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Kreiha-Info 06/2019

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Modernes Arbeiten im denkmalgeschützten Bestand

Ihr Auftrag war das Dach eines Neubaus. Da sich dieser aber wie das ursprüngliche Kirchenschiff an

einen denkmalgeschützten Kirchturm anschließen soll, galt es für die Handwerker von Dachdeckermeister

Reinhard Esser, sich bei ihrer Arbeit auch ein bisschen in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts

zu versetzen.

Von 1893 bis 1895 wurde im Zentrum der damals noch selbstständigen

Stadt Mülheim die evangelische Lutherkirche als

Hauptkirche in unmittelbarer Nähe des Rathauses errichtet. Die

Pläne stammten von den Architekten Emil Schreiter und Bernhard

Below, die Architektur der Emporenhallenkirche entsprach

dem für die Zeit typischen wilhelminischen Stil. Zum Ende des

Zweiten Weltkriegs wurde das Kirchenschiff durch Luftangriffe

zerstört und nur der Turm blieb bestehen. Als Ersatz wurde in der

Nachbarschaft die Luthernotkirche aus Trümmermaterial errichtet.

Nach Abbruch des zerstörten Kirchenschiffs wurde der Turm

als Denkmal instandgesetzt und von Günther Vaupel Ende der

1970er-Jahre mit einem neuen Dach versehen.

Es dauerte über 30 Jahre, bis mit der Planung für eine neue Nutzung

des Areals begonnen wurde. Und es dauerte noch weitere

zehn Jahre, bis es zum ersten Spatenstich für das Bauprojekt kam,

das uns Reinhard Esser, Obermeister der Dachdecker-Innung Mönchengladbach,

Ende November in Köln-Mülheim zeigte.

Im Neubau auf dem Grundriss des ursprünglichen Kirchenschiffs

entstehen nach Plänen der Kölner Architektengruppe Maier im

unteren Teil Gewerbeeinheiten und darüber Wohnungen, die

voraussichtlich im Frühjahr 2020 bezugsfertig sein werden. Die

Form ist bewusst schlicht gegliedert; sie soll sich dem Lutherturm

unterordnen und gleichzeitig die „Kriegsnarbe“ erkennbar lassen.

An die Gestaltung und Farbgebung der Fassaden und des Dachs

war die Anforderung gestellt, dass sie die historischen Vorgaben

des Lutherturm aufgreifen. So wurden für die Dacheindeckung

eigens 6.500 grau-gelb-melierte Glattziegel gebrannt, die „handgebacken“

anmuten und sich so stimmig ins Umfeld einfügen sollen.

Bezüglich Dämmung, Brandschutz und Entwässerung gelten

natürlich auch für ein an historischen Vorgaben angelehntes Dach

die neuesten Bauverordnungen. Jedoch wurde zum Beispiel für

sämtliche Metallteile nur hochwertiges Kupfer verwendet, wie es

auch beim Lutherturm im Einsatz ist.

Zum Zeitpunkt der Fotos Ende November waren die Dachdecker

gerade mit der Abdichtung des Treppenhauses beschäftigt, das

Lutherturm und Neubau nun miteinander verbindet. Im Turm

selbst sollen künftig ein Museum und Künstlerateliers Platz finden.

Bei den Sanierungsarbeiten hatte sich aber gerade herausgestellt,

dass die Schieferdächer wohl ebenfalls noch einer Erneuerung

bedürfen. Die Umweltbelastungen, vor allem der saure

Regen, haben das Gestein porös und brüchig werden lassen.

„So schön die Arbeit an historisch interessanten Gebäuden ist“,

sagt Reinhard Esser, „weiß man bei so einem alten Projekt doch

nie, wo die Reise hingeht.“

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Fotos: Julia Vogel

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