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„Sense(s) of place“ – Narrative Räume – Narrative Geographie

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<strong>Geographie</strong> (DGfG), in dem möglichst alle Geographen verschiedener Fraktionen ihren Gegenstand<br />

wieder erkennen sollen. Immer steht dabei das Wort „<strong>Räume</strong>“ in Anführungsstrichen, denn wir<br />

beschäftigen uns mit <strong>Räume</strong>n nicht nur als äußerliche fixe Gegenstände. Wir erkennen und<br />

definieren einen interessanten Aspekt aus einer bestimmten Perspektive und dann kommunizieren<br />

wir darüber. Dafür fassen wir den „Raum“ in Texte. Auch ein Planer, der den Raum als äußeren<br />

Gegenstand behandelt, auf Wirkungen reagiert und Eingriffe vorbereitet, tut nichts anderes.<br />

„Raum als Text“? Kein Problem. Sogar Karten sollen „Texte“ sein, nämlich „nicht-kontinuierliche“<br />

Texte; dazu gehören außerdem Tabellen, Listen, Grafiken, Diagramme, Schaubilder. Man kann sich<br />

<strong>Räume</strong> und räumliche Probleme also vielfältig in Texten und als Texte wiedergegeben vorstellen; sie<br />

werden, wie alle Texte, geschrieben, gelesen und verstanden. Diese Texte funktionieren wie<br />

sprachliche Systeme (langue) und in praktischer Kommunikation (parole). Sie haben zudem eine<br />

bestimmte Oberflächen- und eine unbestimmte Tiefenstruktur.<br />

Zwei Minuten Theorie<br />

Textverstehen kann nach dem literacy-Konzept der PISA-Studie als ein Prozess angesehen werden:<br />

Informationen ermitteln, textbezogenes Interpretieren, Reflektieren und Bewerten. Neben der<br />

Information, die der Text liefert, trägt der Rezipient eigenes Wissen an den Text heran:<br />

� Textstrukturwissen: Wissen über den Aufbau von Texten, Textsorten, Funktionen von<br />

Textteilen.<br />

� Weltwissen: Wissen über Sachverhalte, die in einem Text behandelt werden. Dieses Wissen<br />

ist in einer spezifischen Weise organisiert: in Typen, in Mustern und Schemata, in Szenarien.<br />

Daneben ist zu bedenken, dass Textverstehen in einem Kommunikationsprozess entsteht; dieser ist<br />

ggf. als solcher zu erkennen (Absichten des Produzenten und des Rezipienten, Interessen,<br />

Decodierfähigkeiten, Konventionen etc.). Indem neben den textlichen Informationen auch eigenes<br />

Vorwissen und Vorleben zum Aufbau der Textbedeutung beitragen, wird auch das Textverstehen ein<br />

konstruktiver Prozess. 1<br />

1<br />

Der Lingust und Erzähltheoretiker Sigfried J. Schmidt bindet in seinem Buch „Geschichten und Diskurse.<br />

Abschied vom Konstruktivismus“ (2003) die Erzählung/ Geschichte (als Handlungszusammenhang) an den<br />

Diskurs (als sozialen Kommunikationszusammenhang):„Unter Geschichte verstehe ich einen unter einer<br />

Sinnkategorie (von sinnvoll bis sinnlos) geordneten Zusammenhang von Handlungsfolgen eines Aktanten.<br />

Geschichten entstehen durch die intrinsische Verkettung bzw. Vernetzung von Handlungen in der Weise, dass<br />

jede Handlung als Setzung von Voraussetzungen zur Voraussetzung von für nachfolgende Handlungen wird und<br />

so weiter. Jeder Aktant lebt seine und lebt in seiner Geschichte aus Geschichten, also in einem von ihm selbst<br />

bewusst geordneten oder aber sich in seiner Lebenspraxis gleichsam selbst ordnenden Zusammenhang von<br />

Handlungsfolgen, den er durch Bezug auf sich zu für ihn sinnvollen Geschichten synthetisiert.“ (S. 49).<br />

„Geschichte und Diskurse bilden in ihrer Gesamtheit einen eigenen komplementären Wirkungszusammenhang,<br />

der in der Beobachtung doppelt perspektivierbar ist, …“ (S. 53) „Abschied vom Konstruktivismus“ bedeutet für<br />

Schmidt in diesem Zusammenhang vermutlich Abschied vom „Radikalen“ Konstruktivismus. Der<br />

Sinnzusammenhang einer Geschichte entsteht immer aus einem Zusammenspiel von subjektiver und sozialer<br />

Sinnzuweisung. Textstrukturwissen und Weltwissen fallen also dem Subjekt nicht einfach als Individuum in den<br />

Schoß.<br />

2

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