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Leseprobe_Nach der Ewigkeit

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Aber was ist mit meinem Abteilnachbarn los? Tolja, <strong>der</strong> allein<br />

geblieben ist, macht beim Tageslicht einen geradezu<br />

mitlei<strong>der</strong>regenden Eindruck.<br />

„Anatoli, ist Ihnen nicht gut?“<br />

„Was?“ Er wendet sich mir zu.<br />

Um Gottes willen, er zittert ja wie Espenlaub! Kenn ich. Gegen<br />

Ende des ersten Krankenhaustages beginnt <strong>der</strong> Patient<br />

zu zittern, kämpft mit irgendwelchen Teufeln und springt<br />

womöglich aus dem Fenster. Delirium tremens! Klarer Fall.<br />

Aha, Tolja ist Alkoholiker.<br />

„Schaffnerin“, schreie ich, „Schaffnerin! Der Fahrgast hier<br />

ist im Delirium tremens, wirklich. Alkoholdelirium. Haben<br />

Sie einen Erste-Hilfe-Koffer?“<br />

Fehlanzeige. Sowjetratte, genau! Ich soll mich an den Zugführer<br />

wenden. Und wo finde ich den? „Geben Sie ihm Alkohol,<br />

das bezahle ich, <strong>der</strong> schlägt sonst alles kurz und klein!“<br />

„Beruhigen Sie sich“, sagt die Schaffnerin, „wo ist denn sein<br />

Kumpel hin?“<br />

„Ausgestiegen in diesem Swirj o<strong>der</strong> wie das Kaff heißt.“<br />

„Wieso ausgestiegen? Der hatte doch eine Fahrkarte bis Petrosawodsk.“<br />

Sie schreit: „Wie <strong>der</strong> das Klo mit seinen Zeitungen<br />

versaut hat! Ein ganzer Stapel! Als ob das Klopapier<br />

nicht gereicht hätte!“<br />

Was hat denn das Klo damit zu tun? Dem Fahrgast hier geht<br />

es schlecht. Er braucht Hilfe und kein Gezeter. Wer weiß, ob<br />

er nicht gleich mit dem Kopf gegen die Wand rennt!<br />

Zu spät, sie explodiert: „Wir knöpfen uns Ihr Abteil gleich<br />

vor, junger Mann, und schmeißen Sie aus dem Zug.“ Und<br />

weg ist sie. Himmel, ich habe Angst, das Abteil zu betreten.<br />

Stehe vor <strong>der</strong> Tür und warte.<br />

Halt in Pjazh Selga. Ein Milizionär kommt. Klar, <strong>der</strong> blickt<br />

durch. Ich, Doktor <strong>der</strong> Medizin, nicht, aber <strong>der</strong>, na klar!<br />

Genosse von Felix dem Eisernen, so eine Amtsperson, die<br />

hat per se einen Riecher für die Wahrheit.<br />

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