
unter Mithilfe ihrer Kollegen
und Kolleginnen, in eine ganzheitliche
Kundenbetreuung verwandelte.
Heute steuert das Credit Management
maßgeblich das Debitorenund
Collection Management.
Anschließend stellten Karsten Thiele
und Peter Schlindwein CCM im
Rahmen eines Vorabberichtes den
aktuellen Status Quo der „Mindestanforderung
an das Credit
Management in der Insolvenzpraxis“
vor und riefen eindringlich zur
aktiven Mitarbeit auf. Wichtig ist
dem Arbeitskreis, dass diese Mindestanforderungen
an das Credit
Management in der Insolvenzpraxis
verständlich für jede Kauffrau und
jeden Kaufmann verfasst werden
und es sich dabei nicht um den x-
ten Insolvenzrechtsleitfaden handeln
soll.
In der anschließenden Kaffeepause
wurde die anregende Diskussion
aus der ersten Halbzeit vertieft.
Dabei stießen die Mindestanforderung
an das Credit Management in
der Insolvenzpraxis auf sehr großes
Interesse.
In der zweiten Halbzeit nahm RA Michael
Schmidt den Anwesenden die
Angst vor dem Gläubigerausschuss,
indem er sehr anschaulich und praxisnah
auf die Rechte, Pflichten,
Aufgaben, Zusammensetzung und
Haftung dieses Gremiums einging.
RA Matthias Marzluf begann seinen
Vortrag: „Das vorläufige Insolvenzverfahren:
Unterwegs auf schma-
lem Grat!“ mit der Erkenntnis, dass
das vorläufige Insolvenzverfahren
eher dürftig mit Paragraphen im
Gesetz geregelt sei. Dabei gab er
viele praxisnahe Beispiele und die
eine oder andere Anekdote aus seiner
langjährigen Berufstätigkeit
zum Besten. So wissen alle Anwesenden
heute, was die vorläufigen
Insolvenzverwalter in der Kölner Region
mit „Doppeltreuhand“ meinen.
Zusammengefasst: Der kurzweilige
Nachmittag war sehr lehrreich, anregend
und motivierend, das Heft
des Handelns doch in die Hand zu
nehmen, wenn der eine oder andere
Kunde in die Grätsche geht. Getreu
dem Motto: „Glücklich ist, wer vergisst,
was nicht mehr zu ändern ist“
Jan Schneider-Maessen CCM
Mindestanforderungen an
das Credit Management in
der Insolvenzpraxis
Appetit geweckt?
Sie möchten sich aktiv einbringen?
Dann wenden Sie
sich an Peter Schlindwein
CCM, RA Michael Schmidt
oder Karsten Thiele.
Die Kontaktdaten der Herren
finden Sie unter:
https://credit-manager.de/
der-bvcm-verantwortliche/
31
CMI AKTUELL
CMI® - DÜSTERER AUSBLICK
IN DIE ZUKUNFT
Nachdem der Wert des CMI® - CreditManagementIndex im letzten Quartal einen Zuwachs auf 54,79 Punkte verzeichnen
konnte, fällt er in diesem Quartal um 8,29 Punkte auf 46,50 Punkte. Er liegt somit nach Q1/2019 zum
zweiten Mal in diesem Jahr unter der 50-Punkte-Marke und impliziert somit eine negative Entwicklung im Credit
Management.
Im Binnenmarkt prognostizieren
die Berichtenden für die Kennzahl
der Umsätze und des Inkassoergebnisses
eine moderate, positive Entwicklung.
Während sich für die Umsätze
ein Anstieg um 1,58 Punkte
auf 57,14 Punkte ergibt, verbessert
sich die Kennzahl für das Inkassoergebnis
um 3,18 Punkte auf 64,29
Punkte. Zudem verbessert sich die
Prognose zur Anzahl der Auftragseingänge
um 5,56 Punkte. Damit
werden die negativen Erwartungen
aus Q2/2019 (44,44 Punkte) aufgegeben
und es wird ein konstantes
Niveau (50,00 Punkte) erwartet. Die
Kennzahl für den Wert strittiger Forderungen
bleibt unverändert zum
Vorquartal bei 50,00 Punkten. Dies
drückt eine Stagnation in diesem
Bereich aus.
Deutlich zurückhaltender sind die
Erwartungen bezüglich der Kennzahl
der Zahlungseingänge (-15,08
Punkte), der Wertberichtigungen
auf Forderungen (-3,97 Punkte)
und der durchschnittlichen Außenstandsdauer
(-13,49 Punkte), die sich
jedoch noch oberhalb der 50-Punkte-Marke
halten können. Sowohl
für die Zahlungseingänge als auch
die Wertberichtigungen auf Forderungen
deutet sich somit eine Abschwächung
der positiven Entwicklung
an. Der negative Charakter der
Kennzahl zur durchschnittlichen Außenstandsdauer
sorgt unterdessen
dafür, dass mit einem Anstieg der
durchschnittlichen DSO gerechnet
wird.
Die Kennzahl zum Volumen an offenen
Forderungen konnte den positiven
Trend des Vorquartals nicht
fortsetzen und sank auf 42,86 Punk-
32
te (-18,25 Punkte). Gleiches gilt für
die Prognose zum Wert der überfälligen
Forderungen (-18,25 Punkte)
und den insolventen Kunden (-32,54
Punkte), die auf 42,86 bzw. 28,57
Punkte gefallen sind. Dies bedeutet,
dass sowohl für den Wert der überfälligen
Forderungen als auch für die
Anzahl insolventer Kunden ein Anstieg
im Folgequartal erwartet wird.
Weiterhin negative Erwartungen
haben die Berichtenden bezüglich
der abgelehnten Kreditanträge, den
abgegebenen Forderungen (Inkasso)
und der Geschäftsklimaerwartung.
Während die Kennzahlausprägung
der abgelehnten Kreditanträge um
-8,73 Punkte auf 35,71 Punkte gefallen
ist, ist die der abgegebenen
Forderungen (Inkasso) um -21,43
Punkte auf 28,57 Punkte gefallen.
Diese drücken durch den negativen
Charakter der Kennzahlen einen erwarteten
Anstieg der betrachteten
Merkmale in Q4/2019 aus.
Die Kennzahl zu den Geschäftsklimaerwartungen
verschlechtern
sich zudem von 33,33 Punkten auf
14,29 Punkte und haben sich damit
mehr als halbiert. Dies ist ein starker
Indikator dafür, dass es sich bei
der negativen Tendenz des CMI® um
mehr als eine kurze Eintrübung handelt.
„Die expansive Geldpolitik der
Zentralbanken hat für viele Unternehmen
zu finanzieller Entlastung
geführt. Betriebswirtschaftliche
Fehlentscheidungen und unrentable
Investitionen sind hierdurch
gefördert worden. Welche Unternehmen
unabhängig von solchen
Zinseffekten solide gewirtschaftet
haben, wird sich in Zukunft zeigen
müssen“, sagt Jan Schneider-Maes-
sen, Geschäftsführender Vorstand
des BvCM e.V.
Im Bereich der Kreditversicherung
haben sich die Erwartungen im
Vergleich zur Vorperiode weiter
eingetrübt. Hier sanken sowohl die
Kennzahl für den Gesamtwert der
versicherten Kreditlimite als auch
die für die Limitstreichungen bzw.
-herabsetzungen um -8,73 bzw.
-19,85 Punkte auf jeweils 35,71
Punkte. Damit wird eine negative
Entwicklung beider Merkmale für
die Zukunft prognostiziert. „Im Bereich
der Kreditversicherungen setzt
sich die negative Entwicklung fort,
die sich bereits im letzten Quartal
angedeutet hat“, sagt Prof. Dr. Matthias
Schumann, Leiter der Professur
für Anwendungssysteme und
E-Business an der Georg-August-
Universität und Vorstandsbeirat des
BvCM e.V. Nahezu unverändert zeigt
sich die Erwartung bezüglich des
Verhältnisses zwischen beantragten
und bewilligten Kreditlimiten. Diese
verzeichnen einen leichten Anstieg
um +1,58 Punkte auf 57,14 Punkte.
Im Exportgeschäft hat sich die
Kennzahl der Umsätze um +5,00
Punkte auf 50 Punkte erhöht. Hierdurch
wird ein zum Vorquartal unverändertes
Niveau erwartet. Für
die Kennzahl der Außenstandsdauer
ergibt sich ein Anstieg um +10,00
Punkte auf 60,00 Punkte. Positiv
ist also, dass sich die Außenstandsdauer
verkürzt hat. Zeitgleich verschlechtert
sich die Kennzahl der
abgegebenen Forderungen (Inkasso)
um -5,00 Punkte auf 45,00 Punkte,
was einen Anstieg der abgegebenen
Forderungen widerspiegelt.
CMI AKTUELL
CMI® - CreditManagementIndex Q3/2018 Q4/2018 Q1/2019 Q2/2019 Q3/2019
Umsatz 66,67 68,75 10,00 55,56 57,14
Zahlungseingänge 66,67 87,50 50,00 72,22 57,14
Neu geprüfte Kreditanträge 62,50 62,50 50,00 61,11 50,00
Volumen an offenen Forderungen 50,00 56,25 40,00 61,11 42,86
Abgelehnte Kreditanträge 45,83 43,75 40,00 44,44 35,71
Abgegebene Forderungen (Inkasso) 66,67 56,25 40,00 50,00 28,57
Wert strittiger Forderungen 62,50 43,75 40,00 50,00 50,00
Wert der überfälligen Forderungen 54,17 56,25 50,00 61,11 42,86
Wert der Kundenabzüge 41,67 50,00 40,00 55,56 50,00
Insolvente Kunden 75,00 56,25 40,00 61,11 28,57
Geschäftsklimaerwartungen 54,17 50,00 30,00 33,33 14,29
Anzahl der Auftragseingänge 54,17 56,25 50,00 44,44 50,00
Wertberichtigungen auf Forderungen 66,67 56,25 60,00 61,11 57,14
Durchschnittliche Außenstandsdauer 62,50 75,00 40,00 77,78 64,29
Inkassoergebnis 45,83 50,00 50,00 61,11 64,29
Kreditversicherung
Export
Gesamtwert der
versicherten Kreditlimite
Verhältnis der beantragten
zu den bewilligten
Kreditlimiten
Limitstreichungen
bzw. -herabsetzungen
54,17 43,75 50,00 44,44 35,71
45,83 56,25 60,00 55,56 57,14
46,43 50,00 40,00 55,56 35,71
Umsatz 46,43 50,00 45,00 45,00 50,00
Durchschnittliche
Außenstandsdauer
Abgegebene Forderungen
(Inkasso)
42,86 40,00 50,00 50,00 60,00
50,00 50,00 45,00 50,00 45,00
CMI® - CreditManagementIndex 55,44 55,18 43,81 54,79 46,50
Philipp Hartmann
M.Sc. in Unternehmensführung
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Georg-August-Universität Göttingen
philipp.hartmann@uni-goettingen.de
Ifo-Index (halbiert) 51,40 49,80 49,60 47,85 47,30*
Deutscher Einkaufsmanagerindex 52,30 49,70 44,50 43,10 42,10*
NACM-CMI 54,50 53,40 54,00 53,40 54,60*
* Stand: Oktober 2019
Im direkten Vergleich des CMI® -
CreditManagementIndex mit dem
Ifo-Index und dem deutschen Einkaufsmanagerindex
lässt sich der
Abwärtstrend des CMI® bestätigen.
Während der CMI® um -8,29 Punkte
fällt, fallen der Ifo-Index (-0,55 Punkte)
und der deutsche Einkaufsmanagerindex
(-01,00 Punkt) auf 47,30
bzw. 42,10 Punkte im Vergleich zum
Vorquartal. Lediglich der NACM-CMI
liegt über der Marke von 50 Punkten
und verzeichnet mit +1,20 Punkte
einen Zuwachs auf 54,60 Punkte.
nagementIndex für das 4. Quartal
2019 beginnt am 01. Januar 2020
und endet am 31. Januar 2020. Sofern
Sie teilgenommen haben, bekommen
Sie zusätzlich einen Vergleich
Ihrer eigenen Einschätzungen
zum CMI® - CreditManagement-
Index auf dem Webportal, das Sie
über http://www.credit-manager.
de unter dem Menüpunkt CMI® erreichen.
Die nächste Erfassungsperiode zur
Berechnung des CMI® - CreditMa-
33
CREDITWER?
Coface Finanz GmbH
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anbieten – von Kreditversicherungskompetenz
über ein weltweites Inkassonetzwerk
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bei Exportgeschäften ist die Coface Finanz
GmbH aufgrund ihrer Einbindung in die global
agierende Gruppe in der Lage, ihre Kunden weltweit
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enthält neben Lösungen für Kreditentscheidungen
im mittleren und hohen
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Mahnverfahrens, die Begleitung
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im Rahmen des Factorings sowie der
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34
INTERN
ICH UNTERSTÜTZE
DEN BVCM, WEIL…
… Regionalität wichtig ist.
Regionalität bedeutet Nähe, sowohl
geografisch als auch vom Verständnis
für die Besonderheiten der
regionalen Wirtschaft und der dort
arbeitenden Menschen.
Es gibt viele Vorurteile
über die Menschen im
Norden, wenngleich
einige davon vielleicht
zutreffen
mögen (als geborener
Hamburger,
darf ich das
anmerken): verschlossen,
kühl,
unnahbar, hanseatisch,
wortkarg.
In der Tat reicht uns
Norddeutschen zur Begrüßung
(übrigens zu jeder Tageszeit)
ein angedeutetes Nicken oder ein
„Moin“ (falls man sich schon länger
kennt). Ein „Moin, Moin“ könnte
schon als „Sabbellei“ (Geschwätzigkeit)
ausgelegt werden, oder als Anzeichen
ausgelassener Stimmung,
z.B. bei gutem Wetter, denn: So
stetig das norddeutsche Gemüt, so
wechselhaft das Wetter.
Wenn Sie die Persönlichkeitsunterschiede
der Deutschen eher wissenschaftlich
interessieren, empfehle
ich die Studie der Uni Jena aus September
2018 (https://idw-online.
de/de/news701495) oder besser
zu lesen (https://www.zeitjung.de/
psychologie-deutschland-charakter-umfrage-vorurteil-studie-universitaet-jena/)
Warum ist das wichtig? Weil Wirtschaft
auf menschlichen Beziehungen
beruht. Nur wer sein Gegenüber
versteht, kann ihn zu seinem
Geschäftspartner machen. Zudem
bringt jeder Landstrich seine eigene
Wirtschaft hervor. Im Norden
Deutschlands haben sich durch die
Küstennähe spezielle Branchen (z.B.
Maritime Wirtschaft & Seeverkehr)
aber auch weitere Industriezweige
wie die Luftfahrt angesiedelt.
Diese Branchen folgen
oft ihren ganz eigenen
Spielregeln. Das gilt
auch für das Credit
Management.
Deshalb engagiere
ich mich
seit Oktober dieses
Jahres als Regionalkoordinator
Nord im BvCM. Ich
weiß, wie der Norden
tickt, und möchte die
nördlichen Verbandsmitglieder
mit Aktivitäten unterstützen.
Beispiel Roundtable: Seit 2008
organisiere und moderiere ich den
halbjährlich stattfinden DACH Telco
Roundtable. Ein Veranstaltungsformat,
das ich auch gerne für den
BvCM etablieren möchte. Regionale,
halbtägige Runden für den intensiven
Austausch zwischen Credit Managern,
um das Angebot des BvCM,
zusammen mit den Regionalkonferenzen
abzurunden. Näheres zur
ersten Veranstaltung dieser Art erfahren
Sie in der Ausgabe 01/2020
des Magazins Der CreditManager.
Soweit alles klar? Na, denn man
to! Viele Grüße aus dem Norden &
tschüss
Stephan Glismann-Bringmann CICP
Stephan Glismann-Bringmann, CICP
BvCM Regionalkoordinator Nord
stephan.glismann-bringmann@credit-manager.de
35
LAST WORDS
WEN BESCHENKT DER
WEIHNACHTSMANN?
Glen Bullivant FICM
Past President FECMA
glen.bullivant@googlemail.com
Ich hoffe, Sie alle waren 2019 brave
Mädchen und Buben, immerhin steht
Weihnachten vor der Tür. Doch Achtung,
der Weihnachtsmann (auch als
Santa Claus, Father Christmas, Saint
Nicholas und Kris Kringle bekannt)
bringt nur denen etwas, die artig waren!
Die Mitglieder des britischen Unterhauses
werden, so fürchte ich, am
25. Dezember leere Socken vorfinden.
Ehre wem Ehre gebührt, der Weihnachtsmann
macht es wirklich allen
gerne Recht, aber gesagt sei, dass der
lustige, dicke Mann mit dem langen,
weißen Bart durchaus ein Pragmatiker
ist. Beweis dafür ist das Protokoll eines
Gesprächs, das letztes Jahr in Harrod’s
stattgefunden haben soll:
Weihnachtsmann:
Na, junger Mann (Anmerkung:
Er hatte seine Brille gerade nicht
auf), was wünschst Du Dir zu
Weihnachten?
Ich: Einen Porsche 911 Turbo.
W.: Also wirklich… Du musst schon
etwas realistischer sein.
Ich: Also, dann wünsch ich mir, dass
das mit dem Brexit bald vorbei
ist.
W.: (nach kurzem Nachdenken): Welche
Farbe soll der Porsche haben?
Am 5. November 1605 versuchte eine
Gruppe katholischer Staatsfeinde, das
britische Parlament zu sprengen. Ziel
des geplanten Attentats waren der
protestantische König von England,
Jakob I., seine Würdenträger, die Regierung
und sämtliche Parlamentarier. Einer
der Rädelsführer war Guy Fawkes,
der sich in Spanien im Kampf gegen
Aufrührer als Guido Fawkes einen
Namen gemacht hatte. Er stammte
aus York und soll ein ziemlicher Hitzkopf
gewesen sein. Er wurde gefasst,
vor Gericht gestellt und des Hochverrats
für schuldig befunden. Dem Tod
durch die Hand des Henkers entrann
er durch einen Sprung vom Galgenpodest,
bei dem er sich das Genick
brach. Seitdem feiern die Engländer
Bonfire Night bzw. Guy Fawkes Night.
Es finden Fackelzüge statt, bei denen
eine Guy-Fawkes-Puppe verbrannt
wird, und man genießt Feuerwerke,
denn: „Remember, remember the
fifth of November, gunpowder, treason
and plot!“ Weshalb die Engländer
das Scheitern dieser Verschwörung bis
heute feiern, war mir nie wirklich klar.
Ich nehme an, es ist eine gute Ausrede
für Alkohol und Übermut. Nicht, dass
wir Briten jemals einen besonderen
Anlass dafür benötigen, uns in die
Selbstvergessenheit zu trinken. Dieses
Jahr schwang in der Guy Fawkes Night
jedoch ein Hauch von Ironie mit: Am 6.
November 2019 um 00.01 Uhr Greenwich-Zeit
wurde das Parlament aufgelöst
und die Abgeordneten starteten
in den Wahlkampf für die Wahlen am
12. Dezember. 414 Jahr später gibt es
statt Schießpulver also Wahlurnen.
Seit dem EU-Austritts-Referendum im
Juni 2016 ist die Wahrscheinlichkeit einer
Parlamentswahl immer mehr gestiegen.
Als Jeremy Corbyn schließlich
dem Druck innerhalb seiner eigenen
Partei und dem Drängen von Bürgern
im ganzen Land nachgegeben hat,
war die Auflösung des Parlaments unvermeidlich.
Die Frage, ob sich der 12.
Dezember als entscheidend erweisen
wird, oder nicht, bleibt abzuwarten. Ich
schreibe diese Ausgabe der Last Words
im November und meine Kristallkugel
ist auch nicht zuverlässiger als die Ihre.
Allerdings scheint eine Rede, die Winston
Churchill im November 1942 vor
dem britischen Unterhaus gehalten
hat, auch auf den Brexit im November
des Jahres 2019 anwendbar. Nach einer
erfolgreichen Schlacht in Nordafrika
betonte Churchill damals: „Das ist
nicht das Ende. Nun, es ist nicht einmal
der Anfang vom Ende, aber es ist
vielleicht das Ende vom Anfang.“ Das
Ergebnis der Parlamentswahlen wird
wohl den Ausschlag über den Anfang
oder das Ende des Brexit geben. Ich
36
LAST WORDS
schätze, wenn Sie den britischen Otto
Normalverbraucher zu diesem Thema
befragen, wird er Ihnen klipp und klar
antworten, dass es ihm egal ist, Austritt
oder Verbleib, einerlei, nur bitte
dalli. Wir kleinen Leute sind die Sache
heute, nach dreieinhalb Jahren, wirklich
leid. Beim Referendum stimmte
die Mehrheit für den Austritt? Na bitte.
Dann also Austritt. Hat die Mehrheit
für den Verbleib gestimmt? Dann,
Verbleib. Wir können damit leben, aber
zieht es bitte durch! Denn, wie der eine
oder andere, wenn er nach einem üppigen
Mittagessen am Weihnachtstag
auf das Sofa sinkt, um sich ab 15:00
von der Rede der ehrwürdigen Queen
berieseln zu lassen, wohl bei sich denken
wird: „Allzu viel ist ungesund.“
Aber lasst uns die Kristallkugel polieren,
vielleicht sehen wir ja etwas. Beim EU-
Austritts-Referendum 2016 war UKIP
der Joker. Später, bei den Wahlen zum
Europäischen Parlament, tauchte Nigel
Farage erneut auf, aber da gehörte er
schon nicht mehr UKIP an, sondern der
Brexit-Partei. Die Millionenfrage für
Dezember 2019 lautet: Was können
Farage und seine Brexit-Partei Labour
und den Conservatives anhaben? Farage
prahlte zunächst, dass seine Brexit-
Partei mehr als 600 Kandidaten stellen
würde, und zwar auf alle Wahlkreise
verteilt. Etwas später kam ein Rückzieher:
Die Kandidaten der Brexit-Partei
würden nur in jenen Wahlkreisen antreten,
die nicht von den Konservativen
gehalten werden, man nehme also die
Sitze der Labour Party und der Liberal
Democrats ins Visier.
Vorherzusehen sind drei Szenarien:
Ein deutlicher Sieg der Konservativen
mit einer großen Mehrheit, ein knapper
Sieg für Labour, oder, Gott behüte,
ein erneut handlungsunfähiges Parlament.
Johnson selbst liegt in den Umfragen
stets vor Corbyn, der nicht nur
in der Öffentlichkeit, sondern auch bei
zahlreichen Parteimitgliedern wenig
Popularität genießt. Aber wenn der
Faktor Farage ins Spiel kommt, wird
alles etwas unvorhersehbar. Die Tatsache,
dass sich die Mehrheit der Wähler
den Brexit unter Dach und Fach
wünscht, deutet auf einen Sieg der
Konservativen hin. Allerdings findet
auch das Versprechen der Labour Party
hinsichtlich eines zweiten Referendum
großen Anklang. Doch das Parlament
hat sein Mandat bereits nach
dem ersten Referendums nicht erfüllt.
Weshalb also sollte man glauben, bei
einem zweiten Referendum wäre das
anders?
Meine Prognose hinsichtlich der Ergebnisse
steckt jedenfalls in einem
versiegelten Umschlag, der erst am
13. Dezember geöffnet werden darf.
Sie dachten doch nicht wirklich, ich
wäre albern genug, um sie bereits zu
veröffentlichen, oder?
Frohe Weihnachten!
Glen Bullivant FCICM
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Der BvCM-Vorstand im Überblick
Rudolf Keßler CCM
Rudolf Keßler fungiert als
Präsident des BvCM.
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Koeverden CCM
Andreas van Koeverden
ist stellvertretender Vorsitzender
des BvCM e.V.
Jan Schneider-Maessen
CCM
Jan Schneider-Maessen
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Prof. Dr. Andreas T. Del
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Dr. Thomas Kluth ist im
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TERMINE
12. März 2020 Aktualisierung MaCM, BayWa München
20. März 2020 Start CCM, Bochum
7. Mai 2020 Kongress Länderrisiken, Coface, Mainz
18. Juni 2020 Working Capital Management Symposium,
Industrieclub Düsseldorf
IMPRESSUM
November 2019, 19. Jahrgang
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Offizielles Organ des Bundesverbandes Credit
Management e.V. und des Bundesverbandes
Credit Management Österreich
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D-47533 Kleve, T. 0 28 21 / 97 67 10 - 0,
F. 0 28 21 / 97 67 10 - 636,
www.credit-manager.de
Redaktion:
Jan Schneider-Maessen CCM
Frank Wöbbeking
Silke Beermann CCM
Jos de Vos (Fotos)
Thomas Plaßmann (Karikatur)
Gastautoren dieser Ausgabe:
Stephan Glismann-Bringmann CICP, Glen
Bullivant, Philipp Hartmann, Daniel Heck,
Rudolf Keßler CCM, Anastasia Nosova, Dr. Georg
Schröder, Andreas Steinborn.
Fotos
Bayer, Baywa, BDIU, Bibby Financial Services
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SAP, Stephan Glismann-Bringmann.
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