Wir Steirer - Ausgabe 1 - März 2020
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Der Ärztemangel ist auch in der<br />
Steiermark vielerorts längst Realität<br />
Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass es<br />
in zahlreichen Regionen der Steiermark<br />
immer schwerer wird, freie Kassenarztstellen<br />
nachzubesetzen, wobei sich die Situation in<br />
der Allgemeinmedizin als besonders gravierend<br />
darstellt. Diesbezüglich berichteten Anfang<br />
Februar <strong>2020</strong> mehrere Medien über die<br />
jüngsten von der Ärztekammer veröffentlichten<br />
Daten, wonach die Zahl der offenen<br />
Hausarztstellen österreichweit innerhalb nur<br />
eines Jahres von 68 auf 95 angestiegen ist.<br />
Speziell für den ländlichen Raum wird es<br />
immer schwerer, Allgemeinmediziner zu<br />
finden. Dabei würde es zu kurz greifen, das<br />
Problem mit der vermeintlich schlechten<br />
Entlohnung für Kassenmediziner zu erklären.<br />
So ist gerade für junge, idealistische Mediziner<br />
die Massenabfertigung von Patienten,<br />
wie sie für Hausärzte bedauerlicherweise<br />
nach wie vor auf der Tagesordnung steht,<br />
nicht akzeptabel. Sie wünschen sich meist<br />
mehr Zeit für die einzelnen Krankheitsfälle,<br />
weswegen eine Tätigkeit als Wahlarzt oft<br />
attraktiver erscheint.<br />
Schlechte Infrastruktur =<br />
weniger Jungmediziner<br />
Doch der Ärztemangel ist längst kein Exklusivproblem<br />
des niedergelassenen Sektors.<br />
So sehen sich auch einige Spitäler mit einem<br />
Medizinerschwund konfrontiert. Neben den<br />
oben erwähnten Problemen sind es im Krankenhausbereich<br />
jedoch auch die schlechteren<br />
Ausbildungsmöglichkeiten in kleineren<br />
Krankenanstalten, die eine Beschäftigung<br />
unattraktiv erscheinen lassen.<br />
Gerade in dieser Hinsicht<br />
wäre es umso wichtiger, durch<br />
gezielte Schwerpunktsetzungen<br />
an den verschiedenen<br />
Standorten die Tätigkeit<br />
aufzuwerten. Leider geht die<br />
schwarz-rote Landesregierung<br />
in der Steiermark einen anderen,<br />
vermeintlich leichteren<br />
Weg, indem sie die Schließung<br />
von peripheren Spitälern<br />
vorantreibt.<br />
Was ist die Lösung?<br />
Nur wenn Nachwuchsärzte<br />
sich<br />
auch ein erfülltes<br />
Privatleben abseits<br />
des urbanen Raums<br />
vorstellen können,<br />
wird man diese in die<br />
Peripherie „locken“<br />
können.<br />
Die Probleme sind<br />
somit hinlänglich bekannt,<br />
doch wie kann<br />
man diese lösen? Leider<br />
gibt es darauf wohl keine einfache Antwort.<br />
Zum einen wird es jedenfalls Änderungen<br />
in den Kassenverträgen bedürfen, damit<br />
Mediziner etwa für das „Sich-Zeit-Nehmen“<br />
für Patienten finanziell nicht länger bestraft<br />
werden. Auch die signifikante Reduzierung<br />
des bürokratischen Aufwands sowohl für<br />
Kassen- als auch für Spitalsärzte muss endlich<br />
vorangetrieben werden.<br />
Darüber hinaus müssen sich<br />
die Ausbildungsbedingungen<br />
wesentlich verbessern, wobei<br />
es dazu bereits zahlreiche<br />
gute Vorschläge insbesondere<br />
von Seiten der Ärzteschaft<br />
gibt.<br />
Zum anderen – und dies ist<br />
der weit schwierigere Teil –<br />
wird es wesentliche Investitionen<br />
in die Infrastruktur<br />
insbesondere in<br />
ländlichen Gemeinden<br />
brauchen. Denn nur,<br />
wenn Nachwuchsärzte<br />
sich auch ein erfülltes<br />
Privatleben abseits<br />
des urbanen Raums<br />
Darüber hinaus ist es für<br />
viele Mediziner von entscheidender<br />
Bedeutung,<br />
dass sie für sich und ihre<br />
Familien eine entsprechende<br />
Infrastruktur<br />
vorfinden. Dazu gehören zweifelsohne<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen,<br />
Arbeitsplätze für den Partner, Freizeitangebote<br />
und eine gute Altersdurchmischung<br />
der Bevölkerung. Dementsprechend darf es<br />
wenig verwundern, dass junge Menschen<br />
sich nicht unbedingt in ländlichen Regionen<br />
als Arzt niederlassen wollen, wenn diese aufgrund<br />
jahrzehntelanger Vernachlässigung<br />
durch die Politik völlig ausgedünnt sind.<br />
Der Ärztemangel ist<br />
längst kein Exklusivproblem<br />
des niedergelassenen<br />
Sektors.<br />
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