Kohlbauer_Naschmarkt
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Reportage
Der Naschmarkt war
einmal zum Naschen da!
Nach echten Spezialitäten und geselligen Unterhaltungen muss man am Wiener
Naschmarkt mittlerweile suchen. Mit etwas Geduld und der richtigen Begleitung
findet man sie aber auch heute noch. Michael Scharfmüller
Ein Tränen lachendes Smiley
und einen erhobenen Daumen
sendet mir Leo Kohlbauer als
Antwort auf meine Frage, ob ihm das
„Café Savoy“ als Treffpunkt passe. Vor
ein paar Tagen haben wir uns verabredet,
um gemeinsam durch den Wiener
Naschmarkt zu spazieren. Kohlbauer ist
für die FPÖ Landtagsabgeordneter und
Bezirksparteiobmann in Mariahilf. Er hat
eine Idee, wie man den wohl bekanntesten
Markt Österreichs wieder mehr
Originalität einhauchen könnte. Genau
darüber wollen wir uns bei einem Lokalaugenschein
am Markt unterhalten.
Zuvor machen wir es uns aber im besagten
Kaffeehaus, das im Jahr 1879
im Stil der Neorenaissance eingerichtet
wurde, gemütlich. Meine erste
Frage an Kohlbauer lautet natürlich,
warum er mir ein lachendes Smiley auf
meine Nachricht geantwortet hat? Den
Wiener überrascht die Frage: „Wissen
Sie das nicht? Das ‚Savoy‘ ist einer der
bekanntesten Schwulentreffpunkte
Wiens.“ Als Oberösterreicher war mir
das tatsächlich nicht bekannt. Dabei
wirbt das Café auf seiner Internetseite
sogar selbst damit, eine „stilvolle
Schwulenbar“ zu sein, in der sich die
nationale und internationale Gayszene
treffe.
Bevor wir uns in den Naschmarkt
stürzen, unterhalten wir uns bei einer
Melange über die medial verkündete
Neuausrichtung der FPÖ. Der 32-jährige
Politiker ist davon überzeugt, dass
seine Partei sich nicht an die ÖVP anbiedern
sollte und sich stattdessen
wieder mehr auf ihre Kernkompetenzen
konzentrieren solle. Die FPÖ werde
gewählt, weil sie Ecken und Kanten
habe, so Kohlbauer. Dass auch er als
Person für diese Ecken und Kanten immer
wieder angegriffen wird, stört ihn
nicht – „Das nehme ich gerne in Kauf!“
Genug diskutiert. Wir starten unseren
Lokalaugenschein auf der Kettenbrücke,
die als Brücke nicht zu erkennen
ist, weil ein Großteil des Naschmarkts
auf einer Betonplatte steht, unter der
der Wienfluss durchfließt. Kohlbauer
erklärt mir, dass deshalb auch der Plan
der Grünen scheitern wird, aus dem
Parkplatz am Naschmarkt einen grünen
Park zu machen.
Verlustreicher Flohmarkt
Auf dem eben angesprochenen Parkplatz,
vor dem wir stehen, findet regelmäßig
ein Flohmarkt statt. Dieser sorgt
in Wien immer wieder für Diskussionen.
Grund dafür ist der viele Müll, der
nach den Flohmärkten liegen bleibt,
und von der Stadt Wien entsorgt werden
muss. Dadurch entstehen so hohe
Kosten, dass die Stadt Wien, als Betreiber
des Flohmarktes, überlegt den
Flohmarkt einzustellen. Leo Kohlbauer
ärgert sich darüber: „Flohmärkte sind
in ganz Österreich ein gutes Geschäft.
Nur der roten Stadträtin Ulli Sima gelingt
es damit ein Minus zu machen!“
Von der Kettenbrücke aus spazieren
wir nun durch die engen Gassen des
Naschmarktes Richtung Innenstadt.
Am Anfang des Marktes sind die Verkäufer
noch freundlich, mit Sprüchen
wie „Der Naschmarkt ist zum Naschen
da!“ versuchen sie ihre Kostproben an
den Mann zu bringen. Umso tiefer man
jedoch in das Marktgeschehen eindringt,
umso aggressiver bedrängen
die meist arabischen Verkäufer die
Passanten.
Immer das gleiche Bild …
Obwohl Montagvormittag ist, drücken
sich bereits viele Menschen durch die
enge Gasse des Naschmarkts. Wir gehen
an zahlreichen Ständen vorbei,
die ein fast identisches Sortiment bestehend
aus Antipasti, Oliven, Nüssen
und Gewürzen anbieten. Immer das
gleiche Bild. Es ist, als ob man zwei
Augen zu viel hätte. Eine Touristin sagt,
enttäuscht von diesem monotonen Angebot,
zu ihrem Begleiter „That‘s all the
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Schwerpunkt
same!“. Damit bringt sie
auf den Punkt, was auch
Kohlbauer kritisiert. Aus
seiner Sicht ist der Wiener
Naschmarkt nicht mehr das,
was er einmal war – nämlich ein beliebter
Nahversorger und Spezialitätenmarkt.
Ein wenig Abwechslung in die Abfolge lane
haltbarer Lebensmittel und Souvenirs bringt
ein Marktstand, der frisches Fleisch anbietet.
Schweinefleisch sucht man hier wenig überraschend
vergebens. Dafür wird am Stand
gegenüber orientalische Musik abgespielt.
All das entspricht zwar nicht meiner Vorstellung
von einem Wiener Markt, ist aber trotzdem
irgendwie stimmig.
Mehr Identität für den Naschmarkt
Ein paar Schritte weiter und die enge Marktgasse
öffnet sich endlich wieder. Hier hat
man etwas Platz um durchzuatmen. Der
freiheitliche Landtagsabgeordnete erzählt
mir von seinen Ideen für den Naschmarkt.
Er möchte auf einer freien Fläche am Marktgelände
gerne ein „Österreich Kulinarium“
einrichten. Dieses soll zehn Marktstände beherbergen,
die das kulinarische Angebot von
je einem österreichischen Bundesland plus
Südtirol widerspiegeln sollen. „Der Verkauf
von Waren soll im ‚Österreich Kulinarium‘
im Fokus stehen. Jeder Standbetreiber soll
jedoch auch Spezialitäten aus seinem Bundesland
aufkochen und Getränke ausschenken
– damit der Naschmarkt wieder zu einem
Treffpunkt für die Wiener wird!“, erklärt mir
Kohlbauer sein Konzept.
Die Befürchtung, dass dann erst recht wieder
jeder Stand das gleiche anbietet, teilt Kohlbauer
nicht: „Als halber Kärntner kenne ich
die Kärntner Spezialitäten sehr gut! Die unterscheiden
sich sehr wohl von den Angeboten
aus anderen Bundesländern.“ Zudem
ist er sich sicher, dass die Nachfrage nach
so einem Angebot hoch wäre. Rund um den
Naschmarkt würden nämlich sehr viele Menschen
leben, die „einen sehr linken Lebensstil
pflegen“ und zurzeit sehr viel Wert auf hohe
Qualität und Regionalität legen würden.
Alle Bilder: Info-DIREKT
Schandfleck des Naschmarktes
Wir setzen unseren Marktbummel fort, kommen
nach wenigen Metern jedoch vor einer
Kapelle wieder zum Stehen. An dieser hat
nicht nur der Zahn der Zeit genagt, sondern
auch einige Schmierfinke ihrer Dummheit
freien Lauf gelassen. Kohlbauer dazu: „Wir
haben in der Bezirksvertretung in Mariahilf
beantragt die Kapelle zu renovieren, bis auf
die ÖVP haben jedoch alle Parteien gegen
unseren Antrag gestimmt.“
Bild: Eindrücke vom Wiener Naschmarkt,
wie er sich vielen Touristen zeigt.
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Reportage
Dass mitten in Wien, an einem bei Touristen sehr beliebten Ort, eine Kapelle in
einem derart schlechten Zustand steht, überrascht mich zwar, bringt aber augenscheinlich
zum Ausdruck, dass hier am Markt in den letzten Jahren offenbar
einiges schief gelaufen ist. Die Verantwortung dafür sieht mein Begleiter
bei der SPÖ: „Es gibt zahlreiche Beispiele für gut funktionierende Märkte. Man
muss dafür jedoch Rahmenbedingungen schaffen, die das ermöglichen. Am
Naschmarkt hat Stadträtin Ulli Sima genau das jedoch verabsäumt.“
Bild: Auf dieser freien Fläche soll nach
Kohlbauers Vorstellung ein „Österreich
Kulinarium“ entstehen.
Bild: Neben vielen teilweise sehr aufdringlichen
Standbetreibern gibt es
auch sehr freundliche.
Bild: Lang haltbare Lebensmittel erfreuen
sich bei Touristen hoher Beliebtheit. Das
Überangebot davon finden aber auch sie
langweilig.
Bilder unten: Bei einem Besuch am
Naschmarkt empfiehlt es sich, eine
kleine Pause beim „Spezialitäten
Urbanek“ einzulegen.
Nun zeigt mir der FPÖ-Politiker einige Stände, die ihm gefallen und mit viel
Liebe zum Detail geführt werden. In diesem Abschnitt zeigt sich der Markt von
einer besseren Seite. Die angebotenen Produkte werden nun etwas abwechslungsreicher
und einige Marktstände laden dazu ein bei einem Stehtisch zu
verweilen und sich ein kleines Gläschen Wein zu gönnen.
Eine Wiener Institution
Wir kehren in einem nur 14 Quadratmeter kleinen Stand ein und bestellen uns
eine kleine Spezialitätenplatte. Während diese zubereitet wird, tauscht sich der
Standbetreiber mit dem blauen Landtagsabgeordneten über leicht nachzukochende
Rezepte aus und welche Produkte man dazu einsetzen sollte.
Der Junior-Chef reicht uns eine italienische Wurstspezialität über den Tresen,
dazu serviert er eine Anekdote: Als Heinz Fischer im Bundespräsidentenwahlkampf
einmal bei ihm war, habe er sich an dieser Wurst seinen Mund verbrannt,
worauf der Wahlkämpfer lachte und meinte, dass ihm das hoffentlich
nicht auch in der Hofburg passieren würde. Was das „Maulverbrennen“ anbelangt,
ist Kohlbauer weniger empfindlich und auch die würzig-scharfe Kostprobe
schmeckt uns beiden gut.
Mit unserer Jausenplatte stellen wir uns an einen Tisch vor dem Lokal. Dort
erzählt mir Kohlbauer, dass der „Urbanek“, so der Name des Standbetreibers,
den angeblich besten Umsatz pro Quadratmeter in ganz Wien habe. Am Nebentisch
findet sich derweil eine Gruppe Frauen ein, die am Abend Wien unsicher
machen will. Bei ihrer Anreise mit dem Zug hatte ihnen ein älterer Herr
empfohlen, sie sollten unbedingt am Naschmarkt zum Urbanek schauen, dort
ein Achterl trinken und es auf ihn aufschreiben lassen. Es dauert nicht lange
und es entsteht eine lockere Unterhaltung bei der viel gelacht wird …
Staranwalt und „Gaudimax“
Am nächsten Nachmittag spaziere ich nochmals durch den Naschmarkt, um
noch ein paar Fotos zu machen. Die Eindrücke, die ich am Vortag sammelte,
bestätigen sich. Nicht nur die schlechten, sondern auch die guten. Als ich
beim „Feinkost-Patron“ Urbanek vorbeikomme, läuft dort der Schmäh bereits
wieder. Unter den Gästen der aus Fernsehen und Rundfunk bekannte „Gaudimax“
Harry Prünster. Ich mische mich in das Gespräch ein und frage Prünster,
ob er mir ein paar Fragen für das Magazin Info-DIREKT beantworten könne.
Während wir das Interview führen, stößt Staranwalt Werner Tomanek zur Runde
und es wird zwischen Menschen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten
gleich wieder gescherzt. Ich verlasse die gut gelaunte Runde, um mit
zahlreichen Fotos und ein paar „Mohnzelten“ (einer Waldviertler Süßspeise) als
Mitbringsel für meine Familie die Heimreise anzutreten … II
Leo Kohlbauer im Stand von „Urbanek“
Alle Bilder: Info-DIREKT
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Schwerpunkt
28./29. AUSGABE DAS MAGAZIN FÜR PATRIOTEN
Interviews
+ Herbert Kickl (FPÖ)
+ August Wöginger (ÖVP)
+ Martin Sellner (IBÖ)
+ Johann Kalliauer (SPÖ)
+ David Stögmüller (Grüne)
+ Sepp Schellhorn (NEOS)
„Rattengedicht“
Interview mit dem Dichter und dem,
der den Skandal ins Rollen brachte.
FPÖ-Neuausrichtung
Diese Punkte sollten
die Freiheitlichen beachten!
Fachkräftemangel?
Wir haben mit Vertretern verschiedener
Parteien darüber gesprochen.
Natur- und Heimatschutz statt
Preis: Euro 5,- 5,-
Klimahysterie| 1