KÄNGURUplus April 2017
Das Stadtmagazin für Familien mit Teenagern in Köln, Bonn und Region erscheint mit folgenden Themen: Zukunft: Was ist ein Ausbildungsbotschafter? Familienleben: Das erste Mal ... Stadtleben: Die magische Bibliothek Themen, Tipps und Termine rund um Berufsorientierung, Ausbildung, Studium, Freiwilligendienst
Das Stadtmagazin für Familien mit Teenagern in Köln, Bonn und Region erscheint mit folgenden Themen:
Zukunft: Was ist ein Ausbildungsbotschafter?
Familienleben: Das erste Mal ...
Stadtleben: Die magische Bibliothek
Themen, Tipps und Termine rund um Berufsorientierung, Ausbildung, Studium, Freiwilligendienst
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ZUKUNFT<br />
Text und Fotos Ursula Katthöfer<br />
WELCHER<br />
BERUF PASST?<br />
Ausbildungsbotschafter helfen<br />
Jugendlichen bei der Berufswahl<br />
Was ihre Eltern ihr zum Thema Beruf und Karriere sagten, wollte Perwin nicht glauben:<br />
„Ich dachte, die würden mir was aufschwatzen.“ Auch die Infos aus dem Internet haben<br />
sie nicht überzeugt: „Da hat vieles gefehlt, es ist nicht realistisch. Dann gibt es die Tests:<br />
Welcher Beruf passt zu dir? Bei mir kam raus, dass ich kreativ bin. Ja, ich weiß, dass ich<br />
kreativ bin. Und jetzt?“ Schließlich entschied sie sich für „etwas Ordentliches“: Perwin<br />
schließt bald ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement ab.<br />
Aufgedreht, witzig, nachdenklich, kritisch,<br />
übersprudelnd – so erzählt die 21-jährige<br />
Kurdin, die in Euskirchen zur Welt kam und<br />
in Bonn wohnt, von ihrer Suche nach einem<br />
geeigneten Ausbildungsplatz. Die Gespräche<br />
mit Lehrern, Eltern und der Agentur für Arbeit<br />
verwirrten mehr als zu orientieren. „Am liebsten<br />
hätte ich mit Gleichaltrigen über meine<br />
Pläne gesprochen. Aber da gab es niemanden.“<br />
Genau das will sie ändern. Perwin gehört<br />
zum Team der Ausbildungsbotschafter<br />
der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Alle sind junge<br />
Erwachsene, die über die unterschiedlichsten<br />
Wege und Umwege in die Ausbildung<br />
gefunden haben. Zu zweit oder zu dritt<br />
besuchen sie Schulen, um an Projekttagen<br />
oder im Politikunterricht über ihre Berufe zu<br />
berichten. Sie sprechen die gleiche Sprache<br />
wie die Teenager, die noch überlegen, was<br />
sie werden wollen.<br />
Ist eine duale<br />
Ausbildung für mein<br />
Kind denkbar?<br />
Alle Ausbildungsbotschafter sind<br />
selbst noch in einer Ausbildung.<br />
In Schulen berichten sie von<br />
ihren Berufen, um Schülern<br />
Lust auf eine duale Ausbildung<br />
in der Industrie, im Handel, im<br />
Handwerk oder in Banken und<br />
Versicherungen zu machen.<br />
Hintergrund ist der wachsende<br />
Fachkräftemangel. Unternehmen,<br />
die einen oder mehrere<br />
der 350 Ausbildungsberufe<br />
anbieten, klagen über zu wenig<br />
Bewerber. Denn junge Menschen<br />
zieht es eher an die Unis<br />
als in die Unternehmen.<br />
Ausbildungsbotschafter<br />
Kama, Nico und Kenan.<br />
Perwin gehört zum<br />
Team der Ausbildungsbotschafter<br />
der IHK<br />
Bonn/Rhein-Sieg.<br />
NICHT CHILLEN,<br />
SONDERN GAS GEBEN<br />
„Wer gern an seinem Auto rumschraubt, für<br />
den wäre mein Beruf was“, erzählt Ausbildungsbotschafter<br />
Kama (27), im dritten Ausbildungsjahr<br />
zum Industriemechaniker, bei<br />
seinem Besuch in einer Gesamtschule.<br />
Nico (20) macht eine Ausbildung zum Hotelfachmann.<br />
Er zeigt seinem Publikum, wie<br />
man eine Artischocke – so heißt ein kompliziert<br />
anmutendes Serviettengebilde – faltet.<br />
„Unser Restaurant ist eine Art feiner Italiener.<br />
Wir begrüßen den Gast, nehmen die<br />
Garderobe ab, begleiten ihn zum Tisch und<br />
bieten einen Aperitif an.“ Die Zuhörer lassen<br />
sich verführen. So kannten sie den Hotelberuf<br />
noch nicht. „Darf man einen Gast rausschicken,<br />
wenn er sich daneben benimmt?“,<br />
will eine Schülerin wissen. Und ob! „Ja, wir<br />
hatten schon Gäste, die eigene Getränke mit<br />
ins Restaurant gebracht haben. Im Ernstfall<br />
könnten wir sogar die Polizei rufen. Aber das<br />
kommt sehr selten vor.“<br />
Allerdings berichten die Ausbildungsbotschafter<br />
nicht nur Witziges, es geht auch um<br />
Fakten: Vertrag, Vergütung, Urlaub, Prüfungen.<br />
Kenan (21), in der Ausbildung zum Elektroniker<br />
für Betriebstechnik, hat einen handfesten<br />
Tipp: „Die Zwischenprüfung wird zu<br />
Die Industrie- und Handelskammern<br />
und die Handwerkskammern<br />
in Nordrhein-Westfalen<br />
reagieren mit ihrer Initiative<br />
Ausbildungsbotschafter auf<br />
diesen Mangel. In Workshops<br />
bereiten sie die Ausbildungsbotschafter<br />
auf die Schulbesuche<br />
vor. Der beste Zeitpunkt für<br />
einen Schulbesuch ist in der<br />
8. oder 9. Klasse, wenn es um<br />
Berufswahl und Bewerbungstraining<br />
geht.<br />
WEITERE INFOS UND<br />
KONTAKT<br />
Die IHKs und HWKs sind<br />
Ansprechpartner für Schulen<br />
und Unternehmen. Finanziert<br />
wird die Initiative vom Land<br />
NRW und dem Europäischen<br />
Sozialfonds.<br />
ANSPRECHPARTNERINNEN:<br />
Industrie- und Handels kammer<br />
zu Köln<br />
Tonia Kahl, Tel: 0221 – 1640 143,<br />
E-Mail: tonia.kahl@koeln.ihk.de<br />
Industrie- und Handels kammer<br />
zu Bonn/Rhein-Sieg<br />
Teresa Schare<br />
Tel: 0228 2284 231,<br />
E-Mail: schare@bonn.ihk.de<br />
40 Prozent für die Abschlussnote gewichtet.<br />
Man kann also nicht chillen und erst am Ende<br />
der Ausbildung Gas geben.“<br />
„SO NAIV WAR ICH<br />
AUCH MAL“<br />
„Ich sehe in den Schülern, wie ich selbst<br />
war“, sagt Perwin. „Sie sind genauso naiv<br />
wie ich damals.“ Perwin wollte als Jugendliche<br />
am liebsten Mode-Designerin werden.<br />
„Klamotten ausdenken, verrückte Sachen,<br />
crazy Schicki-Micki, Kunst – alles mögliche.“<br />
Je älter sie wurde, desto mehr sprach gegen<br />
diese Idee. „Man braucht in dieser Branche<br />
besonders viel Energie, um Fuß zu fassen.“<br />
Außerdem betrachtet sie ihre Ausbildung als<br />
Grundstein für eine Karriere in Wirtschaft und<br />
Verwaltung. „Als Kauffrau für Büromanagement<br />
kann ich überall arbeiten. Ich kann studieren<br />
und werde dann mehr wissen als die,<br />
die direkt von der Schule kommen.“<br />
Noch etwas ist Perwin bei ihren Einsätzen als<br />
Ausbildungsbotschafterin aufgefallen: „Jeder<br />
will mit wenig Aufwand viel Geld verdienen.<br />
Das geht natürlich nicht.“ Dennoch spiele<br />
das selbst verdiente Geld eine große Rolle.<br />
„Das hat mit Stolz zu tun. Ich muss meine<br />
Eltern nicht mehr um Geld bitten.“<br />
26 <strong>KÄNGURUplus</strong> 04/17<br />
<strong>KÄNGURUplus</strong> 04/17<br />
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