Positive_Ausgabe_12_Dezember_2019
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Dagobert Cahannes<br />
Der Kommunikations-Profi<br />
Der legendäre Speaker erzählt vom<br />
«Novartis-Deal», dem Nobelpreis<br />
und von Büxi.<br />
Auswanderungsland Oberaargau<br />
Wie es dazu kam, dass Oberaargauer unter<br />
anderem aufgrund von Kartoffelfäule in weit<br />
entfernte Länder auswanderten.<br />
Dominique Aegerter<br />
Wie der Rohrbacher in der<br />
MotoE-Klasse seine neue<br />
Karrierechance nutzen will.
Editorial<br />
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Impressum<br />
Herausgeber<br />
Inserateverkauf<br />
s‘positive AG<br />
St. Urbanstrasse 31<br />
4914 Roggwil<br />
Telefon 062 929 24 25<br />
info@spositive.ch<br />
Redaktion<br />
Bruno Wüthrich (bw)<br />
Klaus Zaugg (kz)<br />
Geschäftsleitung<br />
Christophe Buchmann<br />
Layout<br />
sehruum11 | werk:8<br />
Digital Druckcenter Langenthal AG<br />
Langenthal<br />
Auflage<br />
76‘000 Exemplare<br />
Erscheinung<br />
monatlich<br />
Druck<br />
Merkur Druck AG Langenthal<br />
Versand<br />
Die Post<br />
Mediadaten online unter<br />
www.spositive.ch<br />
Ein Blick in die<br />
Vergangenheit<br />
macht uns bewusst,<br />
dass hinter allem,<br />
was wir heute<br />
haben, eine<br />
Geschichte steckt.<br />
Was hatten Sie für ein Jahr? Wie war das<br />
<strong>2019</strong> für Sie? Sind Sie zufrieden damit?<br />
Haben sie viel <strong>Positive</strong>s erlebt?<br />
Wenn Sie dies hier lesen, halten Sie die<br />
zwölfte <strong>Ausgabe</strong> des Jahres vom «s‘<strong>Positive</strong>»<br />
in der Hand. Zwölf Mal durften wir Sie<br />
mit Hintergrundberichten von positiven<br />
Begebenheiten beliefern. Wir sprachen mit<br />
positiven Personen, vermittelten positives<br />
Wissen, oft mit Regionalbezug. Wir erlauben<br />
uns immer wieder, auch in die Vergangenheit<br />
zu blicken. Nicht, weil damals alles<br />
besser war, sondern um uns bewusst zu<br />
machen, dass hinter allem, was wir heute<br />
haben, eine Geschichte, eine Entwicklung<br />
steckt. Und wir feiern unsere Sportler, die<br />
immer wieder aus unserer Region heraus<br />
vorzügliche Leistungen erbringen.<br />
Ihre Reaktionen zeigen uns, dass wir<br />
auf dem richtigen Weg sind. Das macht<br />
uns stolz. Und es motiviert uns, Sie auch<br />
im neuen Jahr 2020 wiederum mit positivem<br />
«Stoff» zu versorgen.<br />
Wir wünschen Ihnen nicht einfach nur<br />
einen «guten Rutsch ins neue Jahr», sondern<br />
von ganzem Herzen ein gefreutes<br />
2020. Denn was soll ein «guter Rutsch»,<br />
wenn es danach nicht gut weiter geht?<br />
Wir wünschen Ihnen vor allem gute Gesundheit<br />
und tolle Beziehungen zu lieben<br />
Menschen. Dann kommt alles andere wie<br />
von selbst, oder geht Ihnen zumindest viel<br />
leichter von der Hand. Und vor allem:<br />
Bleiben Sie positiv. Hadern Sie nicht,<br />
wenn mal etwas nicht läuft wie gewünscht,<br />
sondern freuen sich ab all dem,<br />
was gut läuft. Denn wir haben es gut in<br />
der Schweiz und in unserer Region.<br />
Viel Spass beim Lesen dieser <strong>Ausgabe</strong>!<br />
Herzlich,<br />
Ihr Bruno Wüthrich<br />
2 3
Inhalt<br />
Menschen<br />
Dagobert Cahannes 6<br />
6<br />
Im Interview verrät uns der leidenschaftliche<br />
Speaker, wie das seinerzeit war mit der Fusion<br />
von Sandoz und Ciba-Geigy zur heutigen «Novartis».<br />
Geschichte<br />
Auswanderungsland 16<br />
Oberaargau<br />
16<br />
Ausgelöst unter anderem durch Kartoffelfäule<br />
bewegten Ernährungskrisen die<br />
Oberaargauer vor weniger<br />
als 200 Jahren dazu,<br />
auszuwandern.<br />
Ein Kombi mit Geschichte.<br />
Und Zukunft.<br />
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30<br />
Sport<br />
Dominique Aegerter 30<br />
Dem Oberaargauer bietet sich in der MotoE-Klasse<br />
die Chance, seine Karriere neu zu lancieren.<br />
Weitere Themen<br />
Wussten Sie schon? 24<br />
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4<br />
5
Menschen<br />
Dagobert Cahannes<br />
Der legendäre Speaker<br />
der Lauberhornrennen<br />
und Eidgenössischen<br />
Schwingfeste erzählt<br />
vom «Novartis-Deal»,<br />
dem Nobelpreis –<br />
und von Büxi.<br />
Klaus Zaugg und Bruno Wüthrich (Text) | Marcel Bieri (Bilder)<br />
Der Kommunikati ons-Profi<br />
Kommentierte<br />
21 Lauberhornrennen<br />
und 9 Eidgenössische<br />
Schwingfeste:<br />
Speaker-Legende<br />
Dagobert<br />
Cahannes<br />
6<br />
7
Dagobert Cahannes<br />
VERKAUF<br />
VERMIETUNG<br />
SERVICE<br />
Nur selten hat jemand so viel zu erzählen wie<br />
Dagobert Cahannes (69). Er war rund 20 Jahre lang<br />
Sprecher der Solothurner Regierung, er war bei der<br />
Fusion von Sandoz und Ciba-Geigy zur Novartis<br />
und bei Verleihungen von Nobelpreisen dabei.<br />
Aber bekannt ist er vor allem als freier TV-Mitarbeiter<br />
und Speaker von Grossanlässen wie der<br />
Lauberhornrennen, von Eidgenössischen Schwingfesten<br />
und Fussball-Länderspielen geworden.<br />
Ich war nicht<br />
Sprecher, nur<br />
Berater der<br />
Regierung.<br />
Ich sagte ihnen:<br />
Reden müsst<br />
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s‘<strong>Positive</strong>: Sie waren rund zwanzig Jahre<br />
lang Sprecher der Solothurner Regierung.<br />
Haben Sie die Regierung reden<br />
gelernt?<br />
Dagobert Cahannes: Ich wurde am 1.<br />
April 1997 tatsächlich als Erster in dieses<br />
Amt gewählt. Die Regierung suchte einen<br />
Kommunikationsberater, weil sie wegen<br />
des Skandals um die Kantonalbanken in<br />
die Kritik geraten war. Staatsschreiber<br />
Konrad Schwaller fragte mich, ob dies<br />
nicht eine Aufgabe für mich sein könnte.<br />
Die Aufgabe reizte mich. Aber mir war<br />
wichtig, lediglich Berater, und nicht der<br />
Sprecher der Regierung zu sein. Deshalb<br />
sagte von allem Anfang an: Reden müsst<br />
ihr selbst.<br />
Aber Sie haben der Regierung beim Reden<br />
geholfen?<br />
Ich blieb stets im Hintergrund, war aber<br />
bei allen Sitzungen des Regierungsrates<br />
dabei. Insgesamt waren es exakt 800 Sitzungen.<br />
Was haben Sie verändert?<br />
Es ging mir in erster Linie darum, das gegenseitige<br />
Verständnis zu fördern und die<br />
Kommunikation der Zeit anzupassen.<br />
Wie lief denn das mit der Kommunikation<br />
zur damaligen Zeit?<br />
Nach einem Regierungsbeschluss am<br />
Vormittag wurde am Nachmittag in aller<br />
Ruhe eine Medienmitteilung verfasst und<br />
am anderen Tag mit der Post verschickt.<br />
Das war schon in den 1990er Jahren nicht<br />
mehr zeitgemäss.<br />
Immerhin gab es die E-Mail damals<br />
schon.<br />
Richtig. Nun gingen nach einem Beschluss<br />
am Vormittag gleich am Mittag die Medienunterlagen<br />
an die Redaktionen. Entscheidend<br />
war auch, dass die Verantwortlichen<br />
danach für Rückfragen erreichbar<br />
waren.<br />
Erlauben Sie uns eine saloppe Frage:<br />
Haben sie die Regierenden auch lügen<br />
gelernt?<br />
Nein. Ganz im Gegenteil. Ich gebe Ihnen<br />
ein Beispiel. Es ging kurz vor einem zweiten<br />
Wahlgang der Regierungsratswahlen<br />
um heikle Entscheidungen rund um die<br />
Bahn 2000. Die Beschlüsse waren gefasst.<br />
Doch man war der Meinung, dass es besser<br />
sei, diese erst nach der Wahl zu kommunizieren.<br />
Ich habe dann interveniert mit dem<br />
Hinweis, dass so etwas nicht geht.<br />
Weil...<br />
Weil die Traktandenliste mit den entsprechenden<br />
Geschäften öffentlich ist.<br />
Sogar die Sitzungen des Regierungsrates<br />
sind öffentlich. Wenn bekannt geworden<br />
wäre, dass Informationen von öffentlichen<br />
Geschäften in solch sensiblen Momenten<br />
zurückgehalten worden wären, hätten wir<br />
grössere Probleme bekommen können. Ich<br />
benötigte lediglich etwa drei Minuten, um<br />
alle zu überzeugen.<br />
Moment mal: Sie sagten, die Sitzungen<br />
der Solothurner Regierung seien öffentlich?<br />
Ja, so ist es. Dies dürfte in der Welt einmalig<br />
sein. Nur wenn es der Persönlichkeitsschutz<br />
erfordert – etwa bei Personalfragen<br />
– sind die Sitzungen nicht öffentlich.<br />
Wie viele Geschäfte sind öffentlich?<br />
Schon zwischen 60 und 70 Prozent.<br />
Dann ist die Regierung des Kantons<br />
Solothurn die transparenteste und ehrlichste<br />
der Welt?<br />
Wenn Sie das so formulieren, habe ich<br />
nichts dagegen.<br />
Aber nochmals: ist das wirklich so?<br />
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9
Der Kommunikations-Profi<br />
Dagobert Cahannes<br />
Wir können als Bürger die Sitzungen der<br />
öffentlichen Geschäfte mitverfolgen?<br />
Ja, das ist so.<br />
Und da gibt es keine Zwischenrufe?<br />
Nein. Die Sitzungen werden nur von wenigen<br />
Leuten verfolgt. Ich erinnere mich an<br />
die erste Sitzung mit der Erziehungsdirektorin<br />
Ruth Gisi. Zwei Besucher waren da<br />
und bald einmal sagte einer: Sie machen<br />
das sehr gut, Frau Gisi, wir können wieder<br />
gehen.<br />
Ihre Tätigkeit ging über das Verfassen<br />
von Medienmitteilungen hinaus?<br />
Ja, ich organisierte und moderierte auch<br />
Medientrainings. Dabei ging es um mehr<br />
als nur darum, bei einem Auftritt vor der<br />
Kamera gut zu wirken. Es ging generell um<br />
den Umgang mit den Medienschaffenden<br />
und um die gegenseitigen Erwartungshaltungen:<br />
Was erwarten die Journalisten<br />
von uns? Was wir von den Journalisten?<br />
Zwei Besucher<br />
waren da und<br />
bald einmal sagte<br />
einer: Sie machen<br />
das sehr gut, wir<br />
können wieder<br />
gehen.<br />
Also doch: Medientraining, um das Lügen<br />
auch vor der Kamera zu üben.<br />
Ich weiss, was Sie meinen. Aber lügen<br />
bringt nichts. Einer meiner Grundsätze<br />
war immer: keine Lügen! Wenn sie kein<br />
Profilügner sind, fallen Sie auf die Schnauze.<br />
Die Journalisten haben ein Archiv. Sie<br />
werden Widersprüche genüsslich aufdecken.<br />
Wichtig war mir auch, dass niemand<br />
unvorbereitet in ein Interview geht. Viele<br />
hatten und haben auch eine Abwehrhaltung<br />
gegenüber Journalisten. Das ist<br />
falsch. Man muss nur die Spielregeln kennen.<br />
Journalisten dürfen werten. Damit<br />
müssen wir leben. Wir müssen ihnen bloss<br />
die Fakten liefern.<br />
Wie hat sich die Medienkultur während<br />
Ihrer Amtszeit verändert?<br />
Anfänglich mussten hunderte von Medienmitteilungen<br />
oder Einladungen zu<br />
Medienkonferenzen per Post verschickt<br />
werden. Bald einmal versandten wir diese<br />
Mitteilungen per Mail. Ich sorgte zudem<br />
dafür, dass solche Konferenzen um 09.30<br />
und nicht erst am Mittag stattfinden, damit<br />
die elektronischen Medien am Mittag<br />
auf Sendung gehen können. Zuweilen<br />
ermöglichten wir es einem Radiosender,<br />
ein Interview bereits am Vorabend aufzunehmen.<br />
Sie mussten danach jedoch eine<br />
Sperrfrist einhalten. Das heisst, sie konnten<br />
sofort nach Beginn der Medienkonferenz,<br />
wenn die offizielle Medienmitteilung<br />
raus war, damit auf Sendung gehen.<br />
Die Sperrfristen wurden immer eingehalten?<br />
Ja, das war kein Problem. Andernfalls wäre<br />
ein derartiges Arrangement mit diesem<br />
Sender nicht mehr zustande gekommen.<br />
Aber eigentlich war ja Ihre Arbeit für die<br />
Solothurner Regierung beschaulich im<br />
Vergleich zu ihrem vorherigen Job. Sie<br />
waren für die Kommunikation verantwortlich,<br />
als sich 1996 die beiden Pharmagiganten<br />
Sandoz und Ciba-Geigy zu<br />
Novartis zusammenschlossen. Diese Fusion<br />
war eines der sensibelsten Geschäfte<br />
unserer Wirtschaftsgeschichte. Falls<br />
da vorher etwas bekannt geworden wäre,<br />
hätte ein Erdbeben die Börse erschüttert.<br />
Wie war es möglich, dieses riesige<br />
Geschäft geheim zu halten?<br />
Es war in der Tat ein sehr heikles Geschäft.<br />
Wir drehten beispielsweise die Filmaufnahmen<br />
mit dem Novartis-Logo unter der<br />
Woche auf dem Titlis. Die paar Touristen,<br />
die uns dabei beobachten konnten, wussten<br />
mit dem Namen «Novartis» nichts<br />
anzufangen. Die Drucksachen in englischer<br />
Sprache liessen wir in Frankreich<br />
drucken, für die französischsprachigen<br />
vergaben wir den Auftrag nach England,<br />
damit die Mitarbeiter der Druckereien der<br />
Sache nicht auf die Spur kamen.<br />
Sie mussten aber vorher den Eintrag im<br />
Handelsregister publizieren.<br />
Ja, das stimmt. Doch wir liessen die Firma<br />
zuerst mit einem anderen Zweck eintragen,<br />
liessen sie also nicht als Pharmafirma<br />
erkennen. So war der Eintrag einer Firma<br />
namens «Novartis» für das Handelsregisteramt<br />
ein reines Routinegeschäft, hinter<br />
dem nichts vermutet wurde.<br />
Ein solches «Jahrhundert-Geschäft»<br />
erfordert ja zahllose Sitzungen und Verhandlungsrunden.<br />
Es war deshalb unmöglich,<br />
diese in den Räumlichkeiten<br />
einer der beiden Firmen oder irgendwo<br />
in Basel abzuhalten. Die Führungspersönlichkeiten<br />
der beiden Firmen waren<br />
ja stadtbekannt.<br />
Die meisten Besprechungen haben in Restaurants<br />
irgendwo im Elsass stattgefunden.<br />
Um keinerlei Aufsehen zu erregen, reisten<br />
die Verantwortlichen in alten Autos an.<br />
Also nicht mit den üblichen Karossen.<br />
So ist es.<br />
Wie schafften Sie es, zu einer Medienkonferenz<br />
einzuladen, ohne dass jemand<br />
merkte, worum es ging?<br />
Wir verschickten die Einladungen für die<br />
Medienkonferenz an dem Tag, an dem sie<br />
stattfand, am Morgen um 05.00 Uhr, per<br />
Mail.<br />
Schliefen Sie gut in jener Nacht?<br />
Nicht besonders. Die Vorfreude war natürlich<br />
riesig. Und ein wenig bibberte ich<br />
schon, dass irgendwo noch was rausgeht.<br />
Wie viele Leute wussten denn davon?<br />
Die Verwaltungsräte beider Firmen, die<br />
Banken, die mit dem Fusionsgeschäft beauftragt<br />
waren, insgesamt dürften es mindestens<br />
100 Personen gewesen sein.<br />
Und die haben alle dichtgehalten?<br />
Nicht ganz. Damals gab es noch die Wirtschaftszeitung<br />
«Cash». Die hatten in der<br />
<strong>Ausgabe</strong> am Tag, als wir die Medienkonferenz<br />
abhielten und den Deal bekannt<br />
gaben, einen Artikel über zehn Seiten mit<br />
allen Hintergrundinformationen im Blatt.<br />
Das war kein Problem, weil wir ja am selben<br />
Tag ebenfalls damit an die Öffentlichkeit<br />
gingen. Aber da musste jemand am<br />
Tag vorher geplaudert haben.<br />
Wer war es?<br />
Ich habe schon einen Verdacht, wer es gewesen<br />
sein könnte.<br />
Oh, das ist aber interessant.<br />
Der Name ist mir inzwischen entfallen.<br />
Gerieten Sie als ehemaliger Journalist<br />
nicht auch in Verdacht?<br />
Doch, ich wurde dazu befragt.<br />
Sprachen Sie damals eigentlich mit Ihrer<br />
Frau über diese Fusion?<br />
Nein, nicht einmal mit meiner Frau sprach<br />
ich darüber. Ich musste aufpassen. Ich<br />
durfte ja jeweils nicht sagen, weshalb ich<br />
schon wieder später wegen einer Sitzung<br />
Bild: lucarista / Shutterstock.com<br />
Mit Regierungspersönlichkeiten<br />
(hier Alt-Bundesrätin<br />
Doris Leuthard) war<br />
Dagobert Cahannes immer<br />
bestens vertraut.<br />
Nicht einmal<br />
mit meiner Frau<br />
sprach ich über<br />
die Fusion von<br />
Sandoz und<br />
Ciba-Geigy.<br />
nach Hause komme. Mit meinem Sohn<br />
hatte ich sowieso die klare Abmachung,<br />
dass wir daheim nicht über Geschäftliches<br />
reden.<br />
Ihr Sohn Kevin ist heute stellvertretender<br />
Nachrichtenchef bei unserem<br />
staatstragenden Radio und war ja damals<br />
schon Journalist. Auch er ahnte<br />
also nichts?<br />
Nein.<br />
Diese ganze Fusion ging vor 23 Jahren<br />
über die Bühne. Wäre diese Geheimhaltung<br />
in der heutigen Zeit der sozialen<br />
Medien und Smartphones immer noch<br />
möglich?<br />
Ich hoffe es doch.<br />
War diese Fusion eigentlich Ihr grösstes<br />
Abenteuer?<br />
Ja, nebst den beiden Nobelpreisen.<br />
Davon müssen Sie uns erzählen. Sie<br />
waren ja in den 1980er Jahren in der<br />
Kommunikationsabteilung von IBM<br />
Schweiz beschäftigt und in dieser Zeit<br />
gewannen gleich zwei Schweizer den<br />
Nobelpreis für Physik.<br />
Ja, der Nobelpreis ging 1986 an Heinrich<br />
Rohrer und Gerd Binnig und im Jahr darauf<br />
an Karl Alexander Müller und Georg<br />
Bednorz. Eine erste Herausforderung war<br />
bereits die Formulierung der Medienmitteilungen.<br />
Eine ging mit den ganzen wissenschaftlichen<br />
Erklärungen an die Fachwelt.<br />
Aber es brauchte auch eine einfache,<br />
populäre Version fürs Volk. Aber in Erinnerung<br />
bleibt mir vor allem dieser Augenblick,<br />
als Heinrich Rohrer die Nachricht<br />
am Telefon erhalten hat.<br />
Wie das? Der Nobelpreisträger erfährt<br />
die gute Nachricht im Büro am Telefon?<br />
Ja, so war es. Wir wussten, dass er nominiert<br />
war und dass er den Preis wohl erhalten<br />
würde. Also waren wir alle bereit. Aber<br />
ganz sicher und offiziell war es eben erst,<br />
als der Telefonanruf kam. Wir lagen uns<br />
dann in den Armen und weinten vor Freude.<br />
Daraus entstand eine Freundschaft,<br />
die mir ein paar unvergessliche Momente<br />
bescherte.<br />
Erzählen Sie uns davon?<br />
Ich organisierte damals in Grenchen eine<br />
Talk-Show und wir kündigten Nobelpreisträger<br />
Heinrich Rohrer als Gast an. Doch<br />
so richtig wollte mir dies niemand glauben.<br />
Wie soll denn der kleine dicke Cahannes<br />
den Nobelpreisträger nach Grenchen bringen?<br />
Viele waren überzeugt, dass ich nur<br />
einen Wirbel veranstalte, um dann kurz<br />
vor dem Veranstaltungstermin bekannt zu<br />
geben, der Rohrer hätte wegen Unpässlichkeit<br />
abgesagt. Aber der Nobelpreisträger<br />
war pünktlich vor Ort. Mächtig Eindruck<br />
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s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
machte zudem, dass er mich duzte. Das hat<br />
meiner Eitelkeit schon geschmeichelt. Er<br />
erzählte dann ein paar wunderbare Anekdoten.<br />
Zum Beispiel?<br />
Er war im Militär Oberleutnant. Bis zur<br />
Verleihung des Nobelpreises habe man<br />
ihn «Oberleutnant Rohrer» gerufen und<br />
gewusst, dass er irgendetwas mit Physik<br />
zu tun habe. Keines der hohen Tiere habe<br />
sich für ihn interessiert. Nach der Verleihung<br />
habe er sich vor Einladungen kaum<br />
mehr retten können. Der Divisionär, der<br />
Oberst und weiss wer noch alles, wollten<br />
mit ihm Essen gehen. Und von da an sei er<br />
nur noch mit «Herr Professor Rohrer»<br />
angesprochen worden.<br />
Was war denn Heinrich Rohrer für ein<br />
Mensch?<br />
Er, und übrigens auch Karl Alexander<br />
Müller, der ein Jahr später den Nobelpreis<br />
gewann, waren völlig geerdete Typen. Sie<br />
hatten natürlich beide ihre Eigenheiten,<br />
aber sie waren freundlich und bescheiden.<br />
Heinrich Rohrer hat auch als Nobelpreisträger<br />
noch beim Firmenfussball mitgemacht.<br />
So sind Sie später beim Anblick eines<br />
Solothurner Regierungsrates nicht<br />
mehr vor Ehrfurcht erstarrt.<br />
Das bin ich nie. Darum geht es auch gar<br />
nicht. Es geht im Umgang um Respekt und<br />
ein wenig auch um Humor und Schlagfertigkeit.<br />
Es gibt da eine Episode mit Ihnen und<br />
Sepp Blatter, dem ehemaligen FI-<br />
FA-Präsidenten…<br />
…ja, ja, ich weiss, was Sie meinen. Er wollte<br />
einmal bei einem Interview das Mikrofon<br />
selber in die Hand nehmen. Da habe ich<br />
ihn gefragt: Aber Herr Blatter, Sie sind<br />
doch Regimentskommandant? Als er bejahte,<br />
fragte ich ihn, ob er denn einem Soldaten<br />
das Gewehr ebenfalls wegnehmen<br />
würde. Wir mussten beide lachen.<br />
Arbeiteten Sie während ihrer Zeit im<br />
Dienste der Solothurner Regierung weiterhin<br />
auch als politischer Journalist?<br />
Nein, natürlich nicht mehr. Deshalb habe<br />
ich von da an nur noch Sport gemacht.<br />
Sie arbeiteten während 35 Jahren als<br />
Reporter und Kommentator für unser<br />
staatstragendes Fernsehen. Aber berühmt<br />
wurden Sie eigentlich als Speaker<br />
bei zahllosen Grossanlässen. Wir<br />
haben nachgeschaut: Sie waren 21mal<br />
Speaker bei den Lauberhornrennen, bei<br />
9 Eidgenössischen Schwingfesten ab<br />
1992, bei 82 Länderspielen der Schweizer<br />
Fussball-Nati, 15 Cupfinals, 30<br />
CSI-Reitsportanlässen in Zürich, dem<br />
CSIO in St. Gallen sowie an vielen anderen<br />
Sportveranstaltungen.<br />
Ich danke für die Blumen. Das dürfte so<br />
richtig sein und ich bin tatsächlich ein<br />
wenig stolz, dass ich ein Länderspiel mehr<br />
habe als Andy Egli. Die Tätigkeit als Speaker<br />
bereitete mir sehr viel Freude. Gelernt<br />
habe ich beim legendären Karl Erb. Er war<br />
ein strenger Lehrmeister. Arm ist er bei<br />
dieser Lehrtätigkeit wahrscheinlich nicht<br />
geworden. 1500 Franken kostete damals<br />
der Kurs bei ihm, und wir waren viele Kursteilnehmer.<br />
Wie von der Kanzel herab erklärte<br />
er uns, was Sache ist.<br />
Wo waren Sie dann zum ersten Mal<br />
Speaker?<br />
Bei einem Satus-Turnerländerkampf<br />
Schweiz gegen Belgien im Hotel meiner<br />
Wie von der<br />
Kanzel herab,<br />
erklärte uns Karl<br />
Erb, was Sache ist.<br />
Eltern in Grenchen. Für 20 Franken Honorar.<br />
Aber die Eidgenössischen Schwingfeste<br />
oder das Lauberhorn-Wochenende<br />
machten Sie dann nicht mehr für 20<br />
Franken.<br />
Nein. Ich bekam anständige Spesen für die<br />
zahlreichen Besuche der Feste und Sitzungen.<br />
Worauf legte Karl Erb bei der Ausbildung<br />
besonderen Wert?<br />
Auf Respekt, Anstand und Korrektheit.<br />
Dazu gehört, dass der Kommentator die<br />
Namen richtig ausspricht. Ich wendete jeweils<br />
viel Zeit dafür auf, mich bei ausländischen<br />
Athleten nach der richtigen Aussprache<br />
ihrer Namen zu erkundigen. Dies<br />
wurde sehr geschätzt. Hilfreich ist auch,<br />
wenn man Fremdsprachen beherrscht. Bei<br />
mir sind dies Französisch und Englisch.<br />
Etwas Allgemeinwissen wird auch nicht<br />
schaden.<br />
Ein grosses Wissen ist sehr wichtig. Ich<br />
kann ja nicht ständig etwas nachschauen.<br />
Das Wichtigste muss im Kopf oder mit<br />
ganz wenig Aufwand gezielt abrufbar sein.<br />
Wie würden Sie die Aufgabe des Speakers<br />
beschreiben?<br />
Als Speaker bin ich der Sprecher des Veranstalters<br />
und erbringe eine Dienstleistung<br />
für die Besucher. Ich bin aber nicht<br />
ein Clown, der sich selbst inszeniert. Beim<br />
Eidgenössischen Schwingfest setzte ich<br />
beispielsweise durch, dass jeweils alle Gänge<br />
angesagt werden und von jedem Gang<br />
das Resultat durchgegeben wird, und zwar<br />
in deutscher und französischer Sprache.<br />
Sicher hatten Sie auch als Speaker unvergessliche<br />
Erlebnisse?<br />
Im Laufe der Zeit hat sich zwischen mir<br />
und Marco Büchel eine Freundschaft entwickelt.<br />
Bei seiner letzten Abfahrt am Lauberhorn<br />
2011 ist er auf den 3. Platz gefahren.<br />
Wir warteten unten im Zielraum auf<br />
die Siegerehrung und kamen ins Plaudern.<br />
Ich spürte seine Emotionen in diesem Augenblick<br />
und fragte ihn, ob wir das Publikum<br />
daran teilhaben lassen wollen. Er war<br />
einverstanden. Ich schaltete das Mikrofon<br />
ein und es wurde eines der schönsten Interviews,<br />
die ich je gemacht habe. Marco hat<br />
sich später revanchiert. Als ich im Januar<br />
dieses Jahres als Speaker des Lauberhorns<br />
verabschiedet wurde, reiste er extra deswegen<br />
an. Ich freute mich riesig darüber.<br />
Beim Lauberhornrennen kommt es<br />
Eines der schönsten Interviews:<br />
Dagobert Cahannes im Gespräch<br />
mit Marco «Büxi» Büchel<br />
manchmal auch zu schweren Stürzen.<br />
Wie geht man als Speaker damit um?<br />
Der DJ nimmt in einem solchen Augenblick<br />
sofort die Musik raus. Wir hatten<br />
nicht nur Funkverbindung, wir hatten<br />
auch mit den Ärzten und Helfern Abmachungen.<br />
Sie machten uns entsprechende<br />
Zeichen bei der Fahrt nach unten, die wir<br />
auf den TV-Bildern sahen. Wenn sie beispielsweise<br />
die Hand hoben, wussten wir,<br />
dass es nicht schlimm ist.<br />
Den tödlichen Unfall von Gernot Rein-<br />
<strong>12</strong><br />
13
Der Kommunikations-Profi<br />
Dagobert Cahannes<br />
stadler bei der Lauberhornabfahrt 1991<br />
miterleben zu müssen, ist Ihnen erspart<br />
geblieben?<br />
Ja, ich bin erst im darauffolgenden Jahr<br />
Speaker am Lauberhorn geworden. Viktor<br />
Gertsch war damals OK-Chef und es hat<br />
mich beeindruckt, wie er sich auch in der<br />
Folgezeit um die Familie dieses Fahrers<br />
gekümmert hat. Er ist jedes Jahr zu einem<br />
Besuch nach Österreich gereist und es hat<br />
sich zwischen der Familie und ihm eine<br />
Freundschaft entwickelt.<br />
Sie waren auch im Ausland hin und wieder<br />
tätig?<br />
Ja, das stimmt. Ich bekam einmal unverhofft<br />
einen Anruf aus Budapest. Ein<br />
Herr Egertschi meldete sich. Er brauche<br />
unbedingt einen Speaker für einen Reitsportanlass.<br />
Ich erwiderte, dass ich gar<br />
kein Ungarisch könne. Doch er sagte, das<br />
mache ein Kollege, er brauchte mich für<br />
die Durchsagen in Englisch und Deutsch.<br />
Ich wurde in Budapest am Flughafen abgeholt.<br />
Es regnete in Strömen. Auch der<br />
Platz des Speakers drohte im Morast zu<br />
versinken. Ich sagte leichthin, das sei kein<br />
Problem, ich hätte schon oft den Doktor<br />
gemacht. Von diesem Augenblick an haben<br />
mich alle respektvoll mit Herr Doktor<br />
angesprochen, obwohl ich mich dagegen<br />
wehrte und erklärte, sich sei doch kein<br />
Doktor, es handle sich bloss um eine Redewendung.<br />
Alles ist dann gut gegangen.<br />
Die Tätigkeit bei den Eidgenössischen<br />
Schwingfesten dürfte sich von allen<br />
übrigen Sportanlassen unterschieden<br />
haben?<br />
Ja, das ist so. Die Stimmung ist von ganz<br />
anderer Qualität. Ich konnte dem Publikum<br />
auch mal etwas sagen. Ich erinnere<br />
mich noch gut an das Eidgenössische in<br />
Aarau, als nach einem Gang gepfiffen<br />
worden ist. Ich sagte spontan: Loset, höret<br />
uf mit Pfiffe. I ha grad uf Züri telefoniert<br />
und es het dert no a paar Billie für ä Schutmatsch.<br />
Göt doch derthärä, wenn der weit<br />
pfiffe. Diese Ansage ist mit Applaus quittiert<br />
worden. So etwas ist nur bei einem<br />
Schwingfest möglich.<br />
Zug <strong>2019</strong> wäre Ihr 10. Eidgenössisches<br />
gewesen. Hat es Sie getroffen, dass Sie<br />
einer Intrige zum Opfer gefallen und<br />
abgesägt worden sind?<br />
Das mit der Intrige und dem Absägen ist<br />
Ihre Formulierung. Aber Sie haben recht:<br />
es hat mich schon ein wenig «möge».<br />
Ich sagte, das sei kein<br />
Problem, ich hätte<br />
schon oft den Doktor<br />
gemacht. Von diesem<br />
Augenblick an haben<br />
mich alle respektvoll<br />
mit «Herr Doktor»<br />
angesprochen.<br />
Bild: Mitch Gunn / Shutterstock.com<br />
Auch die Passage beim Hundschopf<br />
(im Bild Bode Miller) kommentierte<br />
Dagobert Cahannes live aus dem<br />
Zielraum des Lauberhornrennens.<br />
Zur Person<br />
Dagobert Cahannes wurde am 11. November 1950<br />
in Trübbach (SG) geboren. Seine Eltern waren in der<br />
Gastronomie tätig und führten Betriebe in Rorschach<br />
und Grenchen.<br />
Er absolvierte im Kollegium Sarnen die Mittelschule.<br />
In Neuenburg durchlief der die Ecole de Commerce<br />
mit entsprechendem Abschluss gefolgt von diversen<br />
Praktikumsstellen u.a. auch in der Kommunikationsbranche.<br />
In der Kommunikationsabteilung des Uhrenkonzerns<br />
Ebauches S.A. in Neuenburg betreute er die Medienarbeit<br />
von SWISS TIMING, und wechselte später<br />
via IBM Schweiz an den europäischen Hauptsitz des<br />
amerikanischen Unternehmens in Paris. Dort und<br />
in den USA sammelte er internationale Erfahrung<br />
und genoss entsprechende Managementausbildungen.<br />
Weitere internationale Erfahrung machte er in<br />
der Pharmaindustrie als Leiter der Medienstelle der<br />
Sandoz International in Basel wo er auch die Medienarbeit<br />
bei der Fusion mit Ciba-Geigy zur Novartis<br />
mitprägte.<br />
Sprachgewandt und eloquent:<br />
Dagobert Cahannes bei<br />
den Lauberhornrennen im<br />
Interview mit dem damaligen<br />
Chefcoach der Schweizer Skirennfahrer,<br />
Martin Rufener.<br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
1997 übernahm der dann die Aufgabe als Medienbeauftragter<br />
des Solothurner Regierungsrates, die<br />
er bis zu seiner Pensionierung Ende 2015 innehatte.<br />
In dieser Zeit präsidierte er auch während 8 Jahren<br />
die Schweiz. Informationskonferenz der öffentlichen<br />
Verwaltungen (SIKOV).<br />
Als freier Mitarbeiter arbeitete er in all den Jahren<br />
im Sportbereich für Radio und Fernsehen der SRG.<br />
Dagobert Cahannes ist seit 1973 mit Uschi Joss verheiratet.<br />
Sie sind Eltern zweier erwachsener Kinder.<br />
14 15
Geschichte<br />
1850 - 1930: Das «Auswanderungs-Zeitalter» der Schweiz<br />
Auswanderungsland Oberaargau.<br />
Der Oberaargau war noch vor weniger<br />
als 200 Jahren ein Auswanderungsland.<br />
1855 kommt es in Rothrist sogar zu einer<br />
behördlich verordneten Massenauswanderung<br />
in die USA.<br />
Ellis Island,<br />
unmittelbar vor<br />
New York City,<br />
war lange Zeit<br />
zentrale Sammelstelle<br />
für Immigranten<br />
in die<br />
USA.<br />
Auf dem Bild aus dem Jahr 1910 warten Männer<br />
auf die Bearbeitung einer Zulassung, um in die<br />
Vereinigten Staaten einreisen zu können.<br />
Klaus Zaugg (Text) | Markus Widmer-Dean, shutterstock (Bilder)<br />
16 17
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s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Die Zeit zwischen 1850 und 1930 kann<br />
als eigentliches «Auswanderungs-Zeitalter»<br />
der Schweiz bezeichnet werden.<br />
Schon vorher, etwa im Verlauf der<br />
Hungerkrise von 1816/17 kommt es<br />
zu kleineren Auswanderungswellen in<br />
die USA und nach Brasilien. Ab 1850<br />
nimmt die Migration vor allem in die<br />
USA neue Dimensionen an.<br />
Allein in den 1850er Jahren wandern<br />
aus der Schweiz rund 50 000 Personen<br />
nach Übersee (USA, Südamerika) aus, in<br />
den folgenden beiden Jahrzehnten etwa<br />
35 000 Personen und in den 1880er Jahren<br />
mehr als 90 000. Zwischen 1890 und 1930<br />
bleiben die Zahlen mit jeweils 40 000<br />
bis 50 000 Personen pro Jahr erstaunlich<br />
hoch. Die Zahl jener Schweizerinnen und<br />
Schweizer, die unser Land in dieser Zeit<br />
verlassen, um in Europa ein Auskommen<br />
zu finden, dürfte noch höher sein als die<br />
Zahl der Amerika-Auswanderer.<br />
Die Migrationsbewegung erreicht im<br />
Oberaargau 1855 mit der «grossen Rothrister<br />
Auswanderung» ihren Höhepunkt.<br />
Sie ist ein besonders gut dokumentiertes,<br />
dramatisches Ereignis aus dieser Zeit.<br />
Als Ursachen für diese Auswanderung<br />
gelten drei Faktoren: Bevölkerungsdruck,<br />
Armut und Unterbeschäftigung. Die Bevölkerungszahlen<br />
beginnen ab dem 16.<br />
Jahrhundert kräftig zu steigen. In den 50<br />
Jahren bis zur grossen Auswanderungswelle<br />
von 1855 nimmt die Wohnbevölkerung<br />
von Rothrist um rund 70 Prozent zu.<br />
Die «Rothrister<br />
Auswanderung»<br />
ist ein besonders<br />
gut dokumentiertes<br />
und dramatisches<br />
Ereignis aus<br />
jener Zeit.<br />
Die Armut als Auswanderungsgrund<br />
weist zwei wichtige Aspekte auf. Einerseits<br />
sind Familien und Einzelpersonen davon<br />
betroffen, andererseits auch das Gemeinwesen,<br />
dem die Betreuung der Bedürftigen<br />
durch Steuergelder obliegt.<br />
Im 19. Jahrhundert betreiben einige Kantone<br />
mit der Auswanderungspolitik eine<br />
Abschiebung der Armen im grossen Stil.<br />
In einigen Untersuchungen zu dieser Zeit<br />
wird gar von Deportationen (= Verbannung,<br />
Wegschaffung mit staatlicher Gewalt)<br />
gesprochen.<br />
Es steht fest, dass der Bezirk Zofingen<br />
um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu den<br />
ärmsten im Kanton Aargau gehört. Der<br />
Anteil der Armen, die unterstützt werden<br />
musste, liegt im Zeitraum von 1852 bis<br />
1861 bei 14,20 Prozent.<br />
Die Beschäftigungslage in der ersten Hälfte<br />
der 1800er Jahre weist verschiedene<br />
Schwankungen auf. Die stark bäuerlich<br />
ausgerichteten Familien haben gerade genug,<br />
um den Lebensunterhalt zu sichern.<br />
Aber jedes unvorhergesehene Ereignis<br />
stürzt sie in Armut. Die in den Bezirken<br />
Zofingen, Kulm und Lenzburg relativ<br />
stark entwickelte Baumwollindustrie und<br />
Buntweberei bietet viele Arbeitsplätze.<br />
Teils in Fabriken, teils an den heimischen<br />
Webstühlen. Aber selbst kleine Lebensmittel-Preisschübe<br />
aufgrund witterungsbedingter<br />
Ernteausfälle oder eine der vielen<br />
Krisen der Textilindustrie können sehr<br />
schnell existenzbedrohend werden.<br />
Den bescheidenen Löhnen stehen recht beachtliche<br />
Preise für Grundnahrungsmittel<br />
gegenüber. Mit Taglöhnen von deutlich<br />
unter einem Franken müssen für ein Kilo<br />
Brot 32 bis 34 Rappen bezahlt werden, das<br />
Kilo Kartoffeln ist mit 4 bis 6 Rappen dagegen<br />
vergleichsweise günstig – sofern es<br />
nicht zu Ernteausfällen kommt. Besonders<br />
um die Mitte des 19. Jahrhunderts treten<br />
verschiedentlich Ernährungskrisen auf. So<br />
etwa durch Missernten und Kartoffelfäule<br />
in den Jahren 1843, 1846 und 1850 bis<br />
1852. Zudem erschweren die politischen<br />
Wirren des Sonderbundskrieges (1847/48)<br />
die Lebensumstände.<br />
In den 1850er Jahren nimmt die Bevölkerungszahl<br />
in Rothrist (der Ort heisst zu<br />
dieser Zeit noch Niederwyl) überdurchschnittlich<br />
stark zu. Von etwas mehr als<br />
1 000 Anfang des Jahrhunderts auf 2 600<br />
Personen im Jahre 1850. Die wirtschaftliche<br />
Situation ist instabil. Eine Reihe von<br />
Krisen beeinflusst wiederkehrend den<br />
Lebensalltag der Bevölkerung. Davon<br />
betroffen sind die althergebrachte Landwirtschaft,<br />
die Industrie und das breit gefächerte<br />
Handwerk.<br />
Umschlag-Illustration der 2005<br />
erschienenen Publikation zur<br />
«Rothrister Auswanderung».<br />
Mitte des<br />
19. Jahrhunderts<br />
treten durch<br />
Missernten und<br />
Kartoffelfäule<br />
verschiedentlich<br />
Ernährungskrisen<br />
auf.<br />
18<br />
19
Auswanderungsland Oberaargau<br />
1850 - 1930: Das «Auswanderungs-Zeitalter» der Schweiz<br />
Die dörfliche Wirtschaft ist geprägt durch<br />
die Baumwollverarbeitung. Fast die Hälfte<br />
der Berufstätigen sind in diesem Bereich<br />
beschäftigt. Die Weber, Spinner, Färber<br />
oder Zwirner sind oftmals Heimarbeiter.<br />
Durch die Mechanisierung in der Textilindustrie<br />
wird die Handspinnerei durch<br />
die Spinnmaschinen abgelöst. Als Ersatz<br />
für die Handspinnerei versuchen sich viele<br />
Heimarbeiter mit der Weberei.<br />
Das Verdrehen der Baumwolle zu<br />
einem Faden (Spinnen) war im 18.<br />
und 19. Jahrhundert eine typische<br />
Heimarbeit.<br />
Eine Zunahme der Arbeitskräfte durch<br />
die steigende Bevölkerungszahl führt zu<br />
einem drastischen Sinken der Löhne für<br />
die Weber und verschlechterte die Lage<br />
der Heimarbeiter noch mehr.<br />
Neben der Weberei sind weiterhin viele<br />
Dorfbewohner ganz oder teilweise in der<br />
Landwirtschaft tätig. 1850 ist jede achte<br />
berufstätige Person als Magd, Knecht oder<br />
Taglöhner beschäftigt. Bauern mit grossen<br />
Höfen und einer Bewirtschaftungsfläche<br />
von fünf bis zehn Hektaren gibt es in Rothrist<br />
nur wenige. Viel häufiger sind Kleinbauern<br />
mit ausreichend Land für nur eine<br />
Kuh oder die fast besitzlose Unterschicht<br />
von Taglöhnern. Von 417 im Jahr 1850<br />
erfassten Haushaltungen sind etwa 60<br />
Prozent im Besitz von Grund und Boden,<br />
jedoch nur von geringem Umfang. Somit<br />
ist besonders die ländliche Unterschicht<br />
auf Zusatzeinkünfte aus Lohnarbeit in der<br />
Textilindustrie existenziell angewiesen.<br />
So entwickelte sich gegen die Mitte der<br />
1800er Jahre eine eigentliche Massenarmut.<br />
Das ist das wirtschaftliche und soziale<br />
Umfeld der grossen Auswanderung.<br />
Zu Beginn der 1850er Jahre befindet sich<br />
Rothrist in einer ausserordentlich schwierigen<br />
Situation. Die seit 1832 zur Verfügung<br />
stehende Armen-Arbeitsanstalt<br />
sollte dazu beitragen, die <strong>Ausgabe</strong>n für<br />
bedürftige Gemeindeangehörige in den<br />
Griff zu bekommen. Aber die Zahl der Armenhausinsassen<br />
steigt ständig weiter an<br />
Mitte der 1800er<br />
Jahre entwickelte<br />
sich eine Massenarmut<br />
– das<br />
wirtschaftliche<br />
«Umfeld» für<br />
eine grosse<br />
Auswanderung.<br />
und erreicht 1847 die beträchtliche Zahl<br />
von 196 Personen. Dies entspricht damals<br />
einem Anteil von fast neun Prozent der gesamten<br />
Einwohnerschaft.<br />
Das Armenhaus und die dort untergebrachten<br />
bedürftigen Männer, Frauen<br />
und Kinder kosten die Gemeinde anfänglich<br />
rund 3 500 Franken im Jahr. In den<br />
1840er Jahren sind diese Kosten auf 10<br />
000 Franken per anno angestiegen. 1848<br />
wird eine Kommission eingesetzt, um<br />
zu prüfen, wie Einsparungen bei der Armenanstalt<br />
erreicht werden können. Aber<br />
weder der Versuch, die älteren Kinder ausserhalb<br />
der Anstalt zu «verkostgelden»<br />
und so einer geregelten Arbeit zuzuführen,<br />
noch eine strengere Aufsicht vermögen<br />
die Kosten zu senken. Als 1852 nach einer<br />
schlechten Ernte weitere Dorfbewohner<br />
in Not geraten, fehlen der Gemeinde die<br />
Mittel, um die Situation zu meistern. Der<br />
Armenhausverwalter tritt angesichts der<br />
hoffnungslosen Lage zurück. Dem Armenhaus<br />
fehlen inzwischen die Mittel, um<br />
Lebensmittel zu kaufen.<br />
Im März 1853 meldet sich eine grössere<br />
Zahl von Gemeindebürgern mit einer Petition<br />
zu Wort. Vom Gemeinderat wird<br />
verlangt, die <strong>Ausgabe</strong>n massiv zu kürzen.<br />
Etwa durch den Abbau der Sozialausgaben,<br />
der Gemeindestellen und der Kürzung<br />
der Lehrerlöhne. Der Gemeinderat<br />
droht nun angesichts der finanziellen<br />
Notlage, Steuerausstände mit aller Konsequenz<br />
einzutreiben.<br />
1854 wird für das Budget des kommenden<br />
Jahres eine massive Steuererhöhung<br />
beschlossen. Die schon weit fortgeschrittene<br />
Verarmung der Dorfbevölkerung<br />
lässt aber eine Umsetzung dieser<br />
Massnahme gar nicht zu. Die Gemeinde<br />
steht vor dem finanziellen Ruin. Nun<br />
kommt im Gemeinderat die Idee einer<br />
gross angelegten Auswanderungsaktion<br />
auf. Es werden Offerten von spezialisierten<br />
«Spediteuren» eingeholt und<br />
heimlich Listen von geeigneten Auswanderern<br />
zusammengestellt.<br />
Am <strong>12</strong>. Januar 1855 beschliesst die Gemeindeversammlung<br />
eine Kommission<br />
ins Leben zu rufen, die eine Auswanderung<br />
von etwa 300 Personen – fast zehn<br />
Prozent der Dorfbevölkerung(!) – organisieren<br />
soll. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte<br />
sich bereits eine grössere Zahl von auswanderungswilligen<br />
Familien und Einzelpersonen<br />
beim Gemeinderat gemeldet, von<br />
denen die Behörden annehmen mussten,<br />
dass sie früher oder später der Allgemeinheit<br />
zur Last fallen würden.<br />
Von «Spediteuren»<br />
werden Offerten<br />
eingeholt und<br />
von geeigneten<br />
Auswanderern<br />
heimlich Listen<br />
zusammengestellt.<br />
Diese 25 Familien mit 79 Erwachsenen<br />
und 64 Kindern sowie <strong>12</strong> Einzelpersonen<br />
werden die eine Hälfte der über 300 Dorfbewohner<br />
ausmachen, die wenig später im<br />
Rahmen der Grossen Auswanderung Rothrist<br />
verlassen werden.<br />
Am 16. März 1855 können die Emigrantinnen<br />
und Emigranten nach einigen<br />
Verzögerungen auf der «Globe» in See<br />
stechen. Über die 43 Tage dauernde Überfahrt<br />
nach New Orleans ist nur sehr wenig<br />
gekannt. So ist der Passagierliste lediglich<br />
zu entnehmen, dass am 31. März der Mitreisende<br />
Rudolf Klöti auf dem Schiff vers’<strong>Positive</strong><br />
| <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Die andere Hälfte der Auswanderergruppe<br />
wird aus denjenigen Personen zusammengestellt,<br />
die von der Gemeinde Armenunterstützung<br />
beziehen oder von denen vermutet<br />
wird, dass sie bald Unterstützung<br />
benötigen werden. Dass der Gemeinderat<br />
diese Personen ohne Rückfrage für eine<br />
Übersiedelung nach Amerika vorsieht, ist<br />
unbestritten. In Anbetracht der Alltagssituation<br />
und der fehlenden Lebensperspektiven<br />
ist allerdings in vielen Fällen von<br />
einer schliesslich freiwilligen Teilnahme<br />
an der geplanten Auswanderungs-Aktion<br />
auszugehen.<br />
Wenige Tage nach der Gemeindeversammlung<br />
vom <strong>12</strong>. Januar 1855 beginnt<br />
die Auswanderungskommission mit der<br />
Organisation des Unternehmens. Nach<br />
der Beschlussfassung vergehen nur sechs<br />
Wochen bis zur Abreise der Auswanderer-Gruppe<br />
am 27. Februar 1855. In dieser<br />
kurzen Zeit müssen mit einer Auswanderungsagentur<br />
die notwendigen Reiseverträge<br />
abgeschlossen, Kreditbriefe ausgestellt,<br />
der Kanton um Kopfgelder ersucht,<br />
Pässe beantragt, ärztliche Untersuchungen<br />
der Auswanderungswilligen organisiert<br />
und schliesslich alle betreffenden Personen<br />
auf den Abreisetermin «herbeigeschafft»<br />
werden.<br />
Zu Beginn wird noch darüber debattiert,<br />
ob vielleicht eine Auswanderung nach<br />
Brasilien die Gemeinde günstiger zu stehen<br />
käme, als diejenige nach Nordamerika.<br />
Das ist jedoch nicht der Fall. Und so<br />
wird am 2. Februar 1855 mit der Auswanderungsagentur<br />
Beck & Herzog aus Basel<br />
ein Vertrag über 52 185 Franken abgeschlossen.<br />
Die Beschaffung der Finanzen zum Bezahlen<br />
dieser Rechnung verläuft problemlos.<br />
Sie erfolgt gegen Grundpfandverschreibung<br />
für verschiedene Gemeindewaldungen<br />
(Buchrain, Zughölzli, Holzweid,<br />
Winterhalden, Langholz). Das Auswanderungsverzeichnis<br />
wird in den Wochen<br />
und Tagen vor der Abreise noch mehrmals<br />
abgeändert, weil einige Personen sich<br />
weigern, die Reise ohne Wiederkehr anzutreten,<br />
andere hingegen die Auswanderung<br />
wünschen. Als Begleiter der grossen<br />
Reisegruppe bis zum Einschiffungshafen<br />
Le Havre an der französischen Atlantikküste<br />
werden drei Gemeindefunktionäre<br />
bestimmt: Gemeinderat Matter, Gemeindeschreiber<br />
Hofer und schliesslich noch<br />
Gemeindeschreiber Bär. So wird sichergestellt,<br />
dass die Auswanderungswilligen<br />
auch tatsächlich das Schiff besteigen und<br />
die Reise ohne Wiederkehr antreten.<br />
Am 22. Februar 1855, einem Freitag, werden<br />
die Auswanderer in Rothrist zusammengerufen.<br />
Sie bleiben bis zur Abreise am<br />
27. Februar 1855 beieinander und erhalten<br />
nun die notwendigen Angaben über den<br />
Ablauf der Auswanderung sowie Kleiderkisten,<br />
Kleider und Schuhe. Die Kisten<br />
sind aus Holz des Gemeindewaldes gezimmert<br />
worden.<br />
Die Kleiderkisten<br />
der Auswanderer<br />
sind aus Holz des<br />
Gemeindewaldes<br />
gezimmert.<br />
Die steigende<br />
Bevölkerungszahl<br />
verschlechterte<br />
die Lage der Heimarbeiterinnen<br />
und<br />
Heimarbeiter noch<br />
mehr.<br />
Im späten 19. Jahrhundert arbeitet die «typische» Weberin zuhause.<br />
Hier unterstützt von ihrem Jungen, der das Garn aufspult.<br />
Am Dienstagmorgen, den 27. Februar<br />
1855, setzt sich der Tross der Grossen Rothrister<br />
Auswanderung in Bewegung. Die<br />
Jahreszeit ist gut gewählt und entspricht<br />
den allgemeinen Empfehlungen. Die<br />
Überfahrt soll im Frühjahr erfolgen, um<br />
den Sommer für die ersten notwendigen<br />
Bauarbeiten drüben in Amerika nutzen<br />
zu können. Zudem ist der Arbeitsmarkt<br />
im Frühjahr besser als im Herbst. Für die<br />
Reise nach New Orleans gilt es zudem der<br />
heissen Jahreszeit auszuweichen, in der die<br />
Ansteckungsgefahr für Infektionskrankheiten<br />
besonders hoch ist. Antibiotika gibt<br />
es noch nicht. Jede Infektionskrankheit<br />
kann den Tod bringen.<br />
Am Samstag, den 3. März 1855 erreichen<br />
die Auswanderer und ihre Begleiter nach<br />
einer mehrtägigen Reise über 800 Kilometer<br />
den Atlantikhafen Le Havre, in dieser<br />
Zeit der wichtigste Hafen für eine Überfahrt<br />
nach Nordamerika. Deshalb sind die<br />
Verkehrswege hierhin mit Eisenbahnstrecken<br />
und Postkursen verhältnismässig gut<br />
ausgebaut.<br />
20<br />
21
Auswanderungsland Oberaargau<br />
Auswanderer auf ihrer Reise:<br />
Links im Hafen von Le Havre,<br />
rechts im Innern eines Überseeschiffs<br />
(Stiche von 1841 und<br />
um 1850).<br />
pluess-ag.com<br />
storben ist. Er erhält den Gepflogenheiten<br />
der Seefahrt entsprechend eine Seebestattung.<br />
Die Rothrister Auswanderer verbringen<br />
die fast sechs Wochen dauernde<br />
Reise aus Kostengründen grösstenteils auf<br />
engstem Raum im Zwischendeck. Vertragsgemäss<br />
haben sie Anrecht auf eine<br />
Bettstelle, Brennstoff zum Kochen, Beleuchtung,<br />
Trinkwasser und im Bedarfsfall<br />
auf Medikamente.<br />
sparsamsten von ihnen können einem sorgenfreien<br />
Lebensabend entgegen sehen…»<br />
Daheim in Rothrist hat sich die Lage, wie<br />
von den Gemeindebehörden und Einwohnern<br />
erhofft, auf einem tiefen Niveau stabilisiert.<br />
Aber die Auswanderungskosten<br />
und die Tilgung der dafür aufgenommenen<br />
Kredite in der Höhe von insgesamt<br />
63 000 Franken lasten noch einige Zeit<br />
schwer auf dem Gemeindehaushalt. Zur<br />
Über den Verbleib und das weitere Schicksal<br />
der Auswanderergruppe von 1855 ist<br />
dank ein paar erhaltenen Briefen, die in<br />
die alte Heimat geschickt worden sind,<br />
einiges bekannt. Alles in allem zeigt sich,<br />
dass die meisten der wegen ihrer Armut<br />
Ausgewanderten in Amerika nach einer<br />
Reise ohne Wiederkehr eine neue Heimat<br />
und eine lebenswerte Existenz gefunden<br />
haben.<br />
Sanitäre Anlagen<br />
Langenthal<br />
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s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Die für die Nordatlantikroute übliche<br />
Überfahrtzeit von 40 bis 50 Tagen hält die<br />
«Globe» unter Kapitän George Baker ein.<br />
Am 1. Mai 1855 erreicht das Auswandererschiff<br />
New Orleans. Von den ursprünglich<br />
vorgesehenen 303 Personen aus Rothrist<br />
befinden sich noch 293 an Bord. Eine Person<br />
ist auf der Reise verstorben und neun<br />
hatten aus unterschiedlichen Gründen in<br />
Le Havre das Schiff nicht bestiegen. Mindestens<br />
eine davon ist später in New York<br />
an Land gegangen.<br />
Für die meisten der über 300 Auswanderer<br />
des Jahres 1855 bringt die Ansiedlung<br />
in den USA eine Verbesserung ihrer Lebensumstände.<br />
Robert Baumgartner, der<br />
als Kind zusammen mit seiner Familie die<br />
Reise angetreten hatte, schreibt 1921 in einem<br />
Brief in die alte Heimat: «Wenn unsere<br />
Eltern und Geschwister auch zu harter<br />
Arbeit genötigt waren, so hat doch keines<br />
von ihnen oder ihren Angehörigen Hunger<br />
leiden müssen. Und die fleissigsten und<br />
Für die meisten<br />
Auswanderer<br />
bringt die Ansiedlung<br />
in den USA<br />
eine Verbesserung<br />
ihrer Lebensumstände.<br />
Tilgung der Schulden müssen grosse Flächen<br />
des Gemeindewaldes abgeholzt werden.<br />
Die Armen-Arbeitsanstalt wird gleich<br />
nach der Auswanderung geschlossen. Weitere<br />
Auswanderer aus Rothrist gibt es fortan<br />
nur noch wenige. Eine Zusammenstellung<br />
ergibt für den Zeitraum von 1855 bis<br />
1864 lediglich noch 24 Personen an.<br />
Nach der Eröffnung der Eisenbahnlinie<br />
Aarburg – Herzogenbuchsee am 16. März<br />
1857 siedeln sich zahlreiche Industriebetriebe<br />
an und die Gemeinde erlebt einen<br />
Aufschwung, der die Bevölkerung aus<br />
der Armut befreit. Am 9. Oktober 1889<br />
beschliesst der Grosse Rat die Umbenennung<br />
der Gemeinde Niederwil in Rothrist,<br />
um Verwechslungen mit Niederwil im Bezirk<br />
Bremgarten zu vermeiden. Die Umbenennung<br />
erfolgte per 1. Januar 1890.<br />
Seither ist die Bevölkerungszahl um rund<br />
das Dreifache auf knapp 10 000 gestiegen.<br />
Und wenn Rothristerinnen oder Rothrister<br />
heute nach Amerika reisen, dann ist es<br />
eine Lustreise und nicht mehr eine Reise<br />
ohne Wiederkehr.<br />
Literatur: Rothrist im Lauf der Zeit von Markus Widmer-Dean<br />
| Die Schweiz im 19. Jahrhundert von Paul<br />
Seippel | Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz,<br />
herausgegeben von der allgemeinen geschichtsforschenden<br />
Gesellschaft der Schweiz | Die Geschichte der Schweiz im<br />
19. Jahrhundert von Theodor Curti<br />
22 23
Wussten Sie schon?<br />
2<br />
Wussten Sie schon?<br />
1<br />
Einleuchtend<br />
Warum leuchten Glühwürmchen?<br />
Anziehend<br />
Was zieht immer beim ersten Date?<br />
Bei Vorstellungsgesprächen oder bei<br />
einem ersten Date greifen Menschen<br />
oft zu derselben Strategie. Sie erzählen<br />
von Momenten, in denen ihnen etwas<br />
besonders gut gelungen ist. Sie erzählen<br />
von ihren Erfolgen.<br />
Sobald ein<br />
Männchen bei<br />
einem Weibchen<br />
gelandet ist, geht<br />
das Licht aus:<br />
Paarungszeit.<br />
Ob dieser<br />
Effizienz<br />
verblassen<br />
sogar moderne<br />
Leuchtmittel<br />
wie LED.<br />
Sein Name ist irreführend: Das Glühwürmchen<br />
ist kein Wurm, sondern ein<br />
Käfer. Es glüht auch nicht, sondern verbreitet<br />
ein kaltes Leuchten.<br />
Das grünliche Licht am Körperende entsteht<br />
in den Zellen der Leuchtorgane. Darin<br />
laufen permanent chemische Reaktionen<br />
ab. Die leuchtende Substanz Luziferin<br />
verbindet sich mit Sauerstoff. Dabei wird<br />
Energie frei, die zu 95 Prozent in Licht umgewandelt<br />
wird. Ob dieser Effizienz verblassen<br />
sogar moderne Leuchtmittel wie LED.<br />
Diese Fähigkeit von Tieren und Pflanzen,<br />
Licht zu erzeugen, heisst Biolumineszenz.<br />
Erst ganz am Ende seines Lebens verzaubert<br />
das Glühwürmchen in lauen Sommernächten<br />
die Landschaft mit seinen Lichtpunkten.<br />
Zuvor hat es rund zwei Lebensjahre als<br />
Larve verbracht. Seine Nahrung in dieser<br />
Zeit sind Schnecken. Dabei sind die Larven<br />
nicht wählerisch: Ob gross, klein, mit oder<br />
ohne Häuschen – die Larve erbeutet, was<br />
sie kriegen kann. Ihre rüden Jagdmethoden<br />
passen nicht ins romantische Bild vom<br />
Glühwürmchen als feenhaftes Lichtwesen.<br />
Nach zwei oder drei Überwinterungen verpuppen<br />
sich die Larven. Die erwachsenen<br />
Glühwürmchen schlüpfen nach rund einer<br />
Woche. So gefrässig die Larven waren,<br />
so enthaltsam sind die erwachsenen Tiere:<br />
Sie können keine Nahrung zu sich nehmen.<br />
Sofort entzünden die Weibchen an einem<br />
günstigen Leuchtplatz das Landefeuer für<br />
liebeshungrige Männchen.<br />
Die Glühwürmchen-Männchen leuchten<br />
nicht. Sie überfliegen ihren Lebensraum<br />
und spähen mit grossen Augen nach dem<br />
ersehnten Liebessignal. Sobald ein Männchen<br />
bei einem Weibchen gelandet ist, erlischt<br />
das Leuchten und die Paarung findet<br />
statt. Das Weibchen legt seine Eier am Boden,<br />
unter Gräsern, Steinen oder Holzstücken.<br />
Es stirbt anschliessend.<br />
Pro Natura wählte das Glühwürmchen<br />
zum Tier des Jahres <strong>2019</strong>.<br />
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Wie eine Serie von Experimenten der Cass<br />
Business School London zeigt, unterläuft<br />
den Bewerbern häufig ein ganz bestimmter<br />
Fehler. Die meisten betonen das Talent,<br />
das ihnen bei ihren Erfolgen geholfen hat.<br />
Besser wäre jedoch eine andere Strategie:<br />
Man wirkt meistens sympathischer und<br />
kompetenter, wenn man erwähnt, wie hart<br />
man für die Erfolge hat arbeiten müssen<br />
und welche Hindernisse dabei überwunden<br />
werden mussten. Janina Steinmetz,<br />
die Leiterin der Studie, schreibt dazu:<br />
«Offenbar mögen wir einfach Menschen<br />
gerne, die sich Mühe geben – egal ob im<br />
Beruf oder in der Liebe.<br />
Mitfühlend<br />
Wie hilfsbereit sind Ratten?<br />
Dir, Bruder,<br />
helfe ich immer.<br />
Auch wenn<br />
ich eigentlich<br />
lieber Schoggi<br />
hätte.<br />
3<br />
Das hätten wohl nicht viele gedacht. Es<br />
gibt tatsächlich Ratten, die einander<br />
helfen.<br />
Dies entdeckten vor einigen Jahren Forscher<br />
der University of Chicago. Sie stellten<br />
in ihren Versuchen fest, dass die Nager<br />
ihre Artgenossen aus Käfigen befreien,<br />
selbst dann, wenn man sie vor die Wahl<br />
stellt, stattdessen eine Portion Schokolade<br />
zu verputzen.<br />
Japanische Wissenschaftler wiederholten<br />
den Versuch später unter verschärften<br />
Bedingungen. Sie setzten die Käfige der<br />
gefangenen Ratten unter Wasser. Dabei<br />
zeigte sich, dass Tiere, die selbst bereits<br />
einmal in einer solchen Situation waren,<br />
sogar besonders schnell helfen. Die Forscher<br />
schliessen daraus, dass Ratten etwas<br />
wie Empathie empfinden. Das Mitgefühl<br />
endet jedoch, wenn im Käfig eine Ratte<br />
sitzt, die aus einer fremden, unbekannten<br />
Familie stammt. In diesem Fall gewinnt<br />
fast immer die Schokolade.<br />
24<br />
25
Peter Zulauf<br />
Sportler und Genussmensch<br />
Fire & Ice:<br />
Peter Zulauf<br />
vereint beide<br />
Elemente mit<br />
grosser Leidenschaft.<br />
Sportler und<br />
Genussmensch<br />
Peter Zulauf ist Vorsitzender der Geschäftsleitung<br />
des SC Langenthal, raucht gerne Zigarren, trinkt<br />
dazu Wein oder Whisky. Aber selbstverständlich<br />
nicht übermässig. Wie ein Genussmensch eben.<br />
Im Interview erzählt er uns, wie er zur Zigarre<br />
kam, wie es dem SCL geht, und weshalb er den<br />
«Little Big Smoke» organisiert.<br />
Bruno Wüthrich (Text) | Marcel Bieri (Bilder)<br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Wir treffen uns im Piazza des Hotel<br />
Meilenstein in Langenthal. Auf einem<br />
Ledersofa entdecke ich einen Herrn<br />
in heller Kleidung und einem Panama-Hut<br />
auf dem Kopf. Keine blaugelbe<br />
Kleidung. Nirgends ist das Logo des<br />
SCL zu sehen. Doch er könnte es sein.<br />
Er muss Peter Zulauf sein. Mit dem<br />
Vorsitzenden der Geschäftsleitung des<br />
SC Langenthal habe ich abgemacht, um<br />
mich mit ihm über Zigarren zu unterhalten.<br />
Er trägt heute die Kleidung, die<br />
ihn als «Smoker» kennzeichnet.<br />
s‘<strong>Positive</strong>: Welche Zigarren werden im<br />
Fall eines Titelgewinns des SCL geraucht?<br />
Peter Zulauf: Ich würde eine schöne dominikanische<br />
Zigarre im Churchill-Format<br />
empfehlen, damit es auch gut aussieht.<br />
Ich gehe davon aus, dass nicht viele<br />
Spieler Zigarrenraucher sind. Trotzdem<br />
gehören Zigarren zu einer Meisterfeier<br />
einfach überall dazu.<br />
Die Meisterzigarre wird überall geraucht,<br />
wo Meisterschaften gewonnen werden.<br />
Aber eigentlich ist es eher ein Nippeln als<br />
ein Genussrauchen, das in entspannter<br />
Atmosphäre praktiziert wird. Aber die<br />
Zigarre gehört zu einer Meisterfeier oder<br />
Meisternacht dazu.<br />
Wie kamen Sie zu Ihrer neuen Aufgabe<br />
beim SCL?<br />
Ich betrieb in meiner Jugendzeit olympischen<br />
Zehnkampf, machte auch Langlauf<br />
und nahm an Volksläufen teil. Ich wuchs<br />
also mit Sport auf. Später entwickelte ich<br />
mich beruflich weiter, blieb aber dem Sport<br />
immer treu. Im <strong>Dezember</strong> 2017 fragte<br />
mich Gian Kämpf, ob ich Interesse hätte,<br />
Marc Eichmann zu unterstützen. Es war<br />
geplant, dass Marc den operativen Bereich<br />
übernehmen soll, man war aber der Meinung,<br />
dass er dabei Unterstützung braucht.<br />
Im Frühjahr 2018 hatten wir die Hoffnung,<br />
dass der Stadion-Neubau in schnelleren<br />
Schritten vorangehe, und man fragte<br />
mich, ob ich unter diesen Voraussetzungen<br />
dabei bleiben wolle. Das reizte mich. Doch<br />
ein halbes Jahr später kam das Projekt<br />
ins Stocken. Stefan Anliker zog sich als<br />
SCL-Präsident zurück und der bisherige<br />
Geschäftsführer Gian Kämpf wurde sein<br />
Nachfolger. Weil sich gleichzeitig Angela<br />
Kölliker selbständig machen wollte, wurde<br />
ich angefragt, ob ich künftig den Vorsitz<br />
der Geschäftsleitung übernehmen wolle.<br />
Sie haben in Kevin Schläpfer prominente<br />
Unterstützung.<br />
Kevin Schläpfer ist ein Supertyp. Er hat<br />
nationale Ausstrahlung und kann uns helfen,<br />
etwas aufzubauen. Wenn wir gemeinsam<br />
ein Auswärtsspiel besuchen oder unterwegs<br />
sind, wird er überall erkannt. Er ist<br />
eine Kultfigur, eben ein «Rock‘n Roller»<br />
im Eishockey.<br />
Kevin ist in seiner Karriere als Spieler<br />
mit Lugano Schweizermeister geworden<br />
und mit Olten, Langnau und Chur in<br />
die NLA aufgestiegen. Dasselbe gelang<br />
ihm mit dem EHC Biel als Sportchef.<br />
Kevin Schläpfer kann also Meister und<br />
Aufstieg und geniesst in Biel den Status<br />
eines Hockeygotts. Stellen Sie ihm<br />
ein neues Stadion hin, steigt er mit dem<br />
SCL in die NLA auf und wird auch in<br />
Langenthal zum Hockeygott.<br />
Kevin muss bei uns nicht Hockeygott werden.<br />
Er ist es.<br />
Wie geht es dem neuen Stadion?<br />
Wir befinden uns mitten in einem politischen<br />
Prozess. Am 9. Februar stimmen wir<br />
über den Unterstützungsbeitrag für den<br />
Nachwuchs ab. Die Abstimmung über die<br />
Zukunft Eissport Langenthal (Planungskredit<br />
für das neue Stadion) ist voraussichtlich<br />
am 15. März.<br />
Mit Feuer und Flamme<br />
bei der Sache: Peter Zulauf,<br />
leidenschaftlicher<br />
Zigarrengeniesser.<br />
Sportlich befindet sich der SCL in einem<br />
Wellental. Die Ablösung der beiden<br />
Überflieger Brent Kelly und Jeff<br />
Campell, die zusammen mit Stefan<br />
Tschannen die beste Sturmlinie der<br />
Liga bildeten, ist inzwischen vollzogen.<br />
Zwischenzeitlich platzierte sich die<br />
Mannschaft trotzdem auf dem 2. Tabellenrang.<br />
Inzwischen ist sie jedoch etwas<br />
zurückgefallen. Was erwarten Sie?<br />
Das Wellental beschreiben Sie richtig. Wie<br />
der SCL insgesamt befindet sich auch die<br />
Mannschaft in einer Umbruchphase. Unser<br />
Ziel ist trotzdem das Heimrecht in den<br />
Playoffs. Wir wollen die Qualifikation unter<br />
den ersten Vier beenden.<br />
Wir wollen uns heute in erster Linie<br />
über Zigarren unterhalten. Sie organisieren<br />
im Hotel Meilenstein Langenthal<br />
einen Anlass für Zigarrenraucher.<br />
Ja, das stimmt. «Little Big Smoke» präsentiert<br />
den ersten Winter Smoke bi Bösiger‘s.<br />
Was heisst das?<br />
Wie der SCL<br />
insgesamt, befindet<br />
sich auch die Mannschaft<br />
in einer<br />
Umbruchphase.<br />
«Little Big Smoke» ist ein Brand, unter<br />
welchem vor zwei Jahren der erste Zigarren-Anlass<br />
im Mittelland stattfand. Weil<br />
wir damit liebäugelten, nebst dem Sommeranlass<br />
auch noch einen Winteranlass<br />
durchführen zu können, schauten wir uns<br />
nach einer geeigneten Infrastruktur um<br />
und erhielten von Markus Bösiger, bzw.<br />
vom Hotel Meilenstein eine weitere Eventmöglichkeit.<br />
Was genau findet statt?<br />
Es ist ein Treffen von Genussrauchern. Sie<br />
können hier ihre Zigarren rauchen. Darum<br />
herum schufen wir ein Gefäss, in welchem<br />
sich die Leute wohlfühlen und als Aficionadas<br />
den Genuss zelebrieren können.<br />
Was sind das für Leute?<br />
Das sind Menschen aus allen Gesellschaftsschichten,<br />
die gerne Zigarren rauchen.<br />
Wird auch genetzwerkt?<br />
Man lernt einander kennen. Daraus können<br />
diverse Arten von Bekanntschaften<br />
entstehen. Aber eigentlich sind wir keine<br />
Netzwerkplattform.<br />
26<br />
27
Peter Zulauf<br />
DAS EVENT FÜR<br />
ZIGARRENFREUNDE<br />
24.01.2020<br />
Alle Informationen:<br />
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präsentiert:<br />
Winter Smoke<br />
bi<br />
BIG<br />
SMOKE<br />
Bösiger‘s<br />
Little Big Smoke freut sich zusammen mit dem HOTEL MEILENSTEIN,<br />
Sie am 1. Winter Smoke bi Bösiger‘s vom 24. Januar 2020 zu begrüssen.<br />
An diesem Anlass treffen sich Zigarrenfreunde und -geniesser zu einem<br />
geselligen sowie genüsslichen Austausch. Ein weiteres Highlight ist<br />
sicherlich, dass der Event im neu eröffneten HOTEL MEILENSTEIN, das mit<br />
seinen zahlreichen Attraktionen wie Fahrzeug- und F1-Museum, Aquarium,<br />
Gastronomie, Cigar Lounge oder Bowling überzeugt, stattfindet.<br />
PROGRAMM<br />
17.00 Uhr Start Zigarrenwissen für<br />
Angemeldete<br />
17.30 Uhr Türöffnung und Eventbeginn<br />
Anschliessend 3-Gang-Menü<br />
23.00 Uhr Offizieller Eventabschluss<br />
Ab 23.00 Uhr Nachtschwärmer-Bar auf<br />
eigene Rechnung<br />
INKLUSIVE<br />
- Apéro, Vorspeise, Hauptspeise und<br />
Dessertbuffet, Mineral, Bier & Wein alles à<br />
Discrétion<br />
- 3 Spirituosen<br />
- 3 Zigarren nach Wahl<br />
- Ticket-Nummer-Verlosung mit tollen Preisen<br />
- Give-away-bag<br />
- Background Musik<br />
- Einmalige Lokalität und Ambiente bei Bösiger‘s<br />
Für die Übernachtung werden folgende<br />
Zimmer zu Spezialkonditionen<br />
(inkl. Frühstück) angeboten:<br />
› Doppelzimmer CHF 140.–<br />
› Einzelzimmer CHF 100.–<br />
LOCATION<br />
HOTEL MEILENSTEIN<br />
Lotzwilstrasse 66<br />
4900 Langenthal<br />
ANMELDUNG<br />
CHF 200.- Preis pro Person<br />
www.littlebigsmoke.ch<br />
WWW.LITTLEBIGSMOKE.CH | Niedermatt 1B | CH-3363 Oberönz | info@littlebigsmoke.ch<br />
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s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Sie sagten, der Anlass sei für Menschen<br />
aus dem Mittelland...<br />
Das stimmt. Aber wir sind offen. Diesmal<br />
hat sich sogar jemand aus Domat Ems angemeldet.<br />
Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee?<br />
Das ist eine spannende Geschichte. Im Juli<br />
2017 rauchten wir bei schlechtem Wetter<br />
zu Viert Zigarren. Da sagten wir uns, was<br />
Zürich mit dem «Big Smoke» zustande<br />
bringt, können wir im Bernbiet auch. Weil<br />
wir nicht so gross werden wollen wie der<br />
«Big Smoke» in Zürich, nennen wir uns<br />
«Little Big Smoke». Wir streben nicht die<br />
absolute Grösse an, sondern wollen überschaubar<br />
bleiben.<br />
Wie viele Teilnehmer sind angedacht?<br />
Zwischen 200 und 250.<br />
Peter Zulauf,<br />
55 jährig,<br />
wohnhaft in<br />
Oberönz.<br />
Wann fand der erste Anlass statt?<br />
Im Juni 2018 am Burgäschisee mit Seeblick.<br />
Genauso wie auch <strong>2019</strong>. Im Sommer<br />
2020 werden wir dann im BürgisweyerBad<br />
bei Madiswil sein. Dann erwarten wir zwischen<br />
200 und 250 Teilnehmer.<br />
Das ist erstaunlich, Vor allem, wenn<br />
man bedenkt, dass es den Anlass erst<br />
seit kurzer Zeit gibt.<br />
Wir sind gut vernetzt. Die grossen Zigarren-Brands<br />
sind uns bekannt. Wir sind partnerschaftlich<br />
unterwegs, haben vernünftige<br />
Preise und stossen deshalb auf offene Ohren.<br />
Wie kamen Sie selbst auf die Zigarre?<br />
Mein Vater rauchte immer Tabakpfeiffe.<br />
Als ich 20 Jahre alt war, begann ich ebenfalls<br />
damit. Ich war allerdings schon damals<br />
ein Genussraucher und rauchte nicht<br />
jeden Tag. Ich begann dann, Tabakpfeiffen<br />
zu sammeln, bis ich etwa 35 Jahre alt war.<br />
Dann begann ein guter Freund von mir,<br />
Zigarren zu rauchen. Ich rauchte dann<br />
sporadisch eine mit. Daraus entwickelte<br />
sich eine Leidenschaft. Heute kenne ich<br />
mich ziemlich gut aus in der Zigarrenwelt.<br />
Wie steht es mit Zigaretten?<br />
Nein, Zigaretten sind nicht mein Ding.<br />
Stimmt es, dass Zigarrenrauch nicht inhaliert<br />
wird?<br />
Ja, das stimmt. Dies ist auch der Grund,<br />
weshalb ein Zigarettenraucher, der stark<br />
raucht, eigentlich fast nicht Zigarre rauchen<br />
kann. Denn er zieht den Rauch in die<br />
Lunge. Und dann dauert es nicht lange, bis<br />
ihm schlecht wird. Auch bei der Tabakpfeiffe<br />
inhalieren Sie den Rauch nicht. Ich<br />
kam also gar nie in Versuchung, den Rauch<br />
in die Lunge zu ziehen.<br />
Sie sagten, Sie kennen verschiedene Zigarren.<br />
Wie unterscheiden sich diese?<br />
Das fängt an bei den verschiedensten Formaten.<br />
Sie sind also ungleich lang, haben<br />
unterschiedliche Formen und Durchmesser.<br />
Dann unterscheiden sie sich aber auch<br />
von ihrer Herkunft. Kuba ist das Land<br />
der Zigarren. Aber es gibt auch Zigarren<br />
aus Honduras, Nicaragua, Brasilien und<br />
aus der dominikanischen Republik. Jede<br />
Zigarre hat ihre eigene Geschmacksrichtung.<br />
Wer erstmals eine Zigarre raucht,<br />
fängt vielleicht mit einer milden dominikanischen<br />
an, steigert dann über Nicaragua<br />
und landet dann vielleicht einmal bei<br />
Kuba. Aber dies ist natürlich völlig individuell.<br />
Es gibt auch viele, die bei den milden<br />
Zigarren bleiben.<br />
Wie behält man den Überblick?<br />
Es ist wie beim Wein. Wenn Sie einsteigen,<br />
kaufen Sie sehr viele verschiedene Zigarren.<br />
Beim Rauchen kleben Sie die Banderole<br />
auf ein Blatt und machen sich Notizen<br />
dazu. So wissen Sie auch später, welche<br />
Marke Ihnen geschmeckt hat.<br />
Sind Zigarren auch parfümiert?<br />
Eine gute Zigarre ist nicht parfümiert. Die<br />
unterschiedlichen Geschmacksrichtungen<br />
sind abhängig von der Mischung der Tabakblätter,<br />
auch die Art ihrer Trocknung<br />
und die Lagerung spielen eine Rolle. Wie<br />
beim Wein zahlt sich auch bei der Zigarre<br />
eine längere Lagerung bei gleichbleibenden<br />
Bedingungen aus.<br />
Wie lange dauert es, bis eine Zigarre<br />
fertig geraucht ist?<br />
Das hängt auch von der Form und Grösse<br />
ab. Aber wenn ich eine Zeit nennen muss,<br />
so sage ich ungefähr 45 bis 60 Minuten.<br />
Dabei ist man meistens im Gespräch mit<br />
Freunden, trinkt ein gutes Glas Wein oder<br />
ein anderes feines Getränk. Die Zigarre ist<br />
ein Teil des Gesamten.<br />
Weinliebhaber haben oft einen Weinkeller.<br />
Haben Sie einen Zigarrenkeller?<br />
Ich habe keinen Zigarrenkeller, sondern<br />
zwei grosse Humidore mit der idealen<br />
Luftfeuchtigkeit, so dass meine Zigarren<br />
richtig gelagert sind.<br />
Sie sprachen vorhin davon, dass die Zigarre<br />
ein Teil eines Ganzen sei. Was gehört<br />
sonst noch dazu?<br />
Zigarrenraucher sind Genussmenschen.<br />
Das heisst, sie geniessen nicht nur die Zigarre,<br />
sondern auch einen guten Wein, einen<br />
Whisky oder einen Cognac. Es kann<br />
auch ein spezielles Bier oder exklusiver<br />
Kaffee sein, welcher mit der Zigarre eine<br />
gute Symbiose bildet.<br />
Ist es richtig, dass Zigarren und Stumpen<br />
nicht dasselbe sind?<br />
Nein, das ist tatsächlich nicht dasselbe.<br />
Ein Stumpen besteht aus geschnittenem,<br />
und nicht wie die Zigarre aus gerolltem<br />
Tabak. Geschnittener Tabak hat nicht die<br />
gleiche Qualität wie der gerollte.<br />
Little Big Smoke<br />
im Hotel Meilenstein<br />
Am 24. Januar 2020 findet von<br />
17.00 bis 23.00 Uhr im Hotel Meilenstein<br />
in Langenthal der «1. Winter<br />
Smoke bi Bösiger‘s» statt.<br />
Präsentiert wird dieser Anlass<br />
von «Little Big Smoke». Angesprochen<br />
werden in erster Linie<br />
Zigarrenraucher, zum gemütlichen<br />
Essen, Trinken, sich unterhalten<br />
und um Zigarren zu rauchen. Auch<br />
Nicht-Zigarrenraucher sind herzlich<br />
willkommen. Partner präsentieren<br />
in der Aquarium Bar zudem alles<br />
rund um die Zigarre, Zigarrenaccessoires,<br />
Tabakpfeifen und einen<br />
Überraschungsgast aus der SRF<br />
Sendung «Auf und davon», Wein,<br />
Whisky, Cognac, Rum, Portwein,<br />
Tequila, Schokolade, Fleisch, Käse,<br />
Schmuck, Uhren, Hüte, Sicherheit<br />
und was Genussmenschen sonst<br />
noch interessiert.<br />
Little Big Smoke wurde im Spätsommer<br />
2017 gegründet. Der 1.<br />
und 2. Little Big Smoke wurde am<br />
Burgäschisee 2018/<strong>2019</strong> durchgeführt.<br />
Der 3. Little Big Smoke<br />
findet am BürgisweyerBad am<br />
13. Juni 2020 statt.<br />
Zu «Little Big Smoke» gehören:<br />
Christian Flückiger, Wangen (Sponsoring,<br />
Branding)<br />
Dominik Ingold, Wiedlisbach<br />
(Finanzen, Ticketing)<br />
Thomas Moser, Niederönz<br />
(Gastronomie, Eventtagverantwortl.)<br />
Peter Zulauf, Oberönz<br />
(Vorsitz LBS, Partner, Medien)<br />
29
Sport<br />
Dominique Aegerter<br />
«Da wusste ich<br />
definitiv, dass ich<br />
aus dem Spiel bin.»<br />
Dominique Aegerter erhält bei<br />
Forwart/MV Agusta keinen neuen<br />
Vertrag und verliert deshalb auch<br />
seinen Platz in der Moto2-WM.<br />
Im Interview mit s’<strong>Positive</strong> erzählt er,<br />
was dies für ihn bedeutet, wie viel er<br />
zuletzt verdiente und weshalb die<br />
MotoE-Klasse für ihn eine Chance ist,<br />
seine Karriere neu zu lancieren.<br />
Klaus Zaugg, Bruno Wüthrich (Interview) | Marcel Bieri (Bilder)<br />
Mit<br />
29 Jahren<br />
nochmals neu<br />
motiviert:<br />
Dominique<br />
Aegerter<br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
30 31
Dominique Aegerter<br />
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01. - 31. <strong>Dezember</strong><br />
<strong>2019</strong><br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
s‘<strong>Positive</strong>: Was ist die treffende Bezeichnung<br />
für Ihre Situation: der Anfang vom<br />
Ende einer Karriere oder ein Zwischenhalt<br />
auf dem Weg zu neuen Höhen?<br />
Dominique Aegerter: Es ist ein Zwischenhalt.<br />
Die Moto E-Serie ist eine neue<br />
Herausforderung und eine neue Motivation.<br />
In dieser Technologie liegt ja auch die<br />
Zukunft.<br />
Aber es gab keine andere Möglichkeit<br />
für die Fortsetzung Ihrer Karriere…<br />
…zumindest keine andere, um gratis zu<br />
fahren.<br />
Sie müssen also kein Geld mehr bringen.<br />
Nein. Aber ich werde auch nicht bezahlt.<br />
Keine Prämien?<br />
Doch, es gibt Prämien. Aber nur für Podestplätze.<br />
Fünfstellige Summen?<br />
Nein, bei weitem nicht.<br />
Können Sie Ihre Sponsoren auch in der<br />
neuen Serie behalten?<br />
Vier bleiben sicher: die Firma Lanz und<br />
Anliker in Rohrbach, die Auto- und Motorradfahrschule<br />
Straubhaar, die Fankhauser<br />
AG und Mammut Lift.<br />
Gab es keine Chance, in der Moto2-WM<br />
zu bleiben?<br />
Nein. Wir haben bis ganz zuletzt alles<br />
probiert. Am Freitag nach dem Rennen in<br />
Malaysia hat Giovanni (Giovanni Cuzari,<br />
der Besitzer des Teams Forwart/MV<br />
Agusta – die Red.) erneut den Preis erhöht.<br />
Die Moto E-Serie<br />
ist eine neue<br />
Herausforderung<br />
und eine neue<br />
Motivation.<br />
Ich ging am Samstag noch einmal zu Peter<br />
Hirschi (der Besitzer der Firma Lanz Anliker<br />
– die Red.) und wir einigten uns, den<br />
Preis zu zahlen. Kurz darauf habe ich einen<br />
Anruf bekommen, es gebe ein interessantes<br />
Foto im Facebook. Ich schaute nach und sah<br />
dort, wie Giovanni per Handschlag den Vertrag<br />
mit Simone Corsi besiegelte. Da wusste<br />
ich definitiv, dass ich aus dem Spiel bin.<br />
Sie waren am Schluss offensichtlich nur<br />
noch eine Figur in Giovannis Pokerspiel?<br />
So sieht es aus. Corsi ist nicht besser, aber<br />
mit 32 Jahren drei Jahre älter als ich. Aber<br />
es ist, wie es ist. Ich habe nach monatelangem<br />
Hin und Her den Kopf nun wieder<br />
Mit der «77» und dem Schweizer Kreuz auf<br />
dem Helm unverkennbar: Dominique Aegerter<br />
frei und ich bin happy und motiviert. Ich<br />
habe nun mehr Zeit mehr für mich, um<br />
mich gut vorzubereiten, zu erholen und<br />
mein Leben zu strukturieren.<br />
Wie sieht nun ihre Saison aus? Mit fünf<br />
Rennwochenenden für die E-Serie werden<br />
Sie kaum ausgelastet sein.<br />
Wir sind daran, das Programm zusammenzustellen.<br />
Geplant ist wieder das<br />
Acht-Stunden-Rennen in Suzuka und eine<br />
Tätigkeit für Honda als Superbike-Testfahrer.<br />
Bei anderen Langstrecken-Rennen als<br />
Suzuka treten Sie nicht an?<br />
Nein, ich bin nicht an <strong>12</strong>- oder 24-Stunden-Rennen<br />
interessiert. Weil es nicht<br />
mehr möglich ist, ans Limit zu gehen und<br />
weil ich nicht gerne in der Nacht fahre.<br />
Sie sind erst 29 und im besten Rennfahreralter.<br />
2015 gehörten Sie zu den<br />
besten 20 Rennfahrern der Welt. Wenn<br />
Sie jetzt zurückblicken – was hätten Sie<br />
anders machen können?<br />
Nicht viel. Hinterher ist man ja immer<br />
schlauer. 2014 interessierte sich nach meinem<br />
Sieg auf dem Sachsenring das spanische<br />
MotoGP-Team Pramac für mich.<br />
Wenn ich wirklich interessiert gewesen<br />
wäre, hätte daraus etwas werden können.<br />
Aber mein Ziel war für die Saison 2015 der<br />
WM-Titel in der Moto2-Serie. Ich hatte<br />
vier Podestplätze geholt, ein Rennen gewonnen,<br />
konnte mit den Besten mithalten<br />
und fühlte mich in meinem Team wohl.<br />
Deshalb war diese Zielsetzung auch realistisch.<br />
Ich hatte keinen Grund für einen<br />
Klassenwechsel.<br />
Aber dann kam Tom Lüthi in Ihr Team.<br />
Von da an war es mit dem Frieden vorbei.<br />
Das sehe ich nicht so. Ich hatte mit Tom<br />
Lüthi eine gute Zeit.<br />
Aber von diesem Zeitpunkt an liessen<br />
Ihre Leistungen nach und Ende der Saison<br />
2016 haben Sie das Team verlassen.<br />
Das war rückblickend der Anfang vom<br />
Ende.<br />
Ich bin 2016 vier Rennen vor dem Saisonende<br />
rausgeworfen worden.<br />
Weil Sie beim Deutschen Kiefer-Team<br />
unterschrieben hatten.<br />
Ja, das stimmt. Aber andere Fahrer wechseln<br />
ihre Teams ebenfalls und unterschreiben<br />
während der laufenden Saison einen<br />
neuen Vertrag.<br />
Weshalb wechselten Sie?<br />
Es ging nicht mehr. Ich fühlte mich nicht<br />
mehr wohl im Team. Gute Leistungen<br />
sind nur möglich, wenn ich mich in einer<br />
guten Gruppe wohl fühle. Das war nicht<br />
mehr der Fall.<br />
Plötzlich spielten auch Verletzungen<br />
eine Rolle.<br />
Das stimmt. Bis 2015 war ich von Verletzungen<br />
fast ganz verschont geblieben.<br />
Doch nun hatte ich Pech und musste wegen<br />
unverschuldeter Sturzverletzungen<br />
die vier letzten Rennen der Saison 2015<br />
auslassen.<br />
32<br />
33
Dominique Aegerter<br />
Was war geschehen?<br />
Ich wurde im Rennen «abgeschossen»<br />
und brach vier Querfortsätze der Wirbelsäule.<br />
Von dieser Verletzung erholte ich<br />
mich zwar körperlich. Aber ich konnte<br />
den Sturz bis weit in die Saison 2016 hinein<br />
mental nicht verarbeiten. Ich sprach<br />
zwar nie darüber, aber auf einmal war ich<br />
im Rennen gehemmt. Ich brauchte lange<br />
Zeit, bis ich wieder frei fahren konnte.<br />
Sie hatten bis und mit 2016 das grosse<br />
Glück in einem Team zu fahren, das<br />
vom Westschweizer Unternehmer Olivier<br />
Métraux finanziert worden ist. Er<br />
war jahrelang ihr Förderer. Im Rückblick<br />
war es fatal, dass Sie sein Team<br />
Ende 2016 verlassen haben.<br />
Ja, aber wie ich schon sagte: es ging nicht<br />
mehr anders. Doch auch nach dem Wechsel<br />
zu Kiefer Racing kamen Ereignisse dazu,<br />
auf die ich keinen Einfluss hatte. 2018 erlitt<br />
ich einen Beckenbruch. Erneut brauchte ich<br />
längere Zeit, bis ich wieder richtig fit war.<br />
Im Herbst 2017 verstarb Teambesitzer Stefan<br />
Kiefer. Das war ein grosser Schock, und<br />
der Weiterbestand des Teams war in Frage<br />
gestellt. Von diesem Zeitpunkt an war die<br />
Finanzierung des Teams nicht mehr sichergestellt.<br />
Ich musste mit meinen Sponsoren<br />
helfen, damit wir überhaupt die Saison<br />
2018 bestreiten konnten.<br />
Was auffällt: Sie sind mit mehreren<br />
Marken, mit Suter, Kalex, KTM und<br />
zuletzt MV Agusta gefahren und doch<br />
nie ganz glücklich geworden.<br />
Ja, aber ich habe den Fehler nie beim Material<br />
gesucht. Im Rückblick war es wahrscheinlich<br />
ein Fehler, 2017 nach nur zwei<br />
Saisons von Kalex wieder auf Suter zurück<br />
zu wechseln. Aber ich hatte mich fünf<br />
Jahre lang auf der Suter sehr wohl gefühlt.<br />
Nur hatten wir zu wenig bedacht, dass die<br />
Maschine in der Zwischenzeit nicht mehr<br />
weiterentwickelt worden war. Mit KTM<br />
funktionierte es 2018 nicht wie erhofft,<br />
weil wir wegen Geldknappheit auf technischem<br />
Gebiet eingeschränkt waren. Wir<br />
konnten zu wenig testen, und technische<br />
Probleme führten zu mehreren Ausfällen.<br />
Bei MV Agusta mussten wir diese Saison<br />
ein neues Projekt entwickeln.<br />
Aber Ihr Teamkollege Stefano Manzi<br />
konnte am Schluss sogar ums Podest<br />
mitfahren.<br />
In einer ersten Phase bin ich mit der Maschine<br />
ganz gut zurechtgekommen. Aber<br />
die Weiterentwicklungen im Laufe der<br />
Saison mit einem neuen Chassis und einer<br />
neuen Schwinge haben mir nicht geholfen.<br />
Meinem Teamkollegen hingegen schon.<br />
Er hatte das gleiche Material wie Sie?<br />
Ich nehme es an.<br />
Wäre es für Sie einfacher gewesen, die<br />
Saison 2020 zu sichern, wenn Sie Spanier<br />
oder Italiener wären?<br />
Jedenfalls hat es bei mehreren Teams geheissen,<br />
dass ein Italiener als Pilot gesucht wird.<br />
Was ist der Unterschied zwischen dem<br />
Domi Aegerter von 2014 und <strong>2019</strong>?<br />
Ich bin ein paar Jahre älter geworden und<br />
ich habe viele Erfahrungen gesammelt.<br />
Wie wirken sich diese Erfahrungen<br />
aus?<br />
Vielleicht wird man durch Erfahrung<br />
langsamer.<br />
Aber das meinen Sie ja nicht<br />
im Ernst.<br />
Nein. Aber so sieht es doch aus.<br />
Sind Sie durch die Erfahrungen<br />
der letzten Jahre desillusioniert?<br />
Nein. Ich schaue sowieso nach<br />
vorne und nicht zurück. Wie<br />
ich schon sagte, freue ich mich<br />
auf die neue Herausforderung<br />
in der E-Serie. Aber natürlich<br />
haben die Jahre ihre Spuren<br />
Aegerter erlebte hinterlassen und ich spüre die<br />
Nachwirkungen meiner Sturzverletzungen.<br />
Heute noch?<br />
Ja. Während des Rennens in<br />
Malaysia hatte ich auf einmal ein taubes<br />
Bein und wusste nicht weshalb. Auch mit<br />
der Schulter hatte ich Schwierigkeiten.<br />
Hat das Ihr Fahrvermögen beeinträchtigt?<br />
Es braucht halt mehr Überwindung, um<br />
trotzdem dabei zu sein und es bleibt weniger<br />
Zeit zur Erholung.<br />
Es tut also meistens etwas weh, wenn Sie<br />
einige Ereignisse,<br />
deren Verarbeitung<br />
nicht einfach war.<br />
am Morgen aufstehen?<br />
Ja, oft.<br />
Im Ernst?<br />
Ja und das ist der Grund, warum ich mehr<br />
Zeit für mich und eine bessere Betreuung<br />
und gezielteres Training brauche. Ich bin<br />
zwar fit, aber meine Konkurrenten waren<br />
diese Saison noch fitter und ich muss meinen<br />
Rücken und meine Schulter so trainieren,<br />
dass ich einerseits die Kraft behalte,<br />
aber andererseits weniger Schmerzen habe.<br />
Ich muss auch dem Mentaltraining mehr<br />
Beachtung schenken.<br />
Für die E-Serie wird es sicher reichen.<br />
Ich brauche mehr<br />
Zeit für mich und<br />
für ein gezieltes<br />
Training.<br />
s’<strong>Positive</strong> | <strong>Ausgabe</strong> <strong>12</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2019</strong><br />
Die Trainings und Rennen sind tatsächlich<br />
viel kürzer und dauern nicht einmal<br />
mehr halb so lang wie in der Moto2-WM.<br />
Aber ich will zurück in die Moto2-WM.<br />
Wenn sich eine Chance als Ersatzfahrer<br />
ergibt, muss ich bereit sein.<br />
Sie haben ja schon früher mit Mentaltrainern<br />
zusammengearbeitet – hat es<br />
nicht geholfen, weil es nicht einfach ist,<br />
in diesem Bereich mit Ihnen zu arbeiten?<br />
Das hat etwas für sich. Ich habe schon viele<br />
Spezialisten kennen gelernt und setze<br />
noch heute einiges um, was ich dabei über<br />
Konzentrationsfähigkeit oder auch über<br />
den Umgang mit Teammitgliedern oder<br />
Medien, kurzum über Professionalität gelernt<br />
habe. Aber ich brauche Zeit, um eine<br />
Vertrauensbasis aufzubauen. Hokuspokus<br />
ist nichts für mich.<br />
Sind Sie zu ungeduldig?<br />
Ich bin in der Tat kein geduldiger Mensch.<br />
Und Sie lassen sich sehr leicht ablenken.<br />
Tom Lüthi höhnte, sie seien handysüchtig.<br />
Ach ja, jetzt wo Sie es sagen, muss ich doch<br />
wieder mal auf mein Handy schauen.<br />
Im Ernst. War oder ist das ein Problem?<br />
Klar, ich beschäftige mich schon viel damit<br />
und ich ein bisschen instagramsüchtig.<br />
Wenn ich irgendwo sitze und oder beim<br />
Essen bin, schaue ich schon gerne auf mein<br />
Smartphone. Aber während meiner Arbeit,<br />
wenn ich in der Box sitze, nehme ich<br />
das Ding nicht hervor. Ich glaube nicht,<br />
dass ich da etwas ändern muss.<br />
Was ändert sich in der Vorbereitung auf<br />
die neue Saison, die ja eine neue Herausforderung<br />
mit sich bringt?<br />
Ich habe eine viel längere Vorbereitungszeit<br />
und werde die auch in Spanien verbringen.<br />
Dort habe ich das ganze Paket,<br />
das ich brauche – Rennstrecke, Maschine,<br />
Physiotherapeut – günstiger. Ich muss aufs<br />
Geld schauen.<br />
In der Tat ging es ja bei Ihnen in den<br />
letzten drei Jahren im finanziellen Bereich<br />
drunter und drüber…<br />
…mehr drunter als drüber.<br />
Aber jetzt mal Hand aufs Herz: es mag<br />
ja sein, dass Sie in den letzten drei Jahren<br />
nicht mehr so viel verdient haben.<br />
Sie mussten einfach einen grösseren Teil<br />
ihrer Sponsorengelder in die Teamkasse<br />
abliefern. Aber eigenes Geld haben Sie<br />
nicht investiert.<br />
Doch. Ich habe einen Teil von dem, was<br />
ich zwischen 2013 und 2015 verdient habe,<br />
wieder investiert. Ich bezahle meinen Bruder,<br />
der zu hundert Prozent für mich arbeitet…<br />
…und viel verdient…<br />
….ach was, es ist ein Minimallohn. Ich<br />
musste diese Saison für alles aufkommen:<br />
für die Reisespesen, Hotelübernachtungen,<br />
Mietwagen, für den Physiotherapeuten.<br />
Das kostet bei 19 Rennen auf der<br />
ganzen Welt bald einmal mehr als 50 000<br />
Franken. Beim GP in Malaysia hat es mir<br />
dann den Rest gegeben.<br />
Was ist passiert?<br />
Ich habe mit meinen Sponsoren so viel Geld<br />
in die Teamkasse gebracht und dann musste<br />
ich auf einmal auch noch mein Nachtessen<br />
selber bezahlen. Da ist mir klar geworden:<br />
so mache ich nicht weiter. Ich will nicht<br />
immer bei meinen Sponsoren betteln gehen<br />
und das Geld dann gleich in die Teamkasse<br />
abliefern. Das ist ja auch nicht im Sinne jener,<br />
die mich unterstützen.<br />
Wie viel mussten Sie diese Saison an die<br />
Teamkasse abliefern?<br />
Darüber darf ich keine Auskunft geben.<br />
Wir schätzen mal 300 000 Euro und darüber<br />
hinaus mussten Sie noch 60 000<br />
Franken Reisespesen aufwenden.<br />
Das ist nicht schlecht geschätzt. Aber Sie<br />
vergessen noch etwas.<br />
So?<br />
Die Nachtessen beim GP von Malaysia.<br />
Wie war das eigentlich in Ihrer grossen<br />
Zeit so zwischen 2013 und 2016?<br />
Bis dahin war es so, dass ich nichts selbst<br />
organisieren musste. Die Flüge, die Mietautos,<br />
die Hotels – alles ist über das Team<br />
gelaufen und ich hatte mit der Organisation<br />
nichts zu tun. Ich brauchte kein Geld<br />
in die Teamkasse abzuliefern, bekam einen<br />
Grundlohn und Leistungsprämien. Ich<br />
Dominique Aegerter – zwischen Illusionen<br />
und der rauen Wirklichkeit<br />
Bloss ein Zwischenhalt oder das Ende der Karriere? Das ist die grosse<br />
Frage bei Dominique Aegerter. Er ist noch immer ein liebenswerter<br />
Junge. Das war er immer schon und arrogant war er nie. Auch nicht in<br />
den Zeiten des Ruhmes.<br />
Nun wirkt er ein bisschen müde, manchmal im Gespräch nachdenklich,<br />
aber immer noch viel jünger als seine 29 Jahre. Er hat mehr Moto2-Rennen<br />
bestritten (164) als jeder andere Fahrer der Welt, auch zehn mehr<br />
als Tom Lüthi. Dass einer aus Rohrbach den Aufstieg in die zweitwichtigste<br />
Töff-WM geschafft hat, dass er sich über eine so lange Zeit dort zu<br />
behaupten vermochte, ist eine der grössten Leistungen in der Geschichte<br />
des Oberaargauer Sportes.<br />
Aber nun erfährt Dominique Aegerter zum ersten Mal die Gnadenlosigkeit<br />
des internationalen Rennsportes. Nur das Hier und Heute zählt.<br />
Die Frage der Teammanager ist nur: was kann ein Pilot in der Zukunft<br />
bringen? «Domi» ist für die Teammanager, die in ihrem Urteil unerbittlich<br />
sind, nach der letzten Saison (22. WM-Schlussrang) nur noch ein Hinterherfahrer,<br />
der nicht einmal mehr seinen MV Agusta-Teamkollegen zu besiegen<br />
vermochte und dessen Leistungskurve abwärts zeigt. Warum das<br />
so ist und welche Faktoren diese Karriere beeinflusst haben, interessiert<br />
nicht. Es ist wie es ist. Die Show muss weitergehen.<br />
Dem Rohrbacher und seiner Entourage fehlt diese realistische Selbsteinschätzung.<br />
Die Erinnerungen an seine grossen Erfolge wirken bei der<br />
Beurteilung seiner sportlichen Zukunftsaussichten wie eine «Droge»:<br />
Dominique Aegerter zwischen Illusionen und der rauen Wirklichkeit.<br />
Aber ohne Illusionen wäre die Fortsetzung der Karriere gar nicht<br />
möglich. Ein Sportler ohne Träume ist verloren. Die Rennen mit den<br />
elektrischen Töffs haben kein Prestige. Sie haben im Universum des<br />
Motorrad-Rennsportes einen ähnlichen Ruf wie das Frauenhockey in der<br />
Männerwelt des Eishockeys, die einen ähnlichen Macho-Kult der harten<br />
Jungs pflegt. Die «richtigen Männer» blochen auf den echten Höllenmaschinen,<br />
die fauchen und lärmen.<br />
Aber dieser E-Weltcup hat einen ganz wichtigen Vorteil: er ist ein Teil<br />
des GP-Zirkus. Dominique Aegerter hat also den Fuss nach wie vor in<br />
der Türe, ist Teil der grossen Töff-Welt und Medienpräsenz gibt es nach<br />
wie vor. Zudem ist er Ersatzpilot für die Moto2-WM im Team von Tom<br />
Lüthi und Marcel Schrötter und kann, wenn es terminlich passt, auch bei<br />
anderen Teams einspringen. Im Laufe einer Saison fallen immer mehrere<br />
Piloten aus. Wegen Sturzverletzungen oder sie werden aussortiert, weil<br />
sie nicht die erwarteten Leistungen erbringen oder mit den Zahlungen in<br />
die Teamkasse im Rückstand sind.<br />
Dominique Aegerter wird nächste Saison noch einmal eine Chance in<br />
zwei bis drei Moto2-Rennen bekommen. Die muss er nützten. Ohne<br />
«Wenn» und «Aber». Sonst geht seine Karriere im GP-Zirkus definitiv zu<br />
Ende. Sich in Form zu halten, bereit zu sein, wenn diese Chance kommt,<br />
ist nicht einfach. Oder ist diese Beurteilung zu hart? Hat denn nicht Jesko<br />
Raffin dieses Jahr über die E-Serie und als Ersatzpilot den Weg zurück<br />
in die Moto2-Klasse gefunden? Ja, das hat er. Aber es gibt einen grossen<br />
Unterschied zwischen den beiden: Jesko Raffin hat mit 23 Jahren seine<br />
Zukunft noch vor sich. Dominique Aegerter hat sie mit 29 Jahren weitgehend<br />
hinter sich.<br />
Kalender E-Weltcup 2020<br />
3. Mai GP Spanien (Jerez)<br />
17. Mai GP Frankreich (Le Mans)<br />
28. Juni GP Holland (Assen)<br />
16. August GP Österreich (Spielberg)<br />
<strong>12</strong>./13. September GP San Marino (Misano) mit zwei Rennen<br />
34<br />
35
Der Oberaargauer Töffcrack<br />
konnte mich voll und ganz auf das Fahren<br />
konzentrieren.<br />
Aber das war 2018 und <strong>2019</strong> nicht mehr<br />
so.<br />
Nein und es machte einfach keinen Spass<br />
mehr. Als Gegenleistung für das Geld, das<br />
ich in die Teamkasse brachte, stand mir die<br />
ganze Infrastruktur im Fahrerlager – die<br />
Maschine, die Mechaniker – zur Verfügung.<br />
Aber Ich musste daneben viel zu viel<br />
organisieren. Neben der ganzen Reiserei<br />
musste ich mich auch noch um Dinge wie<br />
T-Shirts und Aufkleber kümmern. Das<br />
war einfach zu viel.<br />
Sie sind nun nicht mehr ein gefeierter<br />
Star wie etwa 2014 nach Ihrem Sieg auf<br />
dem Sachsenring. Haben Sie das in Ihrem<br />
Umfeld bemerkt?<br />
Neider und Besserwisser gibt es immer. Ich<br />
musste schon das Eine oder Andere lesen<br />
oder hören. Aber das gehört dazu.<br />
Hat Sie das beschäftigt?<br />
Ja schon. Es kam schon vor, dass ich am<br />
liebsten einem in die Fresse gehauen hätte.<br />
Aber das darf man nicht.<br />
Das ist eben so, wenn man in der Öffentlichkeit<br />
steht...<br />
Ja, ja. Soll ich Ihnen noch etwas Mineralwasser<br />
nachschenken?<br />
Ja, gerne. Ihre Situation ist für nächste<br />
Saison delikat: Sie sind fahren im Team<br />
von Tom Lüthi nicht nur den E-Weltcup.<br />
Sie sind auch Ersatzfahrer, falls<br />
Tom Lüthi oder Marcel Schrötter etwas<br />
zustösst. Sie hoffen nur das Beste für<br />
Lüthi und Schrötter…<br />
Soll ich nochmals Mineralwasser nachschenken?<br />
Danke, wir haben noch. Was werden Sie<br />
beim Start zur neuen Moto2-Saison tun?<br />
Wann ist das?<br />
Am 8. März 2020 in Doha.<br />
Dann bin ich wohl irgendwo am trainieren.<br />
Sie werden nicht vor dem Fernseher<br />
sitzen?<br />
Nein. Vielleicht schaue ich mir dann eine<br />
Aufzeichnung an.<br />
Haben Sie sich nach den turbulenten<br />
letzten zwei Jahren Gedanken über das<br />
Leben nach der Rennfahrerei gemacht?<br />
Ich werde nach meinem Rücktritt eine<br />
Auszeit von fünf Jahren nehmen und mir<br />
überlegen, was ich tun könnte.<br />
Das meinen Sie ja nicht im Ernst. Fünf<br />
Jahre! Dann haben Sie als Rennfahrer<br />
doch gut verdient.<br />
Ich brauche nicht viel Geld und kann irgendwo<br />
billig leben.<br />
Wo?<br />
Beispielsweise in Thailand?<br />
Echt jetzt? Fünf Jahre?<br />
Ich denke, 50 000Franken reichen für fünf<br />
Jahre in Thailand.<br />
Nun mal ganz ernsthaft: Sie leben als<br />
Rennfahrer intensiv. Sie würden das<br />
Nichtstun gar nicht aushalten.<br />
Also ganz seriös: Es ist so, dass ich nicht<br />
gleich in der Woche nach dem letzten Rennen<br />
die erstbeste Arbeit annehmen muss.<br />
Ich kann mir tatsächlich eine Auszeit<br />
gönnen. Mehr als das halbe Leben liegt ja<br />
dann noch vor mir und ich habe schon gewisse<br />
Vorstellungen über Möglichkeiten,<br />
weiterhin in der Rennszene zu bleiben.<br />
Aber ich will noch fünf oder sechs Jahre<br />
auf hohem Niveau Rennen fahren. Darauf<br />
konzentriere ich mich. Dann werden wir<br />
weitersehen.<br />
Der Traum vom Moto2-WM Titel lebt<br />
also noch?<br />
Ja, so ist es. Wenn man keinen Traum<br />
mehr hat, ist es nicht mehr gut.<br />
Sechs Moto2-Rekorde für Dominique Aegerter<br />
Geboren: 30. September 1990 | Wohnort: Rohrbach/BE<br />
Beruf: Motorradrennfahrer<br />
Karriere: 2006 Debut mit zwei Rennen in der <strong>12</strong>5er-Klasse. Noch keine<br />
WM-Punkte. – 2007 WM-23. (<strong>12</strong>5 ccm). – 2008 WM-16. – 2009 WM-13. –<br />
2010 WM-15. (Moto2). – 2011 WM-8. – 20<strong>12</strong> WM-8. – 2013 WM-5. Zum<br />
einzigen Mal in der WM vor Tom Lüthi (6.) klassiert. – 2014 WM-5. – 2015<br />
WM-17. – 2016 WM-<strong>12</strong>. – 2017 WM-<strong>12</strong>. – 2018 WM-17. – <strong>2019</strong> WM-22. – 1<br />
GP-Sieg (2014 Sachsenring). – 1 GP-Sieg aberkannt (2018 Misano wegen<br />
angeblich unerlaubter Zusätze im Getriebeöl). – 7 Podestplätze (den ersten<br />
2011 in Valencia und den bisher letzten 2015 in Mugello)<br />
Dominique Aegerter hält in der zweitwichtigsten Töff-WM sechs Rekorde:<br />
Am meisten Rennen gefahren (164). Am meisten Rennen (34) hintereinander<br />
in den WM-Punkterängen (für die Plätze 1 bis 15). Am meisten Zielankünfte<br />
(46) in Serie. Am meisten 8. Plätze (14). Am meisten 9. Plätze (<strong>12</strong>)<br />
und am meisten 10. Plätze (8).<br />
Er hat insgesamt 899 WM-Punkte geholt und ist damit in der ewigen Punkte-Rangliste<br />
der Moto2-WM hinter Tom Lüthi, Johann Zarco, Esteve Rabatt<br />
und Simone Corsi die Nummer 5.<br />
Zwischen seinem ersten Moto2 Rennen 2010 in Katar und seinem vorläufig<br />
letzten <strong>2019</strong> in Valencia liegen 9 Jahre und 339 Tage.<br />
Nächste Saison: im deutschen Team Intact (Intact ist ein Batterie-Hersteller)<br />
mit Tom Lüthi und dem Deutschen Marcel Schrötter Ersatzfahrer und<br />
Pilot für den MotoE-Weltcup. Dabei handelt es sich um eine Serie (sechs<br />
Rennen) mit Elektrotöffs im Rahmen der Töff-GP mit dem Status eines<br />
«World Cup» (also keine WM). Auch wenn bei einem anderen Team als<br />
Intact ein Pilot ausfällt, darf Dominique Aegerter einspringen, falls am gleichen<br />
GP-Wochenende keine elektrischen Rennen stattfinden.<br />
Unsere Partner des<br />
39. Eidg. Hornusserfests 2021<br />
Thörigen | Bleienbach im Überblick<br />
Hauptsponsor<br />
Goldsponsoren<br />
Silbersponsoren<br />
THE MEAT<br />
PREMIUM BEEFHOUSE<br />
Bronzesponsoren<br />
Supporter und Gönner<br />
www.schaer-landtechnik.ch<br />
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Projektierung & Montage<br />
von Industriebauten<br />
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Christophe Buchmann: c.buchmann@spositive.ch<br />
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36
In eigener Sache<br />
Leserbriefe & Veranstaltungen<br />
ANGEBOTE OCCASIONEN<br />
In unserem Angebot finden Sie laufend interessante und gepflegte Occasionen. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.<br />
Abonnement möglich?<br />
Veranstaltungshinweise<br />
Gedacht für diejenigen, die in Langenthal und Umgebung wohnen – zu denen<br />
wir bis August 2018 gehörten. Wohnhaft waren wir in Madiswil. Und wir freuten<br />
uns immer, wenn die neue <strong>Ausgabe</strong> im Briefkasten lag. Oft angeregt, dann<br />
mitgedacht und auch mitgeschrieben haben wir.<br />
Unsere Tochter, wohnhaft in Bützberg, hat uns erst kürzlich wieder ans<br />
«s‘<strong>Positive</strong>» erinnert und daran, wie auch sie die unkonventionelle Zeitschrift<br />
schätzt, wie wir es taten. Unsere Anfrage daher: Sehen Sie eine Möglichkeit,<br />
uns mit dem «s‘<strong>Positive</strong>» wieder zu beglücken? Unsere Mitbeteiligung an den<br />
Kosten des Versands sei Ihnen zugesichert.<br />
Lassen Sie uns bitte Ihre allfällige Möglichkeiten wissen.<br />
HR. Bärtschi, 3852 Ringgenberg<br />
Ochlenberger<br />
Weihnachtsweg<br />
Auf einem Rundweg wird die Weihnachtsgeschichte<br />
erzählt. Der 1,5 km<br />
lange Weihnachtsweg beginnt und endet<br />
auf dem Jordihof, Dorf 3, Ochlenberg.<br />
Für warme Füsse und etwas Feines in<br />
den Bauch sorgt das Hofbeizli auf dem<br />
Jordihof. Weitere Infos unter<br />
www.jordihof.ch<br />
Der Rundweg ist noch bis am<br />
6. Januar 2020 geöffnet.<br />
BMW 320d Steptronic<br />
(Limousine)<br />
• Automat sequentiell, Diesel,<br />
190 PS, schwarz mét.<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 10<br />
• Preis: 29 990.–<br />
JAC S2 EV Elektro Luxury 85KW<br />
(SUV / Geländewagen)<br />
• Automatik-Getriebe, Elektro,<br />
116 PS schwarz mét<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 10<br />
• Preis: 30 790.–<br />
HONDA Civic 1.5 VTEC Sport<br />
Plus CVT (Limousine)<br />
• Automat stufenlos, sequentiell,<br />
Benzin, 182 PS, grau mét.<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 10<br />
• Preis: 23 990.–<br />
Liebe Interessenten<br />
Selbstverständlich ist es möglich, «s‘<strong>Positive</strong>» ausserhalb des Verteilgebietes zu<br />
abonnieren. Dazu genügt eine Mail an die Adresse info@spositive.ch oder ein<br />
Anruf auf die Nummer 062 929 24 25.<br />
Die Redaktion<br />
1. Winter Smoke<br />
Am 24. Januar <strong>2019</strong> findet von 17.00<br />
bis 23.00 Uhr im Hotel Meilenstein<br />
in Langenthal der «1. Winter Smoke<br />
bi Bösiger‘s» statt.<br />
Alle Informationen unter<br />
www.littlebigsmoke.ch<br />
Schreiben Sie uns, wenn Sie s’Negative im «s’<strong>Positive</strong>» finden.<br />
Oder auch, wenn Sie nur <strong>Positive</strong>s finden, aber trotzdem etwas loswerden wollen: redaktor@spositive.ch<br />
SUZUKI Vitara 1.4 Boosterjet<br />
Compact + (SUV / Geländewagen)<br />
• Schaltgetriebe Manuell, Benzin,<br />
140 PS, weiss mét<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 10<br />
• Preis: 20 790.–<br />
VW Tiguan 2.0 TDI R-Line Edition<br />
4Motion Automat (SUV / Geländewagen)<br />
• Automatisiertes Schaltgetriebe,<br />
Diesel, 190 PS, weiss<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 10<br />
• Preis: 43 990.–<br />
OPEL Crossland X 1.2i Enjoy<br />
Automatik (SUV / Geländewagen)<br />
• Automat sequentiell, Benzin,<br />
110 PS, rot<br />
• Inverkehrsetzung: Neuwagen<br />
• Kilometer: 6<br />
• Preis: 18 990.–<br />
Ihre Meinung<br />
interessiert uns !<br />
Sind Sie mit etwas nicht einverstanden? Haben Sie<br />
Fragen, die auch andere Leser interessieren könnten?<br />
Oder haben Sie eine Ergänzung zu einem Artikel?<br />
Dann schreiben Sie uns. Wir reservieren Platz für Sie.<br />
Oder möchten Sie über ein Thema, das wir noch nicht<br />
gebracht haben, mehr erfahren? Wir können Ihnen zwar<br />
keinen Artikel darüber garantieren. Aber prüfen werden<br />
wir Ihren Vorschlag ganz bestimmt.<br />
Wir freuen uns auf Ihr Feedback!<br />
per E-Mail an<br />
redaktor@spositive.ch<br />
per Post an:<br />
Redaktion «s’<strong>Positive</strong>»<br />
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St. Urbanstrasse 31, 4914 Roggwil<br />
Pneu Bösiger AG | Lotzwilstrasse 66 | 4900 Langenthal | Tel. 062 919 01 03<br />
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