Komponenten für „Oskar“-Preisträger - KSPG AG
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Illustration: Joachim Oszinda<br />
Das Herz des internationalenBörsenhandels<br />
<strong>für</strong> Metalle<br />
schlägt an der<br />
britischen Themse.<br />
Ungefähr 90 Prozent<br />
des weltweiten<br />
Handels mit<br />
unedlen Metallen,<br />
wie beispielsweise<br />
Kupfer, Nickel, Aluminium, Zinn oder<br />
Blei, läuft über die London Metal Exchange<br />
(LME), was die Rohstoffbörse<br />
der britischen Hauptstadt mit Abstand<br />
zum weltweit wichtigsten Marktplatz<br />
auf diesem Sektor macht. Gold – das<br />
klassische Anlegermetall – wird dort<br />
hingegen nicht gehandelt; die LME beschränkt<br />
sich ganz auf Transaktionen<br />
mit Industriemetallen. Und das mit<br />
großem Erfolg, denn die wachsende<br />
Nachfrage nach Rohstoffen bescher-<br />
KONZERN-GLOBAL 7<br />
Wachsende Nachfrage bescherte London Metal Exchange einen sprunghaften Anstieg des Handelsvolumens<br />
Weltweit dominierend <strong>für</strong> Rohstoffkontrakte<br />
te der traditionsreichen Londoner Institution<br />
in den letzten Jahren einen<br />
sprunghaften Anstieg des Handelsvolumens.<br />
Die Ursprünge der LME reichen bis in<br />
das Jahr 1571 zurück, als die Kaufl eute<br />
der englischen Hauptstadt die „Royal<br />
Exchange“ ins Leben riefen, um Metalle<br />
und andere Waren zu kaufen und<br />
zu verkaufen. Industrialisierung und<br />
Kolonisierung brachten im Verlauf des<br />
19. Jahrhunderts eine enorme Steigerung<br />
des Handels – gerade auch mit<br />
Rohstoffen. Die britischen Fabriken<br />
hungerten nach den Bodenschätzen<br />
aus dem Empire. Die vielen Quellen<br />
aus aller Welt machten den Markt jedoch<br />
zunehmend kompliziert und unübersichtlich.<br />
Man erkannte bald die<br />
Notwendigkeit, die täglichen Geschäfte<br />
über Metalle an einem zentralen Ort<br />
abzuwickeln. So gründeten einige bedeutende<br />
Londoner Händler schließlich<br />
1877 die LME.<br />
Zunächst wurden nur Kupfer und<br />
Zinn, bald danach auch Blei und Zink<br />
gehandelt. Seit den siebziger Jahren<br />
des 20. Jahrhunderts sind auf Grund<br />
dp Neckarsulm. Systematisches Rohstoff-Risikomanagement,<br />
wie es im<br />
Rheinmetall-Konzern seit längerem<br />
betrieben wird, ist mittlerweile integrierter<br />
Bestandteil der Geschäftsprozesse<br />
und damit ein wichtiger Faktor<br />
<strong>für</strong> den nachhaltigen Unternehmenserfolg.<br />
In diesem hochkomplexen<br />
Kontext spielen die in diesem Glossar<br />
erläuterten Fachbegriffe – ohne<br />
Anspruch auf Vollständigkeit – eine<br />
wichtige Rolle.<br />
★ Backwardation: Kursabschlag <strong>für</strong><br />
Material auf Termin gegenüber direkt<br />
verfügbarem Material. Hintergrund<br />
ist eine Verknappung der Metallbestände<br />
oder verstärkter Verkäufe<br />
auf Termin, was dazu führt, dass die<br />
Kassa-Notierung über dem Terminkurs<br />
liegt.<br />
★ Clearing-House: Die Geschäfte der<br />
Börsenmitglieder werden über diese<br />
unabhängige Verrechnungs stelle registriert<br />
und abgerechnet. Sie garantiert<br />
die Erfüllung aller registrierten<br />
Kontrakte, die zur Sicherheit hinterlegt<br />
werden müssen.<br />
der gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung<br />
Aluminium und Nickel hinzugekommen.<br />
Stahl, den <strong>für</strong> die industrielle Fertigung<br />
bei weitem bedeutendsten<br />
Metallrohstoff, suchte man bislang<br />
vergeblich – was sich in Zukunft aber<br />
ändern wird: „Zur Zeit erleben wir,<br />
dass langsam auch <strong>für</strong> Stahlkontrakte<br />
ein Markt an der Börse entsteht“,<br />
prognostiziert Dipl.-Kaufmann Roland<br />
Preisler, bei der Kolbenschmidt Pierburg<br />
<strong>AG</strong> einer der Verantwortlichen <strong>für</strong><br />
Materialpreissicherung. „Stahlkontrakte<br />
werden erst seit Februar 2008<br />
an der LME gehandelt. Davor gab es<br />
weniger Interesse, weil die Preise bislang<br />
nicht so volatil waren.“ Zudem war<br />
es bislang schwierig, die Interessen<br />
von Investoren und Stahlproduzenten<br />
zusammenzubringen: Die Großen der<br />
Branche, wie Arcelor Mittal oder Thys-<br />
senKrupp, handeln die Preise <strong>für</strong> ihre<br />
Produkte lieber mit den Abnehmern<br />
direkt aus, statt den Weg über einen<br />
transparenten Marktplatz zu gehen.<br />
Nichtsdestotrotz erscheint der börsliche<br />
Handel mit diesem Rohstoff zunehmend<br />
lohnenswert, nachdem auch<br />
die Stahlpreise seit einigen Jahren<br />
starken Schwankungen unterliegen.<br />
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:<br />
Anfang 2008 kostete eine Tonne Flachstahl<br />
im Schnitt weniger als 500 ¤. Im<br />
April dieses Jahres dagegen mussten<br />
schon über 600 ¤ bezahlt werden.<br />
Sicherungsgeschäfte <strong>für</strong> Stahl sind<br />
derzeit allerdings nur bedingt möglich.<br />
„Der Markt wird noch eine gewisse Zeit<br />
benötigen, um sich zu etablieren. Das<br />
war bei Aluminium genauso. Experten<br />
meinen, dass der Markt erst dann erwachsen<br />
wird, wenn die großen Hersteller<br />
mitmachen – was eher der Fall<br />
sein wird, wenn die Preise wieder fallen“,<br />
erläutert Preisler die Gründe.<br />
Die Geschäfte über die Rohstoffe<br />
werden im Wesentlichen über zwei Vertragstypen<br />
abgewickelt: So genannte<br />
„Futures“ und „Optionen“. Unter Fu-<br />
★ Contango: Kursaufschlag <strong>für</strong> Material<br />
auf Termin gebenüber direkt verfügbarem<br />
Material, was den üblichen<br />
Zustand an den Metallbörsen darstellt.<br />
Hintergrund sind ausreichend<br />
verfügbares Material oder verstärkte<br />
Käufe auf Termin. Begrenzt wird das<br />
Contango zum Beispiel durch die<br />
Lagerhaltungs-, Finanzierungs- und<br />
Versicherungskosten.<br />
Die Begriffe und<br />
ihre Bedeutung<br />
★ Futures: Kauf- oder Verkaufsverträge,<br />
die zu einem späteren Zeitpunkt<br />
erfüllt werden müssen.<br />
★ Hedging: Darunter versteht man<br />
die Absicherung künftiger Verpfl ichtungen<br />
hinsichtlich Menge, Qualität,<br />
Preis und Liefertermin anhand standardisierter<br />
Verträge (vgl. Futures).<br />
★ Kassageschäft: ein Kauf- oder Verkaufsgeschäft,<br />
das innerhalb zweier<br />
tures versteht man börsengehandelte<br />
Termingeschäfte, bei denen sich zwei<br />
Parteien verbindlich über den Kauf<br />
eines Produkts zu einem fi xen Zeitpunkt<br />
in der Zukunft (daher der Name<br />
„Future“) einigen. Der Preis wird dabei<br />
schon bei Vertragsschluss festgelegt.<br />
Das hat zur Folge, dass zwischen dem<br />
vereinbarten Kaufpreis und dem realen<br />
Marktwert der Ware zum Lieferzeitpunkt<br />
eine Diskrepanz bestehen kann<br />
– was gleichzeitig Chance und Risiko<br />
<strong>für</strong> beide Parteien ist.<br />
Optionen sind nur einseitig verbindliche<br />
Vertragsgeschäfte. Der Käufer<br />
einer Option erwirbt das Recht, beim<br />
Eintritt einer vorher defi nierten Bedingung,<br />
während einer bestimmten Frist<br />
(so genannte „amerikanische Option“)<br />
oder zu einem festgelegten Datum<br />
(so genannte „europäische Option“)<br />
eine Ware oder ein Wertpapier zu<br />
kaufen. Auch hier ist der Kaufpreis bereits<br />
bei Vertragsschluss festgelegt,<br />
aber im Gegensatz zum Future kann<br />
der Käufer die Option auch verfallen<br />
lassen, falls er möchte. Optionen können<br />
sowohl zum Verkauf („Put“) oder<br />
zum Kauf („Call“) berechtigen.<br />
Auch an der LME werden ausschließlich<br />
Optionen oder Futures<br />
gehandelt, wobei die Futures ungefähr<br />
90 Prozent des Gesamtvolumens<br />
ausmachen. Innerhalb der zurückliegenden<br />
Jahre sind die Transaktionen<br />
mit Rohstoffkontrakten auf Grund<br />
der starken Nachfrage von einem Geschäft<br />
<strong>für</strong> einen kleinen Kreis spezialisierter<br />
Experten auch <strong>für</strong> ein breiteres<br />
Anlegerpublikum interessant<br />
geworden.<br />
Doch zu einem Marktplatz <strong>für</strong> den<br />
„kleinen Anleger“ ist die Londoner<br />
Tage geschäftnach Abschluss erfüllt<br />
werden muss. (vgl. Termingeschäft)<br />
★ OTC (over-the-counter): ein Geschäftsabschluss,<br />
der nicht an der<br />
Börse gehandelt wird.<br />
★ Prompt Date: Der Börsentag, an<br />
dem der LME-Kontrakt (London Metal<br />
Exchange) fällig wird.<br />
★ Termingeschäft: Damit ist ein Kaufoder<br />
Verkaufsgeschäft gemeint, das<br />
hinsichtlich Menge, Qualität und<br />
Preis bestimmt und zu einem fi xen<br />
Erfüllungstermin in der Zukunft fällig<br />
wird. (vgl. Kassageschäft)<br />
★ Volatile/Volatilität: Diese Begriffe<br />
stammen aus dem englischen<br />
Sprachraum und meinen sinngemäß<br />
„veränderlich, beweglich, fl üchtig“.<br />
Im Aktienhandel bedeutet Volatilität<br />
veränderliche Werte, aber auch das<br />
Risikomaß einer Aktie.<br />
★ Warrant: Lagerschein, mit dem<br />
eine bestimmte Menge an Metall auf<br />
eine benannte Person übertragen<br />
wird. Ausgestellt werden diese von<br />
einem LME-lizenzierten Lagerhaus.<br />
Börse dadurch nicht geworden: „Der<br />
Zugang zur LME ist durch verschiedene<br />
Kriterien erschwert, zum Beispiel müssen<br />
Kreditlinien bestehen oder Sicherheitsleistungen<br />
bezahlt werden. Das<br />
breite Anlegerpublikum kann dort in<br />
der Regel nur indirekt über Fonds anlegen<br />
oder anhand von Optionsscheinen,<br />
die von Banken emitiert werden“, zählt<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Dieter Schadenberger<br />
von der Abteilung <strong>für</strong> Materialpreissicherung<br />
der Kolbenschmidt-Pierburg<br />
<strong>AG</strong> einige Gründe auf.<br />
Doch trotz dieser Beschränkungen<br />
boomt das Geschäft mit den Rohstoffkontrakten:<br />
Nicht weniger als 92,9 Millionen<br />
Verträge wurden im vergangenen<br />
Jahr über die Londoner Metallbörse<br />
abgewickelt. Dementsprechend ist das<br />
Handelsvolumen auch im Wert stetig<br />
gestiegen: 2007 wurden Terminkontrakte<br />
im Wert von 9,5 Billionen US-Dol-<br />
lar gehandelt – nach 8,1 Billionen Dollar<br />
im bereits hervorragenden Jahr 2006.<br />
Neben den bemerkenswerten Zuwachsraten<br />
zeichnet sich die LME durch<br />
eine weitere Besonderheit aus: Im Gegensatz<br />
zu den meisten anderen Börsen<br />
spielt der klassische Parketthandel<br />
auch heute noch eine gewichtige Rolle.<br />
Zwar wurde 2001 ein elektronisches<br />
Handelssystem implementiert, über<br />
das heute zusammen mit dem Telefon<br />
zwei Drittel des Handelsvolumens abgewickelt<br />
werden. Doch auf dem so genannten<br />
„Ring“ – einem kreisrunden,<br />
roten Ledersofa in den Räumlichkeiten<br />
der LME – wird noch jeden Tag wie vor<br />
100 Jahren gehandelt: mit lauten Rufen,<br />
Gesten und jeder Menge Emotionen.<br />
Das passt zu einer Institution, die<br />
Tradition und Zukunft so harmonisch<br />
miteinander verbindet. bs