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Ein Brief aus Wien über die „Kristallnacht“<br />

Aus dem Yad Vashem Archiv<br />

von Lital Beer<br />

„Das gesegnete Haus [die Synagoge] wurde angegriffen;<br />

alle Fenster sind kaputt, alle Bänke zerstört, die Parochet<br />

[der Vorhang vor dem Toraschrein] wurde in Stücke<br />

zerrissen und die Tora herausgeschleudert. Das ganze<br />

Innere der Synagoge ist zerstört; die Torarollen wurden<br />

auf den Boden geworfen und aufgeschlitzt, und drei<br />

Rollen wurden mitgenommen, zusammen mit dem<br />

Toraschrein. Auch die schwarzen Erinnerungsplaketten<br />

an der Wand wurden abgeschlagen.“<br />

Wenige Tage nach den Novemberprogromen<br />

1938 gegen jüdische Bürger und ihre<br />

Einrichtungen schrieb Arnold (Aharon)<br />

Rosenfeld an seinen in Haifa lebenden Sohn<br />

Haim (Robert) über den Progrom in seiner<br />

Heimatstadt Wien: „Die ganze Nacht, bis 1<br />

Uhr morgens, haben wir die Schreie der Opfer<br />

gehört. Heute Abend haben wir Eugen Hess<br />

besucht. Seine Straße sah aus, als hätte es<br />

geschneit. Alles war voller Federn, die aus den<br />

Wohnungen herausgeworfen wurden.“ Später<br />

berichtet Rosenfeld: „Gibt es irgendeine<br />

Chance, dass Wilson eingreifen wird, wenn<br />

er hört, was hier passiert? Wie können wir auf<br />

Hilfe hoffen, wenn die Geschehnisse nicht<br />

bekannt werden?“<br />

12<br />

Meinte Arnold Rosenfeld mit „Wilson“ den USamerikanischen<br />

Botschafter in Deutschland? Versuchte<br />

er, seiner Familie eine verschlüsselte Botschaft zu senden,<br />

damit sie seine Nachrichten aus Wien bekannt machte?<br />

Der Brief kam sicher an seinem Ziel an, denn Rosenfeld<br />

hatte ihn geschickt als Zeitungshülle getarnt. So entkam er<br />

der Zensur. Arnold Rosenfelds Brief zeugt heute von den<br />

Ereignissen, von denen er nicht mehr lebend berichten<br />

konnte. Er schloss seinen Brief mit dem Wunsch: „Möge<br />

es Sein Wille sein, dass der Gelobte uns helfe,<br />

sodass wir auf bessere Zeiten hoffen können.<br />

Gott sei Dank sind wir gesund. Grüße und<br />

Küsse, Dein Vater.“<br />

Zwei Jahre später<br />

wurde Rosenfeld nach<br />

Theresienstadt deportiert,<br />

wo er wahrscheinlich noch<br />

1943 verstarb. Sein Sohn<br />

Haim übergab den Brief<br />

1987, kurz vor seinem<br />

eigenen Tod, an das Yad<br />

Vashem Archiv.<br />

Die Autorin ist Leiterin der<br />

Kommunikationsabteilung<br />

des Archivs.<br />

Yad Vashem trauert mit<br />

Peter Sauerbaum<br />

um den Tod seiner Mutter

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