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Die Archivabteilung von Yad Vashem verantwortet die<br />

Erhaltung der Millionen von Dokumenten aus der Zeit<br />

des Zweiten Weltkriegs, darunter auch hunderte von<br />

persönlichen Tagebüchern, die während des Holocaust<br />

geschrieben wurden. Eines dieser Tagebücher stammt<br />

aus der Feder von Rabbi Uri Feivish Tauber aus der Zeit<br />

von 1941-44 in Mogilev-Podolski. Geboren 1911 im<br />

rumänischen Cerepcauti wurde der Rabbi im Oktober 1941<br />

nach Mogilev deportiert und blieb dort bis zur Befreiung der<br />

Stadt durch die Rote Armee. Das Tagebuch wurde kürzlich<br />

von seiner Witwe Ruth Tauber Yad Vashem in der Hoffnung<br />

übergeben, dass es hier für immer bewahrt bleiben möge.<br />

Das Tagebuch von Rabbi Uri Feivish Tauber<br />

Sicherung der Erinnerungen<br />

von Efrat Komisar, Mitarbeiterin im Archiv<br />

Das schon zerbröselte Tagebuch wurde dem Archiv zunächst<br />

zur Restauration übergeben. Einige Seiten waren von Säure<br />

angefressen und in einem Auflösungsprozess von Klebeband<br />

zusammengehalten, dessen chemische Bestandteile weitere<br />

Schäden verursacht hatten. Das Labor, das sich um die<br />

Erhaltung bemüht, hat in schwieriger Arbeit die Seiten zu<br />

retten versucht (siehe Foto), so dass nach der vollständigen<br />

Restaurierung das Tagebuch der Öffentlichkeit zugänglich<br />

ist.<br />

Mogilev an der Dniester in der ukrainischen Provinz<br />

Vinnitsa wurde am 19. Juli 1941 von den Deutschen<br />

besetzt. Es wurde bald ein Sammelplatz für die aus<br />

Bessarabien und der Bukovina deportierten Juden und einer<br />

der fünf Zugänge nach Transnistrien, dem Gebiet in der<br />

Westukraine, das Hitler an Rumänien als Gegengabe für<br />

seine Beteiligung am Krieg gegen die Sowjetunion abtreten<br />

wollte. Zehntausende von Juden zogen durch die Stadt, aber<br />

nur etwa 12.000 – 15.000 konnten dort zusammen mit den<br />

etwa 3.700 örtlichen Juden bleiben. Im Juli 1942 wurde dort<br />

hinter Mauer und Stacheldraht ein Ghetto eingerichtet. Die<br />

Lebensbedingungen waren wegen Überfüllung, Hunger<br />

und Armut sehr hart. An einer Typhusepidemie starben in<br />

wenigen Monaten viele Menschen.<br />

Die jüdische Lagerleitung richtete ein jüdisches<br />

Zentralkomitee für die ganze Provinz ein, das verschiedene<br />

Wohlfahrtseinrichtungen aufbaute, darunter drei<br />

Waisenhäuser. Die Kinder lebten unter sehr schwierigen<br />

Bedingungen, elend, hungernd und krank. Erst nach<br />

11<br />

mehreren Monaten besserte sich ihr Zustand, so dass die<br />

Leitung der Waisenhäuser auch der Erziehung mehr Zeit<br />

widmen konnte. Rabbi Tauber beteiligte sich an dieser<br />

Aufgabe im Waisenhaus 1, das im April 1942 öffnete und<br />

im August 450 Kinder hatte. Er kam in die Leitung des<br />

Hauses, lehrte Hebräisch und die Bibel bis 1944, als das<br />

Haus geschlossen wurde und die Kinder nach Eretz Israel<br />

auswandern konnten. In einem Notizbuch, das der Rabbi als<br />

Andenken erhielt, haben ihn die Kinder als „guten Vater“<br />

bezeichnet. Eine Frau, die als Kind in dem Waisenhaus<br />

gelebt hatte, berichtete später, dass der Rabbi ihnen die<br />

Hoffnung auf Eretz Israel nach dem Krieg vermittelt habe.<br />

Rabbi Tauber begann mit seinem Tagebuch – in<br />

Deutsch mit hebräischer Schrift – im Oktober 1941.<br />

Darin schreibt er über das tägliche Unrecht im<br />

Ghetto, die von anderen erfahrenen Geschichten<br />

und Ereignissen: Juden in Verstecken; einem<br />

Kind, das seine Mutter gerettet hatte; dem Tod des<br />

15jährigen Poldi Lazarovitch, einem Mitglied der<br />

Redaktion der Zeitschrift des Waisenhauses; die<br />

bittere Kälte und die Knappheit von Salz; die Feier<br />

des ersten Hanukkaabends; usw. Dieses persönliche<br />

Dokument schildert das Leben der Juden im Ghetto<br />

von Mogilev aus der Sicht seines Verfassers, des geliebten<br />

Lehrers, der sich seinen Schülern gewidmet hatte. Durch<br />

die Restaurierung werden viele Besucher mehr über die<br />

Zustände in Mogilev erfahren und so ein umfassenderes<br />

Bild über das jüdische Leben während des Krieges in dieser<br />

Region bekommen.<br />

„Ich wusste, dass das Tagebuch in einem schlechten Zustand<br />

sein würde, wenn ich es behielte“, meinte Ruth Tauber. „Die<br />

Seiten bröckelten schon, aber ich hatte keine Möglichkeit,<br />

sie zu restaurieren. Ich wollte aber nicht, dass sie für immer<br />

verloren gehen. Außerdem sind sie in Yad Vashem viel<br />

sicherer, als bei mir zu Hause“. Und sie fügte hinzu: „In<br />

meinem Haus würde sie in einer Schublade auch niemand zu<br />

sehen bekommen, aber in Yad Vashem können die Besucher<br />

sie lesen und über die Ereignisse erfahren. So wird das<br />

Tagebuch eine Mahnung für alle Zeiten sein“.<br />

Restauration von Dokumenten im Archiv von Yad Vashem

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