die Flußmeister 2008
die Flußmeister 2008
die Flußmeister 2008
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>die</strong> <strong>Flußmeister</strong> <strong>2008</strong><br />
Vorstellungen. Eine so genannte Vb-Wetterlage brachte im<br />
Einzugsgebiet der Iller Niederschläge bis zu 250 mm/24h.<br />
Am Oberlauf der Ostrach, einem Hauptzufl uss der Iller,<br />
wurde ein 500jährliches HW registriert und fl ussabwärts<br />
bei Immenstadt mit 800 m³/s ein 300jähriges, das auch vor<br />
der Überfl utung des Krankenhauses in Immenstadt nicht<br />
halt machte und das deshalb evakuiert werden musste.<br />
Deiche wurden überströmt und brachen. Rund 500 ha<br />
besiedelte Flächen wurden überschwemmt. Es entstand<br />
allein im Oberen Allgäu 40 Mio. € Schaden. Die Iller hatte<br />
ihre Ansprüche geltend gemacht.<br />
Die Alten sagten zu Recht, so was noch nicht erlebt zu haben,<br />
war doch das letzte große Hochwasser im Oberallgäu<br />
1910 registriert worden. Ernüchterung allseits. Der Ruf<br />
nach noch höheren Deichen und weiterer Tieferlegung<br />
des Gewässerbetts.<br />
Doch mit der Idee und Ortskenntnis des örtlichen Flussmeisters,<br />
der Organisationskraft des Leiters der Neubauabteilung<br />
im WWA Kempten, unterstützt durch Behördenleitung<br />
sowie örtlicher und überörtlicher Politik wurde<br />
innerhalb kürzester Zeit ein Hochwasserschutzkonzept<br />
erarbeitet, das in <strong>die</strong>ser Form bereits ab 2001 in <strong>die</strong> Tat<br />
umgesetzt wurde.<br />
Die Fakten: Das Projektgebiet erstreckt sich über ca. 25 km<br />
vom Illerursprung bei Oberstdorf bis zur Felsenge bei Thanners<br />
/ Immenstadt und wurde in 5 Abschnitte unterteilt,<br />
<strong>die</strong> öffentlich-rechtlich eigenständig abgearbeitet wurden.<br />
Als Bemessungshochwasser wurde das Hochwasserereignis<br />
von 1999 defi niert. Dies bedeutet im obersten Abschnitt<br />
Fischen einen Abfl uss von 340 m³/s und im Abschnitt Seifen<br />
800 m³/s.<br />
Dabei kamen <strong>die</strong> klassischen Elemente des technischen und<br />
vorbeugenden Hochwasserschutzes zur Anwendung.<br />
◗ Das Flussbett wurde, wo immer möglich, um rd. 1/3<br />
von ca. 40 auf bis zu 65 m aufgeweitet. Nur an exponierten<br />
Stellen wurde mit einem massiven Längsverbau<br />
gearbeitet. Sonst schützen (Bevorratungs-) Buhnen <strong>die</strong><br />
Ufer. Die größeren Gewässerbreiten ermöglichten<br />
auch neben den nun entstehenden Kiesbänken eine<br />
Strukturanreicherung mit Steinhaufen und Rauhbäumen<br />
als Totholz. Zusätzlich wurde durch <strong>die</strong> Abfl achung<br />
der Ufer <strong>die</strong> Zugänglichkeit des Gewässers wesentlich<br />
verbessert. Zusammengenommen bewirkt <strong>die</strong>s eine<br />
wesentliche Verbesserung der Gewässerökologie und<br />
des Erholungswertes.<br />
Bund der <strong>Flußmeister</strong> Bayerns<br />
◗ Die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechenden<br />
Deiche wurden saniert, erhöht und mit einer Innendichtung<br />
versehen. Dies hat den Vorteil, dass das örtlich<br />
anstehende alte Deichbaumaterial belassen, ein ansprechender<br />
Bewuchs zugelassen (Ferienregion Oberallgäu)<br />
und dabei noch Unterhaltskosten gespart werden kann.<br />
Vor allem aber bietet eine Innendichtung noch temporären<br />
Schutz bei Überströmen der Deiche, <strong>die</strong> dann noch<br />
eine gewisse Zeit standhalten. Diese Bauweise rettete<br />
<strong>die</strong> Stadt Sonthofen beim Augusthochwasser 2005 vor<br />
massiven Überschwemmungen im Stadtkern. Die Mehrkosten<br />
für <strong>die</strong>se Bauweise sind also volkswirtschaftlich<br />
bereits abgezahlt.<br />
◗ Die Verbesserung der Wirksamkeit des Wasserrückhalts<br />
nimmt eine zentrale Bedeutung im Projektgebiet<br />
ein. Neben Schutz und Verbesserung der natürlichen<br />
Retentionsräume konnte ein starr gesteuerter Polder<br />
mit 500 000 m³ und der große gesteuerte Polder im<br />
Abschnitt Seifen mit ca. 6 Mio. m³ geschaffen werden.<br />
Neben dem Versuch Hochwässer bautechnisch zu beherrschen,<br />
spielt an den Oberläufen der Flüsse <strong>die</strong> kurze Vorwarnzeit<br />
einen entscheidenden Faktor. Die 2002 installierte<br />
Hochwasservorhersagezentrale am Wasserwirtschaftsamt<br />
Kempten betreut u.a. das Einzugsgebiet der Iller. Sie entwickelte<br />
Vorhersagemodelle, <strong>die</strong> es ermöglichen, anhand<br />
der Wetterprognosen und der gemessenen Niederschläge<br />
kurzfristig aussagekräftige Abfl ussprognosen zu erstellen.<br />
Diese sind Grundvoraussetzung für eine wirkungsvolle<br />
Steuerung des Polders Seifen.<br />
Finanzierung<br />
Die Projektkosten betragen rund 100 Mio. €<br />
◗ Davon trägt rd. 56 Mio. € der Freistaat Bayern.<br />
◗ Die Kofi nanzierung über Mittel der EU (EAGFL<br />
und EFRE) beträgt rd. 30 Mio. €<br />
◗ Weitere 14 Mio. € werden von den Kommunen<br />
als Beteiligtenleistung aufgebracht. Besonders zu<br />
erwähnen ist, dass sich alle Landkreisgemeinden<br />
solidarisiert haben und über eine Kreisumlage an<br />
den Kosten beteiligen.<br />
15