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KÄNGURUplus März 2020

Das Stadtmagazin für Familien mit Teenagern in Köln, Bonn und Region erscheint mit folgenden Themen: Familienleben: Let's dance! Tanzkurse sind der Renner Zukunft: Elternabende in Hochschulen und Ausbildungsbetrieben Berufe-Check: Was macht eigentlich ein Gärtner? Schreibprojekt: Gönn.dir.Geschichten. Themen, Tipps und Termine rund um Berufsorientierung, Ausbildung, Studium, Freiwilligendienst

Das Stadtmagazin für Familien mit Teenagern in Köln, Bonn und Region erscheint mit folgenden Themen:

Familienleben: Let's dance! Tanzkurse sind der Renner
Zukunft: Elternabende in Hochschulen und Ausbildungsbetrieben
Berufe-Check: Was macht eigentlich ein Gärtner?
Schreibprojekt: Gönn.dir.Geschichten.

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FAMILIENLEBEN<br />

Standardtanz gilt als cool, besonders unter Jugendlichen.<br />

Statt Saturday Night Fever in der Disco gibt es Discofox<br />

und Cha-Cha-Cha in der Tanzschule. Eins, zwei,<br />

W-i-e-g-e-schritt. Ganz klassisch. So ein Tanzkurs, bei<br />

dem man die Grundschritte lernt, gehört heute immer<br />

noch für viele Mädchen, aber auch Jungen, zum<br />

Erwachsenwerden dazu.<br />

Step by Step bis zum krönenden Abschluss:<br />

dem Ball. Danach ist für einige<br />

Schluss. Andere tanzen weiter und kriegen<br />

einfach nicht genug. Denn beim<br />

Paartanz lernt man weit mehr als nur<br />

Schrittfolgen und Taktgefühl. Sich mit<br />

anderen gemeinsam im Rhythmus zu<br />

bewegen, dient als sozialer Klebstoff,<br />

schafft Nähe und Verbundenheit – und<br />

neue Freundschaften.<br />

Köln-Rodenkirchen, Tanzschule van Hasselt,<br />

an einem Samstagabend. Rhythmische<br />

Latinoklänge wummern aus den<br />

Boxen und beschallen die Tanzfläche,<br />

auf der Jugendliche zwischen 14 und 16<br />

Jahren paarweise tanzen: zur Seite, nach<br />

rechts, vor, zurück – Cha-Cha-Cha …<br />

vor, Platz, W-i-e-g-e-schritt … Anton (15),<br />

der eigentlich mehr auf Hiphop steht<br />

und Fußball spielt, schwingt gerade sein<br />

rechtes Bein locker nach vorn, wiegt die<br />

Hüfte und hat die neue Schrittkombi der<br />

Promenade schon drauf. Der Cha-Cha-<br />

Cha macht ihm am meisten Spaß. „Die<br />

Schritte sind einfach, der Tanz cool und<br />

durch die Promenade ist da auch mehr<br />

Abwechslung als bei den anderen Grundschritten,<br />

die wir gelernt haben!“ Andere<br />

aus dem Anfängerkurs tun sich noch etwas<br />

schwer. Ihre Füße wollen nicht so<br />

richtig. Manche kichern. Alle sind konzentriert<br />

und haben offensichtlich sehr<br />

viel Spaß beim Tanzen.<br />

TANZ! ABER NICHT AUS<br />

DER REIHE<br />

„Es ist gut, wenn man Standardtänze<br />

draufhat. Das kann man im Leben immer<br />

gut gebrauchen“, ist sich Anton sicher.<br />

Neben Cha-Cha-Cha lernt er auch alle<br />

anderen Grundschritte der bekanntesten<br />

Standardtänze: Discosamba, Rumba,<br />

Discofox, Langsamer Walzer, Wiener<br />

Walzer – das ganze Programm. Am Ende<br />

des Kurses, als krönenden Abschluss, gibt<br />

es einen Ball, nicht irgendeinen, sondern<br />

den Kölner Debütanten Ball. Den gibt es<br />

schon seit 1957. Damals wie heute gilt<br />

Abendgarderobe im festlichen Ambiente.<br />

Seit einigen Jahren findet er im Historischen<br />

Festsaal des Gürzenich statt. Anton<br />

freut sich schon drauf.<br />

Anderer Ort, anderer Tanzkurs: Hier<br />

schwingen Noah und Hugo, beide 15<br />

Tanzen<br />

WUNDERMITTEL: TANZ<br />

Darum ist Tanzen so gut!<br />

fördert Konzentration, Beweglichkeit und<br />

Reaktionsgeschwindigkeit<br />

pusht die Leistungsfähigkeit<br />

baut Stress ab, am besten in Gesellschaft,<br />

egal ob Cheerleader, Standard- oder<br />

Stepptanz<br />

trainiert Konzentration und Koordination<br />

lockert die Muskulatur und löst Verspannung<br />

selbst bei chronischen Schmerzen<br />

senkt das Risiko für einen Tod durch Herzerkrankungen<br />

lockert die Muskulatur und löst Verspannung<br />

selbst bei chronischen Schmerzen<br />

senkt das Risiko für einen Tod durch Herzerkrankungen<br />

Beim Tanzen schüttet<br />

der Körper die Glückshormone Dopamin<br />

und Endorphin aus.<br />

Das Gehirn wird durch die Vielzahl der<br />

Reize auf ganz verschiedenen Ebenen<br />

stimuliert.<br />

Komplizierte Choreografien fördern die Bildung<br />

von Synapsen, so dass das Gehirn in<br />

einigen Bereichen an Volumen zunimmt.<br />

Jugendliche, die viel tanzen, entwickeln<br />

ein gutes räumliches Verständnis und kommen<br />

besser mit mathematischen Aufgaben<br />

zurecht.<br />

Tänzer*innen sind glücklicher.<br />

und Freunde, ebenfalls ihr Tanzbein.<br />

Noah – groß, lange blonde Haare, breites<br />

Grinsen, spielt Rugby, fühlt sich aber auf<br />

dem Parkett offensichtlich so wohl wie<br />

auf dem Spielfeld. Er macht gerade den<br />

Bronze-Kurs. „Den Grundkurs habe ich<br />

gemacht, weil meine Eltern gesagt haben,<br />

dass ich den machen soll, weil man<br />

Wiener Walzer und so als Erwachsener<br />

tanzen können sollte.“ Am Anfang habe<br />

er keinen Bock gehabt. Aber die Aussicht<br />

auf den Debütanten Ball, wo angeblich<br />

die größte Discokugel Europas hängt, hat<br />

ihn gereizt. Überredet hat ihn sein Freund<br />

Hugo.<br />

TEIL VON ETWAS<br />

GRÖSSEREM<br />

Hugo tanzt seit der Grundschule und<br />

sagt: Tanzen gehört zur Allgemeinbildung.<br />

Man sollte als gebildeter junger<br />

Mann die Grundschritte der Standardtänze<br />

kennen.“ Hugo redet viel und<br />

manchmal etwas geschwollen, hat aber<br />

auch echt was auf dem Kasten: HipHop,<br />

Breakdance, Ballett – alles hat er ausprobiert.<br />

Mittlerweile tanzt er mehrmals die<br />

Woche, ist Mitglied im Karnevalstanzkorps<br />

Bürgergarde Blau-Gold 1904 e.V.<br />

und hat bereits sein Bronzeabzeichen im<br />

Standardtanz. Ehrensache, dass er in den<br />

Tanzkursen und auf den Bällen hospitiert,<br />

wenn buchstäblich Not am Mann ist und<br />

zu wenig Jungen am Start sind. Tanzen,<br />

in der Gruppe, mit anderen – das gefällt<br />

ihm. „Besonders, wenn so ein Gemeinschaftsgefühl<br />

entsteht!“, sagt Hugo. Dieses<br />

Gefühl, Teil von etwas Größerem zu<br />

sein, nennt der französische Soziologe<br />

Émile Durkheim „kollektives Aufwallen“.<br />

Denn das Schöne am Tanzen ist: Es kann<br />

jede*r für sich allein. Aber erst zusammen<br />

mit anderen, besonders beim Paartanz,<br />

entfaltet es sein Potenzial als sozialer<br />

Klebstoff. Egal ob kubanischer Cha-Cha-<br />

Cha oder Wiener Walzer: Rhythmus und<br />

Tanz sind tiefgreifende soziale Erfahrungen,<br />

bei denen die Tanzenden Nähe und<br />

Verbundenheit erleben.<br />

KEINE*R TANZT FÜR<br />

SICH ALLEIN<br />

Getanzt wurde schon immer. In allen<br />

Kulturen. Für Regen, mehr Sonne,<br />

Fruchtbarkeit, um die Götter gnädig<br />

zu stimmen, dem anderen Geschlecht<br />

näher zukommen oder ganz einfach aus<br />

Freude. Noch bevor wir Menschen das<br />

Sprechen lernten, haben wir getanzt,<br />

sind sich Wissenschaftler*innen einig.<br />

Die Bewegung zur Musik aktiviert dieselben<br />

Hirnregionen, die für das Verarbeiten<br />

von Sprache zuständig sind, und trainiert<br />

das Gehirn wie kaum etwas anderes<br />

(siehe Info-Kasten Wundermittel: Tanz).<br />

Vermutlich ist Tanzen ein Nebenprodukt<br />

des aufrechten Gangs. Musikkognitionsforscher<br />

Gunter Kreutz von der Universität<br />

Oldenburg geht noch einen Schritt<br />

weiter. Er sagt: „Wahrscheinlich ist es in<br />

der Evolution so erfolgreich gewesen,<br />

weil Tanzen geholfen hat, die kognitiven<br />

Funktionen zu verbessern. Vielleicht<br />

hat sich die Menschheit nur durch den<br />

Tanz so weit entwickelt.“ Ob bereits alle<br />

diesen Evolutionsschritt gemeistert haben?<br />

Dazu gibt es keine Daten. Was wir<br />

wissen: Aktuell tanzen in Deutschland<br />

51 Prozent der Bevölkerung – jede*r<br />

Zweite! Die meisten tanzen am liebsten<br />

ohne vorgegebene Schrittkombis (44 %).<br />

Auf klassische Standardtänze steht immerhin<br />

jede*r Dritte (33 %). Sich formvollendet<br />

zur Musik auf dem Parkett bewegen<br />

zu können, ist – Let’s Dance und<br />

andere TV-Tanzshows sei Dank – angesagt.<br />

Auch bei Jugendlichen.<br />

<strong>KÄNGURUplus</strong> 03/20<br />

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